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Donike, Manfred

 
Zuletzt geändert am 28.12.2013 @ 11:01

Donike, Manfred, Köln (*1933, † 1995)
Donike war deutscher Amateur- und Profi-Radrennfahrer und nahm zweimal an der Tour de France teil. Danach studierte er in Köln Chemie und wurde 1977 Leiter des Instituts für Biochemie an der Sporthochschule Köln (Wikipedia). Bei den Olympischen Spielen in München 1972 war Manfred Donike Leiter der Dopingkontrollen.
Donike kooperierte mit Keul und Kindermann beim Testosteron-Forschungsauftrag mit dem harmlosen Titel „Regeneration im Hochleistungssport“, siehe unter 1.1.
„Olympiaarzt Joseph Keul aus Freiburg und sein Kölner Kollege Wildor Hollmann führten das große Wort in der westdeutschen Sportmedizin, indem sie behaupteten – und in aufwendigen Studien vorgeblich zu beweisen versuchten –, dass die Anwendung von Anabolika und Testosteron wirkungslos seien. Ihre Argumentation zielte darauf ab, die Substanzen von den Dopinglisten streichen zu lassen… Welche Macht sie hatten, zeigt der Umgang mit dem Dopingkontrolllabor der Spiele 1972. Das Gerichtsmedizinische Institut der Olympiastadt bot sich an, die Einrichtung weiter zu führen. ‚Keul und Hollmann haben das Innenministerium mit Briefen bombardiert’, stellte Christian Becker aus Münster fest – und indem der Biochemiker Manfred Donike an der Sporthochschule Köln den Zuschlag erhielt, blieb der Umgang mit den Proben in der Familie. Donike war ehemaliger Radrennfahrer“ (Reinsch 27.9.2013).

Donikes „einst äußerst positives Bild hat schon lange Kratzer bekommen. Zu aktiven Zeiten als Radsportler trug er den Spitrznamen ‚Kanüle‘. Donike war lange  Jahre  eng befreundet mit dem Freiburger Joseph Keul, einer Zentralfigur der westdeutschen Dopingforschung. Zudem unterhielt er enge Kontakte zum DDR-Funktionär Manfred Höppner. Diesem unterstand das Labor in Kreischa“ (Aumüller, Kistner 8.8.2013).

Der DDR-Chefmediziner Manfred Höppner berichtete von der Tagung der Sportmediziner am 12.11.1976 in Amsterdam: „In der Diskussion wurde speziell von den Vertretern der BRD, Dr. Danz (damaliger Kommissionschef, d. Red.) und Dr. Donike, die Forderung erhoben, Anabolika aus der Dopingliste zu streichen und legten in diesem Zusammenhang Materialien von Prof. Dr. Keul vor, nach welchen die Anwendung anaboler Steroide nicht gesundheitsschädigend sei” (www.cycling4fans.de S. 6).
Dopingkritiker Horst Klehr äußerte 1977 auf dem Verbandstag des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), dass der Dopingbeauftragte des Bundesinstitutes für Sportwissenschaft, Manfred Donike Dopingpraktiken vertusche (Meier u. a., S. 10).
Verblüffend erscheint, „warum trotz des großen Doping-Mittel-Konsums manch vollgepumpter Athlet nicht positiv getestet wurde. Ein bundesdeutscher Olympiasieger verblüfft mit einem Hinweis: ‚Wie hieß noch der Oberkontrolleur? Ja, der Donike. Der hat mir mal gesagt, ich müsse sechs Tage bis zum Abbau der Mittel einrechnen, nicht fünf. Sonst wäre ich noch positiv’… Manfred Donike, bis zu seinem Tod 1995 Leiter des Anti-Doping-Labors in Köln, war ein weltweit geschätzter Experte, als ehemaliger Radfahrer ein intimer Kenner der Doping-Szene. Und ein Freund der Sportler“ (Hecker 2.2.2009).

Donike gelang es Anfang der 1980er Jahre, „überhöhte Mengen des männlichen Geschlechtshormons Testosteron nachzuweisen. Er überprüfte im Auftrag des IOC gut 1000 Proben von den Winter- und Sommerspielen (1980; WZ) abermals. Das ernüchternde Ergebnis: Mindestens zehn Prozent der Medaillen-Gewinner hatten geschummelt“ (Spiegel 15/1985; zu Testosteron siehe auch Keul, Hollmann, Wolfarth). Noch während der Olympischen Sommerspielen von Seoul 1988 äußerte Donike zunächst, dass „50 Prozent, eher mehr“ der 1600 genommenen Dopingproben mit neuen Analysemethoden positiv einzustufen seien (Spiegel 26/26.6.1989). Im Juni 1989 behauptete Donike: „Ich habe nie eine Prozentzahl genannt“ (Ebenda).

Angeblich müssten seine Untersuchungen erst dem IOC vorgelegt werden. Der  damalige IOC-Präsident Juan Antonio Samaranch konnte aber an einer Dopingflut nicht interessiert sein, da er gerade die Olympischen Spiele „an das Fernsehen und die Konzerne verkauft hat“ (Ebenda). „Der Leiter der Haushaltsabteilung der Sporthochschule Köln räumt ein, dass es ‚Drittmittel, auch vom IOC’ für Donikes Institut gibt. Der Professor selbst lässt auf eine entsprechende Frage ausrichten: ‚Das geht Sie gar nichts an’“ (Ebenda).
Die Überführung von Ben Johnson durch Donike sorgte für einen Kurswechsel. „Jahrelang galt der ehemalige Radrennfahrer als loyaler Mann der Athleten und Funktionäre, die Doping institutionalisiert hatten – er behielt sein Wissen für sich. Erst als der Kanadier Ben Johnson 1988 in Seoul erwischt wurde, wandelte Donike sich zum kompromisslosen Anti-Doping-Kämpfer. Er überführte die Sprinterin Kathrin Krabbe und die Weitspringerin Susen Tiedtke ebenso wie die chinesischen Schwimmerinnen“ (Der Spiegel 35/1995).

Nachtrag: Im Zusammenhang mit der Diskussion im Sommer 2013 über die Berliner Studie „Doping in Deutschland von 1950 bis heute“ wurde auch die Rolle Donikes beleuchtet. „Auch einer, der als entschiedener Kämpfer gegen das Doping galt, wird durch die Studie der Humboldt-Uni in ein anderes Licht gerückt: Manfred Donike, Doping-Fahnder und Pionier der Dopinganalyse. Zeitzeugen berichten im Anhang der Studie, Donike habe gewusst, dass positive Doping-Proben von US-Sprintern 1987 verschwanden, um die Attraktivität der Olympischen Spiele 1988 in Seoul nicht zu gefährden. Donike empfing außerdem zweimal im Jahr in seinem Institut Manfred Höppner, den stellvertretenden Direktor des Sportmedizinischen Dienstes der DDR, ‚der guckte sich beim Donike bis ins Detail an, was analytisch möglich war‘, sagt heute der Sportmediziner Heinz Liesen gegenüber der ZEIT. ‚Es war klar, dass deren Ziel war, analytisch so auf dem neuesten Stand zu sein, dass ihre eigenen Athleten nicht positiv getestet werden.‘ (…) In der aktuellen Studie finden sich außerdem Hinweise, dass Donike 1984 Vorkontrollen durchführte, mit denen sich Athleten absicherten, dass bei ihnen nichts zu finden sei.In der langen Version der Studie, die nicht veröffentlicht wurde, findet sich das Fazit: ‚Ob Donikes Funktion bis 1988 tatsächlich darin bestanden hat, dem deutschen Sport bis 1988 lediglich als Schutzschild zu dienen, um so Anwürfe der Dopingkritiker zu begegnen und auch gegenüber den Geldgebern eine wirksame Dopingbekämpfung vorzugaukeln, scheint zwar nach den vorhandenen Quellen und nach den Aussagen mehrerer Zeitzeugen nicht völlig abwegig: Diese Frage ist aber so zentral für die Geschichte des Dopings in der Bundesrepublik Deutschland, dass sie in einer gesonderten Studie beantwortet werden sollte“ (Binnig 8.8.2013).

Vergleiche auch unter „Aktuelles“: Die Doping-Connection: Deutsche Sportärzte und der DSB/DOSB

Quellen:
Aumüller, Johannes, Kistner, Thomas, Fragwürdige Symbiose, in SZ 8.8.2013
Barer Unsinn, in der Spiegel 26/26.6.1989
Binnig, David, Doping, staatlich geprüpft, in Die Zeit 8.8.2013
„Das ist ein Witz“, in Der Spiegel 32/1993
Doping: Joseph Keul, in
www.cycling4fans.de
Hecker, Anno, Doper, vereint Euch, in faz.net 2.2.2009
Meier, Henk Erik, Reinold, Marcel, Rose, Anica, Dopingskandale in der alten Bundesrepublik, Bundeszentrale für Politische Bildung, bpb.de 30.5.2012
Register: Manfred Donike, in Der Spiegel 35/1995
Reinsch, Michael, Doping als Familiensache, in faz.net  27.9.2011
Reuter, Wolfgang, Pipetten-Affäre, in Focus 31/31.7.1995
Unheilbarer Drang, in Der Spiegel 15/1985
Wikipedia
www.doping-info.de


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