September 2011
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IOC meldet Interessenten für 2020
Das IOC teilte Anfang September – sichtlich stolz – mit, dass sich folgende sechs Städte bzw. ihre Nationalen Olympischen Komitees um die 32. Olympischen Sommerspiele 2020 bewerben: Baku (Aserbaidschan), Doha (Qatar), Istanbul (Türkei), Madrid (Spanien), Rom (Italien) und Tokio (Japan).
Kurze Analyse: Zwei Staaten mit Erdöl- bzw. Erdgasvorkommen (Aserbaidschan, Qatar) und drei Staaten mit großen ökonomischen Problemen (Spanien, Italien, Japan).
Die Entscheidung fällt auf der 125. IOC-Session am 7.9.2013 in Buenos Aires (Six Applicant Cities for the 2020 Olympic Games, 2.9.2011).
Und die Entscheidung wird sicher für die „Gewinnerstadt“ sehr teuer: Die Olympischen Sommerspiele in London 2012 begannen mit einer Kalkulation von 3,9 Milliarden US-$ und liegen heute bei über 20 Milliarden US-$.
München 2018 wird weiter abgewickelt
„Dies war die offizielle Webseite der Bewerbungsgesellschaft München 2018 GmbH“, hieß es Anfang September 2011 im Internet. Beurteilung in der SZ: „Münchens Bewerbung … war chancenlos“ (München 2018 meldet sich offiziell ab, in sueddeutsche.de 6.9.2011).
Zum 1.9.2011 ging die Bewerbungsgesellschaft München 2018 GmbH in Liquidation. Im Oktober 2011 findet eine Online-Aktion zur Versteigerung der Büromöbel statt. Geschäftsführer Bernhard Schwank durfte zum DOSB zurückkehren. Geschäftsführer Jürgen Bühl, ehemaliger Mitarbeiter von OB Ude, ist bei der Stadt München nur beurlaubt und ging ebenfalls kein Risiko ein. Bühl versicherte Anfang September, dass der genehmigte Haushalt von 33 Millionen Euro nicht überschritten werde.
Das wird sich noch herausstellen.
Im September 2011 soll eine Liquidations-Eröffnungsbilanz erstellt werden, die im Oktober 2011 von Wirtschaftsprüfern gesichtet wird (Lode, Silke, Ein Traum wird abgewickelt, in SZ 1.9.2011).
Hoffentlich sind dann noch alle Schriftstücke vorhanden. Bei der letzten Bewerbung von Salzburg für die Olympischen Winterspiele 2014 war laut Willi Rehberg nur noch die Rechnung für den Reißwolf auffindbar.
Garmisch-Partenkirchner Schulden-Schanze
Der Neubau der Großen Sprungschanze war mit 9,9 Millionen Euro kalkuliert worden und wurde Ende 2007 abgeschlossen. Auf dieser Kalulation beruhend betrugen die Zuschüsse von Bund und Land jeweils 1,7 Millionen Euro. Seit Oktober 2008 kursierte das Gerücht einer erhöhten Bausumme von 17,3 Millionen Euro, die von Bürgermeister Thomas Schmid (CSB) heftig dementiert wurde: „Wir sind weit weg von den Zahlen“ (Sprungschanze soll jetzt 17,24 Millionen Euro kosten, in merkur-online.de 6.9.2011). Jetzt, im August 2011, vier Jahre nach Fertigstellung, wurde endlich vom Rathaus auf Anfrage des Garmisch-Partenkirchner Tagblatts die (vorläufig?) endgültige Bausumme von 17,3 Millionen Euro herausgerückt. Laut CSU-Fraktionsvorsitzender Elisabeth Koch wusste Schmid schon seit Oktober 2008 über die Planungsgesellschaft Drees & Sommer (Sponsor von München 2018!) von der Kostensteigerung auf 17,3 Millionen Euro (Skisprung-Schanze: Wer hat Schuld an der massiven Preissteigerung? in merkur-online.de 7.9.2011).
Die Zuschüsse von Bund und Land werden nicht entsprechend der Kostensteigerung von 74,14 Prozent erhöht, sondern bleiben unverändert bei jeweils 1,7 Millionen Euro. Auch der Zuschuss des Skiclubs Partenkirchen bleibt bei 1,5 Millionen Euro. Damit muss die Gemeinde Garmisch-Partenkirchen die gesamten Mehrkosten allein tragen.
Für wenige Tage Skispringen im Jahr und einem halben Tag in den Sportmedien wird eine Gesamtbelastung von 12,34 Millionen Euro fällig: „Eine Zahl, die einen Schlag ins Gesicht des Bürgermeisters bedeutet“ (Ebenda).
Der Rathaus-Sprecher Florian Nöbauer bezeichnete die Kostenexplosion als „bedauerliche Erhöhung, die es in Zukunft nicht mehr geben darf“. Er beschönigte gleichzeitig die Entwicklung: „Die restliche Summe haben wir aus dem Haushalt erwirtschaftet“ (Ebenda).
„Aus dem Haushalt erwirtschaftet“: So kann man das Anwachsen der Garmisch-Partenkirchner Verschuldung auch nennen, die schon 2009 rund 110 Millionen Euro betrug – vor allem durch den Ausbau des Skizirkus.
Logisch war, dass das finanzielle Desaster des Sprungschanzen-Baus erst zwei Monate nach der Entscheidung des IOC in Durban ans Licht kam – obwohl es längst vorher bekannt war. Denn der Abschlussbericht des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbandes (BKPV) lag seit Anfang Juni 2011 dem Bürgerneister und seinen Stellvertretern vor: Die CSB- und Freie-Wähler-Mehrheit des Gemeinderates verhindert seither die Aushändigung des Berichtes an alle Gemeinderatsvertreter (Skisprung-Schanze: Zeitdruck alls Hauptproblem für Kostenexplosion? in merkur-online.de 18.9.2011).
Fest steht, dass der Gemeinderat im November 2006 beschloss, eine vierköpfige Entscheidungsgruppe zu installieren, der neben dem Ersten Bürgermeister Thomas Schmid jeweils ein Vertreter des Bauamtes, des Skiclubs Partenkirchen und von GaPa-Tourismus angehörte. Auch die Namen dieser Personen teilt das Rathaus nicht mit (Ebenda).
Gelebte Garmisch-Partenkirchner Rathaus-Demokratie…
Vergleiche auch unter Aktuelles hier.
Das Desaster mit der Zweiten S-Bahn-Stammstrecke
Für das (mindestens) Zwei-Milliarden-Projekt der zweiten S-Bahn-Stammstrecke stehen immer weniger öffentliche Mittel bereit. Ursprünglich wollten Bayern und die Landeshauptstadt München eine Milliarde Euro vom Bund. Bereitgestellt werden im Jahr 2012 lediglich 20 Millionen Euro, 2013 dann 24 Millionen und 2014 und 2015 jeweils 25 Millionen Euro. Der Bau verschiebt sich weiter hin zum Jahr 2019: In diesem Jahr läuft das „Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz“ aus, das die Bundeszuschüsse für solche Projekte regelt.
Die Vorschläge der Tunnelgegner – Verlängerung der U 5 nach Pasing, Teilausbau des S-Bahn-Südrings – werden weiter ignoriert (Hutter, Dominik, Völklein, Marco, Nur 94 Millionen für die Milliardenröhre, in SZ 7.9.2011; Kuhr, Daniela, Berlin fehlen die Mittel, in SZ 10.9.2011).
Die zweite Röhre kommt nicht – und in vorauseilendem Ude-Gehorsam wurde der Marienhof plattgemacht und seine Bäume abstranportiert – mitten im Juni! Die Anrainer und die Geschäftsleute, die Bürger und Touristen: ratlos und sauer. Der Sprecher von City-Partner, Wolfgang Fischer: „Es ist eine Katastrophe“ (Knobloch, Jan, Völklein, Marco, Staubige Mitte, in SZ 2.9.2011).
Die Komplett-Zerstörung des Marienhofs vor der IOC-Entscheidung in Durban, eine Ude-Harakiri-Maßnahme, erweist sich immer mehr als so fataler wie vorhersagbarer Fehler!
Vergleiche hier.
Sport Parteien Deutschland
Im Juli 2011 stellten einige Abgeordnete der SPD-Fraktion wie Martin Gerster eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung, in der eine absolute Priorisierung des Hochleistungssports gefordert wird (siehe Deutscher Bundestag, Drucksache 17/6672 vom 20.7.2011). Darin wurde u.a. gefragt:
„Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung zum Erhalt und Ausbau von Sportstätten für den Spitzensport in den Jahren 2010 und 2011 ergriffen?“
Antwort: In Tabelle 1 wurden 23 Projekte aufgeführt.
„Wie begründet es die Bundesregierung, den Haushaltstitel ‚Zuwendungen für die Errichtung, Erstausstattung und Bauunterhaltung von Sportstätten für den Hochleistungssport‘ … noch weiter abzusenken und hält sie dies für verantwortbar?“
Antwort: 2012 stehen dafür 15,8 Millionen Euro zur Verfügung.
Die Bundesregierung bestätigte in ihrer Antwort weiter, dass die Maßnahmen für den Spitzensport „unter Berücksichtigung der sportfachlichen Voten der Spitzensportfachverbände zusammen mit dem Deutschen Olympischen Sportbund verhandelt und festgelegt werden“. Auch die Rangliste des Sportstättenbaus erfolgt „nach sportfachlichen Gesichtspunkten“.
Der Sport hat also eine starke Mitbestimmung über die reichliche Mittelverwendung.
Die Bundesregierung muss bei der Frage nach dem Modernisierungsbedarf von kommunalen Sportstätten bezeichnenderweise einräumen: „Sofern es sich um kommunale Sportstätten für den Vereins- und Breitensport handelt, liegen der Bundesregierung über deren Modernisierungsbedarf keine Erkenntnisse vor“ (S. 2f).
Die Bundesregierung ist offensichtlich nur am Spitzensport interessiert. Das zeigt auch der folgende Satz:
„Der Schwerpunkt der Förderung des Bundesministeriums des Innern liegt im olympischen/paralympischen Spitzensport, während der nichtolympische/nichtparalympische Spitzensport nachrangig gefördert wird“ (S. 4).
Weiter steht ein aufschlussreicher Satz zur Bewerbung München 2018 in der Antwort: „Die Bundesregierung war als Gast ohne Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung und im Aufsichtsrat der Gesellschaft München 2018 GmbH mit Sitz und Stimme vertreten“ (S. 5; Hervorhebung W.Z.).
Der Gast darf nur zahlen, aber nichts bestimmen. Das läuft unter der Präambel „Autonomie des Sports“!
Zur Finanzierung der Dopingbekämpfung teilt die Bundesregierung mit, dass derzeit jährlich 2,066 Millionen Euro für Forschung im Bereich der der Analyse von Dopingkontrollen bereitgestellt werden (S. 8). Die Zuwendungen des Bundes für die Nationale Anti-Doping Agentur (NADA) betragen derzeit jährlich 3,366 Millionen Euro; der Sport trägt nur 640.000 Euro bei, das sind genau 19 Prozent (S. 12).
Warum ist eigentlich die Bezahlung der Dopingforschung Sache des deutschen Steuerzahlers – und nicht der Sportvereine, die für dieses Delikt mit verantwortlich sind?
Wohl nicht absichtlich ironisch formuliert ist der Slogan der aktuellen Anti-Doping-Kampagne: „Mit Doping ist alles umsonst“.
Wenn man an die Kosten denkt, ist Doping keineswegs umsonst, sondern kommt sogar ziemlich teuer!
Schließlich fragen die SPD-Parlamentarier: „Wie steht die Bundesregierung zur Aufnahme eines Staatsziels Sport in das Grundgesetz?“
Die Bundesregierung: „Die Aufnahme neuer Staatszielbestimmungen in das Grundgesetz begegnet gewichtigen verfassungsrechtlichen Bedenken“ – deshalb sollte der Status quo beibehalten werden (S. 20).
Mit einem „Staatsziel Sport“ im Grundgesetz würde nicht nur die Bedeutung des Spitzenports weiter aufgeblasen; es ließe sich auch noch mehr Geld im Bundeshaushalt für den Spitzensport locker machen. Deshalb wird dieser Status im Grundgesetz vom DOSB angestrebt: bislang NOCH vergeblich.
Die folgende Pressemitteilung geht auf diese Kleine Anfrage der Abgeordneten Martin Gerster und weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD zurück.
SPD-Pressemitteilung 8.9.2011, AG Sport: Der sportpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Martin Gerster samt zuständiger Berichterstatterin Gabriele Fograscher „sind entsetzt über die Geringschätzung für den Sport… Während die Mittel für die Sportförderung unter der vorherigen Regierung mit SPD-Beteiligung im Zeitraum von 2007 bis 2009 von 125 auf 149 Millionen Euro anstiegen, stagniert der Haushalt seitdem.“
Gerster fordert also eine weitere Steigerung der Sport-Mittel. Damit fördert er den dialektischen Kreislauf zwischen höheren staatlichen Zuschüssen und noch mehr Geld für den Spitzensport; auch lässt er das Problem Doping außer acht. Die SPD sollte sich ihrer sozialpolitischen Wurzeln erinnern, die mit Sport-Elitenzüchtung nichts zu tun haben.
„Auch beim Einsatz für die Stärkung des Sports in Deutschland hat der zuständige Minister Friedrich keine Erfolge vorzuweisen. Die Bewerbung Münchens für die Olympischen und Paralympischen Winterspiele war leider nicht erfolgreich.“
Glücklicherweise nicht erfolgreich, wirft NOlympia aus vielen guten Gründen ein. Außerdem hatte die Bewerbung die längste Zeit der frühere Bundesinnenminister Thomas de Maizière zu verantworten.
Die Sorgen um den Sport verbindet wieder einmal die meisten Mitglieder des Sportausschusses des Deutschen Bundestages, die bis auf ganz wenige Ausnahmen dort unabhängig von der Parteizugehörigkeit eine lupenreine DOSB-Lobby betreiben. Natürlich sitzen auch die genannten Martin Gerster, Präsident des Deutschen Sportakrobatikbundes und Gabriele Forgascher im Sportausschuss, wo die Vorsitzende Dagmar Freitag (SPD) gleichzeitig Vizepräsidentin des Deutschen Leichtathletikverbandes ist.
„Ein zentrales Anliegen der deutschen Sportpolitik, die Bekämpfung des Dopings, wird derzeit nur stiefmütterlich behandelt.“
Wie schon oben erwähnt: das Dopingproblem wird zum Problem des Staates gemacht. Die Sportverbände tun so, als ob sie damit kaum etwas zu tun haben. Aber das Olympische Motto – schneller, höher, stärker – fordert seinen (Doping-)Preis.
Jens Weinreich schrieb zum Sportausschuss des Deutschen Bundestages, dass hier die Lobbyisten des Hochleistungssport-Sektors sitzen: „Nahezu alle Sportausschussmitglieder verstehen sich als Freund, Förderer und Partner des Sports – was dem parlamentarischen Auftrag entgegensteht. Der gesamte Sportausschuss ist Teil des sportpolitischen Komplexes…“ (Weinreich, Sportförderung des Bundes im Olympiajahr 2012 und die Demokratie-Profis im Bundestags-Sportausschuss, Blog 12.9.2011).
Zum Sportausschuss vergleiche hier.
Im folgenden ein Beispiel zur Finanzierung der Sportstätten:
Deutscher Skiverband lässt bauen
Ein Beispiel zum oben stehenden Beitrag: Es gibt in Deutschland Biathlon-Anlagen in Oberhof, Altenberg, Langdorf, Oberwiesenthal, Willingen, Sonnenberg – und die gerade für 16 Millionen Euro komplett überholte Chiemgau-Arena in Ruhpolding, wo die WM 2012 stattfinden wird (siehe auch Link Sportstätten). Das sind sieben vollwertige Biathlon-Anlagen.
Die Zulassung der Biathlon-Wettkampfstätten erfolgt über die IBU-A-Lizenzvergabe: Hier kann beliebiger Druck zu Neubau oder Sanierung bestehender Anlagen von der Internationalen Biathlon-Union (IBU) aufgebaut werden. Als im September 2011 in Oberhof die IBU-Inspektion eintraf, warnte IBU-Vizepräsident Gottlieb Taschler, dass Biathlon eine „Boom-Sportart“ sei und die nationale und internationale Konkurrenz immer größer würde. „Wenn Oberhof sich in Zukunft den Modernisierungsprozessen der Sport- und Funktionsanlagen entzieht, kann seitens der IBU eine langfristige Weltcup-Standortzusage nicht gegeben werden“ (www.biathlon-online.de 14.9.2011). Also wird in Oberhof ein neues Multifunktionsgebäude gebaut – mit immensem finanziellen Beitrag des Regionalverbunds Thüringer Wald und des Freistaats Thüringen.
Die bestehenden sieben Anlagen, die alle ständig auf den neuesten Stand gebracht werden müssen, reichen dem Deutschen Skiverband (DSV) noch nicht. Nun soll in Kaltenbrunn im Werdenfelser Land die bestehende Biathlon-Anlage zum Bundesstützpunkt ausgebaut werden, angegliedert an den Olympiastützpunkt. Der DSV-Präsident Alfons Hörmann betonte , dass man im Werdenfelser Land „nicht nur im alpinen Bereich, sondern in allen DSV-Sportarten aufrüsten muss“ (Klares Bekenntnis zu Kaltenbrunn, in merkur-online.de 4.9.2011). Das Projekt bedeutet die Asphaltierung von Wanderwegen, neue Wirtschaftswege und die Versetzung von Brücken. Dazu natürlich das übliche Sortiment an Beschneiungsanlagen mit Schneekanonen, Wasser- und Stromleitungen, Parkplätzen, Trainings- und Verwaltungsbauten, etc.
Auf Nimmer-Wiedersehen, Kaltenbrunner Sommertouristen!
Der zusätzliche neue „Bundesstützpunkt Biathlon“ würde mindestens 500.000 Euro kosten, die natürlich von der Öffentlichen Hand, nämlich vom Innenministerium und von der Gemeinde getragen werden sollen. Der DSV-Gau-Chef (!? W.Z.) Fritz Dopfer: „Ein ziemlicher Brocken davon entfällt auf die Gemeinde, sechsstellig wird’s auf jeden Fall“ (Ebenda). Eventuell soll der DOSB noch einen kleinen Betrag beitragen.
Hallo, Sportausschuss, Herr Gerster, Frau Fograscher und Sportausschuss: Hier muss man doch einfach mit Steuergeldern einspringen! Auch wenn der Breitensport weiter ausgeblutet wird. Und die Biathlon betreibenden Sportsoldaten müssen doch auch beschäftigt werden! Oder?
Und was übernimmt der DSV? Nur die Trainer-Struktur.
In diesem Zusammenhang von Interesse: „Das Wort Nassauer (Verb: „nassauern“) hat in seiner umgangssprachlichen Verwendung die gleiche Bedeutung wie Schmarotzer oder Parasit, bezieht sich jedoch nicht auf pflanzliche oder tierische Organismen, sondern auf menschliche Mitglieder einer sozialen Gemeinschaft.
Es handelt sich bei einem Nassauer in dieser Wortbedeutung also um jemanden, der vorgibt etwas zu sein, um dadurch einen Vorteil zu erlangen“ (Wikipedia).
In diesem Sinn kann man die Spitzensportverbände mit gutem Recht als „Nassauer“ bezeichnen.
Fachgespräch über Sotschi 2014
Am 7.9.2011 lud die Grüne Bundestagsfraktion zu einem Fachgespräch über die ökologischen und gesellschaftspolitischen Herausforderungen durch die Vergabe der olympischen Winterspiele 2014 nach Sotschi. In der russischen Region wurden u. a. großflächige Waldabholzungen und die Umsiedlung von Bewohnern genehmigt.
Abgeordnete des Bundestages, Vertreter von NGOs aus Russland und Wissenschaftler diskutierten die Probleme (Bündnis 90/Die Grünen, PM 24.8.2011). Dazu passte auch eine Meldung von Anfang September 2011: gamesbids meldete, dass Russland in Sotschi mit künstlichen Mitteln in das Wetter eingreifen und Wolken impfen will (weather-altering Technology may be used für Sochi 2014, in www.gamesbids 3.9.2011).
Aus gegebenem Anlass wurde am 16.9.2011 die folgende PM veröffentlicht:
PRESSEMITTEILUNG der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
NR. 0809
Datum: 16. September 2011
Olympische Spiele 2014 in Sotschi zu teuer für Mensch und Natur
Zum Besuch des Vorsitzendenden der IOC-Koordinierungskommission Jean-Claude Killy in Sotschi erklärt Viola von Cramon, Sprecherin für Sportpolitik:
Die Olympischen Winterspiele in Sotschi stehen auf tönernen Füßen. Jean-Claude Killys Aussage, wonach ganz Russland hinter den Spielen stehe, trifft höchstens auf die Entscheider in Moskau und damit auf die Profiteure zu. In der Bevölkerung Sotschis aber wächst der Unmut. In ganz Russland sind die Zustimmungswerte zu den Olympischen Spielen in den vergangenen Jahren rapide gefallen.
Grund hierfür ist das genaue Gegenteil dessen, was das IOC gestern verlautbarte: die Eingriffe in die Natur sind massiv, Naturschutzgebiete werden für den Bau neuer Sportstätten, Schienen und Straßen zu Baustellen. Tierarten sind vom Aussterben bedroht, die Trinkwasserversorgung für die Menschen vor Ort ist ebenso gefährdet.
Diese Region muss Opfer bringen, um in drei Jahren für einige Wochen im Mittelpunkt der Sportwelt zu stehen. Was danach passiert, interessiert die Veranstalter nicht. Daher braucht es tragfähige Nachnutzungskonzepte für die Region, um mit diesem sportlichen Großereignis verantwortungsbewusst und nachhaltig umzugehen.
So aber geht Sotschi 2014 zulasten von Mensch und Natur. Die tatsächlichen Kosten sind nicht abzusehen, weil das gesamte Projekt intransparent ist. Eines jedoch steht fest: Die Spiele sind schon jetzt zu teuer.
http://www.gruene-bundestag.de
Vergleiche auch hier
Freiburger Tagung
Im Sommer 2011 fand an der Freiburger Universität – nicht von ungefähr – eine Tagung zum Thema Doping statt: Die Freiburger Uni-Sportmedizin war „jahrzehntelang das Mekka leistungswilliger Spitzensportler“ (Kistner, Thomas, Ringen mit der Vergangenheit, in SZ 16.9.1011). Hier wirkten die in die Doping-Problematik involvierten Top-Sportmediziner Armin Klümper und Joseph Keul sowie die der Dopingbeihilfe überführten Sportärzte Lothar Heinrich und Andreas Schmid. „Bis zu 90 Prozent der deutschen Top-Athleten fuhren regelmäßig zu Untersuchungen in den Breisgau und wurden bei Olympischen Spielen und Meisterschaften von Freiburger Ärzten betreut… Keul, Klümper und Kollegen saßen schwerste, auch schriftlich belegte und eidesstattlich versicherte Dopingvorwürfe systematisch aus“ (Strepenick, Andreas, Gefeiert und umstritten: die Freiburger Sportmedizin, in Badische Zeitung 12.09.2011).
Auch deshalb gab es wohl Versuche, die Veranstaltung zu verhindern – und zu ignorieren, wie Thomas Kistner beobachtete: „Rund 70 Tagesakkreditierungen für auffallend viele Vertreter des deutschen Sports liegen in Freiburg übrigens noch aus“ (Kistner, Thomas, Abgründe im Breisgau, in SZ 14.9.2011).
Der ehemalige Chef der World Anti-Doping Agency (WADA), Richard Pound, wirkte auf dieser Tagung sichtlich resigniert. Er hält inzwischen die Wada für nicht durchsetzungsfähig und sagte bei der Freiburger Tagung provokant: „Oder glauben Sie im Ernst, das IOC würde ein Land wie Deutschland von den Olympischen Sommerspielen in London rauswerfen?“ (Ebenda). Pound äußerte noch auf dieser Tagung: „Der Kampf gegen Doping ist nicht beendet, er hat im Gegenteil erst begonnen“ (Mebus, Jörg, Doping-Jäger plagen Zweifel, in n-tv 15.9.2011). Und weiter: „Sportler reden nicht, Trainer reden nicht, Betreuer reden nicht. Und Funktionäre liefern nur Lippenbekenntnisse“ (Mustroph, Tom, Jeder zweite würde es tun, in Neues Deutschland 15.9.2011).
Der führende Analysist des Gen-Dopings, Prof. Perikles Simon, informierte über eine Umfrage unter Spitzensportlern, wo die Frage gestellt wurde: „Wenn Sie eine Wunderpille erhalten, die Sie unschlagbar macht – würden Sie dann in Kauf nehmen, dass Sie in den nächsten fünf Jahren sterben?“ 50 Prozent der Leistungssportler beantworteten die Frage mit „Ja“ (Ebenda). Bei einer anonymisierten Umfrage gaben 14 Prozent der Spitzensportler an, bereits Blutdoping praktiziert zu haben (Gulde, Georg, „Doping ist eine Epidemie“, in Badische Zeitung 14.9.3011).
Simon berichtete auch, dass er von einer Gruppe deutscher Sportpolitiker eingeladen worden war, denen er die Notwendigkeiten für einen effektiven Anti-Doping-Kampf erläuterte. Er wurde von diesen Sportpolitikern ausgelacht und zog den Schluss: „Glauben Sie, da gehe ich noch einmal hin?“ (Mebus 15.9.2011) Simon stellte auf der Freiburger Tagung auch fest: „Doping ist nicht nur eine Krankheit, es ist eine Epidemie“ (Gulde 14.9.2011).
Die baden-württembergische Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Bündnis 90/Die Grünen) sagte: „Gegenüber Doping darf es keine Toleranz geben“ (Nachhaltige Konsequenzen aus Freiburger Dopingskandal gefürdert, in Deutsches Ärzteblatt 13.9.2011). Die neue rot-grüne Landesregierung siedelte ihre neue Schwerpunkt-Staatsanwalt nicht in Stuttgart an, sondern in Freiburg. „Und an der Uni selbst steht eine starke Akzentverlagerung an, weg vom Spitzen-, hin zum Gesundheitssport“ (Kistner 16.9.2011).
Das wäre einmal ein Schritt in die richtige Richtung! Vielleicht kann sich Frau Bauer mit der bayerischen Justizministerin Beate Merk zusammentun, die ebenfalls strenger gegen Doping vorgehen möchte, aber allerorten ausgebremst wird. (Vgl. auch: Kistner, Thomas, Testsystem „unzulässig“, in SZ 21.9.2011; siehe „Gesetz zur Bekämpfing des Dopings und der Korruption im Sport“).
Vergleiche auch Kritisches Olympisches Lexikon: Doping, Gendoping
Fernsehgebühren für den Spitzensport
ARD und ZDF möchten noch mehr Geld von den Gebührenzahlern, nämlich 1,47 Milliarden Euro zusätzlich für die Gebührenperiode 2013 bis 2016. 2011 kassiert die ARD 5,52 Milliarden Euro und hat zwischen 2013 und 2016 einen Mehrbedarf von 900 Millionen Euro angemeldet; das ZDF erhält 2011 1,82 Milliarden Euro und möchte 429 Millionen Euro mehr in der Periode 2013 bis 2016 (Eine halbe Milliarde Euro für Sportrechte, in spiegelonline 22.9.2011; ARD und ZDF fordern 1,3 Milliarden mehr! in bild.de 22.9.2011). Damit müsste jeder Haushalt statt 17,98 Euro monatlich 18,86 Euro entrichten. Zum Vergleich nennt bild.de die Kosten in Großbritannien mit 12,98 Euro, Frankreich mit 9,66 Euro und Italien mit 9,08 Euro.
Ein Hauptgrund ist, dass ARD und ZDF immer mehr Geld für die Übertragungsrechte von Sportgroßereignissen brauchen. spiegelonline listete die Kosten für einige Sport-Großereignisse auf: So entrichten ARD und ZDF
– für die Übertragung der Fußball-WM 2014 in Brasilien 210 Millionen Euro plus 30 Millionen Euro Produktionskosten
– für die Fußball-EM 2016 in Frankreich 160 Millionen Euro plus 20,5 Millionen Euro Produktionskosten
– für die Übertragungsrechte an den Olympischen Sommerspielen 2016 in Rio de Janeiro 80 Millionen Euro (das wird nicht reichen; W.Z.).
„Insgesamt belaufen sich die anvisierten Ausgaben für die Rechte an Sportgroßveranstaltungen also auf eine halbe Milliarde Euro“ (spiegelonline 22.9.2011).
Wenn die Millionenzuwendungen aus den deutschen Bundes- und Länderministerien nicht schnell genug erhöht werden, langen die Spitzensportverbände eben bei den Öffentlich-Rechtlichen Fernsehanstalten hin.
Vergleiche auch: Die öffentlich-rechtlichen Sportsender
Spiel mit dem Olympischen Feuer
Am 26.9.2011 fand ein Empfang im Alten Münchner Rathaus als Abschlussfeier von München 2018 und zur Verleihung der Auszeichnung „München leuchtet“ an Katarina Witt und Verena Bentele statt (siehe unten: Udes Leuchten-Laden). DOSB-Präsident Thomas Bach kündigte eine neuerliche Kandidatur von München und Garmisch für 2022 oder gar für 2026 an: „Wir können Olympia in München und Garmisch-Partenkirchen, das ist die klare Aussage… Diesen Schatz dürfen wir nicht vergraben“ (Zweite Chance für München – „Wir können Olympia“, in Abendzeitung 27.9.2011; München will sich erneut um Olympia bewerben, in sueddeutsche.de 26.9.2011). Katarina Witt hatte sich schon vorher für eine neuerliche Kandidatur ausgesprochen (Olympia in Deutschland: Witt hofft weiter, in merkur-online.de 21.9.2011).
Nun ist die Frage, was Bach mit dieser Ankündigung wirklich vergraben will: seine realen Ambitionen 2013 auf den IOC-Präsidentensessel? Oder die nächsten 33 Millionen Euro für die nächste oder übernächste Bewerbung?
Gleichzeitig wischte Bach mögliche Bewerbungen von Hamburg und Berlin um Olympische Sommerspiele locker vom Tisch. Das dürfte einige Fragen auf der nächsten Sitzung des DOSB im Dezember 2011 in Berlin mit sich bringen! Im Berliner Tagesspiegel wurde moniert: „Aber die Art und Weise, wie die Entscheidung zustande kommt, ist undemokratisch“ (Voigt, Benedikt, Münchner Muftis, in Der Tagesspiegel 27.9.2011).
Aber das ist ja offenbar das Wesen der Sportdemokratur!
Nach der klaren Niederlage (München 25 Stimmen) gegen Pyeongchang (63 Stimmen) am 6.7.2011 hatte OB Ude noch erklärt: „Wir werden sorgfältig prüfen, ob nach 25 Stimmen eine erneute Bewerbung Sinn macht“ (Bach stellt erneute Bewerbung in Aussicht, in spiegelonline 26.9.2011). Nun, nicht einmal drei Monate später, wusste Ude: „Die Idee steht im Raum, und man wird sie nicht mehr wegwischen können“ (Ebenda).
25 IOC-Stimmen am 6.7.2011 in Durban hatten diese Idee ziemlich rasch erledigt. Komisch, dass sogar eine solche Niederlage als Lernprozess nicht reicht.
Ude empfahl außerdem ein klares Wählervotum in München und Garmisch-Partenkirchen.
Vermutlich empfahl er dies im Hinblick auf die abzusehende Materialschlacht der Befürworter, siehe die Unterstützung von München 2018 durch Immowelt 2018!
IOC-Präsident Jacques Rogge äußerte: „Es gefällt den IOC-Mitgliedern, wenn sich eine Stadt zum zweiten- oder dritten Mal bewirbt… Das IOC würde üer eine neue deutsche Bewerbung sehr glücklich sein“ (Rogge: Klitschkos und Co. bei Olympia möglich, in sueddeutsche.de 29.9.2011; Hahn, Jörg, Ein goldenes Fundament, in faz.net 29.9.2011).
Also München 2022 und 2026 – das wären dann mindestens 90 Millionen Euro nur für die Bewerbungen! Natürlich ist dem IOC an ALLEN Kandidaten gelegen, da ihm in Zeiten von drohenden Staatsbankrotten, Wirtschaftskrisen und dem Klimawandel an jedem einzelnen Kandidaten sowohl für Sommer- als vor allem auch für Winterspiele gelegen ist. Die zig Milliarden für eine olympische Drei-Wochen-Party sitzen nicht mehr so locker, und für Olympische Winterspiele 2018 hatten sich nur drei Bewerber gefunden!
Die Münchner Stadtgünen lehnten umgehend eine weitere Bewerbung ab. In der Pressemitteilung schrieben die Vorsitzenden Katharina Schulze und Sebastian Weisenburger: „Wir können NOlympia in München und Garmisch-Partenkirchen, das ist die klare Aussage. Katharina Schulze äußerte: „Die Idee ist im Jahre 2022 oder 2026 genauso absurd wie 2018“ (Krügel, Christian, Lode, Silke, Wähler sollen über Olympia abstimmen, in sueddeutsche.de 27.9.2011).
Siehe Pressemitteilung hier.
Udes Leuchten-Laden
München leuchtete 2010: Für die Garmisch-Partenkirchner Alt-Ski-Rennläufer Rosi Mittermaier und Christian Neureuther, deren einziges „Verdienst“ darin bestand, für die Bewerbung München 2018 die Werbetrommel gerührt zu haben.
München leuchtet 2011: Für die Ex-Eisläuferin Katarina Witt und die Paralympics-Sportlerin Verena Bentele, deren einziges „Verdienst“ darin bestand, für die Bewerbung München 2018 die Werbetrommel gerührt zu haben.
Das alleinige Vorschlagsrecht scheint Oberbürgermeister Christian Ude zu haben. Schade eigentlich.
Hier wären noch weitere Vorschläge für verdiente Sportlergestalten, für die noch nicht „München leuchtet“: Markus Wasmaier, Stefan Gaisreiter, Michael Vesper, natürlich Thomas Bach… oder auch die posthume Version: Willi Daume, Juan Antonio Samaranch, oder Carl Diem, Karl Ritter von Halt…
München leuchtet – nicht mehr.
Die NS-Sportfunktionäre
Ein neuer Beitrag im Kritischen Olympischen Lexikon beschäftigt sich mit den NS-Sportfunktionären und deren weiterer Tätigkeit nach 1945.
Das NS-Regime hatte wenig Mühe, die deutschen Sportvereinigungen zu erobern: Ihr Führungspersonal war meist schon vor 1933 stramm rechts ausgerichtet. Oder wie es Edmund Neuendorff auf dem 15. Deutschen Turnfest in Stuttgart 1933 ausdrückte: Die deutsche Turnerschaft musste „als reife Frucht Adolf Hitler, dem Führer, dem sie auch als ihrem Führer zujubelte, zufallen“ (Ueberhorst S. 37).
Hier sind einige der hohen Sportfunktionäre aufgeführt, die entweder in der NSDAP hohe Ämter und Funktionen bekleideten oder sich in ihren Dienst stellten und während des NS-Regimes oder nachher Funktionen im IOC wahrnahmen: Willi Daume, Carl Diem, Karl Ritter von Halt, Carl Krümmel, Theodor Lewald, Adolf Friedrich zu Mecklenburg, Guido von Mengden, Edmund Neuendorff, Walter von Reichenau, Hans von Tschammer und Osten.
Weiterlesen
Die (unvollständigen) Kosten von München 2018
Am 7.7.2011 hatte der Münchner Stadtrat Richard Progl (Bayernpartei) eine Anfrage „Kosten der Olympiabewerbung“ gestellt. Am, 19.9.2011 antwortete OB Ude und behauptete folgendes: „Anders als in Medienberichten behauptet wird, haben die Gesellschafter der Bewerbungsgesellschaft München 2018 GmbH von Anfang an und nachweisbar betont, dass die Bewerbungskosten, sofern sie nicht durch Sponsoreneinnahmen finanziert werden können, von der öffentlichen Hand zu tragen sind“ (S. 1)
Das ist unrichtig. Von Anfang an behaupteten die Bewerber, die Kosten privat finanzieren zu wollen. Als Beispiel zwei Aussagen von DOSB-Präsident Thomas Bach vom Februar 2009: „Beim DOSB ist es auf große Gegenliebe gestoßen, dass die Bewerbung von München aus freien Mitteln finanziert werden soll“ („München hat große Olympia-Chancen“, in SZ 10.2.2009) Zwei Tage später bekräftigte Thomas Bach dazu noch einmal das Bestreben, das Budget für die Olympia-Kampagne aus privaten Mitteln zu bestreiten ‚und nicht wie andere Länder durch staatliche Gelder’“ (Hahn, Thomas, Sportliche Flanke geschlossen, in SZ 13.2.2009)
Das bekannte olympische Spiel: Zuerst wird versprochen, dass die Bewerbung die Öffentliche Hand nichts kosten soll, die dann kräftig zur Kasse gebeten wird, siehe unten.
Ude führte dann im Schreiben an Stadtrat Progl folgende Kosten an:
– Stabsstelle München 2018: Euro 600.590,33
– Städtebaulicher Wettbewerb Olympisches Dorf: Euro 666.000.–
– Personal bei Stabsstelle und Planungsreferat: Euro 476.050,–
– (die Personalkosten sollen in den beiden ersten Posten enthalten sein)
An Einzelkosten werden genannt: 150.000 USD und 500.000 USD für Anmeldegebühren, 5,7 Millionen Euro für Marketingbudget. Dafür soll es angeblich ein kostenfreies Mediavolumen von rund 6 Millionen Euro gegeben haben.
Als Bewerbungskosten entstanden insgesamt für Landeshauptstadt München: 4,1 Millionen Euro (gemäß Gesellschafteranteil der Landeshauptstadt an München 2018 GmbH).
Wo sind eigentlich die Extraleistungen und Dienstleistungen der Stadt einzuordnen: Beflaggung, Müllwagen-Plakatierung, Beamteneinsatz undundund???
Der Gesamtetat betrug 33 Millionen Euro. Ude: „Mit 26,3 Millionen Euro wurde der größte Anteil von rund 80 Prozent durch Sponsorengelder finanziert“ (S. 2).
Auch das ist grundfalsch. Ich zitiere aus der Chronologie, Juli 2011, wie OB Ude darauf hinwies, was jeder schon mitbekommen hat: “Ich leite bei sämtlichen für Olympia wichtigen städtischen Gesellschaften den Aufsichtsrat” („Das Projekt Olympia bringt die Stadt voran“, in SZ 2.7.2011).
Diese Gesellschaften, Udes “Zwangsverpflichtete” beim Aufbringen der Bewerbungs-Millionen, bluten denn auch entsprechend für Olympia: Stadtwerke München, Münchner Messegesellschaft, Olympiapark München, Flughafen München…
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Auszug aus dem Kritischen Olympischen Lexikon, Stichwort Ude, Christian:
“Laut www.christian-ude.de ist Ude u. a. Aufsichtsratsmitglied bei der Flughafen München GmbH (Nationaler Förderer von München 2018, Größenordnung drei Millionen Euro). Vorsitzender des Verwaltungsrates ist Ude bei Stadtsparkasse München (die Sparkassen Finanzgruppe ist Nationaler Förderer von München 2018, Größenordnung drei Millionen Euro). Aufsichtsratsvorsitzender ist Ude bei: Stadtwerke München (Nationaler Ausstatter, Größenordnung 300.000 Euro), Olympiapark GmbH (Nationaler Ausstatter, Größenordnung 300.000 Euro), Messe München (Nationaler Ausstatter, Größenordnung 300.000 Euro) und bei den Wohnungsbaugesellschaften Gewofag und GWG (Unterstützung der Bewerbung, für Realisierung der Olympischen Bauten eingeplant). Dazu ist Ude Aufsichtsratsmitglied der Bewerbungsgesellschaft München 2018.
Ein Zitat von Ude vom August 2010: “Als Aufsichtsratsvorsitzender aller beteiligten Gesellschaften – SWM und OMG, GEWOFAG und GWG – werde ich eine reibungslose Kooperation gewährleisten” (PM LH München, München 2018: Stadt klärt organisatorische Fragen, 17.8.2010).
Zu den Nationalen Förderern kamen noch folgende in Öffentlicher Hand befindliche Unternehmen:
Sparkassen Finanzgruppe, Lotto Bayern, Deutsche Post (30 Prozent Staatsanteil).
So kann man natürlich auch seine (öffentlichen) Sponsoren zusammentrommeln…
DOSB feiert Abschaffung des Amateurstatus
DOSB-Präsident Bach initiierte Ende September 2011 eine opulente Feier mit 300 Gästen in Baden-Baden. Titel der Party: „30 Jahre nach dem XI. Olympische Kongress 1981 in Baden-Baden“. „In jenen Tagen entsorgten die Herren der Ringe die verwelkte Amateurregel“ (Gernandt, Michael, Manege frei, in SZ 28.9.2011).
Es ist schwierig nachzuvollziehen, was es da zu feiern gab. Die Ära des IOC-Präsidenten Samaranch hatte gerade begonnen und sollte noch 20 Jahre weitergehen. Samaranch sorgte für die gnadenlose Kommerzialisierung der Olympischen Spiele, die Vorherrschaft der Sponsoren und der Fernsehsender, die Einführung des absoluten Profisports, die Abschaffung des Amateurstatus, die Zügelung der Doping-Bekämpfung etc.
In Baden-Baden durften auch drei Athleten sprechen: Es waren der Brite Sebastian Coe (er organiert derzeit die Olympischen Sommerspiele in Londin 2012), der Kenianer Kipchoge Keino und der Deutsche Thomas Bach (inzwischen DOSB-Präsident). Bach sagte dort: „Sport ist zum großen Teil Markt geworden. Derjenige, der den Markt beherrscht, der Athlet, soll seinen Anteil daran haben“ (Ebenda).
In Baden-Baden erlaubte das IOC dann, dass an Athleten Zahlungen für ihre Leistungen erfolgen durften. „1988 brachen die Dämme, Berufssportler eroberten Olympia. Es gab Gold für die Tennismillionäre, 1992 für das Dreamteam der NBA, 1996 tauchte die Dopingfraktion des Radsports auf, 1998 kurvten Eishockey-Cracks der NHL heran“ (Ebenda).
Erstaunlicherweise erteilte IOC-Präsident Jacques Rogge in Baden-Baden der Formel 1 eine klare Absage: Die PS-Boliden werden – zumindest vorerst – nicht in Olympische Sommerspiele integriert. („Mensch statt Maschine“, in SZ 30.9.2011).
Bis der Geldbedarf des IOC den Meinungsumschwung erzwingt – wie bei vielen ähnlichen Vorgängen
Der Osten dopt, der Westen auch
Die Stimmung der Baden-Baden-Party (siehe oben) könnte durch einen Forschungsbericht getrübt worden sein. „Man kann es ja als böse Terminpanne werten, dass pünktlich zur 30-Jahr-Feier nicht nur der strahlende
Festpathos, sondern auch die düstere Realität des damals formal abgesegneten Industriesports wiederbelebt wurde“ (Schwärmer von gestern, in SZ 29.9.2011; Hahn, Thomas, Frischluft im Gesäß, in SZ 28.9.2011). Denn der Zwischenbericht „Doping in Deutschland“ von den Sporthistorikern Giselher Spitzer aus Berlin und Michael Krüger aus Münster macht öffentlich, dass in der Bundesrepublik in den siebziger und achtziger Jahren „staatlich subventionierte Anabolika-Forschung“ und „systematisches Doping“ betrieben wurde.
DOSB und das Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) ließen als Auftraggeber die west-deutsche Dopinghistorie untersuchen. Beim BISp stellte sich heraus, dass es „Teil des Poblems“ ist (Herrmann, Boris, Die Auftraggeber sind Teil des Problems, in SZ 27.9.2011). Mit Forschungsgeldern vom BISp untersuchten Sportmediziner wie der Freiburger Joseph Keul oder der Kölner Wildor Hollmann zwischen 1972 und 1989 „die Wirkungen und Nebenwirkungen von anabolen Stereoiden sowie von Testosteron“ im Hinblick auf ihre Anwendungsmöglichkeit. Giselher Spitzer sprach von „staatlich subventionierter Dopingforschung“ (Ebenda). Michael Krüger äußerte: „Der Staat wurde zum maßgeblichen Akteur im Sportgeschehen“ (Herrmann, Boris, Zweierlei Wahrheiten, in SZ 1.10.2011). Das BISp war ein „lukratives Finanzierungsinstrument“ für Keul, Klümper, Hollmann (Hacke, Detlev, Ludwig, Udo, „Ich will nur eines: Medaillen“, in Der Spiegel 39/26.9.2011).
Gleichzeitig gerät München 1972 ins Visier: Der damalige Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher war von 1969 bis 1974 Bundesminister des Innern und damit für den Sport zuständig. Er forderte vom Kölner Sportmediziner Wildor Hollmann 1971: „Von Ihnen als Sportmediziner will ich nur eines: Medaillen für München“ (Reinsch, Michael, Staatlich gefördertes Doping, in faz.net 26.9.2011). Natürlich wollte man offiziell nur die Chancengleichheit mit dem dopenden Ostblock erreichen (SZ 27.9.2011; Hecker, Anno, Doping kennt keine Grenzen, in faz.net 26.9.2011).
Bereits 1958 hatte Hollmann sein „Institut für Kreislaufforschung und Sportmedizin“ gegründet, das als Bindeglied zwischen der Universitätsklinik Köln und der Deutschen Sporthochschule (DSHS) fungierte und zeitweise bis zu 230.000 Mark pro Jahr öffentliche Forschungsgelder erhielt (Hacke, Detlev, Ludwig, Udo, „Ich will nur eines: Medaillen“, in Der Spiegel 39/26.9.2011). Dort war Hollmann 14 Jahre Rektor, Prorektor und Dekan.
Einer der Autoren, Michael Krüger, äußerte: „München 1972 war konzipiert als Demonstration, dass der Sport sich nicht von der Politik instrumentalisieren lässt. Zugleich wurden die Strukturen geschaffen, in denen der Sport sich bis heute bewegt, einschließlich des Dopings“ (Ebenda).
Der Chef der Sportmedizin in Freiburg, Professor Joseph Keul (langjähriger Olympia-Arzt und Anti-Doping-Berater des deutschen NOK) deklarierte neue Doping-Mittel als zunächst grundsätzlich „kein Doping“. „Er unterhielt beste Beziehungen zu den Spitzen des Nationalen Komitees (NOK) und zum Deutschen Sportbund. Auch mit August Kirsch, lange Jahre in Personalunion (!!! W.Z.) Direktor des BISp und Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes, arbeitete der Freiburger eng zusammen“ (Ebenda).
Sein Freiburger Kollege Armin Klümper war Arzt des Deutschen Leichtathletikverbandes (Deckert, Ralf, Klümpers Privatpraxis einst gern besuchter Selbstbedienungsladen, in Schwarzwälder Bote 15.9.2011). Klümper und Wildor Hollmann in Köln informierten Sportler und Politiker über den „Kenntnisstand“ des Dopens. Die Hürdensprinterin Heidi Schüller berichtete, Anabolika seien gang und gäbe gewesen: „Bei den Werfern habe sie im Training gesehen, wie die Dosen herumgereicht wurden.“ Das „Klima des Schweigens“ rühre von einer Symbiose der Interessen, da viele Sportler später Jobs bei Sportausrüstern, Vereinen oder Verbänden bekämen. Speerwerfer (und München-2018-Fan) Klaus Wolfermann will dagegen nichts mitbekommen haben: „Wenn ich der Einzige bin, der nichts mitbekommen hat, bin ich eben der Einzige.“ Der ehemalige Sprinter Manfred Ommer gab schon 1977 vor dem Sportausschuss des Deutschen Bundestages zu Protokoll: „Es gibt in der näheren Umgebung des Athleten überhaupt keine Stelle, die ihm von Anabolika abrät“. (Herrmann, Boris, Zweierlei Wahrheiten, in SZ 1.10.2011).
DSB- und NOK-Chef Willi Daume wusste dagegen sehr wohl Bescheid: Er war von Keul informiert worden. Joseph Keul und Armin Klümper in Freiburg und Wildor Hollmann in Köln erweiterten den Kenntnisstand und berieten Sportler. „Der organisierte Sport hat sich häufig mit Hinweis auf die dünne Aktenlage vor Konsequenzen drücken lönnen. Das ist nicht verwunderlich. Denn bis heute sitzen ‚Kinder‘ der Anabolika-Generation in Sportverbänden“ (Hecker 26.9.2011). Der Leistungssport ist faktisch zum Staatssport geworden, resümierte Autor Michael Krüger (Teuffel, Friedard, Rückhalt von ganz oben, in Der Tagesspiegel 26.9.2011)
Nachdem der Ruder-Weltmeister Peter-Michael Kolbe bei den Olympischen Spielen in Montreal 1976 vor dem Ziel führend eingebrochen und nur Zweiter geworden war, beschwerte er sich über die Spritze, die er vor dem Rennen erhalten hatte: Berolase und Thioctacid. „Nach Kolbes Beschwerde stellte sich heraus, dass die westdeutschen Mediziner mindestens 1200 solcher Spritzen in Montreal gesetzt hatten“ (Hacke, Ludwig 26.9.2011).
Man darf gespannt sein, ob der Forschungsbericht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird: Derzeit druckst der DOSB noch herum, will am liesten Namen und Sportarten anonymisieren und die Veröffentlichung verzögern. BISp-Direktor Jürgen Fischer schrieb eine Email an den Projektbeirat, dass die Berichte „aus meiner Sicht ergeblicher Überarbeitung“ bedürften (Hacke, Ludwig 26.9.2011). Und der wissenschaftliche Beirat möchte noch prüfen, sagte dessen Vorsitzende Dorothea Alfermann. Und zur Mitwisserschaft von Willi Daume sagte die DOSB-Vizepräsidentin Gudrun Doll-Tepper: „Das müssen wir uns genau ansehen.“ (Ebenda).
Vielleicht in ihrer Eigenschaft als Vorsitzende der Willi-Daume-Gesellschaft? Und wenn Spitzensport schon vor Jahrzehnten zum Spritzensport mutiert ist – sollte man ihn nicht endlich als gesundheitschädlich und ungesetzlich abschaffen?!
Siehe auch: Doping
Aktuelle Korruptionssplitter
– Der Box-Weltverband Aiba hat die Amateur-Weltmeisterschaft nach Aserbaidschan vergeben haben; der asserbeidschanische Boxverband fördert gleichzeitig die von der Aiba installierte World Series of Boxing mit 6,7 Millionen Euro aus einer geheimen Quelle. Wie die BBC berichtete, wurden dem WM-Gastgeber Asarbeidschan dafür im Gegenzug zwei Goldmedaillen bei den olympischen Spielen 2012 in London versprochen (Millionen für Olympia-Gold? in SZ 24.9.2011).
Man darf gespannt sein. Anwar Chowhdry lässt grüßen…
– Issa Hayatou ist nicht nur IOC-Mitglied, sondern auch u. a. Chef des Fifa-Afrika-Verbandes CaF – und seit 1990 Mitglied des Fifa-Exekutivkomitees. Er soll angeblich anlässlich der Vergabe der Fifa-WM nach Katar 1,5 Millionen Dollar erhalten haben. Außerdem erhielt Hayatou in den neunziger Jahren von der in Konkurs gegangenen Fifa-Hausagentur ISL 15.000 Dollar.
Der Clou: Die Fifa-Webseite meldete im September 2011, dass Hayatou zum Vorsitzenden der Kommission für das olympische Fußballturnier 2012 in London ernannt wurde. Allerdings wurde die Meldung am 21.9.2011 eiligst widerrufen: „Infolge eines technischen Fehlers sind Ernennungen zu Fifa-Komitees auf der Fifa-Webseite erschienen“ (Kistner, Thomas, Bizarre Fehlermeldung, in SZ 24.9.2011).
Neue Version des Sprichwortes: „Den Bock zum Gärtner machen“… Aber schließlich ist Hayatou laut Wikipedia auch „Vizepräsident des Fifa-Ausschusses für Sicherheit und Fair Play“.
Laufende Chronologie der Olympischen Winterspiele 2018 in München +2 (wird laufend aktualisiert und ergänzt):
1936 - 1972 bis 1997 - 2007 - 2008 - Januar 2009 - Februar 2009 - März 2009 - April 2009 - Mai / Juni 2009 - Juli 2009 - August / September 2009 - Oktober 2009 - November 2009 - Dezember 2009 - Januar 2010 - Februar 2010 - März 2010 - April 2010 - Mai 2010 - Juni 2010 - Juli 2010 - August 2010 - September 2010 - Oktober 2010 - November 2010 - Dezember 2010 - Januar 2011 - Februar 2011 - März 2011 - April 2011 - Mai 2011 - Juni 2011 - Juli 2011 - August 2011 - September 2011 - Oktober 2011 - November 2011 - Dezember 2011 - Januar 2012 - Februar 2012 - März 2012 - April 2012 - Mai 2012 - Juni 2012 - Juli 2012 - August 2012 - September 2012 - Oktober 2012 - November 2012 - Dezember 2012 - Januar 2013 - Februar 2013 - März 2013 - April 2013 - Juni 2013 - Mai 2013 - Juli 2013 - August 2013 - September 2013 - Oktober 2013 - November 2013 - Dezember 2013 - Januar 2014 - Februar 2014 - März 2014 - April 2014 - Mai 2014 - Juni 2014 - Juli 2014 - August 2014 - September 2014 - Oktober 2014 - November 2014 - Dezember 2014 - Januar 2015 - Februar 2015 - März 2015 - April 2015 - Mai 2015 - Juni 2015 - Juli 2015 - August 2015 - September 2015 - Oktober 2015 - November 2015 - Dezember 2015 -
Literatur zur NOlympia-Chronologie
Nolympia-Chronologie, komplett / Stand Mitte Juli 2010 als pdf-Datei