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‚Innovative‘ Umwelt-Leitprojekte?

 
Zuletzt geändert am 13.10.2013 @ 18:56
© Foto: Gesellschaft für ökologische Forschung

©  Text:  Andreas Keller, Gesellschaft für ökologische Forschung

Zweiter Versuch: München 2022?  Nein danke!

Alle Bewerber der vergangenen Jahre hatten mit „grünen und nachhaltigen Olympischen Spielen“ geworben – München 2022 ist sogar „nachhaltigst“:

“Durch die Beteiligung des Chiemgaus wäre München 2022 die nachhaltigste Bewerbung in der Geschichte Olympischer Winterspiele” (Steinmaßl, Hermann, Positionierung des Kreistages des Landkreises Traunstein, 27. September 2013).

Doch sogar die Bewerber selbst sehen hier einen Widerspruch. In der „Konzeptstudie für eine mögliche Bewerbung“ heißt es dazu:

„Bewerbungskonzepte für Olympische (..) Spiele unterliegen daher nicht selten zwei scheinbar konkurrierenden Anforderungen. Zum einen müssen neben der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften die technischen Mindestanforderungen des IOC vollständig, aber maßvoll und unter dem Gesichtspunkt der größtmöglichen Nachhaltigkeit erfüllt werden. Zum anderen muss mit Blick auf das internationale Bewerberfeld eine hochqualitative und konkurrenzfähige Vision der Spiele entwickelt werden“ (Konzeptstudie, Kapitel 2: Gesamtkonzept).

Die Anforderungen sind aber nicht „scheinbar konkurrierend“, sondern schließen sich aus. Olympische Winterspiele können schon allein wegen dieser Größe weder „nachhaltig“ noch „grün“ sein. Sie sind ein Megaevent für 17 Tage, stellen für den Alpenraum große Eingriffe in die Naturräume und Kulturlandschaften dar und bergen unüberschaubare soziale und finanzielle Risiken.

Die „Konzeptstudie für eine mögliche Bewerbung Münchens mit Garmisch-Partenkirchen und den Landkreisen Berchtesgadener Land und Traunstein“ bietet fast keine belastbaren Fakten, aber umso mehr Wortwolken. Vieles ist direkt aus der Bewerbung 2018 übernommen worden. Wir verweisen deshalb auf unsere „Stellungnahme zum Bid Book 2018“ (http://www.nolympia.de/stellungnahme-zum-bid-book-munchen-2018/

Da die „Konzeptstudie für eine mögliche Bewerbung … 2022“ auch das Umweltkonzept der Bewerbung 2018 weitgehend übernommen hat, ist unsere Einschätzung dazu ebenfalls aktuell:

„München 2018“:

Nachtrag zum Umweltkonzept für München 2018

Der Entwurf zum Umweltkonzept der Bewerbungsgesellschaft für München 2018 vom 09. November 2009 wurde mittlerweile durch eine überarbeitete und nunmehr auf 153 Seiten ausgewalzte Version vom 20.9.2010 ersetzt.

Das vorher als erstes genannte und als besonderes Highlight gedachte Leitprojekt „Biosphärenreservat Green GAP+“ ist wurde zunächst als „derzeit auf politischer Ebene nicht durchsetzbar“ bezeichnet und im Frühsommer 2009 beerdigt. Damit ist das einzige Projekt, welches im Zusammenhang mit der so genannten ökologischen Bewerbung um die Spiele positiv hätte sein können, endgültig gestorben

Als Ersatz wird von der Bewerbungsgesellschaft ein „Alternativprojekt zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen“ angestrebt. Dieses Alternativprojekt soll in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Alpenverein, der Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen, Herrn Professor Seiler und weiteren Akteuren formuliert werden.

Schon bei der ersten Vorstellung des Umweltkonzeptes 2009 wurden die Bürgermeister des Landkreises Garmisch-Partenkirchen nur über eine Pressemitteilung von „Green GAP“ in Kenntnis gesetzt. Obwohl die Bewerbungsgesellschaft hier Besserung versprach, erfuhren die Gemeinden von der aktuelle Entwicklung wieder durch Tagespresse. Sie mussten Presseberichten entnehmen, dass es für „Green GAP“ ein Ersatzkonzept gibt, das zwar mit verschiedenen Verbänden und Arbeitsgemeinschaften  abgestimmt wurde, nur die betroffenen Gemeinden, und damit  die Öffentlichkeit, blieben wieder „außen vor“.

Erneut wird so versucht, ein Projekt den Bürgern und deren Mandatsträger „überzustülpen“. Dies dokumentiert erneut die Hilflosigkeit und Konzeptlosigkeit der Verantwortlichen für die Bewerbung um die Olympischen Spiele.

Das von Prof. Seiler im Entwurf vorgestellte Ersatzkonzept „Natur, Kulturerbe und Bildung – Gemeinsames Handeln in der Olympiaregion“ ist an Inhaltslosigkeit kaum zu überbieten. Bei den Schwerpunkten Natur und Kulturerbe sind keine neuen Aspekte zu erkennen, die nicht schon Gegenstand des bestehenden Vertragsnaturschutzes bzw. des Landkreisentwicklungskonzeptes sind. Auch im Bereich Bildung ist nicht erkennbar, dass Ziele verfolgt werden, die nicht schon durch eine Vielzahl von laufend angebotenen Fortbildungs- und Informationsveranstaltungen abgedeckt wären.

Ein Nutzen für die Region ist also an keiner Stelle des Ersatzprojektes erkennbar. Es geht nicht um eine wirkliche Entwicklung für die Olympiaregion, sondern wieder nur um ein Projekt, das dem IOC als grünes Mäntelchen dienen soll.

So hatten wir das Umweltkonzept beurteilt:

Das IOC entwickelte die Agenda 21 von Rio de Janeiro zu einer eigenen „Olympic Movement Agenda 21“ „weiter“, mit der Vision:

The aim is not just to ensure that holding the Games has no negative net impact on the environment, but also to try to improve this environment and leave behind a positive green legacy.“
(IOC Requirement for Canditate Cities)

Das IOC weiß natürlich, dass die Bürger insbesondere westlicher Länder Umweltaspekte sehr hoch bewerten. Als Reaktion darauf, bemüht es sich zusammen mit der jeweilige Bewerbungsgesellschaft die Olympischen Spiele nicht nur umweltfreundlich aussehen zu lassen, sondern sogar als führend beim Schutz der natürlichen Welt dazustehen.

Doch Anspruch und Realität liegen weit auseinander. Obwohl alle Spiele der letzten Jahre als „grün“ verkauft wurden, endeten diese stets verhängnisvoll für die Umwelt:

Albertville (1992) Die Bobbahn in La Plagne wurde ein Betonmonster; in Val d’Isère wurde die Abfahrtsstrecke der Herren in den Fels gesprengt und ganze Bergteile versetzt; für die Sprungschanzen in Courchevel wurden 5.500 Bäume gefällt und mit tausenden Kubikmetern Beton Hänge stabilisiert.
Lillehammer (1994), Verluste von Feuchtgebieten, Wäldern, öffentlichen Grünflächen und Schäden in Lebensräumen des Luchses.
Nagano
(1998), Bulldozer schlugen für 16 Tage Olympische Winterspiele breite Pisten für eine Gebirgsautobahn in die Berge. Für die Bobbahn wurden 5.000 Bäume gefällt.
Salt Lake City (2002), für Parkflächen wurden Wälder großflächig gerodet.
Turin (2006), stellte ein Desaster sowohl im Umwelt- als auch im Finanzbereich dar
Vancouver (2010) massive Zerstörungen von Natur und Umwelt durch den Bau einer vierspurigen Autobahn, Fällen von 100.000 Bäumen etc.

In Sotschi, dem Austragungsort der Spiele 2014, gibt es keine einzige Wettkampfstätte, alles muss neu gebaut werden.  Hierfür werden tausende  Menschen umgesiedelt, die Brutplätze  hunderter vom Aussterben bedrohter Zugvögel zerstört, durch ein Flussbett die Trassen für Bahn und Autobahn in die Landschaft gefräst, für die Skiabfahrten abertausende Bäume gefällt usw.
Putin hatte offiziell für die Spiele Gesamtkosten von neun Milliarden € veranschlagt, inzwischen liegen sie bei 50 Milliarden US-Dollar (39 Milliarden Euro).

Im Licht von Sotschi gesehen, wo die Eingriffe in Lebens- und  Umweltbereiche und die Kosten für zwei Wochen Olympische Party jetzt ins Absurde steigen, erscheinen die oben schon zitierten Versprechungen des IOC wie ein Hohn:

„Das Ziel ist, nicht nur sicherzustellen, dass die Durchführung der Spiele keine negative Gesamtauswirkung auf die Umwelt hat, sondern auch zu versuchen, diese Umwelt zu verbessern und ein positives grünes Vermächtnis zu hinterlassen.“

 

Olympische Spiele und falsche Visionen

München 2018 übernimmt nun wieder die „Vision“ von „Grünen Spielen“ und entwickelt ein Umweltkonzept als zentralen strategischen Baustein der Bewerbung, aus dem für die Bewerberstädte und -gemeinden ein „Olympisches Erbe zum Wohl von Menschen und Umwelt“ erwachsen soll.

Im Auftrag der Bewerbungsgesellschaft stellen die Deutsche Sporthochschule Köln und das Öko-Institut e.V. ein Umwelt- und Naturschutzkonzept mit 18 „innovativen“ Umwelt-Leitprojekten vor. Es ist die Aufgabe der Natur- und Umweltschützer, im umfangreichen Werk (115 Seiten) die Plattitüden und Selbstverständlichkeiten von den brauchbaren Ideen zum Umweltschutz zu trennen: Von der Vision eines „grünen Vermächtnisses“, mit dem das Papier angekündigt wird, ist nichts zu erkennen.

Erster Schritt der „Grünwaschung“(Greenwashing):

Schönrechnung der Klima- und Umweltbilanz

Zunächst wird in einem ersten Schritt eine Klimabilanz erstellt. Es werden folgende sieben Module definiert und deren Treibhaugasemissionen in CO2-Äquivalenten angegeben:

1. Hauptverursacher Verkehr insgesamt 378. 000 t CO2, davon 75 % durch Flugreisen. An- und Abreise der internationalen Gäste 284.000 t CO2 („Löwenanteil“)
2. Zuschauerunterbringung 21.000 t CO2
3. Wettkampfstätten Bestand (u.a. Schneekanonen!) 1.600 t CO2 (mit Umweltkonzept 835 t)
4. Wettkampfstätten Neubau 1.000 t CO2 (mit Umweltkonzept 690 t)
5. Olympische Dörfer 2.630 t CO2 (mit Umweltkonzept 520 t)
6. Sonstige Infrastruktur 7.000 t CO2 (mit Umweltkonzept 5.500 t)
7. Catering und Merchandising 8.100 t CO2 (mit Umweltkonzept 5.000 t)

Somit wird offiziell, d.h. im Auftrag der Bewerbungsgesellschaft für München 2018 ein CO2-footprint  von 420.000 t CO2 errechnet (ohne Umweltkonzept).

Mit einem Umweltkonzept, d.h. durch “konsequenten” Einsatz
von grünem Strom, Verwendung eines COtop: 3.5pt;">2-armen
Zements, Verwendung von Textilien aus Bio-Baumwolle usw., soll sich der COtop: 3.5pt;">2-footprint um ca. 40.000 t auf ca. 380.000 Tonnen COtop: 3.5pt;">2verringern (Angabe der Einzelbeträge in Klammern).

Luftverkehr über den Alpen / ©goef-ob

In Vancouver berechnete 2010 Watchdie gesamte COtop: 3.5pt;">2-Schuld der dortigen Spiele auf 3.7 Millionen Tonnen, also fast das 10-fache dessen, was für München 2018 berechnet wird!

Mit eigenen überschlägigen Berechnungen soll grob abgeschätzt werden (eine genaue Abschätzung ist nicht möglich), welche CO2-Schuld tatsächlich zu erwarten wäre:

Der einfachste Weg, um die aus den Maßnahmen für die Infrastruktur resultierende Kohlendioxid-Schuld abzuschätzen ergibt sich daraus, die Ausgaben für diese Maßnahmen mit der durchschnittlichen Emissionsintensität Deutschlands zu multiplizieren. Deutschland emittiert (Zahlen von 2005) durchschnittlich 0,45 Kilotonnen (450 Tonnen) pro einer Million Euro Bruttoinlandsprodukt (BIP). Übersetzt man so die mit ca. 2.000.000.000,– € (niedrig) geschätzten Baukosten für die gesamte Infrastruktur in Kohlendioxid-Emissionen, so kommt man auf 900.000 Tonnen CO2-Emission.

Im Umwelt- und Nachhaltigkeitskonzept München 2018 der Bewerbungsgesellschaft werden
verkehrsbedingte Treibhausemissionen in Höhe von
378.000 Tonnen CO2-Äquvalente angegeben. Da dieser Wert plausibel erscheint, wird er für unsere Abschätzung übernommen.

Da es schwierig ist, Zahlen für die diversen Aktivitäten während der Spiele zu ermitteln, mache ich es mir leicht und nehme den für Turin 2006 angegebenen Wert von 300.000 Tonnen Kohlenstoff-Kohlendioxid-Emission (Ch. A. Shaw, Five Ring Circus). Dieser Wert beinhaltet keine Werte für Bau und Reiseaktivitäten, er spiegelt nur den Wert des Kohlendioxid-Fußabdruckes für den Verlauf der Spiele.

Die gesamte Kohlendioxid-Schuld der Spiele (Paralympics nicht eingerechnet!) summiert sich somit auf ca. 1.578.000 Tonnen CO2 oder das Äquivalent einer deutschen Stadt mit 1,5 Millionen Einwohner(München hat 1,33 Millionen Einwohner) für ein Jahr!

Dieser Wert liegt etwa um den Faktor 4 über dem im Umwelt- und Nachhaltigkeitskonzept angegebenen Wert!

Die Verfasser des Umweltkonzeptes für München 2018 haben wesentlich zum COtop: 3.5pt;">2-footprint beitragende Faktoren ignoriert: Infrastrukturprojekte, wie Straßen- und Parkflächenbau sind nicht berücksichtigt worden. Andere Faktoren, wie künstliche Beschneiung, Bergwaldrodungen, Bebauung von Grünflächen, usw. wurden entweder unterbewertet oder ebenfalls ignoriert.

Z.B. wird der für den Wettkampfstätten Neubau (Punkt 3) angegebene (und als lächerlich niedrig anzusehende) Wert von 1.000 t COtop: 3.5pt;">2(mit Umweltkonzept 690 t) allein schon für den Bau der temporären (!) Langlauf- und Biathlonstadien in Schwaiganger (Kosten ca. 25 bis 27 Mio €) um mindestens den Faktor 10 überschritten!

Zweiter Schritt der „Grünwaschung“:


Man bietet ein paar „Umweltleitprojekte“ an
und alles wird gut.

Vorgegebenes Ziel der Bewerbung für die Austragung der Olympischen und Paralympischen Winterspiele 2018 in München ist „Klimaneutralität“, die für Vorbereitung und Durchführung der Spiele gelten soll. Durch 18 „Leitprojekte“ will man erreichen, Kohlendioxidemissionen gar nicht entstehen zu lassen oder  nicht direkt vermeidbare Emissionen durch Treibhausgasminderungen an anderer Stelle zu „neutralisieren„.

Wie diese „Vision“ eines „integralen und ganzheitlichen Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagement“ aussieht,  kann im erwähnten „Umweltkonzept“ der Bewerbungsgesellschaft nachgelesen werden: angefangen von den herunter gerechneten CO2-Emissionen (siehe oben), über deren „Kompensation“ durch heute schon selbstverständliche Umrüstungen von Heizungen bis zur Nennung allgemeiner kommunaler Aufgaben.

Im Folgenden soll dieses „Grünwaschen“ (Greenwashing) der Olympischen Spiele anhand der 18 Umwelt-Leitprojekte kurz aufgezeigt werden:

1. Biosphärenreservat Green GAP+
Dieses als „Highlight“ gedachte Leitprojekt war bereits gestorben, bevor es auch nur ansatzweise diskutiert wurde. Ein Biosphärenreservat ist ein Schutzgebiet, das für die jeweilige Vegetationszone repräsentativ ist oder eine Besonderheit aufweist. Es geht in erster Linie um den Schutz der von Menschen geschaffenen Kulturlandschaften, für welche die UNESCO zuständig ist, und nicht um Natur- oder Landschaftsschutz. Ein Biosphärenreservat ist ein wichtiges und unterstützenswertes Vorhaben, welches jedoch nichts mit der Bewerbung um Spiele zu tun hat. Über ein Biosphärenreservat entscheidet die Weltnaturschutzunion IUCN nach langer Vorarbeit und intensiver Diskussion mit der Bevölkerung vor Ort. Es kann nicht einer Region per Verordnung im Rahmen Olympischer Spiele zum durchschaubaren Zweck von deren „greenwashing“ übergestülpt werden.

2. Plusenergiedörfer
Hier wird eine schon heute geplante und z.T. umgesetzte Praxis im neuen Wohnhaus- und Siedlungsbau als „Vision“ für München 2018 verkauft: Die geplanten olympischen Dörfer „Ice Cluster“ München und „Snow Cluster“ Garmisch-Partenkirchen werden als Plusenergiedörfer konzipiert.

3. München 2018 Hotels
Mehrere Seiten im Umweltkonzept gelten der – keineswesg neuen – Erkenntnis, dass Wärmedämmung, effiziente Heizung und Lüftung sowie Einsatz regenerativer Energiegewinnung in Hotels „Energiesparpotenziale und damit Minderungspotenziale bzgl. Treibhausgasemissionen“ ergeben.

4. Nachhaltiger Olympiapark 2018
Olympiastadion, Olympiahalle und Olympia Schwimmhalle sollen sobald und so umfassend wie möglich energetisch saniert werden, um für München 2018 optimal bereit zu stehen. Obwohl diese Maßnahmen sowieso schon für die nächsten Jahre geplant sind, wird diese Maßnahme ebenfalls als „dauerhaftes grünes Erbe“ der geplanten Spiele vereinnahmt.

5. 100 Sportvereine reduzieren 2018 t CO2/Jahr
Wieder werden selbstverständliche Energieeinsparungen durch Modernisierung von Heizung, Beleuchtung etc. als Beitrag zum Klimaschutz in einem „Umweltleitprojekt“ hochgejubelt.

Das Leitprojekt „100 Sportvereine reduzieren 2018 t CO2/Jahr“ soll einen „nachhaltigen“ Beitrag zur „Zukunftsfähigkeit“ der Vereine des Breitensports und für ein „grünes Erbe“ von München 2018 leisten. Hochgestochener kann man einen Gemeinplatz nicht formulieren.

6. Positive nationale Klimabilanz München 2018
Als nationale Klimabilanz werden rund 96.000 Tonnen Treibhausgas Emissionen für den Verkehr innerhalb Deutschlands, sowie energiebedingte Emissionen durch die Wettkampfstätten,  Olympischen Dörfer und die sonstige Infrastruktur, die Unterbringung der Zuschauer und Offiziellen, sowie Catering/Merchandising berechnet. So geht die Rechnung:
Footprint gesamt 420.000 t, minus „Umweltkonzept“ 40.000 t = 380.000t, darin enthalten der  „Löwenanteil“ 284.000t für die An- und Abreise der internationalen Gäste.
Auch diesen zieht man ab:  380.000 t – 284.000 t und es bleiben  96.000 t CO2-Emissionen.

Mit dem Leitprojekt „positive nationale Klimabilanz München 2018“ sollen Maßnahmen zur „Überkompensation“ von unvermeidbaren CO2-Emissionen finanziert und hierfür eine Stiftung „München 2018 klimaneutral“ gegründet werden. So sollen die sowieso schon klein gerechneten 96.000 Tonnen Treibhausgas-Emissionen in einer modernen Art von „Ablasshandel „kompensiert“ werden. Unter Kompensation versteht man auch hier wieder die Förderung von heute schon selbstverständlichen Umrüstungen von Heizungen und von Sanierungen zur Wärmedämmung.

7. KLIMA-Kompensation des internationalen Luftverkehrs
Ziel dieses „Umweltleitprojektes“ ist die Kompensation der Treibhausgasemissionen aus dem internationalen Flugverkehrs, der in direktem Zusammenhang zu den Spielen steht.

Die nicht zu vermeidenden Emissionen sollen über Investitionen in Klimaschutzprojekte an anderer Stelle eingespart werden. Es wird angestrebt, mindestens je ein Projekt auf einem der Kontinente zu realisieren, die die fünf Ringe repräsentieren (siehe Fazit weiter unten !).

8.1 Grüne Flotte München 2018: effizient und regenerativ
Auch hier wird eine sich abzeichnende Entwicklung auf dem Verkehrssektor als „Umweltleitprojekt“ hoch gejubelt: Aber weder regenerative Kraftstoffe noch Elektrofahrzeuge sind unumstritten.

Als Beitrag „zum Klimaschutz“ will man mit einer „Grüne Flotte München 2018“ ca. 4.500 Tonnen Treibhausgas (CO2-Äquivalente) einsparen.

8.2 Zuschauermobilität: Vorfahrt für den öffentlichen Verkehr
Öffentliche Verkehrsmittel wie Busse und Bahnen sollen „konsequent“ Vorfahrt erhalten. Ziel dieses Leitprojektes ist es, mehr als 50 % der Zuschauer mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach München, Garmisch-Partenkirchen, Schwaiganger und Schönau am Königssee reisen zu lassen. Erreichen will man dies durch umweltfreundliche Bahn- und Busreiseangebote.

Aber schon ein Blick auf die für die Spiele geplanten Infrastrukturmaßnahmen im Bereich Verkehr entlarvt dieses Leitprojekt als reine Augenwischerei:

Für die Bewältigung des von den Spielen generierten Verkehrs sollen in überregionale Straßenprojekte (alte und neue Projekte – siehe Verkehr) bis zu den Spielen mehr als 2 Milliarden gesteckt werden, in die Schieneninfrastruktur lediglich ca. 350 Millionen (Verhältnis etwa 6 : 1).

Allein diese Verkehrsplanungen widersprechen dem in den Bewerbungsunterlagen propagierten Ziel „nachhaltiger“ und „grüner“ Spiele (siehe auch Verkehr).

9. Nachhaltiges Garmisch-Partenkirchen
Im Leitprojekt „Nachhaltiges Garmisch-Partenkirchen“ wird zunächst ganz richtig herausgestellt, dass man in den Industrieländern die CO2-Emissionen bis 2050 um 80 % relativ zu 1990 reduzieren muss, um den Klimawandel auf +2 °C zu begrenzen.

In der Projektbeschreibung wird dann die Erstellung einer eigenen Nachhaltigkeitsstrategie für Garmisch-Partenkirchen vorgeschlagen. Als „einschneidender“ erster Schritt wird eine detaillierte Aufnahme aller Verursacherbereiche für Treibhausgasemissionen vorgeschlagen. Dann soll im Rahmen dieses Projektes ein internationaler Wettbewerb für u.a. die innovativsten Techniken und die besten ökologischen, sozialen und ökonomischen Ansätze auf dem Gebiet des Klimaschutzes und der Klimaanpassung ausgeschrieben und entsprechend durch die Vergabe von Gold-, Silber- und Bronzemedaillen prämiert werden.

Die Goldmedaille wäre in diesem Wettbewerb sicher an den Vorschlag zu vergeben, die Spiele 2018 nicht durchzuführen.

Was dieses „Leitprojekt“ mit Olympischen Winterspielen zu tun haben soll, erschließt sich nur den Erfindern dieser Schnapsidee.

10.  360 Olympic Manager (Ticket to Nature)
Ein glattes Eigentor im Rahmen der Vorschläge zum Umweltkonzept schießen die Bewerber für das Megaereignis Olympische Spiele mit dem „Leitbild“ 360 Olympic Manager.

Anhand der Planung und Durchführung ausgerechnet von einer Sportgroßveranstaltung in einem besonders sensiblen Naturraum sollen Kinder und Jugendliche die Zusammenhänge zwischen Sportraumentwicklung und Umwelt erfahren und „verinnerlichen“. In Camps sollen die jungen Menschen „im olympischen Gedanken von  Freundschaft, Solidarität und Fair Play“ erzogen werden und nebenbei die Abhängigkeit des Menschen von der Natur erkennen.

11. Schnee bewegt – München 2028 Olympic Winter
Auf der gleichen Linie, das Unvereinbare – Natur und Sportgroßveranstaltung – pädagogisch zusammenzuzwingen, liegt dieses „Leitprojekt“. Dieses noch nicht ausformulierte Projekt hat Kinder, Jugendliche und Familien im „Fokus“. Es soll (Schnee)Sportaktivitäten fördern und mit seinen Angeboten „Olympia kinderleicht“, „Olympia ist 1. Klasse“ und „Generationen mit Olympia“ diesen Zielgruppen offenbar das Thema Olympia einbläuen.

12. Ökologische Sportregion Bayerische Alpen
Auch hier muss man sich fragen, was dies mit den Olympischen Winterspielen zu tun hat. Die zusammen gestellten Allgemeinplätze über „nachhaltige und naturverträgliche Tourismus- und Sportentwicklung im Alpenraum unter Berücksichtigung des Klimawandels und der Pflege der Kulturlandschaft bei gleichzeitiger Förderung als wichtige Lebensgrundlage der ortsansässigen Bevölkerung und als gesunde, zeitgemäße und erlebnisreiche Form der Naherholung“ – all das steht im krassen Widerspruch zu den Ausbauplänen und zur Dimension Olympischer Winterspiele.

13. Aufwertung der Bioqualität alpiner Sportstätten
Über „ökologischen Pistenaudit“ im Bereich der alpinen und nordischen Wettkampfstätten und deren „Aufwertung“ durch „landschaftspflegerische Maßnahmenpakete“ wird hier – angesichts der hektarweisen Zerstörung von hochwertigsten Bergwaldhängen und Talflächen – gelinde gesagt, eine gezielte Irreführung betrieben.

14. Olympisches Grün: Grün bewegt
Da den Verfassern des Umweltkonzeptes langsam die Ideen ausgehen, wird hier der „Erhalt der Münchner Freiräume für Erholung, Sport, Spiel, Kommunikation, Biotopverbund, Naturraumerhalt, Klimaausgleich und Stadtgestalt“ als Ziel dieses „Leitprojektes“ ausgegeben.

Selbstverständliche kommunale Aufgaben werden als Vision verkauft und als strategischer Baustein des Umweltkonzeptes vereinnahmt. Und das, obwohl nach den bisherigen Planungen ein beachtlicher Teil der im und am Olympiapark noch vorhandenen „Freiräume“ zugebaut werden soll.

15. Green building materials
Auch in diesem Kapitel wird deutlich, dass den Verfassern die Ideen ausgehen. Als großartige Idee wird hier angepriesen, dass bei den Bauvorhaben für München 2018 ökologisch vorteilhafte Baustoffe wie Holz, CO2-armer Zement und möglichst viel  Recyclingstahl verwendet werden soll.

Auch dieses „Leitprojekt“ dient als Lückenfüller, um die 18 Leitprojekte voll zu kriegen.

16. Kreislaufwirtschaft München 2018
Im Grunde wird hier nur die Einhaltung des geltenden Abfallwirtschaftsgesetzes gefordert.

17. Gesunde Ernährung München 2018
Auch das Ziel des Umweltleitprojektes „Gesunde Ernährung München 2018“, in Sportkantinen und an Sportstätten angebotene Grundnahrungsmittel zu 100 % aus regionaler Herkunft zu beziehen, macht den Leser ratlos. Angesichts der Hauptsponsoren McDonald’s und CocaCola und ihres Versorgungsmonopols in den Olympischen Stadien sind diese Überlegungen zumindest sehr naiv. Sollte uns da was entgangen sein?

18. Faire Beschaffung und Merchandising 2018
Alle mit dem Olympia-Logo versehenen und speziell für München angefertigten Fanartikel und Merchandisingprodukte sollen unter Einhaltung menschenwürdiger Arbeitsbedingungen mit einem hohen Anteil an recycelten Materialien hergestellt werden. Wieder wird hier eine Selbstverständlichkeit als „Leitprojekt“ ausgegeben. Und wieder wird der Einfluss des IOC nicht benannt, der zu den „18 Leitprojekten“ das letzte Wort haben wird.

Finanzierung: Die finanziellen Mittel für fast alle diese „Leitprojekte“ sollen aus Bundes- und Landesmitteln sowie den städtischen Haushaltsmitteln kommen.

Mit den Spielen verknüpft wird auch eine „sicher gut kontrollierbare“ Kompensation über Verhaltensänderung in der Bevölkerung vorgeschlagen.

Fazit
Im „innovativen“ Umweltkonzept mit 18 Leitprojekten München 2018 der Bewerbungsgesellschaft werden längst praktizierte Selbstverständlichkeiten und die Einhaltung bestehender Gesetze als „Vision“ vorgeschlagen.

Das „Biospärenreservat“ als „Leuchtturmprojekt“ ist schon gestorben, noch bevor es zu leuchten begann. Statt auf Vermeidung des CO2-Austoßes und der Schädigung von Natur und Umwelt setzt man auf eine angebliche „Neutralisierung“ dieser Folgen.

Die Probleme des Klimawandels und der Umweltzerstörung will man hierbei mit einer Art modernen Ablasshandels lösen.

Gänzlich abgehoben wirkt dieser Versuch beim Ablasshandel mit Treibhausgasen, z.B. bei der Kompensation im internationalen Flugverkehr anlässlich der Spiele. Wie unter Punkt 7 erwähnt, sollen diese Emissionen über Investitionen in Klimaschutzprojekte auf den fünf Kontinenten (entsprechend den fünf Olympischen Ringen) realisiert werden.

Vorgeschlagen werden z.B.:
–  Clean Energy Packages und Tsunamihilfe für Familien in Tamil Nadu, Indien
–  Klimaschutzprojekt Letaba (Umstellung der Energieversorgung auf einer Citrusplantage) in Südafrika

Diese Form des Ablasshandels mag im internationalen Klimaschutz seinen Stellenwert haben.
Hier widerspricht es aber den „Werten des Olympismus“, wie sie in der Olympischen Charta vom 7. Juli 2007 im Punkt 1 der „Grundlegenden Prinzipien des Olympismus“ formuliert sind:

„Der Olympismus ist eine Lebensphilosophie, die … auf dem erzieherischen Wert des guten Beispiels sowie auf der Achtung universell gültiger fundamentaler ethischer Prinzipien aufbaut.“

Ablasshandel ist kein universell gültiges ethisches Prinzip. Auf dieser Basis von „Klimaneutralität“ der Olympischen Spiele zu sprechen, ist Täuschung der Öffentlichkeit.

Das Wort „klimaneutral“ klingt nach „Problem gelöst“ und suggeriert, dass die jeweilige CO2-Emission dem Klima nicht schadet. Aber sowohl das Kyoto-Protokoll als auch die Absichten für die Klimakonferenz in Kopenhagen zwingen zur Einsparung und Vermeidung weiterer CO2-Emissionen.

Es wurden zwei Richtwerte von zentraler Bedeutung identifiziert:

1. Eine absolute Erderwärmung von mehr als 2 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau erscheint als höchst unverantwortlich. Bereits ein globaler Temperaturanstieg um 1 – 2 °C dürfte zu massiven Schädigungen von Natur und Kultur führen.
2. Die 2-Grad-Grenze dürfte nur zu halten sein, wenn der CO2-Gehalt der Atmosphäre nicht (oder nur für  kurze Zeit) in den Bereich jenseits der 450-ppm-Marke vordringt. Die Klimasensitivität (Rahmstorf, Schellnhuber, 2007) wird bei dieser Analyse im Bereich 2,5 – 3,0 °C angesiedelt. Sollte sie tatsächlich höher liegen, dann verbliebe praktisch keinerlei Emissionsspielraum – der globale CO2-Ausstoß müsste sofort um 60 – 70 % reduziert werden, was praktisch unmöglich ist.

Aber auch wenn das 450-ppm-Niveau die korrekte Peilung darstellt, verbleibt der Menschheit nur noch die kümmerliche Manövriermasse von ca. 70 ppm für den „tolerierbaren“ Anstieg des atmosphärischen Kohlendioxid-Gehaltes! (Rahmstorf, Schellnhuber, 2007) (siehe auch Klimawandel)

Das selbst gewählte und stolz proklamierte CO2-Minderungssziel der Bundesregierung von 25 % bis 2005 wurde bereits grandios verfehlt.

München bewirbt sich um die Olympischen Winterspiele 2018 – in acht Jahren.
Das ist genau die Zeitspanne, die uns nach Expertenmeinung jetzt noch für eine radikale Änderung der Klimapolitik bleibt. Um gefährliche Störungen des Klimasystems zu vermeiden, müssen die Industrieländer bis zum Jahr 2020 ihre Treibhausgas-Emissionen um 40 Prozent gegenüber 1990 vermindern.

Angesichts dieser Perspektiven verbietet sich jeglicher Ablasshandel für CO2-Emissionen im Millionen Tonnenbereich sowie Natur- und Umweltzerstörungen in verheerendem Ausmaß für ein Sport-Großevent wie die Olympischen Spiele 2018 von selbst.

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