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Graubünden gegen Olympische Winterspiele

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Oberammergau abgesagt!

 
Zuletzt geändert am 27.03.2014 @ 17:41
© Foto: Gesellschaft für ökologische Forschung

Oberammergau wurde wegen “massivem Widerstand” im Passionsort aus den Planungen für die Olympischen Spiele 2018 genommen. Die Langlauf- und Biathlonanlagen sollten im Bereich der Romanshöhe entstehen: Das sind Oberammergaus sonnigste Wiesen und Erholungsgebiete. Aber die Bürgerinitiative und viele Grundbesitzer haben da nicht mitgemacht.

Die Sportanlagen (zwei Stadien und die Loipen)  sollten temporär errichtet und nach den Spielen wieder abgebaut werden. Wie wäre das mit der versprochenen Nachhaltigkeit – sprich Nachnutzung – zu vereinbaren gewesen?

Die Wiesen an der Romanshöhe wären für mindestens drei Jahre in eine Riesenbaustelle verwandelt worden, und selbst nach dem Rückbau werden diese Flächen verdichtet, degradiert – und banalisiert sein.

So wäre der Bereich der Romanshöhe olympisch bebaut worden (s. Bild) – aber diese Landschaft ist jetzt gerettet.

Wie es dazu kam :

Am 2. Juli wurden 773 Unterschriften eingereicht, um einen Bürgerentscheid in Oberammergau zu beantragen. Nötig wären nur 410 gewesen, um die Teilnahme Oberammergaus an den Planungen für Olympia 2018 über einen Plebiszit zu klären.

Die kurze Zeit (weniger als eine Woche zur Sammlung) und die große Anzahl an Unterschriften zeigten, dass das Thema den Oberammergauern auf der Seele lag. Die Rückmeldungen während der vorhergehenden Woche deuteten außerdem an, dass eine Mehrheit der Oberammergauer sehr wahrscheinlichdie Austragung von Olympischen Wettkämpfen auf dem Gemeindegebiet ablehnt. Am 14. Juli sollte der Gemeinderat bei seiner Sitzung über die Rechtmäßigkeit des Antrags auf ein Bürgerbegehren entscheiden.

Erfolg für die Bürgerinitiative in Oberammergau: Da man das Votum der Bürger fürchtete und zudem viele Grundstücksbesitzer ihre Grundstücke für das Olympia-Spektakel nicht hergeben wollten, hat die Bewerbungsgesellschaft Oberammergau wegen “massivem Widerstand” aus den Planungen für die Olympischen Spiele 2018 genommen.

Gut Schwaiganger / ©goef-ob

Gut für Oberammergau – aber nicht alles gut: Denn nun soll das staatliche Gestüt Schwaiganger bei Ohlstadt für die Biathlon und Langlaufwettbewerbe herhalten, im Loisachtal, dass 200 Meter tiefer liegt als Oberammergau. Ebenfalls temporäre Anlagen, ebenfalls mindestens 30 Millionen Euro.

s. auch „Temporär“


Folgende Argumente sprachen gegen Oberammergau als  Austragungsort der Biathlon- und Langlaufwettbewerbe bei den Olympischen Winterspielen 2018:

©  Text: Christian Hierneis, Bund Naturschutz in Bayern e.V.    –  März 2010

Verkehr

In Oberammergau sollen 2 Stadien entstehen: Eines für Biathlon mit 25.000 Sitzplätzen und eines für Langlauf mit 15.000 Sitzplätzen (Mini Bid Book, Tabelle 1.5). Es ist davon auszugehen, dass die überwiegende Mehrheit der Zuschauer in den 2 (maximal 3) Stunden vor Wettkampfbeginn anreisen wird. Pro Wettkampf ist zudem die Anreise von 10.000 – 20.000 Offiziellen bzw. „Akkreditierten“ („Olympische Familie“, Medienvertretern, Sponsoren, Sicherheitskräften, freiwilligen Helfern etc.) zu erwarten. Insgesamt sollen laut Machbarkeitsstudie 80.000 Akkreditierte während der Spiele anwesend sein.

Auf die Frage nach den bereitzustellenden Ressourcen für die Sicherheit ist im Mini Bid Book (Kapitel 21) bei der Polizei von 300.000 und beim Katastrophenschutz von 500.000, also insgesamt von (irrationalen) 800.000 Personen die Rede. Ein guter Teil davon wird auch in Oberammergau vor Ort sein. Insgesamt ist also pro Wettkampf alles in allem mit mindestens 30.000 (Biathlon) bzw. 20.000 (Langlauf) Personen zu rechnen, die in den maximal 3 Stunden vor Wettkampfbeginn nach Oberammergau anreisen wollen (zum Vergleich: Pro Vorstellung zu den Passionsspielen kommen max. 5.000 Zuschauer).

Oberammergau soll während der Spiele wie Garmisch-Partenkirchen für den Individualverkehr nicht zugänglich sein („Die Straßen werden lediglich für den Individualverkehr der Anwohner, gemeldeter Gäste, Lieferanten und Notdienste freigegeben. Fahrzeuge der Athleten und Offiziellen sowie Reisebusse, Linien- und Shuttle-Busse sind ebenfalls erlaubt“, E-Mail der Bewerbergesellschaft (und proprojekt) vom 08.07.2009).

Daher gibt es nur zwei Möglichkeiten für die Zuschauer, Oberammergau zu erreichen: Mit dem Zug direkt bis Oberammergau oder mit dem Zug/dem Auto bis Oberau und von dort mit einem Bus-Shuttlesystem nach Oberammergau.

Variante 1 (Zug bis Oberammergau):

Hier reicht die bisherige Zugverbindung von Murnau bis Oberammergau bei Weitem nicht aus. Eine „Ertüchtigung“ dieser Strecke (Beseitigung der Langsamfahrstrecken,  weiteres Kreuzungsgleis, Verlängerung des Ausweichgleises, zweites Gleis und/oder Verlängerung des Bahnsteigs in Oberammergau, evtuel sogar Neutrassierung) ist jedoch laut Mini Bid Book nicht vorgesehen. Sowohl von Garmisch-Partenkirchen als auch von München aus fahren die Züge über Murnau. Die Kapazitäten der Bahn sind sehr beschränkt, da aufgrund des moorigen Untergrunds und der damit verbundenen Gewichtshöchstgrenze die Züge so ausgerichtet sind, dass pro Zug nur ca. 300 Passagiere fahren können.

Von daher kann das erwartete Zuschaueraufkommen auch nicht im Ansatz durch die Anreise mit der Bahn bewältigt werden. Bei einem Aufkommen von derzeit 1 Zug pro Stunde können in den 3 Stunden vor Wettkampfbeginn demnach maximal 900 Zuschauer nach Oberammergau transportiert werden. Auch eine Erhöhung des Zugtaktes ist wegen des eingleisigen Verkehrs mit nur einem Ausweichgleis in Bad Kohlgrub wohl nur auf höchstens 2 Züge pro Stunde, also maximal 1.800 Fahrgäste möglich.

Variante 2 (Zug/Pkw/Bus bis Oberau und von dort mit Bus-Shuttle-System):

In der E-Mail der Bewerbergesellschaft (proprojekt) vom 08.07.2009 heißt es:
„Im Zeitraum von 10-11 Uhr müssen etwa 8.000 Besucher per P+R-Shuttle bzw. Bahnhofsshuttle von Oberau nach Oberammergau transportiert werden (ca. 110 Busfahrten). Zusätzlich passieren in dieser Spitzenstunde etwa 35 Reisebusse mit zusammen ca. 1.700 Besucher diesen Abschnitt der B23 sowie 65 Linien- und Verstärkerbusse mit weiteren 3.200 Besuchern. Zusammen sind dies etwa 210 Busfahrten je Stunde und Richtung im Besucherverkehr.“

Wie bereits festgestellt, müssen zu den Wettbewerben mindestens zwischen 20.000 (Langlauf) und 30.000 (Biathlon) Zuschauer und Offizielle nach Oberammergau transportiert werden. Maximal 1.800 Personen mit dem Zug und die im E-Mail genannten 12.900 Personen ergeben jedoch insgesamt nur knapp 14.700 Zuschauer. Nimmt man zusätzlich an, dass in Oberammergau alle verfügbaren Gästebetten (2.590) mit Olympia-Übernachtungsgästen belegt sind, kommt man auf maximal 17.290 Personen, also zwischen 2.710 (Langlauf) und 12.710 (Biathlon) – zu wenig. Man kann jedoch davon ausgehen, dass die Betten in und um Oberammergau (im Ammertal insgesamt ca. 6.000) von Sportlern, Betreuern etc. belegt sind, da das IOC vorgibt, dass die Athleten innerhalb von 15 Minuten von der Übernachtungsstätte am Wettkampfort sein müssen. Diese Berechnung geht also sicherlich von weitaus zu optimalen Zahlen aus.

Es ist nicht anzunehmen, dass viele Besucher mit Bussen aus Richtung Westen (Stuttgart, Augsburg) anreisen werden, da erstens die meisten Besucher aus Richtung München kommen und zweitens für die Anreise aus Westen lange und beschwerliche Landstraßenfahrten nötig sind.

Nähme man alleine die Zahl 8.000 Besucher mit 110 Bussen aus der  E-Mail als tatsächlich realistisch an, müsste schon bei dieser Passagierzahl zwischen 10 und 11 Uhr ca. alle 30 Sekunden ein Bus mit 73 Personen von Oberau nach Oberammergau fahren, und zwar ohne Unterbrechung von 10:00 Uhr bis 12:00 Uhr. Und dies deshalb genau alle 30 Sekunden, da eine gleichzeitige Fahrt zweier oder mehrerer Busse nicht möglich ist und eine Verzögerung um 10 Sekunden eine massive Verlängerung der Zeit nach sich zieht. Die 30 Sekunden Abstand müssen auf der gesamten Strecke von Oberau nach Oberammergau (11 km) auch während der Fahrt über die steilen Serpentinen des Ettaler Berges eingehalten werden. Es dürfen keine Verzögerungen wie rote Ampeln, belegte Kreuzungen oder Staus auftreten. Ein normaler Reisebus hat ca. 50 Sitzplätze, ein Doppeldeckerbus ca. 70 – 78 Sitzplätze. Demnach müssen Doppeldeckerbusse eingesetzt werden.

Gleichzeitig fahren die weiteren in der E-Mail genannten 100 Busse die gleiche Strecke. Die Zeitabstände der Busfahrten reduzieren sich dadurch auf 15 Sekunden. Das stelle man sich am Ettaler Berg vor. Wie diese 100 Busse in die 110 Bahnhofsshuttle-Busse einfädeln sollen, wird nicht dargestellt.

Alleine bei dieser Anzahl an Bussen müsste weiterhin in Oberau eine Parkplatzfläche für 110 Doppeldecker-Busse und in Oberammergau eine Parkplatzfläche für 110 Doppeldecker-Busse sowie die weiteren genannten 100 Busse, also insgesamt 210 Bus-Parkplätze mit den jeweiligen Ein- und Ausstiegsflächen zur Verfügung stehen. Busse sind je nach Bauart 12 – 14 m lang und 2, 5 m breit. Dies bedeutet ohne Ein- und Ausstiegsfläche eine Parkplatzgröße in Oberau von ca. 3.400 qm und in Oberammergau von ca. 7.100 qm (die Busse können jeweils nach Ankunft am Parkplatz nirgendwohin „ausweichen“). Mit Ein- und Ausstiegsfläche ist mindestens eine Verdoppelung des Platzbedarfs auf 7.000 bzw. 14.000 qm (0,7 bzw. 1,4 Hektar) anzunehmen. Hier ist weiterhin ein immenses Sicherheitsrisiko gegeben, da alle 30 Sekunden ein Shuttle-Bus in den Ziel-Parkplatz einfährt und genau 30 Sekunden nach dem Vorhergehenden parken muss. Sollten die weiteren 100 Busse auf den gleichen Parkplatz in Oberammergau einfahren, kommen die Busse dort im 15-Sekunden-Abstand an.

Da jedoch in dieser Berrchnung, wie bereits ausgeführt, mindestens zwischen 2.710 und 12.710 Besucher fehlen, ist die eineinhalb- bis zweifache Menge an Bussen und Parkplatzfläche anzusetzen (in Oberammergau eine Parkplatzfläche von bis zu 28.000 qm = 2,8 Hektar). Die Zeitabstände der Busfahrten reduzieren sich gleichzeitig auf weniger als 15 Sekunden.

Das stelle man sich am Ettaler Berg vor. Noch dazu, wenn die Witterungsbedingungen tatsächlich winterlich sein sollten und die Serpentinen vereisen. Ein einziger liegen gebliebener Bus würde den gesamten Besuchertransport massiv behindern oder sogar beenden.

Weiterhin ist die Zeitvorgabe schon bei nur 8.000 mit Shuttle-Bussen transportierten Personen nicht zu halten, da die Busse so befüllt werden müssen, dass tatsächlich alle 30 Sekunden ein Bus losfahren kann. D.h. der vorderste Bus muss tatsächlich bis auf den letzten Platz befüllt sein, 30 Sekunden später der nächste etc.

Hinzu kommt, dass in Vancouver 2010 an zwei Tagen mehr als ein Wettbewerb stattfand. Betroffen waren die Disziplinen, die auch 2018 in Oberammergau ausgetragen werden sollen (Langlauf/Biathlon/Langlauf der Nordischen Kombination). Bleibt die Anzahl dieser Loipen-Disziplinen bis 2018 gleich oder erhöht sich noch, müssten in Oberammergau ebenfalls an mindestens zwei Tagen zwei Wettkämpfe aus den Bereichen Biathlon/Nordisch fast gleichzeitig oder sehr zeitnah nacheinander ausgetragen werden. Das hieße, dass zunächst 25.000 Zuschauer aus Oberammergau abtransportiert werden müssten. Unmittelbar danach oder sogar gleichzeitig würde man aber 15.000 Zuschauer zu den zweiten Wettkämpfen hin transportieren. Dies kann nach dem hier Beschriebenen – zumal beim Einbahnverkehr am Ettaler Berg – erst recht nicht funktionieren.

Dies alles ist offensichtlich völlig unrealistisch.

Auch die Anreise der Besucher nach Oberau (von wo die Shuttle-Busse abfahren sollen) ist zu untersuchen.

Die in der E-Mail genannten 8.000 Besucher müssten in 8-10 Regionalzügen aus Richtung München oder Garmisch-Partenkirchen anreisen. Dies ist nicht realistisch, es werden sicherlich 50% der Besucher mit dem eigenem Pkw oder Shuttlebussen (s. oben) anreisen (dies ist auch die optimistischste Zielsetzung des Umweltkonzeptes im Bereich Verkehr).

Wenn man von einer Anreise per Pkw bei nur der Hälfte der genannten 8.000 Besucher ausgeht, sind dies bei einer (unrealistischen) Auslastung pro Pkw mit 4 Personen 1.000 Pkw. Alleine dies bedürfte einer Parkplatzfläche von mindestens ca. 1 ha bei Oberau (0,7 ha reine Stellfläche bei einer durchschnittlichen Pkw-Größe von 4,2, m x 1,75 m) zzgl. Ein- und Ausstiegsfläche und Parkplatzein- und ausfahrten etc. Tatsächlich ist von mindestens 3.000 Pkw, die in Oberau parken müssen, auszugehen, also mindestens 3 Hektar. Da jedoch in dieser Rechnung 10.000 – 20.000 Besucher fehlen, dürfte sich auch hier der Platzbedarf deutlich vergrößern.

In der Machbarkeitsstudie ist sogar von einem durchaus realistischen Bedarf von insgesamt 16.500 (!) „temporären“ Parkplätzen – gestaffelt im Loisachtal – die Rede, wobei hier auch die Anfahrt zu den Wettkämpfen in Garmisch–Partenkirchen miteingerechnet sind. Im „Verkehrskonzept“ vom Mai 2009 werden dagegen „nur noch“ 10.900 Parkplätze genannt.

Die hier genannten Berechnungen basieren auf den „optimistischen“ Zahlen, vermutlich ist mit einem deutlich höheren Aufkommen an Besuchern, Sponsorenvertretern, Medienvertretern, Offiziellen, Sicherheitskräften, Cateringpersonal etc. zu rechnen. Auch der Lieferverkehr für frische Nahrungsmittel etc. ist hier noch nicht einberechnet.

Zudem soll auf der A95 (wie auch auf dem gesamten Mittleren Ring, der Leopold- und der Ludwigstraße in München, der A8, A9 und der A96) eine „Olympiafahrspur“ (Olympic Lane) für die „Olympische Familie“ gesperrt sein, so dass mit massiven Staus zu rechnen ist. Da der Verkehr auf der B2 von Oberau nach Oberammergau immer nur in eine Richtung erfolgen soll, Gegenverkehr also ausgeschlossen ist, wird vermutlich auch hier eine Spur für die „Olympische Familie“ gesperrt. Das Verkehrschaos ist vorprogrammiert.

Flächenverbrauch

Zu den bisher bekannten 64 ha für die Wettkampfanlagen, Zuschauertribünen, Loipen etc. kommen (die nach vorliegenden Unterlagen offenbar noch nicht eingerechneten) mindestens 7 ha Parkplatzfläche in Oberau und Oberammergau hinzu.

Oberammergauer Olympiaflächen. Am Vortag war Föhn. 28.2.2010 / ©goef-kf

Weiterhin ist fraglich ob das Olympische Dorf (Snow Village) in Garmisch-Partenkirchen auch für die Athleten geeignet ist, die in Oberammergau ihre Wettkämpfe bestreiten und nicht in Oberammergau sogar ein weiteres Olympisches Dorf entstehen muss.

Laut Vorgabe des IOC (Zitat Michael Vesper bei DOSB-Treffen am 14.02.2009) müssen die Athleten binnen maximal 15 Minuten von ihrer Unterkunft am Wettkampfort sein. Vom Snow Village in Garmisch-Partenkirchen bis zu den Wettkampforten in Oberammergau benötigt man jedoch laut Mini Bid-Book bereits 20 – 25 Minuten. Also mehr als (laut Michael Vesper) vom IOC gefordert wird. Bei zu erwartendem Stau auf der B2 zzgl. des massiven Busverkehrs sind längere Anfahrtszeiten zu erwarten. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Anfahrt zur Biathlonwettkampfstätte laut Mini Bid-Book 25 Minuten dauert, zu den Langlaufwettbewerben nur 20 Minuten. Die beiden Wettkampfstätten liegen ca. 100 Meter auseinander, so dass für 100 Meter eine 5 Minuten längere Anreise einkalkuliert wird. Sollte also die Aussage von Michael Vesper der Wahrheit entsprechen, müsste in Oberammergau ein eigenes Olympisches Dorf errichtet werden. Andernfalls müssten (immer der Argumentation von Herrn Vesper folgend) die Athleten nebst Betreuer in den vorhandenen Unterkünften unterkommen, was bedeuten würde, dass diese Übernachtungsmöglichkeiten für Besucher wegfielen . Das aber würde die Anzahl der Anreisenden in o.g. Berechnungen um mindestens 2.000 Personen erhöhen.

Die genannten maximal 15 Minuten sind im Übrigen auch das Hauptargument gegen Ruhpolding als Austragungsstätte von Biathlon und Langlauf, da hier ein neues Olympisches Dorf errichtet werden müsste, was mit großem Flächenverbrauch einherginge. Überraschenderweise finden jedoch bei den Biathlon-Weltmeisterschaften 2012 in Ruhpolding voraussichtlich alle Athleten sowie die Zuschauer eine Unterkunft. Da in Ruhpolding bereits die Wettkampfstätten jedenfalls für Biathlon bestehen, ist der Flächenverbrauch mit oder ohne neues Olympisches Dorf wesentlich geringer als in Oberammergau.

Von einem Flächenverbrauch (ob temporär oder nicht) von mindestens 70 ha alleine in Oberammergau ist auszugehen.

Ökologie

Aus Unterrichtsmaterialien „Olympia ruft: Mach mit!„, Homepage der Bewerbungsgesellschaft, www.muenchen2018.org:

„So stellt etwa der verantwortliche Umgang mit der Ressource Natur eine zentrale Leitlinie dar, zumal einige Wettkämpfe in sensiblen Kulturlandschaften sowie Landschafts- und Naturschutzgebieten stattfinden werden.“

Dem ist grundsätzlich nichts mehr hinzuzufügen. Die Wettkampfstätten in Oberammergau werden auf wertvollen Wiesen in schönster bayerischer, kleinteiliger und touristisch bedeutender Kulturlandschaft unterhalb der Romanshöhen errichtet (Naturschutz). Da es sich hierbei um sonnenbeschienene Südhänge handelt, ist zudem ein erhöhter Einsatz von Kunstschnee notwendig, um die Durchführung der Wettkämpfe zu gewährleisten. Das IOC fordert „Schneesicherheit“, die ausschließlich mit Kunstschnee oder aus anderen Gebieten herbeigeschafftem Schnee (Vancouver 2010Schnee?) zu bewerkstelligen ist. Da das Herbeischaffen von natürlichem Schnee aus anderen Regionen nicht mit Sicherheit zu gewährleisten ist, muss Kunstschnee produziert werden. Dies in umso größerer Menge in Oberammergau, da durch die Südlage ein wesentlich höheres Schmelzrisiko besteht. Kunstschneeproduktion ist mit hohem Energieaufwand sowie der Entnahme großer Wassermengen aus dem natürlichen Kreislauf bzw. der Anlage von unnatürlichen Speicherseen verbunden und daher nicht ökologisch. Eine Kühlung der Loipen analog der Kühlung der Skisprungschanze in Garmisch-Partenkirchen ist laut Planungsbüro Speer & Partner nicht geplant.

Welche Eingriffe zu erwarten sind, ist dem Entwurf des Notarvertrages für die Grundstückseigentümer zu entnehmen:

Auf den benötigten Flächen sollen „Parkplätze“, „temporäre Wettkampfeinrichtungen, wie z.B. Langlaufloipen, Tribünen, Stadien, Bauten für Organisation, Teilnehmer und Mannschaften, Zuschauer sowie Medien aller Art einschließlich dem erforderlichen Zubehör wie z.B. Beschneiungseinrichtungen, Telekommunikationsleitungen“, weiterhin „die hierzu notwendigen Zuwegungen, Pumpleitungen, Zapfstellen, Schächte Verteileranlagen, Steuer- und Stromleitungen verlegt, errichtet bzw. aufgestellt werden und Einzäunungen vorgenommen werden.“ Hierzu müssen „die erforderlichen Abgrabungen, Aufschüttungen“ vorgenommen werden und „etwa vorhandene Stadel entfernt“ werden. Mit „Kontamination oder verbleibender Bodenverdichtung“ rechnet man bereits. Nach öffentlich-rechtlicher Genehmigung können sogar noch „Geländekorrekturarbeiten“ vorgenommen werden. Und alleine durch die vorher stattfindenden „Probebohrungen zur Feststellung der Bodenbeschaffenheit und Vermessungsarbeiten“ rechnet man mit „Schäden“.

In Fachkreisen ist unbestritten, dass auch bei rein temporärer Anlage aller Einrichtungen eine Wiederherstellung des Geländes, vor allem des Bodens bei diesen massiven Eingriffen in seinen ursprünglichen Zustand nicht möglich ist.

Die Loipen führen zudem bis auf wenige Meter an die angrenzenden FFH-Gebiete (höchster europäischer Naturschutz-Status). Hier besteht u.U. die Gefahr, dass FFH-Recht verletzt werden könnte, da Auswirkungen in die FFH-Gebiete durch die direkt angrenzenden Wettkampfstätten nicht grundsätzlich auszuschließen sind.

Kosten

Die 188 Grundstückseigentümer der für die Wettkämpfe benötigten 422 Grundstücke sollen von 2016 bis 2018 ihre Grundstücke an die Gemeinde Oberammergau verpachten. Diese hat alle anfallenden Kosten zu tragen.

Aus dem Entwurf des Notarvertrages für die Grundstückseigentümer:
„Die Gemeinde Oberammergau trägt das volle Haftungsrisiko. Sie leistet dem Grundstückseigentümer für alle Schäden Ersatz, die durch die Errichtung der Wettkampfeirichtungen und durch die Durchführung der Olympischen Spiele am Grundstück entstehen und trotz eines Rückbaus eventuell verbleiben.“

„Die Kosten der Zustandserfassung vor und nach den Wettbewerben hat die Gemeinde Oberammergau zu tragen.“

„Die Berechtigte (Gemeinde Oberammergau) ist verpflichtet, nach Beendigung der Olympischen Winterspiele das belastete Grundstück, soweit möglich, wieder in den früheren Zustand zu versetzen.“ „Soweit möglich“ bedeutet nichts anderes, als dass man richtigerweise davon ausgeht, der frühere Zustand sei vielleicht gar nicht wiederherstellbar.

Oberammergau hat weiterhin während der Vertragslaufzeit alle Lasten, Abgaben und auch privatrechtlichen Schulden zu bezahlen, die durch die Verpachtung entstehen, muss Ersatzfuttermittel bezahlen, falls die Wiesen als Futterquelle genutzt werden, hat auch die entgangenen Betriebsprämien und Gelder aus Förderprogrammen zu bezahlen sowie den Minderertrag durch die Nichtnutzung der Grundstücke auszugleichen.

An dieser Stelle muss klargestellt werden, dass das IOC keinen finanziellen Beitrag zur Errichtung von Sportstätten, Infrastruktur oder Durchführung der Olympischen Spiele leistet.

Die Gemeinde Oberammergau hat (Stand Januar 2010) 29 Millionen Euro Schulden und stand wegen seiner Schuldenlast fast das ganze Jahr 2009 unter der Finanzaufsicht des Landratsamtes. Oberammergau sucht derzeit einen Käufer für seine Liftanlagen, das Hallenbad wird voraussichtlich 2010 geschlossen.

Es ist weder nachvollziehbar noch darstellbar, wie die hochverschuldete Gemeinde Oberammergau alle genannten Kosten und Risiken tragen soll. Mittlerweile fordern deshalb die Grundstückseigentümer, dass die Verträge nicht mit der Gemeinde Oberammergau, sondern mit dem Freistaat Bayern abgeschlossen werden sollen.

Da offenbar nicht alle Grundstückseigentümer gewillt sind, für die Winterspiele ihre Grundstücke zu verpachten, bleibt abzuwarten, welche Lösung infrage kommt: Enteignung oder Ausweichen in die angrenzenden FFH-Gebiete. Oder der Verzicht auf Oberammergau als Wettkampfstätte.

Die Kosten für die Anlagen werden derzeit auf 21 bis 32 Millionen Euro taxiert, wovon Oberammergau nach bisherigen Aussagen 1 Million Euro zu bezahlen hätte. Egal, wer welchen Anteil bezahlt, es handelt sich bei allen genannten Summen um Steuergelder.

Sonstiges

Oberammergau ist vor allem wegen seiner Passionsspiele und wegen seiner ursprünglichen Landschaft, nicht jedoch als Wintersportort (vom König-Ludwig-Lauf abgesehen) berühmt. Es bestehen bereits Langlaufmöglichkeiten in schönster Umgebung. Mit Loipen zu werben, auf denen kein Tourist jemals laufen wird, macht keinen Sinn. In Zeiten gesteigerten Umweltbewusstseins mit hohem Energie- und Wasseraufwand beschneite Loipen zu zeigen, ebenso wenig. Sollte der Februar 2018 schneearm sein, wird Oberammergau – noch dazu an den sonnenbeschienenen Wiesen unter der Romanshöhen – das gleiche Schicksal erleiden wie Vancouver 2010: Es wird als „schneearm“ weltbekannt.

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