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Ökologische Milchbubenrechnung

 
Zuletzt geändert am 27.03.2014 @ 17:40

(Da keine Milchmädchen diskriminiert werden sollen und da die vorgestellten Rechenkünstler in der Tat vor allem männlich sind, wird hier der Ausdruck Milchbuben verwendet.)

Seit etwa 2007 helfen – auch mit dem Thema Umwelt befasste – Institute mit, die üblichen Großprojekte wie zum Beispiel die geplanten Olympischen Winterspiele in München 2018 durchzusetzen, indem angeblich klimaneutrale Berechnungen aufgestellt werden. Mitarbeiter der Wir-berechnen-Alles-Institute rechnen gegen Geld alles CO2-frei, sogar eine globale Großveranstaltung wie Olympische Winterspiele. Auch München 2018 wird schon eifrig klimaneutral gerechnet.

Zunächst werden die CO2-Emissionen berechnet, die für olympische Bauten, Verkehrsbewegungen, Energieeinsatz, Sport etc. entstehen. Hier setzt man schon einmal die Werte gern zu niedrig an. Im Fall Vancouver kamen Nachberechnungen der kritischen Gruppe 2010Watch auf die zehnfache Größe der offiziell angegebenen Zahlen.

Anschließend „neutralisiert“ man dann dieses CO2-Aufkommen durch Aufforsten in Drittländern, Sonnenkochherde in Viertländern, die Umwandlung von Nadelbaum-Nadeln in Holzpellets in Fünftländern, Biokraftwerke in Sechstländern, Wirkungsgradverbesserungen in Siebtländern. Dazu wird gern auf Begriffe wie den angeblich besonders effektiven „Goldstandard“ für solche Kompensationsmaßnahmen zurückgegriffen.

Natürlich darf die „emissionsfreie Pkw-Flotte“ nicht fehlen: gemeint sind Elektroautos. Im deutschen Kraftwerk-Mix entstehen pro Kilowattstunde ca. 609 Gramm CO2: Elektroautos sind also entgegen der Behauptungen nicht emissionsfrei, und besonders im Winter – hoher Batteriestromverbrauch durch Heizung, Licht, und Scheibenwischer! – haben sie eine geringe Reichweite und sind nur bedingt einsatztauglich.

Gern wird auch von „umwelt- und ressourcenschonender Beschneiung“ geredet: Gemeint ist damit sogar der Einsatz der Chemikalie Snowmax.

2009 ließ das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom Wuppertal Institut eine Studie erstellen, wie der Alpenraum bis 2050 klimaneutral werden kann. So unsinnig diese Betrachtungsweise auch ist: Sie legitimiert den weiteren industriellen Ausbau der Alpen – weil ja in den Dritt- bis Sechstländern irgendwelche Maßnahmen ergriffen werden.

Ökologische Milchbubenrechner finden auch heraus, dass der Strom für eine Million Elektroautos quasi im Grundrauschen untergeht oder dass große Teile der deutschen Autoflotte problemlos auf Strom umgestellt werden kann, ohne dass neue Atomkraftwerke benötigt werden. Oder dass die Glühbirne gravierende Nachteile gegenüber der Energiesparlampe hat. Oder dass die Abwrackprämie (vulgo Umweltprämie) sich ökologisch rechnet usw. Man kann natürlich Atomkraftwerke begrünen und Kohlekraftwerke klimaneutral errechnen: Die ökologischen Buchhalter werden es schon richten. Schließlich soll sogar der Flugverkehr klimaneutral und CO²-frei werden.

Bessern tut sich allerdings nichts, im Gegenteil. Wahrscheinlich wird die ganze Industrie im Jahr 2050 nach den Berechnungen der Ökologischen Milchbuben CO²-frei sein – allerdings mit so hohen CO²-Werten in der Atmosphäre wie nie. Denn jedes Jahr steigen die ppm-Anteile des CO² und anderer Treibhausgase in der Atmosphäre kontinuierlich an.

Übrigens sind nicht nur die CO²-Rechnungen falsch. Die olympischen Milchbubenrechnungen stimmen natürlich auch finanziell vorne und hinten nicht. Die Olympischen Spiele in Peking 2008 sollten erst 1,8 Milliarden Dollar kosten; schließlich addierten sich die Kosten auf über 30 Milliarden Dollar. Die Kosten für London begannen in der Bewerbungsphase bei unter vier Milliarden Dollar; 2010 lagen sie schon bei 19 Milliarden Dollar. Sotschi 2014 wurde zunächst mit zwölf Milliarden Dollar angesetzt und liegt 2010 bei 33 Milliarden Dollar.

Beispiel Sotschi 2014
“Die russische Umweltorganisation CEI (Zentrum Ökologischer Innovationen) schätzt den CO2-Fußabdruck der Olympischen Spiele in Sotschi auf fünf Millionen Tonnen. 56 Prozent davon würden auf den Bau der Infrastruktur entfallen, der Rest auf Emissionen, die beim Transport und Aufenthalt von Sportlern und Zuschauern entstehen. Nach Angaben des CEI ist bisher auch noch nicht sicher, dass dieser CO2-Ausstoß vollständig kompensiert wird. Bislang könnten die Organisatoren erst den Ausgleich von fünf bis 15 Prozent der Emissionen gewährleisten” (Meister, Lea, Russland unterdrückt den Umweltschutz, in klimaretter.info 29.1.2014).

Quellen:
Londoner Lüge, in SZ 7.10.2008
Weinreich, Jens, IOC verdient mit Olympia 4,5 Milliarden Dollar, in SZ 6.8.2008
Zimbalist, Andrew, Is it worth it?, in Finance & Development March 2010


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