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Graubünden gegen Olympische Winterspiele

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Wasserbedarf

 
Zuletzt geändert am 24.10.2013 @ 14:02
© Foto: Gesellschaft für ökologische Forschung

© Text: Sylvia Hamberger, Axel Doering, Andreas Keller, Gesellschaft für ökologische Forschung

Zweiter Versuch: München  2022 ?? Nein danke !

Woher sollen der Schnee und das Wasser für die Schneewettbewerbe 2022 kommen?

Die bayerischen Skigebiete, die von „München 2022“ betroffen wären, liegen niedrig – z.B. die Kandahar-Pisten auf 700 bis 1700 m NHN. Bereits heute sind sie nicht mehr „schneesicher“.

Olympische Winterspiele sind die größte Wintersportveranstaltung der Welt.

Mit der Vertragsunterzeichnung für 2022 verpflichten sich die Austragungsorte, die Zusagen für die „Schneesicherheit“ um jeden Preis und mit allen Mitteln einzuhalten.

Bei der künstlichen Beschneiung muss deshalb mit einem massiven weiteren Ausbau, weiteren Speicherbecken und neuer aufwendiger Technik gerechnet werden – wenn das in neun Jahren mit dem Kunstschnee überhaupt noch klappt.

Auf jeden Fall beschleunigt sich der Klimawandel: Das spricht gegen die Verschleuderung von Geld, Wasser, Energie und Landschaft  – für einen 17-tätigen Olympischen „Event“ in neun Jahren.
 

Deshalb NEIN zu München 2022

Das ist unser Text zu „München 2018“ – aber 2022 wird diese Entwicklung noch extremer, da 4 Jahre später im Klimawandel:

Olympische Winterspiele erzwingen die Vollbeschneiung aller Ski-Sportstätten.
Dies führt zu hohem Energieaufwand und großem Wasserbedarf – und kann nicht ökologisch nachhaltig sein.

Im Winter 2010/2011 wurde – mit Depotbeschneiungen für die Ski-WM – 350.000 m³ Wasser verbraucht.

Das ist mehr als die doppelte Wassermenge der Speicherbecken im Skigebiet von Garmisch-Partenkirchen, deren Größe und Volumen in den Grundlagen für den Genehmigungsbescheid festglegt wurde.

Absehbar ist deshalb, dass im Falle eines Zuschlags für Olympische Winterspiele 2018 neue Speicherbecken gebaut werden müssten.

Für die Grundbeschneiung von 1 ha Piste werden mindestens eine Million Liter bzw. 1.000 Kubikmeter Wasser benötigt. Als Grundbeschneiung geht man von einer Schneeauflage von etwa 30 cm – und bei internationalen Sportevents von 50 cm – aus. Die sogenannten „Nachbeschneiungen“ der gleichen Fläche (1 ha) erfordern zusätzliche ein bis zwei Millionen Liter Wasser.

Das Wasser der Garmisch-Partenkirchener Trinkwasserquellen und des Hammersbaches hatte für die Beschneiung nicht ausgereicht. Deshalb wurden zwei große Speicherbecken mit einem Wasser-Fassungsvermögen von zusammen ca. 110.000 m³ (einhundertzehntausend Kubikmeter) in den Bergwaldbereich (1250 m ü. NHN und 1350 m ü. NHN) hinein gebaut (siehe auch Fotostrecke Ausbauten der Kandahar). Diese Rückhaltebecken sollen in kurzer Zeit das Wasser für die Beschneiungen liefern. Zur Füllung der Becken wird das Wasser aus dem Tal herauf gepumpt, was die Energiebilanz der Schneekanonen weiter verschlechtert.

Wasserrohr für Speichersee-Beschneiungsanlage, Garmisch-Partenkirchen / ©goef-ad

Die Anlage der Speicherbecken und die Ausbringung des Aushubs haben wertvolle Flächen am Berg zerstört, von den immensen Kosten und dem Energieeinsatz ganz abgesehen.

Trotzdem reicht der Wasserbedarf längst nicht mehr für die gleichzeitige Beschneiung der Wettkampfpisten und des normalen Skibetrieb aus:

Der Gesamtwasserbedarf für die Grund- und Nachbeschneiung lag bald bei  ca. 170.000 m³ pro Saison und Winter. Schon im Winter 2009/2010 verbrauchte man 270.000 m³ für die Vollbeschneiung der Pisten.

2010/2011 wurde durch die massive Beschneiung für die Ski-WM ein neuer Verbrauchsrekord erreicht:  350.000 m³!

Es muß entweder ein weiterer Speicherbecken gebaut oder Wasser aus dem Tal nachgepumpt werden. Ende 2009 hat man die Beschneiungsanlagen an den Tiefbrunnen an der Degernlahne angeschlossen: das fehlende Wasser wird seither aus Garmisch-Partenkirchner Tiefbrunnen entnommen. Diese Entnahme von wertvollem Tiefen-Grundwasser ist grundsätzlich negativ zu bewerten.

Geoforscher warnen bereits vor einem massiven Einsatz von Schneekanonen, denn Kunstschnee bringt den über Jahrtausende eingespielten Wasserhaushalt der Alpen durcheinander.

Und die Beschneiung hat auch schon die Gletscher-Skigebiete erreicht: Die Söldener Bergbahnen haben den größten und höchst gelegenen Speicher für Beschneiungswasser in Tirol gebaut – auf 2.900 m ü. NN. Er ist 17 Meter tief  und hat ein Wasser-Fassungsvermögen von 405.000 Kubikmetern. Die Wasseroberfläche misst 35.000 Quadratmeter. Beschneit werden sollen die beiden Gletscher Rettenbach- und Tiefenbachferner und ein Teil des Ötztaler Skigebiets.

Speichersee für die Beschneiung, Tiefenbachferner, Tirol, Österreich / ©goef-ad

Neben der Erderwärmung und den schmelzenden Gletschern droht die flächenmäßig zunehmende künstliche Beschneiung, die Alpen auszutrocknen. Eines der Hauptprobleme ist dabei die starke Verdunstung. Bereits bei der Beschneiung selbst verdunsten große Mengen Wasser, nur ein Teil fällt als Schnee auf die Pisten. Zudem werden Reservoire über den Winter mit Pumpen künstlich eisfrei gehalten. Schon bei dem eigentlichen Beschneiungsvorgang gehen etwa 30 Prozent des Wassers verloren.

Die in den Bergen angelegten künstlichen Teiche verändern den unterirdischen Wasserhaushalt, weil sie nach unten abgedichtet sind, damit das Wasser nicht versickert. Durch die verspätete Schmelze kommt es zudem zu Verschiebungen des Wasserflusses in den Tälern. Das Wasserspeichervermögen von Pisten- und Beschneiungsflächen ist durch die Bodenverdichtung viel geringer. Damit erhöht sich der Oberflächen-Abfluss der Niederschläge und des Schmelzwassers um ein Vielfaches gegenüber ungestörten Hangbereichen.

Der Kunstschnee schmilzt zwei bis drei Wochen später als natürlicher Schnee. Außerdem enthält Kunstschnee-Schmelzwasser etwa viermal mehr Mineralien und Nährstoffe als natürliches Schmelzwasser. Als Folge davon verändert sich der Bewuchs der Böden – Pflanzen mit höherem Nährstoffbedarf dominieren plötzlich.

Die „Rückgabe“ des Wassers erfolgt im Frühjahr, wenn ohnehin Wasser im Überfluss vorhanden ist. Durch die künstliche Beschneiung kommt es zu einer zusätzlichen starken Erhöhung der Gesamtmenge des Schmelzwassers mit vielfältigen ökologischen Folgen.

Es kann zu hydrologischen Belastungen von Ökosystemen und Biotopen kommen, deren Wasserhaushalt bereits gestört ist oder deren Störungsanfälligkeit besonders hoch ist – wie labile geologische Schichten, z.B. Flysch. Moore und Feuchtbiotope im Beschneiungsbereich sind akut bedroht. Bestehende Hangwasserprobleme im Unterhang vieler Pisten werden verstärkt. In den vernässten Hängen wird die Rutschungsgefahr größer. Örtlich kann es zu einer Zunahme von Erosionen kommen.

Die Speicherbecken erhöhen das Risiko. Schon die Bauarbeiten greifen massiv in den Wasserhaushalt der Berghänge ein: Die dafür benötigten (einigermaßen) ebenen Flächen sind in Hangbereichen selten. Oft befinden sich hier schützenswerte Feuchtflächen. Undichte Stellen in den künstlichen Teichen führen zur Überschwemmungs- und Erosionsgefahr für die darunter liegenden Bereiche.

Olympische Winterspiele mit der Vollbeschneiung aller Sportstätten machen die Anlage weiterer Speicherbecken zwingend erforderlich, denn die Wasserentnahme aus Oberflächengewässern wäre gerade in den Wintermonaten ökologisch verheerend. Die Entnahme konzentriert sich auf einen kurzen Zeitraum, in dem die Wasservorkommen ohnehin durch die Wintertrockenheit beschränkt und durch den Touristenansturm belastet sind. Nicht nur in Garmisch-Partenkirchen hat man (Wasser-)Probleme mit dem Kunstschnee.

Die Biathlon- und Langlaufwettbewerbe sollen jetzt auf das Gelände von Gut Schwaiganger bei Ohlstadt stattfinden: Wo das Wasser für die Beschneiung der Loipen und Anlagen herkommen soll, ist aber noch völlig ungeklärt.

Für das gesamte olympische Aufgebot (siehe auch Platzbedarf)  ist ein sehr hoher Wasserbedarf erforderlich. In der Beschneiungspraxis zeigt sich bereits heute, dass die Prognosen in den Genehmigungsverfahren den Wasserbedarf massiv unterschätzt haben. Wasserrechtliche Verfahren für Beschneiungsanlagen haben den Ausbau bisher weder verhindern noch wenigstens begrenzen können.

Der Wasserbedarf für die Beschneiungssysteme konkurriert auch mit dem Trink- und Brauchwasserbedarf der Einwohner und Besucher.

Der „Planungsverband Region Oberland“ formuliert in seinen fachlichen Zielen folgende Grundsätze für die Wasserwirtschaft: „Wasser ist schonend und sparsam zu nutzen, um seine dauerhafte Erneuerung zu gewährleisten. Dazu soll der Verbrauch von Trinkwasser möglichst weiter gesenkt und sein Einsatz effizienter werden… Nutzungen, die Veränderungen des von Natur aus labilen Gleichgewichtes alpiner Ökosysteme zur Folge haben und Schäden im Gewässerhaushalt verursachen können, sollen unterbleiben.“

Die künstliche Beschneiung und der dafür notwendige Wasser-, Energie- und Landschaftsverbrauch sind nicht vereinbar mit den Vorgaben, die Olympischen Winterspiele 2018 besonders „klimaneutral“,„ nachhaltig“ und „ökologisch beispielhaft“ durchzuführen.

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