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Hamburg-Berlin 2024 (1) bis 6/14

 
Zuletzt geändert am 02.11.2014 @ 10:59

Hamburg-Berlin 2024 (2) 7-8/2014: hier; 9-10/2014: hier; 11/2014: hier

Nach der Abwahl der Bewerbung München 2022 um Olympische Winterspiele am 10.11.2013 macht der DOSB gleich das nächste Fass auf: Olympische Sommerspiele 2024. Zwei Kandidaten werden in den Ring getrieben: Hamburg und Berlin. Das olympische Rat Race geht also weiter, inszeniert vom DOSB, allen möglichen Interessenten, Lobbyisten, Geschäftemachern und Politikern. Deshalb verfolgt diese kleine Chronologie das Geschehen aufmerksam.
Sie wird laufend aktualisiert.
Vergleiche auch: www.nolympia-hamburg.de und www.nolympia-berlin.de
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Zur Erinnerung I:
Bewerbung Berlin um Olympische Sommerspiele 2000 – die Aussage eines IOC-Mitgliedes: “Berlin ist ein erbärmliches Schlusslicht” – “Berlin schied mit nur neun Stimmen bereits in der Vorrunde aus” (Auch Sportbund will das Volk zu Olympia befragen, in rbb-online.de 19.6.2014).

Zur Erinnerung II:
Verschuldung Berlin am 30.6.2013: 59,830 Milliarden Euro
Verschuldung Hamburg 30.6.2013: 24,913 Milliarden Euro
(Quelle: www.destatis.de)

Terminplanung:
31.8.2014: Abgabe des ausgefüllten DOSB-Fragebogens
6. 12.2014: Die DOSB-Mitgliederversammlung entscheidet über Hamburg oder Berlin
Herbst 2015: Bewerbung beim IOC
Frühjahr 2016: Abgabe Mini-Bidbook
Herbst 2017: IOC wählt Austragungsort 2024
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November 2013:
– Milchbubenrechnung. “Der Sportökonom Holger Preuß von der Uni Mainz ist sich sicher, dass der volkswirtschaftliche Nutzen von Sommerspielen in Berlin noch größer wäre als die von ihm errechneten 1,7 bis 3,4 Milliarden Euro für Winterspiele in München – unterm Strich, also nach Abzug der Kosten. Weil die gesamte Republik profitieren würde, sieht der Ökonom zudem ein gutes Argument, ‘Bundesmittel anzuzapfen’” (Loy, Thomas, Hin und Her um die Bewerbung, in tagesspiegel.de 13.11.2013).
Herr Preuss ist für solche Rechnungen inzwischen hinlänglich bekannt.
Vergleiche auch: Kosten Olympischer Spiele

Dezember 2013:
– Berliner olympisches Fast-Patt. Auf ein Neues: 1993 scheiterte eine Berlin-Bewerbung für 2000 kläglich. Nun gibt es nach der vierfachen Niederlage München 2022 sofort wieder Überlegungen für Olympische Sommerspiele in Berlin 2024. Eine Forsa-Umfrage erbrachte 52 Prozent Befürworter und 44 Prozent Gegner. 2011 waren es noch 57 Prozent Befürworter (Rogalla, Thomas, Ja zu Olympia, Nein zu Wowereit, in berliner-zeitung.de 4.12.2013).
Kommentar von Jan Thomsen: “Eigentlich sind die Spiele schon verloren. (…) Doch eine mögliche Bewerbung muss bereits 2015 im Briefkasten des IOC liegen… Die Zeit für eine überzeugende Berliner Bewerbung für 2024 ist viel zu knapp. Schon deshalb, weil Münchens Pleite einen Standard gesetzt hat. Die Bewerbung ist ja an Volksentscheiden gescheitert. Ohne ein solches Votum im Vornhinein wird es nicht mehr gehen – schon gar nicht in Berlin, das bekanntlich 1993 beim IOC nach einer missglückten Kampagne kläglich scheiterte” (Kein Rückhalt für Olympia, in berliner-zeitung.de 4.12.2013).

Januar 2014:
– Hamburg wird in Bewerbung 2024 hineingetrieben. Die Industrie- und Handelskammer München und Oberbayern war die treibende Kraft bei der Bewerbung Olympische Winterspiele 2022 in München. Fazit: viermalige Abwahl am 10.11.2013. Nun wird die Handelskammer Hamburg aktiv. Deren “Präses” Fritz Horst Melsheimer forderte bei der Jahresschlussansprache den Hamburger Ersten Bürgermeister Olaf Scholz auf, eine Olympia-Bewerbung Hamburgs zu unterstützen. Angeblich seien 57 Prozent der Bevölkerung dafür und nur 37 Prozent dagegen – das ergab eine Emnid-Befragung im Auftrag eben jener Handelskammer Hamburg (Präses Melsheimer beim “Ehrbaren Kaufmann”: “Herr Bürgermeister, packen Sie Olympia an!”, hk24.de 31.12.2013). Melsheimer griff übrigens gleichzeitig noch die “direkte Demokratie” mitsamt dem Verbandsklagerecht an: “Umweltschutzverbände vertreten Partikularinteressen, und durch das Verbandsklagerecht werden diese Interessen einseitig bevorteilt” (Ebenda). Sofort sprangen ihm Kommentatoren und Politiker begeistert zur Seite. “Und obwohl die olympische Idee aktuell eine ihrer größten Krisen erlebt, gilt: jetzt erst recht. (…) Was Barcelona, Sydney und Rio können, das kann die Region Hamburg allemal” (Lorenz, Markus, Olympia wagen, in shz.de 2.1.2014). – “Die öffentliche Kampagne der Handelskammer bleibt dennoch verständlich, sind Olympische Spiele immer auch ein Konjunkturprogramm für die Region” (Grünberg, Rainer, Ein Zeichen setzen für Olympia, in abendblatt.de 2.1.2014). “Bereits heute genügen viele Hamburger Sportstätten in ihrer Grundstruktur olympischen Ansprüchen” (Grünberg, Rainer, Sommerspiele in Hamburg, in abendblatt.de 4.1.2014).
Das so altbekannte wie falsche Argument – “Alles da” traf schon für München 2022 in keiner Weise zu und würde auch für Hamburg 2024 nicht stimmen.
Schleswig-Holsteins Verkehrs- und Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD): “Eine solche Bewerbung würde mithilfe des Bundes dazu führen, die Infrastruktur im Norden innerhalb weniger Jahre fit zu machen” (Ebenda) und schwärmte sogleich vom Ausbau der A7, der westlichen A-20-Elbquerung, der S4 nach Bad Oldesloe und der S21 nach Kaltenkirchen (Ebenda). Sportsenator Michael Neumann (SPD) kündigte an, dass es einen Bürgerentscheid dazu geben würde (Ebenda). Niemand fragt – der ehemalige Umweltminister Klaus Töpfer (CDU) antwortet. Er ist nunmehr (ausgerechnet!) Gründungsdirektor des “Institute for Advanced Sustainability Studies”. In seiner Festrede zum Thema Nachhaltigkeit (!) beim DOSB-Neujahrsempfang in Frankfurt am Main propagierte Töpfer: “Wagen wir es doch wieder!” und schlug einen recht merkwürdigen Weg vor: “Wenn Sie eine Nachhaltigkeitsdebatte führen, beginnen Sie nicht mit den ökologischen Fragen, sondern mit den sozialen” (Töpfer ermuntert DOSB zu neuer Olympia-Bewerbung, in sueddeutsche.de 23.1.2014). – “Nach dem zweimaligen Scheitern Münchens ist eine deutsche Olympia-Bewerbung nach Ansicht von DOSB-Präsident Alfons Hörmann ‘erstmal durch’” (Hörmann: Mit Olympia-Bewerbung “erstmal durch”, in sueddeutsche.de 17.1.2014). Neueste Idee: eine Doppelbewerbung Hamburgs mit Berlin, die dann umgehend verworfen wurde (Labinski, Anne, Hamburg und Berlin gemeinsam für Olympia? in tagesspiegel.de 21.1.2014; Grünberg, Rainer, Gemeinsames Olympia in Hamburg und Berlin? in welt.de 20.1.2014). Die Bewerbungsfrist für Olympische Sommerspiele 2024 läuft Mitte November 2015 ab.

Februar 2014:
– Olympische Jäger. Zu einer neuerlichen Bewerbung um Olympische Spiele in Deutschland sagte DOSB-Präsident Alfons Hörmann im Januar 2014: “Der nächste Schuss muss sitzen” (Grünberg, Rainer, Gemeinsames Olympia in Hamburg und Berlin, in welt.de 20.1.2014). Und DOSB-Generaldirektor Vesper im Februar 2014: “Der nächste Schuss muss sitzen” (Grünberg, Rainer, “Wir wollen Olympia nach Deutschland holen”, in abendblatt.de 3.2.2014).
Sportsenator Frank Henkel (CDU): „Berlin kann Olympische Spiele. Punkt. Ausrufezeichen. Berlin könnte für neue olympische Bescheidenheit stehen. Es lohnt sich, dieses dicke Brett zu bohren und dazu einen gesellschaftlichen Dialog zu führen” (Vetter, Claus, Teuffel, Friedhard, “Berlin kann Olympia!”, in tagesspiegel.de 4.2.2014).

März 2014:
– Berlin – fast – bereit. Der unermüdliche Berliner Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit erklärte, Berlin sei bereit für Olympische Sommerspiele, auch schon 2024. (Hierfür müsste allerdings eine Bewerbung schon im November 2015 beim IOC vorliegen.) Der Sport müsse aber die Entscheidung treffen – und die Bevölkerung die Bewerbung tragen (SID, Berlin bereit für Olympia 2024 – nicht aber um jeden Preis, in handelsblatt.com 12.3.2014).
Und der Berliner Großflughafen?

April 2014:
DOSB plant Olympische Spiele. Auf der DOSB-Klausurtagung am 3. – 4.4.2014 in St. Johann bei Mainz beschloss das Präsidium des DOSB, Olympische Spiele nach Deutschland zu holen. Das DOSB-Gremium machte klar, “dass das Projekt Olympia nicht eine Frage des Ob, sondern allein des Wann und des Wie sei” (DOSB-Präsidium verabschiedete in seiner Sitzung Grundsatzbeschluss, PM 4.4.2014).
Der Wille des Staates als Haupt-Geldgeber der Olympischen Spiele bleibt hier als Entscheidungsinstanz explizit unerwähnt.
Die vier verlorenen Bürgerentscheide im November 2013 zur Bewerbung München 2022 hätten gezeigt, dass eine olympische Bewerbung kein “Selbstläufer” sei. Deshalb will der DOSB “Vertreter/innen der Zivilgesellschaft sowie aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft zu einem kontinuierlichen Dialog über die Zukunft von Sportgroßveranstaltungen in Deutschland einladen” (DOSB, Beschluss auf der 67. Sitzung des DOSB, 4.4.2014). Der DOSB freut sich über das Interesse von Berlin und Hamburg.
Die DOSB-Lobbyisten möchten, dass beide Städte zuerst in einen sehr teuren Wettbewerb für 2024 gegeneinander antreten. Dann soll eine der beiden deutschen Städte für einen hohen zweistelligen Millionenbetrag (50 bis 60 Millionen Euro wird für die Bewerbung angesetzt) gegen die Bewerberstädte aus anderen Ländern antreten: Diese deutsche Bewerbung wird sich dann schnell im IOC-Sumpf verlieren: zum Beispiel gegen Putins Heimatstadt St. Petersburg, die wahrscheinlich für 2024 antreten wird (da könnte Putin gerade noch nach inzwischen vier Amtsperioden als Präsident eröffnen). Dann nochmal eine deutsche Bewerbung – für 2028 – und erneut verlieren. Und dann ein drittes Mal antreten – weil Pyeongchang auch dreimal angetreten ist, bis es die Olympischen Winterspiele endlich 2018 erhalten hat.
Olympische Sommerspiele sind nicht “besser” als Olympische Winterspiele: Das IOC bleibt zu jeder Zeit das IOC, die olympische Geldmaschine ist sommers wie winters in Gang, und die Gigantomanie wächst mit jeder neuen Bewerbung – für den Sommer wie für den Winter.

– Hamburg 2024 baut vor. Der Hamburger Innen- und Sportsenator Michael Neumann (SPD) treibt Hamburgs mögliche Bewerbung für Olympische Sommerspiele 2022 voran – in Verbund mit DOSB-Präsident Alfons Hörmann. “Bei einem Geheimtreffen in Hamburg hat der DOSB-Präsident dem Sportsenator vorigen Sonntag seine Vorstellungen erläutert” (Lorenz, Markus, Olympia in Hamburg? Bürger sollen entscheiden, in shz.de 18.4.2014; Hervorhebung WZ). Mitte Dezember 2014 entscheidet der DOSB, ob man sich um Sommerspiele 2024 oder 2028 bewerben will.
Das will man natürlich, auch wenn die Bewerbung völlig aussichtslos ist: Das IOC mit dem deutschen Präsidenten Thomas Bach braucht auch deutsche Zählkandidaten, damit Interesse am Milliardenspiel signalisiert wird.
Als Interessent gilt auch Berlin. DOSB-Präsident Hörmann berichtete im Hamburger Abendblatt im Interview mit dem Redakteur und strikten Olympiabefürworter Rainer Grünberg die Geschichte eines angeblichen Taxifahrers, der vor dem Fahrgast Hörmann ungefragt von Olympischen Spielen in Hamburg schwärmte. (Ob diese Story stimmt, ist fragwürdig; zumindest wäre sie nicht gut erfunden.) Hörmann hält Hamburg neben Berlin als “international siegfähig” (Grünberg, Rainer, Leoni, Achim, Olympia-Chef sieht gute Chancen für Hamburger Bewerbung, in abendblatt.de 15.4.2014). Grünberg rührte bereits kräftig die Werbetrommel: “Das größte Sportfest der Welt wäre in der Lage, Hamburg zu wecken, weltweit bekannter und zukunftsfähig zu machen” (Grünberg, Rainer, Olympia-Bewerbung: Gold für Hamburg! in abendblatt.de 16.4.2014). Neumanns Sprecher Frank Reschreiter äußerte keck: “Wir machen den bisherigen Olympia-Gigantismus jedenfalls nicht mit” (Lorenz 18.4.2014).
Leere Versprechungen, Herr Reschreiter: Damit wird Hamburg vom IOC sofort aussortiert.
Eine Kandidatur muss vom DOSB bis Ende November 2015 beim IOC eingereicht werden. Zuvor suchte sich in Hamburg Senator Michael Neumann seine Befürworter in Parteien und Lobbygruppen zusammen: “weil ein solches Projekt nur zu stemmen ist, wenn alle Hamburger von ihm überzeugt sind und mit Begeisterung dahinterstehen” (Fahrplan für Bewerbung, in welt.de 7.4.2014).
Die Immobilienwirtschaft nicht vergessen – die ist immer versessen auf Olympische Spiele!
Und schon lockt man mit “bezahlbarem Wohnraum”, einer Brücke über die Elbe und dem Bau einer U-Bahn nach Harburg (Ebenda).
Was eben so versprochen wird vor einer Bewerbung. In der Realität steigen beim Zuschlag für Olympische Spiele Mieten und Immobilienpreise, der Öffentliche Verkehr wird nur unwesentlich gefördert – und alle Maßnahmen könnten ohne Olympische Spiele wesentlich kostengünstiger realisiert werden.
Ob wohl in Hamburg die Bürger gefragt werden? “Nicht zuletzt der Volksentscheid vergangenen November in München und Umgebung gegen Winterspiele 2022 in der Region haben Politik und Sportbund im höchsten Maße sensibilisiert, die Argumente der Olympiagegner sehr ernst zu nehmen” (Ebenda). Am 15.2.2015 könnte parallel zur Bürgerschaftswahl ein Referendum stattfinden. “In der Hamburger Bürgerschaft sind Referenden gar nicht vorgesehen, in einem parlamentarischen Kraftakt müsste die Bürgerschaft deshalb kurzfristig eine ‘Lex Olympia’ beschließen. (…) Die Oppositionsparteien CDU und FDP würden da wohl mitmachen. CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich will ‘eine parteiübergreifende Zusammenarbeit für den Traum von Olympia’, die Grünen überlegen noch” (Veit, Sven-Michael, Volk soll Spiele wollen, in taz.de 15.4.2014). DOSB-Generaldirektor Vesper bearbeitet die Hamburger Grünen deshalb seit längerem.
Nur eines ist sicher: Der “Traum von Olympia” würde auch für Hamburg zum Alptraum!
Vergleiche hierzu das Gutachten von Prof. Gerrit Manssen zum Host City Contract: hier
Von der Verbindung mit den Wahlen zur Bürgerschaft versprechen sich die Strategen von CDUSPDFDP ein hinreichendes Plus-Votum. Da die Gegner besser mobilisieren – siehe die Abstimmungen gegen Graubünden 2022 am 3.3.2013 und gegen München 2022 am 10.11.2013 – will man die Wahlen zusammenlegen, um auch Befürworter zu erreichen. Das ist vermutlich auch eine zentrale Empfehlung des IOC, um lästigen Bürgerbegehren zu begegnen. Deshalb fand das Referendum zu Krakau 2022 am 25.5.2014 statt, parallel zur Europawahl – und ging dann trotzdem deutlich verloren. Das Referendum in Hamburg soll mit der Bürgerschaftswahl organisiert werden – mit stadtstaatlichem Anstrich.

– Kritik von “DIE LINKE”. Der sportpolitische Sprecher der Hamburger Fraktion DIE LINKE, Mehmet Yildiz: „Obwohl der Senat mit einer vollmundigen Dekadenstrategie an den Start gegangen ist, kriegt er es nicht einmal hin, rechtzeitig einen groben Plan zur Sicherung von Sport- und Bewegungsflächen vorzulegen. Und während mehr und mehr allgemein zugängliche Sportstätten verfallen, kungelt der Sportsenator mit Olympia-Funktionären hinter verschlossenen Türen und in Edelrestaurants über eine Olympia-Bewerbung Hamburgs. Statt um größenwahnsinnige Projekte wie eine Olympia-Bewerbung, die Hamburg in die Insolvenz treiben könnte, sollte Neumann sich um die Förderung des Sports im Sinne aller Hamburgerinnen und Hamburger kümmern“ (DIE LINKE, PM Senat verschleppt Konzept zur Sicherung von Sportflächen, Hamburg 14.4.2014).

Mai 2014:
– Neumann kann Olympia! “Hamburg kann Olympia! Davon ist Sportsenator Michael Neumann (SPD) überzeugt” (Trümpler, Erik, 65 Prozent der Hamburger sagen Ja zu Olympia, in mopo.de 7.5.2.014).
Die Hamburger Morgenpost startete zur Unterstützung eine Online-Umfrage: Angeblich waren 64,7 Prozent für Olympische Sommerspiele in Hamburg. Allerdings war diese Umfrage entgegen der Mopo-Behauptung alles andere als repräsentativ: Das Institut “mafo.de” befragte nämlich gerade einmal 500 Personen, und Online-Umfragen sind nicht repräsentativ für die Gesamtbevölkerung. Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz “vermeidet ein klares Bekenntnis zu Olympia. (…) ‘Bewerbungen von demokratischen Staaten müssen immer so sein, dass alle Gebäude eine Folgenutzung haben’, sagte der Bürgermeister. (…) Außerdem, so Scholz, sei die Finanzierung der Spiele gerade in Zeiten der dann geltenden Schuldenbremse ein zentraler Punkt: ‘Da können wir nicht Milliarden raushauen’” (Scholz vermeidet klares Bekenntnis zu Olympia, in abendblatt.de 14.5.2014).
Hamburgs Grüne warnten vor einer voreiligen Bewerbung 2024 und verwiesen auf das Debakel mit der Elbphilharmonie. Grünen-Fraktionschef Jens Kerstan sieht ein notwendiges Referendum erst nach der Bürgerschaftswahl als möglich an (Bündnis 90/Die Grünen warnen vor voreiliger Olympia-Bewerbung Hamburgs, in zeitonline 7.5.2014). Außerdem möchten die Grünen das Referendum verschieben: Da das IOC erst im Dezember 2014 seine Kriterien für die Vergabe der Spiele neu regeln will, ist die Zeit bis Februar 2015 zu kurz (Grüne wollen Referendum über Olympia verschieben, in welt.de 9.5.2014).
Laut Berechnungen des Sportsenders Sky hat London 2012 nicht die offiziellen 13, sondern in Wirklichkeit 24 Milliarden Pfund (umgerechnet 30 Milliarden Euro) gekostet!
Am 9.5.2014 traf sich auch der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, mit DOSB-Präsident Alfons Hörmann (der vorher schon in April 2014 zum Werben für Olympische Sommerspiele in Hamburg war) – plus DOSB-Generaldirektor Michael Vesper. “Kein Olympia ohne das Volk”, lautet – derzeit – das Credo der Sportchefs. DOSB-Sprecher Christian Klaue: “Wir können und wollen Olympia nicht gegen die Bürger machen” (Thomsen, Jan, Wowereit spricht über Olympia 2024, in berliner-zeitung.de 8.5.2014). Kein Problem, denn: “Zudem seien moderne Spiele immer nachhaltige Spiele – ohne den Betonpomp vergangener Zeiten” (Ebenda).
Glaubt diesen Unsinn wirklich noch jemand? Und so werden Berlin und Hamburg von den DOSB-Lobbyisten weiter in einen sinnlosen und teuren Wettbewerb getrieben: Und die Vergabe wird dann weder an Berlin noch an Hamburg gehen.
DIE LINKE, Landesverband Hamburg, lehnte am 19.5.2014 eine Bewerbung Hamburgs für die Olympischen Sommerspiele 2024 und 2028 ab: Das IOC achtet weder auf die Einhaltung von Arbeits-, Sozial- und Ökostandards oder Menschenrechte. Olympische Spiele fördern keine Völkerverständigung oder Frieden. “Das IOC wird auch der Freien und Hansestadt Hamburg die Vertragsbedingungen diktieren” (PM DIE LINKE lehnt eine Bewerbung Hamburgs für die Olympischen Spiele 2024 und 2028 ab, 19.5.2014). Dazu erstellte DIE LINKE eine Studie mit 23 Seiten: hier

– Wowereit nicht so begeistert. “Als der Deutsche Olympische Sportbund kürzlich informell mit dem Regierenden Bürgermeister und Vertretern des Berliner Sports über die Olympiabewerbung diskutierte, waren die Vertreter des Sports unangenehm berührt. ‘Wir wären am liebsten nach einer halben Stunde aufgestanden und gegangen’, sagt ein Teilnehmer, so sehr habe Wowereit über das Internationale Olympische Komitee (IOC) und das Gebaren der Sportverbände gelästert” (Teuffel, Friedhard, Berlin verpasst den Start für die Olympia-Bewerbung, in tagesspiegel.de).

– Der DOSB gibt Gas. Schon im Herbst 2014 will er bekanntgeben, wann und mit welcher Stadt er sich bewerben will. “Auf die Organisation einer Volksbefragung oder eines Referendums soll im ersten Schritt verzichtet, die Meinung der Bevölkerung aber später eingeholt werden” (Grünberg, Rainer, Olympia-Entscheidung schon im Herbst, in welt.de 19.5.2014).
Immer wenn aufs Tempo gedrückt wird, versucht jemand, einen anderen übers Ohr zu hauen.
Der Gipfel an Naivität steht im Antrag von SPD, CDU, Grüne und FDP: “Der Senat wird ersucht, kurzfristig eine Studie zu Chancen und Risiken einer Hamburger Olympia-Bewerbung zu erarbeiten und der Bürgerschaft bis zum Herbst 2014 vorzulegen” (Drucksache 20/11848, 20.5.2014).
Fünf Monate Zeit – was soll dabei herauskommen außer vagen Vermutungen? Die vier Parteien bezeugen damit ihre Unkenntnis über das Ausmaß Olympischer Sommerspiele und der festgelegten Vorgaben des IOC.
Besonders spaßig: “Einigkeit herrscht in den vier Rathausfraktionen von SPD, CDU, Grünen und FDP, dass eine Bewerbung Hamburgs nur unter der Voraussetzung erfolgen sollte, dass das IOC dem Gigantismus abschwört, das größte Sportfest der Welt reformiert” (Ebenda).
Oh heilige Einfalt! Siehe Host City-Contract mit Anhängen. Und gar nichts wird abgeschworen: St. Petersburg wird sich – sofern sich die politische Situation entspannt hat – 2024 bewerben, die Heimatstadt von Wladimir Putin und Gazprom. Und die nächsten zig Gazprom-Milliarden locken das IOC.

– Zitate zu Hamburg-Berlin Mai 2014:
Bela Rogalla, Landessprecher DIE LINKE, Hamburg: “Die Ankündigung des DOSB-Präsidenten Hörmann, bereits im Herbst 2014 allein zu entscheiden, ob die Olympischen Spiele 2024 in Hamburg oder Berlin stattfinden, ist eine arrogante Frechheit des DOSB-Präsidiums” (DIE LINKE, PM 19.5.2014).
Dietrich Wersich schwärmt von der ‘Jahrhundertchance Olympia’. Dadurch könnte Hamburg ‘auf die Weltkarte kommen’, glaubt der CDU-Chef in der Bürgerschaft” (Veit, Sven-Michael, Nur die Linke spielt nicht mit, in taz.de 20.5.2014).
Kann man so naiv sein?
Jens Kerstan, Fraktionschef Bündnis 90/Die Grünen, Hamburg: “Wir wollen nicht drei Wochen Party und dann auf einem Schuldenberg sitzen bleiben” (Ebenda).
DOSB-Präsident Alfons Hörmann: “Wir gehen nur dort hin, wo wir auch wirklich gewollt sind” (Eberts, Carsten, Wieder Sehnsucht nach Olympia, in sueddeutsche.de 28.5.2014).
Also auf nach Sotschi, Peking, Almaty, St. Petersburg…
Michael Neumann, Hamburger Sportsenator: “Ich habe Lust auf das Thema Olympia” (Grünberg, Rainer, Olympia neu erfinden, in welt.de 6.6.2014).
Glücklicherweise kommt es nicht auf Herrn Neumanns Lust allein an.
Wolfgang Maennig, 1988 Goldmedaillengewinner im Rudern und Hamburger Ökonomie-Professor: “Olympia ist auch heute noch nicht reif für fundamentale Veränderungen” (Ebenda).
Gerhard Janetzky, Präsident der deutschen Olympischen Gesellschaft Berlin: “Es gibt zur Zeit keinen, der die Fahne für eine Olympiabewerbung in die Hand nimmt. Eigentlich müsste das der Regierende Bürgermeister oder der Sportsenator tun” (Teuffel, Friedhard, Berlin verpasst den Start für die Olympia-Bewerbung, in tagesspiegel.de 30.5.2014).
Klaus Wowereit, Regierender Bürgermeister Berlins: “Man muss sich gut überlegen, ob man sich auf das IOC einlässt” (Ebenda).
“Der Sportökonom Professor Holger Preuß von der Universität Mainz versuchte zwar, den Bewerbern Mut zu machen, indem er aufschlüsselte, dass Olympische Spiele eine Stadt nicht in Schulden treiben, sondern stattdessen große Infrastrukturprojekte ermöglichten. Das lasse sich historisch belegen” (Ebenda).
Seit Jahren ist Preuß bekannt als ökonomischer Gesundrechner des Olympischer Spiele (siehe auch unter November 2013). Dabei gibt es zahlreiche Untersuchungen internationaler Ökonomen, die zum gegenteiligen Ergebnis kommen. Jeder der letzten Austragungsorte blieb auf einem Schuldenberg sitzen. Vgl. Kosten Olympischer Spiele
Aus einem Fragenkatalog des DOSB an Berlin: “Eine Bewerbung ist oft nicht im ersten Anlauf erfolgreich. Wären Sie im Fall eines Scheiterns der Bewerbung grundsätzlich bereit und interessiert an einem weiteren Bewebungsverfahren” (Ebenda).
Oder an einem dritten?

Juni 2014:
Berlin und Hamburg müssen bis zum 31.8.2014 die Fragen des Deutschen Olympischen Sportbundes beantworten: “Darunter auch folgende: ‘Wie steht die Bevölkerung Ihrer Stadt zu einer möglichen Bewerbung? In welcher Weise würden Sie sich der Zustimmung einer Mehrheit der Bevölkerung in Ihrer Stadt und in ganz Deutschland versichern?’ Die Antworten auf diese Fragen sieht der organisierte Berliner Sport mit erheblicher Skepsis. So sagt Jens-Uwe Kunze, Vizepräsident der Deutschen Olympischen Gesellschaft Berlin und Geschäftsführer des Turn- und Freizeitsportbundes, dass er als Verbandssprecher zwar für eine Mitsprache der Bürger bei diesem wichtigen Thema sei. Persönlich hält er jedoch einen Volksentscheid oder eine von der Politik initiierte Bürgerbefragung für ‘kontraproduktiv’. Der Grund: ‘Dagegen zu sein ist einfacher, als dafür zu sein.’ Es sei zudem erfahrungsgemäß schwierig, Mehrheiten für sportpolitische Anliegen zu mobilisieren, auch wenn rund 600 000 Berliner in Sportvereinen aktiv seien. Daher lautet Kunzes Prognose für eine mögliche Olympia-Abstimmung: ‘Wir werden scheitern’“ (Törne, Lars von, Sportverband: Olympiabewerbung wird am Bürger scheitern, in tagesspiegel.de 3.6.2014).

– Frank Steffel, Obmann der CDU/CSU-Fraktion im Sportausschuss des Deutschen Bundestages: “Ich empfehle dem Deutschen Olympischen Sportbund, noch einmal darüber nachzudenken, ob eine Bewerbung für die Olympischen Spiele 2024 wirklich sinnvoll ist. (…) Zum anderen habe ich das Gefühl, dass nach dem überraschenden Scheitern des Volksentscheids zur Bewerbung für Olympische Winterspiele die Bewerbung für 2024 überstürzt angestrebt wurde” (SID, Steffel sieht mögliche Bewerbung um Olympia 2024 kritisch, in zeitonline 4.6.2014).

– Wowereit + Hörmann + Vesper. Klaus Wowereit traf sich Anfang Juni 2014 mit DOSB-Präsident Alfons Hörmann und DOSB-Generaldirektor Vesper zu einem “informellen Gespräch” über eine Bewerbung Berlins. “Für eine Bewerbung 2024 ist der Zeitplan ambitioniert. Bereits Ende des kommenden Jahres müsste die Bewerbung beim IOC eingereicht werden. Experten gehen davon aus, dass allein dafür 50 bis 60 Millionen Euro nötig sind” (Anker, Jens, Olympische Spiele in Berlin? in welt.de 10.6.2014).

– Hamburg erstmalig auf weltweiter Landkarte. Prof. Hans-Jörg Schmidt-Trenz ist Hauptgeschäftsführer der Hamburger Handelskammer und verkündet, dass Olympia an Alster und Elbe “ein Gewinn für die gesamte Region” wäre: “Es ist die Gelegenheit, zu Beginn dieses 21. Jahrhunderts auf die weltweite Landkarte zu kommen” (Schröder, Axel, Hamburgs Traum, in deutschlandfunk.de 8.6.2014).

– Klitschkos für Hamburg. “Für Hamburg steigen die Brüder Klitschko in den Ring. In Berlin hingegen hat noch kein Prominenter seine Unterstützung für eine Olympiabewerbung erklärt” (Beikler, Sabine, Das Rennen um die Spiele ist eröffnet, in tagesspiegel.de 11.6.2014).

– Absurde Veranstaltung. Der parlamentarische Geschäftsführer der Berliner Linken, Steffen Züllich, “bezeichnet eine mögliche Bewerbung als ‘absurde Veranstaltung’. Berlin ‘knabbere’ noch an der letzten Bewerbung. Statt 40 bis 60 Millionen Euro für eine Bewerbung auszugeben, sollte man in Schulen, Kitas und Sportstätten investieren” (Ebenda).

– Widerstand in Hamburg. Gegen die Hamburger Olympia-Bewerbung wurde von dort Ansässigen die Webseite http://www.nolympia-hamburg.de/ eingerichtet.

– USOC will sich bewerben. Das Olympische Komitee der USA gab Mitte Juni 2014 bekannt, dass vier Städte im Rennen um eine amerikanische Bewerbung sind: Boston, Los Angeles, San Francisco und Washington D.C. (Anderson, Gary, USOC reveals four cities in contention for 2024 Olympic Games bid, in insidethegames.biz 13.6.2014).

– “Olympia? Nein-danke”-Stimmung. Der Sprecher für Sportpolitik der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Özcan Mutlu, schrieb in einem Beitrag für den Tagesspiegel zur Bewerbung Berlin 2024: “Mich überrascht die ‘Olympia? Nein danke’-Stimmung nicht, die auch in vielen anderen Ländern Europas zum Ausdruck kam. Offensichtlich beschäftigen die Menschen andere gesellschaftliche Probleme stärker. Vor allem herrscht zu Recht ein großes Misstrauen gegenüber dem IOC. Denn das IOC ist neben der Fifa zum Sinnbild einer Organisation geworden, die mehr für Korruption, Selbstgefälligkeit, Intransparenz und Größenwahn steht als für Sport. Es besteht ein massives Glaubwürdigkeitsproblem bei der Vergabe von Sportgroßveranstaltungen. So denken viele Menschen, dass es den Sportfunktionären des IOC und der Fifa vorrangig ums (eigene) Geld geht. Anders lässt sich eine Vergabe der Winterspiele nach Sotschi nicht erklären. Die Vergabe der Fußball-WM 2022 nach Katar durch die Fifa sowie aktuelle Berichte über Korruption haben viele in ihrer Meinung noch bestärkt. Wie auf dieser Grundlage eine offene und positive Stimmung für Olympia geschaffen werden soll, ist fraglich. Die Massenproteste in Brasilien sind darüber hinaus ein mahnendes Beispiel, das Augenmaß nicht zu verlieren. Olympia zu holen, koste es, was es wolle, passt nicht mehr in unsere Zeit” (Mutlu, Özcan, Keine Spiele ohne die Bürger! in tagesspiegel.de 12.6.2014). Außerdem hat der DOSB Berlin und Hamburg gerade einmal drei Monate Zeit gegeben, die 13 umfänglichen Fragen zu beantworten. “Unter diesem Zeitdruck muss jede Bürgerbeteiligung zum Versuch verkommen, die Bürger von der Sinnhaftigkeit längst beschlossener und von ökonomischen Interessen diktierter Planungen zu überzeugen. Dies werden die Berliner nicht mehr mit sich machen lassen” (Ebenda). – Steffen Zillich, parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion: “Auf Grundlage dieser Antworten entscheidet der DOSB über eine Bewerbung” (Alberti, Stefan, Ringen um die richtige Antwort, in taz.de 16.6.2014).

– Tilmann Heuser, Landesgeschäftsführer Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Berlin: “Wir sehen da durchaus Potenziale, wenn man den Bestand an Sportstätten sinnvoll nutzt” (Anker, Jens, Olympische Spiele in Berlin, in welt.de 10.6.2014).
Sehr geehrter Herr Heuser, falls Sie hier richtig zitiert wurden, fragen wir Sie, ob es zu den Aufgaben eines BUND-Landesgeschäftsführers gehört, sich für den 17-tägigen Megaevent Olympische Spiele stark zu machen? In einem Brief antwortet Ihnen Axel Doering, warum der Bund Naturschutz in Bayern über fünf Jahre gut begründet Widerstand gegen die Bewerbung um Olympische Winterspiele München 2018 und 2022 geleistet hat (siehe unten). Diese Aufklärung hat zum Ergebnis des Bürgerentscheids beigetragen – mit dem vierfachen Nein zur Bewerbung. Olympische Sommerspiele sind nicht “besser” als Olympische Winterspiele: Das IOC bleibt zu jeder Zeit das IOC, die IOC-Knebelverträge gelten im Winter wie im Sommer, die olympische Geldmaschine ist sommers wie winters in Gang, und die Gigantomanie wächst mit jeder neuen Bewerbung. Alle diese und weitere Informationen finden Sie auf der Webseite www.nolympia.de.
Vergleiche auch hierzu: Internationale Sportverbände und Diktaturen

– Olympisches Gesundbeten. Der Landesgeschäftsführer des BUND Berlin, Tilmann Heuser, stellte persönlich klar, dass er richtig zitiert wurde. Er hat am 17.6.2014 ein Diskussionspapier veröffentlicht: Olympiabewerbung gemeinsam entwickeln und entscheiden – Eckpunkte für ein nachhaltiges Bewerbungskonzept, BUND Berlin 17.6.2014. Zitate daraus:
“Ein erster Abgleich zwischen den Anforderungen des DOSB und des IOC zeigt, dass Berlin diese Konflikte vermeiden kann, in dem der Bestand an Infrastruktur intelligent genutzt, modernisiert und (temporär) erweitert wird” (S. 2). – “Da ein Bedarf für weitere Stadien und Eventarenen mit hohen Bau- und Betriebskosten nicht erkennbar ist…” (S. 2). – “Temporäre Sportanlagen entsprechen damit grundsätzlich dem Nachhaltigkeitsgedanken” (S. 3). – “… kann Berlin die Sportwettbewerbe ohne erhebliche ökologische Eingriffe durchführen” (S. 3). – “Da weder neue Verkehrsinfrastruktur noch neue, dauerhafte Sportstadien oder -hallen gebaut werden müssen, entfallen die hierfür notwendigen Planungs- und Vorbereitungskosten” (S. 4).
“Die Olympiabewerbung ist hervorragend geeignet, die guten Vorsätze der Berliner Politik für bessere Bürgerbeteiligung und effizientere politische Entscheidungsprozesse beispielhaft umzusetzen” (S. 5).
Der DOSB und sein Generaldirektor Vesper brauchen für die Bewerbung Berlin 2024 einen Naturschutzverband – gibt sich der BUND Berlin dafür her? Und wer hat es geschrieben?
Um eine Bewerbung für Olympische Sommerspiele 2024 realistisch beurteilen zu können, muss man historische Kenntnisse haben und die bisherige und jüngste Geschichte von Olympischen Spielen kennen. Man muss über die Struktur des IOC und der Internationalen Sportverbände sowie die Vorgehensweise der nationalen Sportverbände Bescheid wissen. Man muss die komplizierten ökonomischen Budgetansätze analysieren können, um die realen Milliardenkosten zu erhalten. Man muss die vorgeschobene private Finanzierung kennen, um zu wissen, dass am Ende der Steuerzahler die 17-Tage-Party bezahlen wird. Man muss die sozialen Verwerfungen im Vorfeld der Spiele und die oft kurz vor Beginn der Spiele eintretenden ökologischen Verwüstungen abschätzen. Man muss die weitere Historie der in jedem Fall auftretenden „White Elephants“ im Vorhinein realistisch kalkulieren. Dazu kommen Infrastrukturprobleme beim Verkehr (Olympic Lanes etc.), Versorgungsprobleme, die Schwierigkeiten für die dort lebende Stadtbevölkerung, Sicherheitsprobleme – und die zumindest fragwürdigen Geschäftspraktiken der TOP-Sponsoren wie McDonald’s, Coca Cola und Dow Chemical.
Und nicht zuletzt ist die Kenntnis des Host City Contracts erforderlich, um die IOC-Vorgaben und -Einflussmöglichkeiten und die massiven Einschränkungen der demokratischen Rechte vor, während und nach den Spielen zu kennen. Hinzu kommt die unbegrenzte Defizit-Garantie in Milliardenhöhe. Von den Sport-Problemfeldern Doping, Korruption, Schiebung, Förderung des Spitzensports bei gleichzeitiger Einschränkung des Breitensports etc. gar nicht zu reden.
Das kann ein Einzelautor ohne diesbezüglichen Hintergrund nicht leisten.

– Presse zitiert BUND-Papier. Und schon werden die Aussagen Heusers in der Presse aufgegriffen. Im Berliner Tagesspiegel wird Heuser zitiert mit: “Ein Bedarf für weitere Stadien sei deshalb nicht zu erkennen.” – “Für Heuser ist ein Neu- oder Ausbau von Verkehrsinfrastruktur in Berlin nicht erforderlich” (Beikler, Sabine, Metzner, Thorsten, Berliner Olympiabewerbung gemeinsam mit Brandenburg? in tagesspiegel.de 17.6.2014). Und in der taz wunderte sich Autor Matthias Bolsinger: “Kaum zu glauben, aber wahr: Ein Umweltverband sagt Ja zu Olympia” (Ökolympia in Berlin, in taz.de 17.6.2014). – “Und selbst der BUND, der Bund für Umwelt und Naturschutz, der eigentlich immer dagegen ist, hat nicht grundsätzlich etwas dagegen” (Appenzeller, Gerd, Olympia ist nichts für eine zerstrittene Stadt, in tagesspiegel.de 18.6.2014). – “Selbst Umweltschützer zeigen sich aufgeschlossen” (Zylka, Regine, Wowereit macht bei Olympia-Bewerbung ernst, in berliner-zeitung.de 23.6.2014). – “Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hat ein Konzept vorgelegt, wonach Berlin ohne große Neubauten auskommt” (Reinsch, Michael, Berliner Senat will Olympia im modernisierten Stadion von 1936, in faz.net 24.6.2014).
Den DOSB und seinen Generaldirektor wird dieses “Diskussionspapier” sicher freuen – vor allem, weil es für den DOSB Gold wert ist, wenn ein Naturschutzverband die Bewerbung unterstützt.
Vergleiche auch den offenen Brief von Axel Doering unter “Aktuelles”: Spielt der BUND der Bewerbung Berlin 2024 in die Hände? hier

– Fünf Gründe gegen München 2022. Auf dem Nolympia-Plakat zur Abstimmung am 10.11.2013 standen unsere fünf Gründe gegen die Bewerbung Münchens um Olympische Winterspiele 2022: – Nein zu Schuldenbergen – Nein zum Wachstumswahn – Nein zur Mietpreisexplosion -Nein zu IOC-Knebelverträgen – Nein zur Naturzerstörung. (Link zu unserem Plakat: hier)
Die ersten vier Gründe gelten unbegrenzt auch für die Bewerbung von Hamburg und Berlin um Olympische Sommerspiele 2024. Die Naturzerstörung wäre jeweils getrennt zu reflektieren, findet aber ebenfalls statt – zum Beispiel durch zubauen, überbauen, versiegeln.

– Olympische Sicherheit wie Flugzeugbesteigung. Der ehemalige Berliner Sportsenator und jetzige Präsident des Berliner Landessportbundes, Klaus Böger, ist einer der Hauptpromotoren von Berlin 2024. Als olympische Herausforderung sieht Böger “die Balance zwischen einem Fest für Besucher aus aller Welt und der Sicherheit: ‘Man muss sich klarmachen: Der Besuch jeder Sportstätte ist wie der Einstieg in ein Flugzeug’” (Schütze, Elmar, Wenn Olympia in Berlin wäre, in berliner-zeitung.de 13.6.2014).
Deshalb kostet die olympische Sicherheit inzwischen Milliarden – siehe Olympische Sommerspiele 2012 in London -, mit Flugabwehrraketen auf privaten Wohnhäusern. Und deshalb sind Olympische Spiele inzwischen gesichert wie Hochsicherheitstrakts – mit sehr stark eingeschränkten demokratischen Rechten.

– IHK-Presse-Promotionsfrühstück. Klaus Wowereit (SPD) war mit Sportsenator Frank Henkel (CDU) beim Pressefrühstück der Berliner IHK am 16.6.2014.
Immer wieder interessant, welch treibende Kraft die jeweiligen Industrie- und Handelskammern für Olympische Bewerbungen darstellen, siehe München 2018 und 2022!
Wowereit äußerte, “es sei verkehrt, deutsche Bewerberstädte gegeneinanderzuhetzen, wie es bei der Bewerbung für die Olympischen Sommerspiele 2012 im Jahr 2003 mit Leipzig geschehen sei” (Beikler, Sabine, “Berlin kann Olympia”, in tagesspiegel.de 16.6.2014).

– Berlins Chancen ohne Ende: von Verschuldung keine Rede. Klaus Böger, Präsident Landessportbund Berlin: “Olympische Spiele bieten einen Anstoß für die Stadtentwicklung auf zehn Jahre hin” (Auch Sportbund will das Volk zu Olympia befragen, in rbb-online.de 19.6.2014). – Frank Henkel, Sportsenator Berlin: “Es gibt keine Geheimoperation” – “Sein Haus beschäftige sich im Grunde seit 2007 immer wieder mit dieser Frage” (Ebenda). – DOSB-Generaldirektor Michael Vesper betete wider besseres Wissen den üblichen Kanon des DOSB herunter: “Eine Olympiade bedeute heute in aller Regel keine Schulden, sondern schließe mit schwarzen Zahlen ab und löse Investitionen aus” (Ebenda).
Kritisch äußerte sich Jochen Esser, der Berliner Fraktionssprecher der Grünen für Haushalt und Finanzen: “Für mich kommt überhaupt nicht in Frage, dass man sich diesen bisher immer mit Korruption und Bestechung laufenden Bewerbungsmethoden unterzieht” (Ebenda).

– DIE LINKE ist als Partei geschlossen kritisch. Udo Wolf, Fraktionschef Berlin: “Mit Verweis auf die Haushaltsnotlage werden Investitionen vermieden und die Stadt wird auf Verschleiß gefahren – und jetzt soll Olympia uns aus dieser Situation retten?” (Ebenda).
– Richard Meng, Berliner Senatssprecher: “Wir stehen bereit, wenn der deutsche Sport mit Berlin antreten will” (Beikler, Sabine, Das Rennen um die Spiele ist eröffnet, in tagesspiegel.de 11.6.2014).
– Dennis Bucher, sportpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion: “In einer Stadt wie Berlin wird man aber nicht ausschließen können, dass es Gegner einer Olympiabewerbung gibt” (Alberti, Stefan, Ringen um die richtige Antwort, in taz.de 16.6.2014).
Sehr richtig.

– Brandenburger Vereinigte Bürgerbewegungen gegen Berlin 2024. Aus der Pressemitteilung: “Um es kurz zu fassen: Weder Berlin, noch Brandenburg können sich in den nächsten Jahren die Austragung von Olympischen Spielen leisten. Die hierbei aufkommenden Kosten bewegten sich in den letzten beiden Jahrzehnten zumeist im zweistelligen Milliardenbereich. Es ist fraglich, wie Berlin – seit Jahrzehnten am Tropf des Länderfinanzausgleichs hängend und einen Schuldenberg von über 60 Milliarden Euro vor sich her schiebend – diese Kosten tragen will. (…) Auch die Situation in Brandenburg erlaubt keine Projekte in der Größenordnung Olympischer Spiele. Bereits BBI belastet den Landeshaushalt massiv. Von der Landesregierung wird ohne Rücksicht auf die Bevölkerung an der Grundversorgung gespart. Nach Kürzungen bei der Polizei mussten sich die Brandenburger mit einem drastischen Anstieg der Einbrüche abfinden. Beim Öffentlichen Nahverkehr wurden ebenso die Mittel gekürzt wie beim Straßenbau. Infrastrukturaufgaben werden dabei zunehmend auf die Landkreise abgewälzt, ohne dass dies auch nur annähernd im kommunalen Finanzausgleich berücksichtigt wird. Auch bei Sportvereinen und Sportstätten werden Mittel gestrichen. (…) Die Brandenburger Vereinigten Bürgerbewegungen / Freie Wähler lehnt daher eine Unterstützung der Olympia-Bewerbung Berlins durch das Land Brandenburg ab.
Robert Soyka, Landespolitischer Sprecher für Umwelt und Naturschutz, in Zusammenarbeit mit Matthias Güttler
Landespolitischer Sprecher für Haushalt und Finanzen, Dr. Frank Valentin Landespolitischer Sprecher für Innovationspolitik (Quelle: bvb-fw.de 19.6.2014).

– Klaus Wowereit, Berlins Regierender Bürgermeister: “Ich bin der festen Überzeugung, dass Deutschland nur eine Chance mit Berlin hat” (Zylka, Regine, Wowereit fordert breiten Rückhalt, in berliner-zeitung.de 16.6.2014; Beikler, Sabine, “Berlin kann Olympia“, in tagesspiegel.de 16.6.2014). Wowereit wollte vom DOSB noch eine Festlegung auf Berlin – was deutlich macht, dass Wowereit die DOSB-Politik nicht versteht: nämlich die zwei Millionenstädte Hamburg und Berlin in einen ruinösen Wettbewerb für 2024 zu treiben (den der “Sieger” dann sowieso gegen die internationale olympische Konkurrenz verliert). “Eine entsprechende Forderung des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit wies jedenfalls Generaldirektor Michael Vesper zurück” (Schönball, Ralf, Bewerbung würde Berlin Milliarden kosten, in tagesspiegel.de 19.6.2014). Vesper süffisant: “Wir freuen uns einfach darüber, dass aus beiden Städten ein solches Interesse deutlich geworden ist” (Kröger, Martin, Naturfreunde: “NOlympia” neu auflegen, in neues-deutschland.de 19.6.2014).

– Berlins Probleme. Der “Alles-vorhanden”-Standpunkt des BUND Berlin sieht bei näherem Hinsehen anders aus. “Die Stadt bietet schon heute viele wettkampftaugliche Stadien und Hallen, doch es gibt einen Haken: Falls diese im Jahr 2024 Austragungsstätten für olympisches Wettkämpfe werden sollten, müssen sie wohl grundlegend saniert werden. ‘Sportstätten haben eine Halbwertzeit von rund 25 Jahren’, sagt Wolfgang Schuster, Vorstand vom Architekten- und Ingenieurverein” (Schönball, Ralf, Bewerbung würde Berlin Milliarden kosten, in tagesspiegel.de 19.6.2014). – Auch die finanzielle Situation sieht alles andere als rosig aus. “Auf die Stadt käme leicht eine Investition in Milliardenhöhe zusammen. Das jedenfalls schätzt der Vorsitzende des SPD-Fachausschusses für Stadtentwicklung Volker Härtig. Er hatte für Potsdam das 100-Millionen-Projekt Bundesgartenschau 2001 geplant und umgesetzt und rät zu einer genauen Bestandsaufnahme und Kostenermittlung vor der Entscheidung für das Großevent: ‘Olympia würde jahrelang die Kapazitäten der Bauwirtschaft auslasten und die Baupreise antreiben.’ Der Stadtentwicklungsexperte bezweifelt, dass sich Berlin dieses Großprojekt leisten kann, da eigentlich Milliarden in den Bau von Wohnungen und die Sanierung der Schulen und löchrigen Straßen investiert werden müssten” (Ebenda).

– Nolympia Berlin? “Der Verband der Naturfreunde hat eine neue »NOlympia-Bewegung« für Berlin gefordert. ‘Berlin braucht kein Megaevent wie die Olympischen Spiele, Berlin braucht stattdessen ausreichende Mittel zum Ausbau der maroden Sportinfrastruktur für den Breitensport’, erklärte der stellvertretende Landesvorsitzende der Naturfreunde Berlin, Uwe Hiksch. Aus Sicht des Unwelt- und Freizeitverbandes verkenne der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) die Stimmungslage in der Stadt, wenn er erklärt: Berlin stehe für die Olympischen Spiele 2024/2028 bereit. Gegen die am Ende desaströs gescheiterte Bewerbung Berlins für die Olympischen Spiele 2000 hatte sich in der Stadt eine ‘NOlympia-Bewegung’ aus linken Gruppe, Umweltverbänden sowie Parteien gebildet” (Kröger, Martin, Naturfreunde: “NOlympia” neu auflegen, in neues-deutschland.de 19.6.2014).

– Erinnerung an die Bewerbung Berlin 2000. Aus einem Beitrag von Stephan Speicher: “Inzwischen erinnern sich die Berliner an die Bewerbung um die Spiele 2000. Die Verzwergtheit des alten West-Berlins kam groß raus, wenn das Paradoxon gestattet ist. Es gab unablässigen Streit in der Bewerbungs-GmbH, kaum jemand wusste, wie man ein solches Projekt anpackt, obwohl erstaunliche Gehälter gezahlt wurden. Ein Dossier über die Vorlieben und Schwächen der IOC-Mitglieder war angelegt worden – ein Zeichen immerhin gewisser Professionalität –, aber das kam zu Tage, und leider auch, dass eifrig die sexuellen Eigentümlichkeiten einzelner Herren notiert worden waren. Das Logo der Bewerbung bestand aus einem Teddygesicht auf dottergelbem Untergrund. In der Öffentlichkeit sah man die so bedruckten T-Shirts nie. Als im Herbst 1993 Berlin schon im zweiten Wahlgang ausschied, noch vor Manchester, da waren die meisten Berliner erleichtert.
Ob es jetzt besser ginge? (…) Nach dem Nein der Münchner zu möglichen Winterspielen 2022 darf man vermuten, dass auch die Berliner keine Begeisterung zeigen. Sommerspiele sind ökologisch weniger belastend, aber einen verheerenden Eindruck macht die internationale Sportpolitik nicht nur im Winter” (Speicher, Stephan, Noch’ne Olympia-Bewerbung, in SZ 20.6.2014).

Renate Künast zu Wowereits Berlin 2024: “Ich hatte die Nachricht im Radio gehört und dachte, ich träume. Das kann er unmöglich im Ernst gesagt haben. Wir blamieren uns in der ganzen Welt mit dem Flughafen, der nicht fertig werden will und immer teurer wird und nun will er ein zweites Großprojekt anfangen? Das ist unglaublich. Da muss man schon daran zweifeln, dass Wowereit noch ernsthafte Politik betreibt” (Gajevic, Mira, Laurenz, Nike, “Wir blamieren uns nur”, in fr-online.de 21.6.2014).

– Neue olympische Bescheidenheit?! Der Berliner Sportsenator Frank Henkel (CDU) kündigte im Parlament “Spiele der neuen Bescheidenheit an” (Beikler, Sabine, Olympia? Berlin steht längst am Start – seit 2007, in tagesspiegel.de 20.6.2014): “Damit hatte Henkel die Lacher der Opposition auf seiner Seite” (Ebenda). Ein Senatspapier kündigt eine “Bürgerolympiade” an und setzt auf “bescheidenere Spiele” (Zylka, Regine, Wowereit macht bei Olympia-Bewerbung ernst, in berliner-zeitung.de 23.6.2014).
Da wird das IOC aber froh sein – endlich bescheidenere Spiele.

– Berliner Senat will sich bewerben. “Berlin nimmt am nationalen Interessenbekundungsverfahren des Deutschen Olympischen Sportbundes für die Olympischen und Paralympischen Sommerspiele 2024 oder 2028 teil. Das beschloss der Senat der Hauptstadt am Dienstag auf Vorlage von Sportsenator Frank Henkel. Seine Senatsverwaltung wurde beauftragt, den Fragenkatalog des DOSB zu beantworten und die erforderliche Dokumentation zu erarbeiten, die bis zum 31. August vorgelegt werden muss. Zeitgleich hatte der DOSB auch Hamburg den Katalog mit 13 Fragen vorgelegt. Der DOSB will am 6. Dezember entscheiden, mit welcher Stadt er sich um die Spiele bewirbt” (Die Spiele sollen nach Berlin, in tagesspiegel.de 24.6.2014; vgl. auch: Berliner Senat prüft Olympia, in SZ 26.6.2014). Aus der Vorlage: “Der Senat geht davon aus, dass in der Berliner Bevölkerung eine grundsätzliche Offenheit für die Austragung der Olympischen und Paralympischen Spiele in ihrer Stadt besteht. (…) Die derzeit noch nicht konkret bezifferbaren Ausgaben, die im Rahmen der nationalen Interessensbekundungsphase bis Dezember 2014 entstehen (wie z.B. Ausgaben für Agenturen und Honorarverträge mit externen Experten) werden zunächst im Rahmen der Haushaltswirtschaft von den beteiligten Senatsverwaltungen getragen…“ (Abgeordnetenhaus Berlin, Bewerbung Berlins um Olympische und Paralympische Spiele, Drucksache 17/1736, 24.6.2014).
Sportsenator Henkel bezeichnete die 13 DOSB-Fragen als “vorhersehbar äußerst ambitioniert” – Belastbare Angaben zu den Wettkampfstätten und zur Finanzierung seien schwer ermittelbar (Maroldt, Lorenz, Kann Berlin Olympia? in tagesspiegel.de). – “Bei zwei weiteren Fragen ist sogar sicher, dass sie gar nicht seriös zu beantworten sind bis zum Ablauf der Frist Ende August; die nach der Einstellung des Parlaments und die nach der Akzeptanz in der Stadt” (Ebenda).
Lorenz Maroldt vom Tagesspiegel bezweifelt auch die Begeisterung in der Berliner Bevölkerung: “Denn auch die Erwartung des Senats, die Berliner würden sich schon für Olympia begeistern, ist wenig belastbar – als Vergleichsgrößen werden die Fußball-WM 2006 und die Leichtathletik-WM 2009 herangezogen. Krummer kann ein Maßstab kaum sein: Ein paar Spiele und Wettbewerbe in einem Stadion sind logistisch ein kleiner Landeplatz im Vergleich zur Großbaustelle Olympia, die erheblich teurer und komplizierter ist und einschneidende Veränderungen der Stadt mit sich bringt” (Ebenda). Auch die “Spiele der neuen Bescheidenheit” sieht Maroldt kritisch: “Zwar hat das IOC Reformen angekündigt, aber wer Thomas Bach hat Champagner trinken sehen in Sotschi mit Wladimir Putin, kann sich denken, was davon zu halten ist. Wer wäre zu begeistern von Bescheidenheit? Das IOC ganz sicher nicht. Olympia ist Kommerz, daran wird Berlin nichts ändern” (Ebenda; Hervorhebung WZ).

– Berlin: Eile, Kosten, Bürger. Finanzsenator Ulrich Nußbaum bezifferte die Kosten der Bewerbung auf bis zu 60 Millionen Euro: Dies könnte aus dem laufenden Haushalt bestritten werden (Bachner, Frank, Schönball, Ralf, Kneist, Sigrid, Berlin brennt nun offiziell für Olympia, in tagesspiegel.de 25.6.2014. Zur Erinnerung: Berlin hat rund 60 Milliarden Euro Schulden!). In der Senatsdebatte folgte dann das Märchen der sich quasi selbst finanzierenden Spiele: “Legitimiert wird der Einsatz der Milliarden an Steuergeldern mit den Einnahmen, die sie nach sich ziehen… (…). SPD-Politiker Volker Härtig hält dagegen, dass Olympische Spiele in Berlin die Baukosten explodieren lassen würden. (…) Jeder, der sich für die Olympiabewerbung ausspricht, fordert die Beteiligung der Bürger. Aber wie das genau aussehen soll, weiß keiner” (Ebenda).

– Berliner Spiele? Olympisches Kabarett… Aus einem Kommentar von Alexander Marguier in Cicero: “Wie soll eine Stadt, die nicht einmal einen Flughafen fertig bekommt, Olympische Spiele stemmen? (…) Nein, es hat nichts mit Defätismus zu tun, um angesichts der Berliner Pläne für eine Olympiabewerbung vom kalten Grusel gepackt zu werden. Wer sich die schier endlose und mit jedem Tag länger werdende Reihe an Pleiten, Pech und Pannen vor Augen führt, mit denen die verantwortlichen Politiker ihre Stadt in den vergangenen Jahren der Lächerlichkeit preisgegeben haben, dem muss das Projekt ‘Olympia 2024 in Berlin’ schlicht als Drohung erscheinen” (Marguier, Alexander, Berliner Spiele? Olympisches Kabarett in der Hauptstadt, in Cicero 25.6.2014).

– Hamburg: Nicht ohne Bürger. Der Pressesprecher des Hamburger Senats für Inneres und Sport, Frank Reschreiter: “Die Erfahrung mit der geplanten und gescheiterten Olympia-Bewerbung von München hat gezeigt, dass es nicht ohne Zustimmung der Bürger geht” (Bachner, Frank, Schönball, Ralf, Kneist, Sigrid, Berlin brennt nun offiziell für Olympia, in tagesspiegel.de 25.6.2014).

– Berlin: Judith Demba gegen Klaus Böger. Im Berliner Tagesspiegel brachte der ehemalige Sportsenator und heutige Vorsitzende des Landessportbundes Berlin, Klaus Böger (SPD), die üblichen (unrichtigen) Argumente für Olympische Spiele: unbezahlbarer Kommunikationseffekt, zusätzliche Touristen, Investoren, tausende bezahlbarer Wohnungen, Kraftquelle zur Verbesserung der Lebensbedingungen (Böger, Klaus, Demba, Judith, Die Gedankenspiele sind hiermit eröffnet, in tagesspiegel.de 30.6.2014). Böger: “Bitte nicht vergessen, es wird hier über generationsübergreifende Planungs- und Realisierungszeiträume von 10 bis hin zu 18 Jahren gesprochen, wenn es mit einem Zuschlag für die Spiele für 2024, 2028 oder 2032 klappen soll” (Ebenda).
Das so schon planungsunfähige Berlin soll sich also 10 bis 18 Jahre mit dem olympischen Phantom beschäftigen. Und in dieser Zeit spielen Sportfunktionäre natürlich eine überdimensionierte Rolle und können sich entsprechend profilieren…
Judith Demba war in den neunziger Jahren bei der Berliner Nolympia-Bewegung gegen die Bewerbung um Olympische Sommerspiele 2000 aktiv. Sie sieht die Situation Berlin 2014 noch bedenklicher als damals. “Was Berlin braucht, ist ein nachhaltiger Infrastrukturausbau, Schulen, Sporthallen, Kindergärten und Freizeiteinrichtungen, sozialer Wohnungsbau und Krankenhäuser. Was Berlin nicht braucht, ist eine Olympiabewerbung. (…) Bescheiden und nachhaltig sollen Bewerbung und Spiele werden. Abgesehen davon, dass Berlin und Bescheidenheit sich gegenseitig ausschließen, liegt das nicht nur in der Hand der Macher. Die vorhandene Sportinfrastruktur wird in zehn Jahren auch sanierungsreif sein und die Hallen müssen den aktuellen Anforderungen der internationalen Sportverbände angepasst werden. Neue Hallen müssen gebaut werden, provisorische Hallen kosten gleich zweimal beim Auf- und Rückbau, da hat sich London auch schon verrechnet. (…) Unterbringung der Sportler und Gäste in Kasernen, wie es der BUND vorschlägt, entspricht nicht den IOC-Normen, damit gewinnt man keine Bewerbung. (…) … und das Argument, dass die Bewerbung ein “Motor für die Entwicklung Berlins” sein wird, kennen wir noch vom letzten Versuch. Wir wissen, wie das ausgegangen ist, entwickeln werden sich vor allem die Baupreise und die Mieten. Die Erfahrungen anderer Olympiastädte zeigen, dass Bewerbung, Durchführung und vor allem die entstehenden Folgekosten zum allergrößten Teil zu Lasten der öffentlichen Haushalte gehen” (Ebenda).

– Hamburg: Hörmann wirbt. DOSB-Präsident Alfons Hörmann trieb bei der Mitgliederversammlung des Hamburger Sportbundes (HSB) die beiden Großstädte weiter in eine Schein-Bewerbung: Die Stadt sei mit dem nötigen Sportsgeist im Wettkampf mit Berlin angetreten. Hörmann: “Bürgermeister Olaf Scholz und Sportsenator Michael Neumann ist es gelungen, in der Startphase keinen Fehler zu machen” (Grünberg, Rainer, Der Streit im Hamburger Sportbund gefährdet die Olympia-Bewerbung, in welt.de 30.6.2014). Der DOSB würde Berlin und Hamburg in keine Alibi-Situation bringen, weil beide Metropolen international siegfähig seien (Ebenda).
Siegfähig ist Wladimir Putins St. Petersburg 2024. Und die beiden SPD-Regenten Scholz/Hamburg und Wowereit/Berlin lassen sich auf dieses lächerliche Spiel ein!
Die Hamburger Sport-Reihen sind wieder fest geschlossen. Bei der Versammlung des HSB wurde die Resolution “Das Tor zur Welt begrüßt die Jugend der Welt” verabschiedet; dazu “signalisierten die 95 anwesenden Sportvereine und 29 -verbände ihre Zustimmung zu einer möglichen Olympiabewerbung. Nur ein Delegierter votierte dagegen” (Ebenda).
Das ist so bei erlassenen Denkverboten.

Hamburg-Berlin 2024 (2) ab Juli 2014: hier


Kritisches Olympisches Lexikon - Sach- und Personenregister: (274 Einträge, wird laufend aktualisiert und ergänzt)
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