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Graubünden gegen Olympische Winterspiele

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Jun 182013
 
Zuletzt geändert am 03.10.2013 @ 17:31

Chronik der angekündigten Sport-Skandale
Wolfgang Zängl 19.6.2013, aktualisiert 27.6.2013

Wenn, wie im Fall Brasilien, beide Ereignisse – die Fußball-WM 2014 und Olympische Sommerspiele 2016 –  im Abstand von zwei Jahren ablaufen, sind deren Auswirkungen besonders gravierend. Denn die Tendenz bei Sport-Großereignissen wie FußballWM oder Olympischen Spielen ist stets die selbe: von Euphorie und Größenwahn über Ernüchterung zu Heulen und Zähneklappern. Jetzt wehren sich die Brasilianer im Vorfeld:Allein die parasitäre Fifa hat eine 15-Milliarden-Fehlinvestition in Brasilien verursacht. Die Bevölkerung geht zu recht auf die Straße: Brot ODER Spiele.
 
Diese Zusammenstellung aus der Nolympia-Chronologie ist nicht vollständig. Sie ist bewusst in zeitlicher Abfolge angelegt: Dadurch werden die Entwicklungen deutlich.

Juli 2011
– ARD und ZDF zahlen an das IOC

ARD und ZDF haben zu einem bislang unbekannten Preis Anfang Juli 2011 die Übertragungsrechte für die Olympischen Spiele 2014 und 2016 erworben. Spekuliert wurde über 135 Millionen Euro – dann hätte die vom IOC beauftragte Großagentur SportA 50 Millionen Euro mehr erlöst, als die Verträge mit der European Broadcasting Union für die Spiele 2010 und 2012 gekostet hatten. ZDF-Intendant Markus Schächter schwärmte, dass die Olympischen Spiele wie kein anderes Ereignis „den Breiten- und Spitzensport in seinem ganzen Umfang und in seiner Internationalität“ abbilden würden (Olympisch, in SZ 5.7.2011).
Warum bitte den Breitensport?
Für den IOC-Verhandlungsführer Thomas Bach „wäre ein dreistelliger Millionen-Abschluss jedenfalls ein hübscher Erfolg. Der umtriebige Wirtschaftsanwalt …. gilt auch als Kandidat für die IOC-Präsidentschaft. Vielleicht hat der Zuschlag von ARD und ZDF ihm dabei geholfen“ (Haben ARD und ZDF wirklich 59 Prozent mehr für die Olympischen Spiele geboten? in www.mediencity.de 5.7.2011).
Siehe auch: Die Öffentlich-Rechtlichen Sportsender
– Die Fifa feiert wieder
Show-Time in Rio de Janeiro: Die Fifa beging am 30.7.2011 das wichtige Ereignis Auslösung der Qualifikationsgruppen für die Fußball-WM 2014. 203 Nationen bewerben sich in 824 Länderspielen um die 31 Startplätze (Brasilien als Gastgeber ist gesetzt).
Auf Wunsch der Fifa wurde für 20 Millionen Dollar eine Bühne mit 740 Quadratmetern am Yachthafen gebaut. Der Stadtflughafen wurde vier Stunden gesperrt, damit jeder Sepp Blatter hören kann.
Ob man ihn hören will oder nicht.
Brasilien will 14 Milliarden Dollar in die WM 2014 investieren, wobei man nicht weiß, woher das Geld kommen soll. Gespielt wird in ZWÖLF Stadien – das freut die Architekten. Das deutsche Büro Gerkan, Marg & Partner (gmp) baute schon bei der FußballWM 2010 in Südafrika drei Stadien: das Cape Town Stadion in Kapstadt, das Moses Mabhida Stadion in Durban und das Nelson Mandela Bay Stadion in Port Elizabeth. 2014 baut gmp die Arena da Amazonia, das Estadio Nacional de Brasilia und das Estado Nacional de Brasilia in Belo Horizonte.
Dass diese zwölf brasilianischen Stadien nach der WM 2014 genauso leer stehen werden wie die südafrikanischen nach 2010, ist heute schon klar.
Vergleiche hierzu: Die Sportpalast-Architekten
Neben dem general-renovierten Maracana-Stadion „wird ein ganzes Armenviertel weg geräumt, die Favela Mêtro, Menschenrechtler sind entsetzt“ (Burghardt, Peter, Die WM der Zylinderhüte, in SZ 29.7.2011).
Der Generalsekretär des brasilianischen Fußballverbandes und ehemalige Schwiegersohn des Ex-Fifa-Präsidenten Joao Havelange ist Ricardo Teixeira. Er wird „mit bizarrsten Geschäften in Verbindung gebracht“ (ebenda) und hat sich persönlich 50 Prozent des Gewinns bei der WM 2014 gesichert. Seiner Tochter Joana Havelange hat Teixeira den Posten „Marketing and Planning Director of the Local Organising Committee” gesichert.

September 2011
Die Öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF brauchen immer mehr Geld für die Übertragungsrechte von Sportgroßereignissen. spiegelonline listete die Kosten für einige Sport-Großereignisse auf:
So entrichten ARD und ZDF
– für die Übertragung der FußballWM 2014 in Brasilien 210 Millionen Euro plus 30 Millionen Euro Produktionskosten.
– für die Fußball-EM 2016 in Frankreich 160 Millionen Euro plus 20,5 Millionen Euro Produktionskosten.
– für die Übertragungsrechte an den Olympischen Sommerspielen 2016 in Rio de Janeiro 80 Millionen Euro (das wird nicht reichen; W.Z.).
„Insgesamt belaufen sich die anvisierten Ausgaben für die Rechte an Sportgroßveranstaltungen also auf eine halbe Milliarde Euro“ (spiegelonline 22.9.2011).

Dezember 2011
In Rio de Janeiro werden seit geraumer Zeit die Elendsviertel (Favelas) für die FußballWM 2014 und die Olympischen Spiele von Spezialkräften der Polizei geräumt. „… vor allem im Süden und Südosten der Stadt grenzen Favelas fast unmittelbar an Orte, die während der WM und der Sommerspiele Hunderttausende Touristen frequentieren werden“ (Gilbert, Carmen, Rios verschleppte Kinder, in Der Spiegel 47/2011).

Januar 2012
Fazit aus Rio de Janeiro: „Rio ist heute eine der teuersten Städte der Welt. Die Fußball-Weltmeisterschaft 2014 und die Olympischen Sommerspiele zwei Jahre später lösten einen wahren Boom und einen Run auf Häuser und Wohnungen aus“ („Sehr gute Drinkability“, in Der Spiegel 1/31.12.2011).
Gleichzeitig werden die Elendsviertel (Favelas) von der Polizei wegen der Sport-Großereignisse geräumt (siehe oben).

Februar 2012
Ricardo Teixeira
war seit 1989 Präsident des brasilianischen Fußballverbandes CBF, Chef des Organisationskomitees COL für die FußballWM 2014 in Brasilien und saß im Exekutivkomitee der Fifa. Der ehemalige Schwiegersohn des brasilianischen Fifa-Präsidenten Joao Havelange stand jetzt kurz vor der Ablösung. „Teixeiras zweite Frau und die 11-jährige Tochter warten bereits in Florida auf den Nachzügler” (Kistner, Thomas, Frau und Tochter warten in Florida, in SZ 17.2.2012). Die Tochter Antônia bekam bereits im Juni 2011 umgerechnet 1,7 Millionen Euro überwiesen – vom Vereinspräsident des FC Barcelona, Sandro Rosell. Dieser hat wiederum die Qatar Foundation  als Sponsor für den FC Barcelona angeworben: für 165 Millionen Euro bis zum Jahr 2022 (Kistner, Thomas, Millionen für die Tochter, in SZ 18.2.2012).
Die Vorwürfe gegen Teixeira gehen u. a. in Richtung Korruption, Geldwäsche, etc. 2011 wurde bekannt, dass Teixeira mit sich selbst einen denkwürdigen Vertrag abgeschlossen hat: Von den WM-Gewinnen 2014 sollte er die Hälfte erhalten; eventuelle Verluste hätte der brasilianische Fußballverband CBF selbst tragen müssen.

April 2012
Zur FußballWM 2014 in Brasilien gibt es einen Film zur Zwangsräumung eines Stadtteils in Sao Paulo unter http://www.solidar.ch/brutale-zwangsraumung.html
Zitate aus Brasilien zur WM 2014:
– „Wenn ich den Mund öffne, um die Fifa, CBF oder die Unehrlichkeit der Politiker und Geschäftsleute zu kritisieren, bin ich nicht nur Romario, sondern die Stimme von Millionen von Brasilianern. (…) Unser Geld fließt in überteuerte Bauwerke, in weiße Elephanten (Stadien, die nach der WM nicht mehr gebraucht werden können). Dieses Geld wird uns im Gesundheitssystem, in der Bildung und in der Sicherheit fehlen“ (Romario, ehemaliger Weltfußballer und brasilianischer Parlamentsangeordneter; ebenda).
– „In den WM-Städten sind 150.000 Familien von Zwangsumsiedlungen bedroht. Es werden mehr Obdachlose produziert. Wenn Menschen für Straßen, Flughäfen oder im Umfeld von Stadien umgesiedelt werden, ohne dass sie gleichwertigen Wohnraum bekommen, wachsen die Armenviertel“ (Raquel Rolnik, UNO-Sonderberichterstatter für das Recht auf Wohnen; ebenda)
„Die WM bringt für mich und andere Arme keinerlei Veränderung. Es gibt keine Verbesserungen. Weder finanzielle Hilfe noch eine Verbesserung der Wohnsituation, der Schule, des Gesundheitssystems – nichts ist besser geworden für diejenigen, die es brauchen würden“ (Rita Bonfim Silva, von Vertreibung betroffene Mutter in Rio; ebenda).

August 2012: Baustopp für Belo Monte
Ein brasilianisches Bundesgericht hat einen sofortigen Baustopp für den Amazonas-Staudamm Belo Monte angeordnet. „Die bisher erteilten Baugenehmigungen durch Kongress sowie den Obersten Gerichtshof seien wegen Formfehlern nicht rechtsgültig“ (Baustopp für Staudamm, in SZ 16.8.2012). Belo Monte soll vor allem wegen des hohen Stromverbrauchs der FußballWM 2014 in Brasilien und den Olympischen Spielen 2016 in Rio errichtet werden und 500 Quadrakilometer Amazonas-Urwald überfluten. Der Fertigstellungstermin sollte zunächst in 2015 liegen; mittlerweile eher nach Fußball-WM und Olympischen Spielen.
Vergleiche auch: hier

Baustelle Olympische Sommerspiele Rio de Janeiro: „Wegen Olympias Neubauten müssen sogar einige friedliche Bewohner umziehen… Aber am Ende werden die Brasilianer wunderbare Partys hinlegen, wer mag das bezweifeln?“ (Burghardt, Peter, Bom día Rio, in SZ 11.8.2012).
Das ist inzwischen einfach der Sinn des Lebens: Party. Das muss man doch einsehen!
Die 1500 Bewohner der Favela Vila Autódromo sehen das anders: Auch sie sollen abgesiedelt werden. Hier sind der neue Olympiapark mit Wettkampfstätten, Medienzentrum und einem Olympiastützpunkt geplant.
Im Namen von FußballWM 2014 und Olympischen Sommerspielen 2016 werden Favelas in Rio abgerissen: „Die drei großen Immobilienunternehmen im Stadtviertel sind gegen die Favela und sie haben großen politischen Einfluss. Wenn die Olympischen Spiele 2016 vorbei sind, wird ein Viertel des Olympiaparks als Sportanlage erhalten bleiben. Den Rest darf das Unternehmenskonsortium, das den Olympiapark für die Stadt errichtet, zu luxuriösen Wohnanlagen umbauen“ (Janke, Carsten, Eine Favela leistet Widerstand, in taz.de 12.8.2012). 5600 Menschen sollen bereits vertrieben worden sein, 16.000 sind von einer Räumung bedroht (Ebenda).
IOC-Präsident Jacques Rogge hat persönlich in einem Gespräch mit dem Bürgermeister von Rio de Janeiro, Eduardo Paes, darauf gedrungen, dass die Armenviertel verschwinden. Paes: „Er hat uns gebeten, dass wir diese Viertel urbanisieren“ (Käufer, Tobias, Zwangsräumung für Olympia, in faz.net 29.8.2012).
„Seit der Vergabe der Olympischen Sommerspiele an die brasilianische Metropole, die damit der erste südamerikanische Gastgeber dieses sportlichen Weltereignisses wird, ist eine Debatte darüber entbrannt, wie Rio seine Armenviertel aus dem Stadtbild tilgen kann. Immobilienspekulanten wittern das große Geschäft“ (Ebenda; Hervorhebung WZ).
Das ist der Olympische Immobilienkrieg von Vancouver 2010 über London 2012 bis Rio 2014/2016: Abriss von Sozialbauten und bezahlbarem Wohnraum, Neubau von Luxuswohnungen: Die Immobilienbranche macht ihre Supergewinne.

September 2012
Brandrodung für die FußballWM 2014 mitten in Sao Paolo
„Die Feuer in den Favelas in Sao Paulo häufen sich. Erst kürzlich brannte eine Favela, auf deren Grund die Stadt einen S-Bahnhof plant. Die Bewohner mutmaßen, dass die Feuer Platz für die Fußball-Weltmeisterschaft 2014 schaffen sollen… Die vielen Brände der vergangenen Wochen machen den Menschen in den Favelas Angst – und sie nähren den bösen Verdacht, dass Immobilienpekulanten und Bauunternehmer hinter der Brandserie stecken“ (Käufer, Thomas, Brandrodung mitten in der Stadt, in faz.net 25.9.2012).

Oktober 2012
Staatsgewalt für WM 2014 und Rio 2016
In Rio/Brasilien wurden im Oktober 2012 fünf angeblich von Drogenbanden kontrollierte Favelas mit 24 gepanzerten Fahrzeugen und mehreren Hubschraubern besetzt (Polizei besetzt mehrere Favelas, in spiegelonline 15.10.2012). Auch das Armenviertel Vila Autódrome soll den Olympischen Sommerspielen weichen. Hier wohnen nach Aussagen der Behörden in 236 Gebäuden auf 84.774 Quadratmetern 939 Menschen; die Bewohner selbst nennen die Zahl 2500.
„Auf dem lehmigen Boden wächst bald der Olympiapark. In vier Jahren wird in dieser Gegend Handball gespielt, Basketball und Tennis, geschwommen, geturnt, geboxt. Außerdem entsteht hier das Pressezentrum, Pläne und Computeranimationen sind längst fertig“ (Burghardt, Peter, Rebellion gegen das Monster, in SZ 20.10.2012). Die Lehrerin Inalva Mendes Brito wohnt seit 35 Jahren hier und sagte: „Das wird ein olympisches Inferno. Das sind Glücksspiele, bei denen große Firmen gewinnen und das Volk verliert. Wir zahlen die Rechnung… Die Gesetze machen die Fifa und das IOC” (Ebenda; Hervorhebung WZ). Für Brito ist der Sport ein Vorwand, „damit sich Immobilienhaie und Bauherren diese Grundstücke unter den Nagel reißen“ (Ebenda). Die Bewohner von Vila Autodrome hatten 2010 vor dem Hotel Copacabana Palace protestiert, als das IOC die Olympischen Sommerspiele 2016 vergab.
Indianermuseum soll abgerissen werden
Für die FußballWM 2014 soll in der Nähe des Maracana-Fußballstadions das alte Indianermuseum, ein historisches Herrenhaus aus dem 19. Jahrhundert, abgerissen werden. Das ist eine Auflage der Fifa, die hier eine freie Bewegungsfläche fordert. Seit 2006 halten etwa 20 Repräsentanten mehrerer Indianervölker aus ganz Brasilien das Gebäude besetzt. Die Ureinwohner wollen nicht aufgeben (Brasilieninitiative Freiburg, Cabral will Abriss des alten Indianermuseums, 23.10.2012).
12 Milliarden Euro für WM 2014
Soviel wird Brasilien (derzeit) investieren. In zwölf Stadien werden die Spiele stattfinden. Darunter ist der Neubau von Manaus, ein Projekt des Hamburger Büros Gerkan, Marg und Partner. Das Stadion kostet umgerechnet 200 Millionen Euro. „Nur die VIP-Logen werden auf ausdrücklichen Wunsch der Fifa mit Klimaanlagen ausgerüstet. Die hohen Gäste wollen auf keinen Fall schwitzen beim Fußball“ (Glüsing, Jens, Schlafende Schlange, in Der Spiegel 42/15.10.2012).
Manaus ist mit dem Auto nur schwer zu erreichen. Ganze vier Vorrundenspiele werden hier ausgetragen. Es gibt keinen größeren Fußballverein: Damit ist der nächste White Elephant geschaffen.

top-alt: auto; mso-margin-bottom-alt: auto;">November 2012
Zwei Kilometer Fifa-Bann in Brasilien 2014
Acarjé sind Teigbällchen aus gemahlenen Bohnen und Shrimps, die im brasilianischen Bundesstaat Bahia sehr beliebt sind. In Bahia steht aber auch das FußballWM-Stadion Fonte Nova. Die Acarjé-Straßenverkäufer revoltierten im November 2012: „Im Dunstkreis von zwei Kilometern rund um die WM-Arenen sind nur von der Fifa lizenzierte Anbieter befugt und keine Straßenverkäufer. Wegen der Sponsoren“ (Burghardt, Peter, Rita Santos, in SZ 5.11.2012).
Nun weiß der Gouverneur nicht, was er tun soll. Vielleicht stellt TOP-Sponsor McDonald’s die Acarjé-Bällchen selbst her?
Eine Kurzrecherche ergab, dass die Fifa bei der FußballWM 2010 in Südafrika noch einen „Bann” von einer Meile hatte. Wenn es so weiter geht, sind es in Russland 2018 vier Meilen, in Katar 2022 acht Meilen…

– Elitarismus. Ein Mitglied des Volkskomitees WM und Olympische Spiele sagte: „Das ganze Projekt des neuen Maracana hat einen elitären Charakter und zielt auf Ausgrenzung ab“: Den Brasilianern sollen europäische Normen aufgedrückt und den Armen der Zugang zum Stadion erschwert werden (Behn, Andreas, Soziale Säuberung für reiche Fans, in taz.de 15.11.2012). Im Maracana-Stadion werden 360 Überwachungskameras die Zuschauer erfassen.

– Was kostet schon nichts? Die Kosten für Sicherheit bei der FußballWM 2014 in Brasilien liegen bereits bei umgerechnet 705,5 Millionen Euro (FußballWM 2014: WMSicherheit kostet Brasilien über 705 Millionen Euro, in ftd.de 20.11.2012). Die WM findet vom 12.6. bis 13.7.2014 statt, das macht tägliche Sicherheitskosten von rund 20 Millionen Euro. Was tut man nicht für Blatter & Co.?!

top-alt: auto; mso-margin-bottom-alt: auto;">Dezember 2012
– „Menschenrechtler befürchten, dass die Olympischen Spiele in Rio auf Kosten ärmerer Einwohner gehen. Es entsteht eine Stadt, die im Inneren sicher ist, aber seine Gewalt in die Außenbereiche transportiert“ (Käufer, Tobias, “Olympia für die Reichen”, in faz.net 29.12.2012).
– Der Theologe Antonio Costa stellte fest: „Am Ende werden wir eine Fläche rund um die Olympia-Schauplätze haben, die Rio von seiner besten Seite zeigt. Die Ober- und die Mittelschicht werden jubeln. Aber die Armen bezahlen mit ihrem Blut für diese Spiele“ (Ebenda).
– Das legendäre Fußballstadion Maracana in Rio de Janeiro wird für die WM 2014 auf Kosten des brasilianischen Steuerzahlers für (derzeit) umgerechnet 350 Millionen Euro umgebaut. Es hat dann nur noch rund 78.000 Sitzplätze, aber 60 neue Bars und 110 Luxuslogen. Der Gouverneur von Rio, Sergio Cabral, will das Maracana privatisieren und für 2,5 Millionen Euro pro Jahr an seinen Förderer, den Multimilliardär Eike Batista übergeben (Upadek, Carsten, Kowasch, Fred, Kurz vor der Räumung, in dradio.de 30.12.2012).

Januar 2013
-WM-Prostituierte
In der brasilianischen Stadt Belo Horizonte wird 2014 bei der FußballWM das Halbfinale ausgetragen. Schon jetzt werden Sprachkurse für Prostituierte angeboten. Die Nachfrage ist riesig. In Belo Horizonte gibt es 80.000 Prostituierte (Gratis-Englischkurse für Prostituierte, in sueddeutsche.de 9.1.2013).

– Mit Pfeil und Bogen gegen FußballWM
Immer Samstag um fünf Uhr demonstrieren 60 Vertreter brasilianischer indigener Stämme in Rio de Janeiro gegen den Abriss des früheren Indianermuseums: Es soll einem Großparkplatz des Maracana-Stadions für die FußballWM 2014 weichen. „Rios Gouverneur will das ehemalige Indio-Museum nun doch nicht abreißen, sondern renovieren“ (Burghardt, Peter, Widerstand mit Pfeil und Bogen, in SZ 30.1.2013).
Am 28. Mai 2013 soll das Maracana-Stadion der Fifa übergeben. Nach der WM wird es für 2,5 Millionen Euro an den neuen Betreiber vermietet: Das macht eine Verzinsung des staatlich eingesetzten Kapitals von rund 0,7 Prozent.
Die Machbarkeitsstudie wurde von der Firma IMX durchgeführt, die dem reichsten Mann Brasiliens gehört: Eike Batista. Beste Chancen auf die Übernahme des Stadions hat: die Firma IMX.
Der Großparkplatz könnte auch für das Shoppingcenter dienen, das neben dem Stadion errichtet wird. Bauherr: Eike Batista (Lichterbeck, Philipp, Mit Kriegsbemalung gegen Schlagstöcke, in tagesspiegel.de 27.1.2013).

– Neues vom Staudammprojekt Belo Monte
40.000 Menschen müssen wegen Belo Monte im Amazonasgebiet umgesiedelt werden. Laut Bischof Erwin Kräutler werde die Regierung gegen all ihre Versprechungen weitere Staustufen am Rio Xingu bauen. Umgerechnet fast elf Milliarden Euro wird Belo Monte kosten. Die Begründung für das gigantische Staudammprojekt: die Stromversorgung der Fußball-WM 2014 und der Olympischen Spiele 2016.
Deutsche Unternehmen machen eine knappe halbe Milliarde Umsatz: Ein Konsortium um Siemens und Voith liefert die vier Turbinen plus Generatoren, Mercedes die Lkws, die Münchner Rück versichert.
Und die Indianer sollen mit umgerechnet 570 Millionen Euro Entschädigungsgeld ruhig gestellt worden sein. „Die Indianer kommen jetzt in die Stadt und kaufen mit geschenktem Geld Dinge, die sie vorher nicht gebraucht haben“ (Stock, Jonathan, „Der Rest vom Paradies“, in Der Spiegel 5/28.1.2013).
Weitere Infos zu Belo Monte unter „Aktuelles“: Olympisches Atomkraftwerk Angra 3

 März 2013
– Die nächsten Favelas werden „befreit“
Anfang März 2013 besetzten 1400 Polizisten, 200 Marinesoldaten, 17 Panzerfahrzeuge und Hubschrauber zwei Armenviertel von Rio de Janeiro. „Die Besetzung von Favelas ist Teil von Rios Sicherheitsstrategie für sportliche Großveranstaltungen in Brasilien. 2014 findet in dem Land die Fußball-Weltmeisterschaft statt, zwei Jahre später in Rio die Olympischen Spiele… Seit 2008 wurden laut BBC in Rio mehr als 30 Favelas auf diese Art ‘befriedet’… Allerdings gebe es immer noch rund 600 Favelas allein in Rio“ (Soldaten und Polizisten besetzen Armenviertel, in spiegelonline 4.3.2013). – „Immer wieder flammt Gewalt auf. Anderswo funktioniert das Friedenskonzept so gut, dass die Immobilienpreise sich teilweise vervierfacht haben… Es heißt immer wieder, Rios Führung kümmere sich hauptsächlich um die strategisch bedeutsamen Gegenden nahe der Wettkampfstätten von WM und Olympia“ (Burghardt, Peter, Einmarsch der Rambo-Truppe, in SZ 5.3.2013).
– Milliardäre sind auch nicht mehr das…
Wie bereits hier im Januar 2013 gemeldet: Das legendäre Fußballstadion Maracana in Rio de Janeiro, mit früher einmal 180.000 Zuschauern das größte der Welt, wird für die WM 2014 auf Kosten des brasilianischen Steuerzahlers für inzwischen umgerechnet 350 Millionen Euro umgebaut.
Die Kostensteigerungen für die Renovierung des Maracana-Stadions sehen so aus: Von umgerechnet 222 Millionen Euro auf 296 Millionen Euro, derzeit 350 Millionen Euro… (Upadek, Carsten, Kowasch, Fred, Kurz vor der Räumung, in dradio.de 30.12.2013; Burghardt, Peter, Widerstand mit Pfeil und Bogen, in SZ 30.1.2013). Am 28. Mai 2013 wird das Stadion der Fifa für die WM 2014 übergeben. Nach der WM wird es für 2,5 Millionen Euro an den neuen Betreiber Eike Batista vermietet, den Förderer des Gouverneurs von Rio, Sergio Cabral (Upadek, Kowasch 30.12.2012).
Das ist eine Verzinsung des staatlich eingesetzten Kapitals von rund 0,7 Prozent.
Die Machbarkeitsstudie wurde von der Firma IMX durchgeführt, die wiederum Eike Batista gehört. Beste Chancen auf die Übernahme des Stadions hat: die Firma IMX. Der Großparkplatz könnte auch für das Shoppingcenter dienen, das neben dem Stadion errichtet wird. Bauherr: Eike Batista (Lichterbeck, Philipp, Mit Kriegsbemalung gegen Schlagstöcke, in tagesspiegel.de 27.1.2013).
Das Problem: Batista hat inzwischen finanzielle Schwierigkeiten. Sein Vermögen ist von 30 auf zehn Milliarden US-Dollar zusammengeschrumpft: Das merkt gerade der deutsche Eon-Konzern, der 2012 finanziell in den Energieversorger MPX von Batista eingestiegen ist (Dohmen, Frank, Brasilianisches Abenteuer, in Der Spiegel 11/11.3.2013).
Da wird wohl der brasilianische Staat noch etwas mehr einspringen müssen.

April 2013
– Brasilien kauft deutsche Panzer für FußballWM und olympische Friedensbewegung
„Brasilien bereitet sich auf mögliche Anschläge bei Großereignissen wie der FußballWM 2014 und den Olympischen Spielen zwei Jahre später vor. Die Armee kauft deshalb 34 gebrauchte ‚Gepard’-Flugabwehrkanonenpanzer aus Deutschland… Acht Panzer sollen demnach noch im Juni in Brasilien ankommen, der Rest bis 2015. Der Gesamtpreis wird mit rund 30 Millionen Euro angegeben. Am 15. Juni beginnt der Confederations Cup, und Papst Franziskus wird im Juli zum katholischen Weltjugendtag in Rio de Janeiro (23.-28. Juli) erwartet“ (Brasilien kauft deutsche Panzer für FußballWM, in spiegelonline 12.4.2013; Hervorhebung WZ).

top-alt: auto; mso-margin-bottom-alt: auto;">Mai 2013
Sicherheit durch Drohnen?
„Zwei Drohnen sollen während der Eröffnungs- und Schlussfeier des Confed Cups in Brasilien (15. bis 30. Juni) über den Stadien in Rio de Janeiro und Brasilia kreisen und für Sicherheit sorgen. Dies bestätigte der Chef des Luftwaffen-Operations-Zentrums dem Nachrichtenportal G1. ‚Wir werden sie zur Sicherheit nutzen und dabei den Luftverkehr, der während des Turniers eingeschränkt sein wird, nicht behindern’, sagte Mario Luis da Silva Jordao. Insgesamt stehen bei der Generalprobe für die WM 2014 in Brasilien sechs Spielorte auf dem Programm. Brasiliens Luftwaffe verfügt über vier in Israel hergestellte Drohnen, von denen zwei eingesetzt werden sollen, um aus 2000 bis 5000 Metern Höhe mit Kameras die Stadienumgebung zu kontrollieren“ (Drohnen sollen für Sicherheit sorgen, in spiegelonline 28.5.2013).

– Brasilianische Favelas als Objekt der Begierde
Auf dem 115 Meter hohen Felsen Morro da Providência mitten in Rio befindet sich die älteste Favela Rios mit vermutlich 10.000 Einwohnern. Nun soll eine Seilbahn für umgerechnet 30 Millionen Euro die Favela mit den Hauptbahnhof verbinden. „Insgesamt 671 Häuser hatte die Stadt markiert, etwa ein Drittel. 291 sollten der Seilbahn, einer Zahnradbahn und neuen Wegschneisen weichen. 380 aber stünden laut Verwaltung in ‚Risikozonen’, seien etwa von Erdrutschen bedroht. Bald kamen Unterhändler in die Providência und boten den Betroffenen neue Wohnungen in der Nähe an. Bis diese fertig seien, müssten sie woanders unterkommen, erhielten aber umgerechnet 155 Euro Mietzuschuss. 196 Familien sind seitdem aus der Providência fortgegangen. Die neuen Wohnungen sind bis heute nicht fertig“ (Lichterbeck, Philipp, Drahtseilakt in Rio, in tagesspiegel.de 12.5.2013). Für die Seilbahn müsste auch der Praca Américo Brum abgerissen werden, der einzige Treffpunkt der Gemeinde.
Rios Bürgermeister Eduardo Paes hatte eine „Stadt für alle“ versprochen. Dann verkündete er den Favela-Bewohnern den Bau der Seilbahn – „verbunden mit dem Ratschlag, dass sie lernen müssten, wie man mit Touristen Geld macht“ (Ebenda). Ende des 19. Jahrhunderts wurden die armen Bewohner Rios aus der Ebene vertrieben: Sie zogen auf die Hügel. „Nun wiederholt sich die Geschichte. Mit umgekehrten Vorzeichen. Die Mächtigen drängen auf die Hügel, die Armen sollen in die Ebene ziehen. Es ist der Krieg um die besten Plätze im neuen Rio“ (Ebenda).
Der Fotograf und Künstler Maurício Hora hat sein Fotostudio – noch – in Providência: Es soll abgerissen werden. Hora urteilt: „Rio wird zum Spielplatz für die Reichen und Touristen. Die Armen und Alteingesessenen müssen gehen“ (Ebenda). Ein Beispiel für Mietsteigerung: Eine Zwei-Zimmer-Wohnung in einer Favela kostete 2010 noch 250 Real Miete (umgerechnet knapp 100 Euro); inzwischen kostet eine Ein-Zimmer-Wohnung 500 Real (Hollenstein, Oliver, In eine andere Welt, in SZ 1.6.2013). „Die Mietpreise in Rio de Janeiro gehören mittlerweile zu den höchsten der Welt“ (Wißmann, Constantin, Brasilianer wollen die Fifa-Rechnung nicht zahlen, in zeitonline 18.6.2013).
So ist es überall, wo Fußball-WM und -EM und Olympische Spiele statffinden: ein Fest der Immobilienspekulanten!
Der ehemalige Sozialarbeiter Pedro Henrique de Cristo erkennt ein Muster der „Befriedigung“: „Schauen Sie mal auf die Karte, wo die befriedeten Gebiete sind. Da soll Kapital geschützt werden… fast alle sind im Süden, rund um die reichsten Viertel der Stadt” (Ebenda), nämlich in der Nähe von Ipanema und Copacabana und in der Nähe der neuen Sportstätten. “’Aber der Großteil der Favelas ist weiterhin in der Hand von Gangs und Milizen’, sagt Cristo. Viele der Drogenbosse seien einfach nur in andere Stadtviertel weitergezogen“ (Ebenda).
Auch die Teil-„Befriedigung” erfolgte nicht ganz freiwillig. „Der offizielle Grund: Der Staat ist zu der Auffassung gekommen, dass die Gewalt ein Ende haben muss. Der inoffizielle Grund: Die Fifa und das Olympische Komitee haben Druck gemacht. Im Oktober 2007 entschied die brasilianische Regierung, innerhalb der nächsten fünf Jahre umgerechnet 2,5 Milliarden Euro in die Sicherheit zu investieren, den Großteil davon in Rio de Janeiro“ (Ebenda; Hervorhebung WZ).
– Brasilianisches Trümmerfeld WM-Stadien 2014
Die WM-Fußballstadien sind im Planungsverzug. Das Stadion in Brasilia und Maracana in Rio de Janeiro sind noch Baustellen. „Sao Paulo könne sogar als WM-Standort ausgewechselt werden, falls das mit öffentlichen Krediten finanzierte Stadion Itaquerao nicht bis zum 23. Dezember abgeschlossen ist“ (Burghardt, Peter, „Das Volk zahlt die Rechnung“, in sueddeutsche.de 16.5.2013). Das Testspiel Brasilien-England Anfang Juni 2013 im Maracana-Stadion wäre wegen Bauverzugs fast abgesagt worden (Burghardt, Peter, Betreten der Baustelle erlaubt, in SZ 1.6.2013).
Dazu kommt die öffentliche Empörung: Das für inzwischen 1,2 Milliarden Real (umgerechnet fast 460 Millionen Euro) umgebaute Maracana-Stadion wurde um 48,8 Prozent teurer (Wissmann, Constantin, Große Stadien, große Probleme, in spiegelonline 31.5.2013). Es soll von einem Firmenkonsortium auf 35 Jahre zu einem Spottpreis übernommen werden: Der Gouverneur von Rio, Sergio Cabral, wird das Maracana demnächst (im Juni 2013) privatisieren und es für 2,5 Millionen Euro pro Jahr an seinen Förderer, den Multimilliardär Eike Batista, übergeben. Das entspricht einer Verzinsung des eingesetzten brasilianischen Staatskapitals von 0,5 Prozent!
– Der frühere brasilianische Fußballnationalspieler und heutige Parlamentsabgeordnete Romário glaubt, an der FußballWM 2014 in Brasilien und den Olympischen Sommerspielen 2016 in Rio werde sowieso nur Brasiliens Oberschicht ihre Freude haben: Das brasilianische Volk und vor allem die Cariocas (Rios Einwohner) zahlen die Rechnung“ (Ebenda; Hervorhebung WZ).
– Die Gewinner der Fifa-Sause und der IOC-Party. 24 Milliarden Dollar sollen die FußballWM 2014 und die Olympischen Spiele 2016 kosten (Weiss, Sandro, „Sportler und Touristen bleiben nur einige Tage”, in Die Südostschweiz 30.5.2013).
Diese Summe wird mit Sicherheit nicht ausreichen und vermutlich schon für eine der beiden gigantomanen Veranstaltungen nötig werden.
Für die FußballWM wurden statt acht zwölf Austragungsstätten geplant, obwohl in vier Stadien nur zweitklassige Klubs spielen werden. Von Zwangsumsiedlungen sind laut Rios Stadtverwaltung ein paar hundert, nach anderen Angaben 5000 Menschen betroffen. „Vor einigen Tagen wurde nach langem Hin und Her nun das historische Indigena-Museum neben dem Maracana geräumt. Es muss nach Fifa-Vorgaben Parkplätzen und Zufahrtswegen weichen… Die Gewinner stehen aber jetzt schon fest: die Baukonzerne, die durch die Verzögerungen munter die Kosten in die Höhe treiben können und einen Staat erpressen, der aufgerieben wird zwischen dem Druck von IOC und Fifa einerseits, seiner ineffizienten Bürokratie und demokratischen Basisforderungen andererseits“ (Ebenda; Hervorhebungen WZ).

– Amnesty International kritisiert Zwangsräumungen
„Weltweit werden Menschen von staatlichen Behörden aus ihren Häusern und Siedlungen vertrieben. Vor allen bei Großprojekten wie Olympianeubauten oder aktuell in Brasilien vor der Fußball-Weltmeisterschaft kommt es zu ‚rechtswidrigen Zwangsräumungen’, sagt die Expertin Katharina Spieß. Dies sei eine ‚sehr schwere Menschenrechtsverletzung’” (Billerbeck, Liane von, Obdachlos dank Olympia, in dradio.de 23.5.2013).
Deshalb setzte Amnesty International Zwangsräumungen als Schwerpunkt in seinen Jahresreport. Spieß: „Weil rechtswidrige Zwangsräumungen eine sehr, sehr schwere Menschenrechtsverletzung sind. Insbesondere Menschen in Armut sind davon bedroht, sie werden aus sogenannten informellen Siedlungen, aus ihren Häusern oder Hütten oder auch Pappkartons vertrieben, und es ist dann nicht nur die Verletzung des Rechts auf Wohnen, sondern es ist auch das Recht auf körperliche Unversehrtheit, häufig, wenn Kinder vertrieben werden, können sie danach nicht mehr in die Schule gehen, ihre Gesundheit ist gefährdet, das heißt, es ist ein umfassendes Menschenrechtsproblem… Wir beobachten momentan sehr genau die Situation in Brasilien und sehen da leider, dass es auch dort schon zu rechtswidrigen Zwangsräumungen gekommen ist, um Stadien zu bauen und die Infrastruktur zu schaffen, um sowohl die WM als auch die Olympischen Spiele aufzunehmen. So sind zum Beispiel im letzten Jahr in Rio de Janeiro in einem Slum dort 140 Familien aus ihren Wohnungen vertrieben worden“ (Ebenda).

top-alt: auto; mso-margin-bottom-alt: auto;">Juni 2013
– Die Schatten der FußballWM 2014
Umgerechnet etwa 15 Milliarden Dollar – derzeit – lässt sich Brasilien die FußballWM 2014 kosten. Neue Stadien entstehen in Brasília, Manaus und Cuiabá: „Dort gibt es nicht mal einen Erstligisten, der die Ränge füllen könnte“ (Burghardt, Peter, Stell’ dir das bei der WM vor! in SZ 14.6.2013). Ein brasilianischer Manager, der an den Protesten im Juni teilnahm: „In Städten wie Brasilia oder Manaus werden wir Arenen haben, die zu den teuersten der Welt gehören, obwohl es dort keine nennenswerte Fußballmannschaft gibt. Aber ein WM-Ticket ist für die meisten Leute unbezahlbar“ (Wißmann 18.6.2013).
Das Maracana-Stadion in Rio de Janeiro hatte zur Eröffnung bei der WM 1950 180.000 Plätze. 1999 und 2005 wurde es „modernisiert”, 2010 begann nach den Regeln der Fifa der Umbau für die WM 2014. Das Spielfeld wurde von 110 mal 75 Meter auf 105 mal 68 Meter verkleinert. „Stehplätze waren nicht mehr vorgesehen. Dafür plante man 125 VIP-Logen: je 50 Quadratmeter groß, klimatisiert, mit Bad, Bar und Terrasse. Das Stadion fast jetzt noch 78.838 Menschen. Weil die Fifa für Stadien mit einer Kapazität von 60.000 Zuschauern 10.000 Parkplätze verlangt, sollen auch alle auf dem Stadiongelände befindlichen Bauten weichen: ein Athletik- und ein Schwimmstadion, die Escola Arthur Friedenreich, eine der zehn besten öffentlichen Schulen des Landes, und das historische Museum des Indianers, das allerdings – nach heftigen Protesten – nun doch erhalten bleiben soll. Es wird ein ‚Olympiamuseum’ beherbergen. Als Rios Regierung den Umbau des Maracana-Stadions verkündete, versprach sie, diesen mit privatem Geld zu finanzieren. Dann aber flossen fast ausschließlich Steuergelder. Die anfänglich veranschlagten Kosten von 600 Millionen Reais verdoppelten sich auf 1,2 Milliarden Reais, was 460 Millionen Euro entspricht” (Lichterbeck, Philipp, Die Area des brasilianischen Schicksals, in zeitonline 13.6.2013; Hervorhebungen WZ. Anderen Meldungen zufolge wurde das Indianermuseum bereits abgerissen).
Proteste gegen die Privatisierung des Maracana blieben umsonst. „Der Zuschlag ist wenige Minuten zuvor an ein Konsortium um Brasiliens Baukonzern Odebrecht gegangen. Auch Brasiliens reichster Mann, Eike Batista, ist an der Unternehmung beteiligt und so gut wie immer dabei, wenn in Rio öffentliche Orte privatisiert werden, weswegen sein Name zum Synonym für den Ausverkauf der Stadt geworden ist“ (Ebenda). – „Die Rechte des privatisierten Maracana hat sich nach ausgedehntem Streit eine Investorengruppe unter der Leitung des brasilianisch-deutschen Milliardärs Eike Batista gesichert“ (Burghardt 14.6.2013). Umgerechnet 11,5 Milliarden Euro soll die WM 2014 kosten, weitere 28 Milliarden Reais (9,8 Milliarden Euro) die Sommerspiele 2016. Batista zahlt wie erwähnt jährlich 5,5 Millionen Reais Jahrespacht, umgerechnet 2,1 Millionen Euro – bei Umbaukosten von 460 Millionen Euro!
Nun ist das Vermögen Batistas von 30 auf zehn Milliarden Dollar gesunken. „Dank guter Kontakte zur Regierung in Brasilia könnte möglicherweise der staatliche Ölgigant Petrobras helfen, bislang hatte den strauchelnden Krösus vor allem die brasilianische Entwicklungsbank BNDES unterstützt“ (Ein Milliardär braucht viel Geld, in SZ 27.6.2013).
– Eröffnungs-Auspfeifen
Am 15.6.2013 wurde der Confed Cup eröffnet: Das ist ein interkontinentaler Fußball-Wettbewerb für Nationalmannschaften unter der Regie der Fifa. Erst wurde (wie in den Fußball-Stadien üblich) Fifa-Präsident Sepp Blatter ausgebuht, dann die danebensitzende brasilianische Staatspräsidentin Dilma Roussef. Neben Roussef (Widerständlerin gegen die brasilianische Militärdiktatur) saß José Maria Marin, Nachfolger des korrupten Ricardo Teixeira und enger Freund der brasilianischen Militärdiktatoren.
„33 Milliarden Reais (11,5 Milliarden Euro) soll die WM 2014 kosten, weitere 28 Milliarden (9,8 Milliarden Euro) die Sommerspiele 2016. Gigantische Beträge sind das für die sportive Dauer-Selbstdarstellung, Summen, die in anderen Bereichen fehlen: bei Bildung, Gesundheit oder als Ausgleich für die Zehntausenden Opfer von Zwangsräumungen für die WM-Bauten“ (Kistner, Thomas, Eine Stadt voller Wutbürger, in SZ 17.6.2013).
– Weiße Elephanten ohne Ende
Neben den anderen künftig meist nutzlosen Luxusstadien ragt das in Brasilia heraus: Kosten umgerechnet 430 Millionen Euro und 71.000 Sitzplätze: „ein absurdes Abfallprodukt für den lokalen Fußballklub Brasiliense, der am Tabellenende der zweiten Liga dümpelt“ (Ebenda).
– Massenproteste
Im Vorfeld des Confed-Cup forderten Tausende in Brasilia „mehr Investitionen in Bildung und Gesundheit anstatt Milliarden von Staatsgeldern für die sportlichen Großanlässe und kritisierten Zwangsräumungen im Zuge der Vorbereitungen. Die Kundgebung in Brasilia wurde von einem Heer von Polizeikräften unter Einsatz von Tränengas und Gummischrot aufgelöst… wer den Diskussionen im Internet folgt, findet Wortmeldungen einer jungen Generation von Brasilianern“ (Brühwiller, Tjerk, Brasilianer demonstrieren gegen Fußball, in nzz.ch 17.6.2013). Diese junge Generation schreit „nach einem Ende der Korruption und nach einem funktionierenden öffentlichen Dienst, die die hohen Steuern und Lebenshaltungskosten rechtfertigt“ (Ebenda). Eine Untersuchungskommission fand heraus: „Zwischen 2002 und 2010 habe fast die Hälfte aller Schulen dichtgemacht, bevorzugt im ländlichen Raum“ (Kistner, Thomas, In die eigene Hosentasche, in SZ 18.6.2013).
„Etwa 100.000 Menschen zogen am Montag durch Rios Zentrum. 200.000 sollen in ganz Brasilien demonstriert haben“ (Wißmann 18.6.2013). Eine Demonstrantin hielt ein selbstgemaltes Plakat in die Höhe. „O corco custaria nosso pao“ – Der Zirkus wird uns das Brot kosten (Ebenda).
Vergleiche im Kritischen Olympischen Lexikon: Brot und Spiele. Hier steht auch die Tendenz: Brot ODER Spiele.

top-alt: auto; mso-margin-bottom-alt: auto;">– Milliarden für die Fifa, Fahrpreiserhöhungen fürs Volk
Mitte Juni 2013 protestieren über 200.000 Menschen in mehreren brasilianischen Städten gegen die Fußball-WM und ihre Milliarden-Kosten, dazu Fahrpreiserhöhungen in Sao Paolo. „Auslöser war eine Erhöhung der Bus-Fahrpreise Anfang des Monats. Doch längst geht es nicht mehr um die 20 Centavos (ca. 8 Cent; WZ) teureren Busfahrkarten. Der Unmut richtet sich auch gegen die überteuerten Stadien, die Kungelei zwischen Regierenden und Fifa und Kleptokraten in Kongress und Senat“ (Hunderttausende protestieren gegen teure Fußball-WM, in spiegelonline 18.6.2013). Dazu solidarisierten sich Brasilianer in Los Angeles, New York, Chikago und Boston, in Montreal, Dublin und Berlin (Ebenda; Brühwiller 17.6.2013). Die wirtschaftliche Lage in Brasilien hat sich verschlechtert. „Brasiliens Wirtschaftswachstum lag im ersten Quartal 2013 nur noch bei 0,6 Prozent. Die Inflationsrate stieg hingegen bis Mai auf 6,5 Prozent, die Lebensmittelpreise stiegen sogar um 13 Prozent“ (spiegelonline 18.6.2013).
Die Demonstranten „wollen nicht, dass Brasilien immer teurer wird und Milliarden für Stadien ausgibt, statt für Schulen und Krankenhäuser. Sie wollen mehr Wohnungen und weniger Einkaufszentren, billigere Verkehrsmittel und mehr Justiz. Sie wollen weniger Korruption, weniger Gewalt, weniger Straflosigkeit“ (Burghardt, Peter, Wachstumsschmerzen, in SZ 18.6.2013). – „‚Was die Brasilianer umtreibt, ist der Verlust ihrer Kaufkraft mit der Inflation und die Unfähigkeit des Staates, konkrete Lösungen zu finden, was die Krise der Bereiche Gesundheit, Bildung, Sicherheit und Transport betrifft’, schreibt die Zeitung „Folha de São Paulo“. Was dagegen definitiv nicht helfe: mehr Fußball“ (Peters, Katharina, Brasilianer erheben sich gegen Milliardensportfeste, in spiegelonline 18.6.2013).
Und die Protestierenden finden in der brasilianischen Bevölkerung Rückhalt: In Sao Paolo standen 55 Prozent hinter dem Protest. „Nach dem unverhältnismäßigen Polizeieinsatz vom Donnerstag dürfte der Wert noch gestiegen sein“ (Brühwiller 17.6.2013).
Die Situation gleicht
verblüffend jener bei der Fußball-WM in Südafrika 2010. Und sehr
wahrscheinlich der bei der Fußball-WM 2018 in Russland, bei der WM 2022
in Katar…

– Ordenflut
Der frühere Verbündete der brasilianischen Militärdiktatur, José Maria Marin (82 Jahre alt) ist heute CBF-Chef und möchte 2014 wiedergewählt werden. Als er jetzt den Verdienstorden von Brasilia erhielt, zeigte er sich bei seinen potentiellen Wahlmännern mit einer Feier in einem Edelrestaurant erkenntlich: „Zum Gelage ließ er sämtliche Cartolas (Sportfunktionäre; WZ) der Erstligaklubs und aller Verbände einfliegen“ (Kistner 18.6.2013). Sein Stellvertreter Marco Polo del Nero wurde ebenfalls geehrt: „2012 waren Haus und Kanzlei des Advokaten von der Bundespolizei durchsucht und er selbst kurzzeitig festgenommen worden. Erst kurz zuvor war del Nero in den Fifa-Vorstand eingerückt“ (Kistner 18.6.2013).
– Die brasilianischen Sportpolitiker
Vor dem Gebäude des brasilianischen Fußballverbandes CBF in Brasilia standen Abgeordnete um Freikarten und Buffetzugang an: Die Angeordneten hatten schließlich der Fifa mit dem WM-Gesetz den Weg geebnet und Milliarden Steuergelder beschlossen. Und so geschah, was üblicherweise bei Fußball-WM (und Olympischen Spielen) passiert: „Mit dem WM-Gesetz wurde unter anderem der einheimische Kleinhändlermarkt verdrängt und der Weg der Fifa-Sponsoren wie den US-Braukonzern Budweiser freigeräumt… Ein strammes Drittel der 513 Parlamentarier in Brasilia gilt als mit der Kickerbranche verlinkt,

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