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CAS

 
Zuletzt geändert am 02.09.2017 @ 17:26

Entstehungsgeschichte
Kurz nach seiner Wahl zum IOC-Präsidenten schlug Juan Antonio Samaranch 1981 die Instanz einer sportspezifischen Rechtsprechung vor und begründete dies mit der zunehmenden Professionalisierung des Sports. Oder wie Christian Breuer und Sven Nagel schrieben: „Mit der zunehmenden Kommerzialisierung des Sports geht eine fortschreitende Verrechtlichung desselben einher“ (Breuer, Nagel 2014, S. 5). Der 1984 installierte Internationale Sportgerichtshof (Court of Arbitration for Sport, CAS, franz. Tribunal Arbitral du Sport, TAS) sollte die höchste Entscheidungsinstanz im internationalen Sportrecht für Sportverbände und Nationale Olympische Komitees sein. „Seit 1984 besteht der Court of Arbitration for Sport (CAS) mit Sitz in Lausanne. Seine Gründung geht auf eine Initiative des damaligen IOC-Präsidenten Samaranch zurück und ist im Zusammenhang mit der Abkehr der Olympischen Bewegung vom Amateurgedanken und dem Beginn der Kommerzialisierung der Olympischen Spiele zu sehen. Träger war zunächst das IOC. Im Jahr 1994 erfolgte die Trennung des CAS vom IOC, weil das Schweizerische Bundesgericht Bedenken hinsichtlich der Unabhängigkeit des CAS in Fällen hatte, in welchen das IOC Partei eines Schiedsverfahrens vor dem CAS war. Der CAS wird seitdem von einer Stiftung schweizerischen Rechts, dem International Council of Arbitration for Sport (ICAS), getragen. Dessen Aufgabe ist die Sicherstellung der Unabhängigkeit des CAS sowie die Verwaltung und Betreuung der Schiedsverfahren“ (A.a.O., S. 13).

Johannes Aumüller und Thomas Kistner schrieben dazu in der SZ: „Das Internationale Olympische Komitee (IOC) sah sich zwischen seinen Sommerspiel-Etappen Barcelona und Atlanta einer wachsenden Rechtsunsicherheit ausgesetzt – etwa, was die Startberechtigung einzelner Athleten anging. Oder es ging um Dopingfälle oder um kommerzielle Fragen. Und in der Regel mischten überall nationale Gerichte mit. Im IOC eruierten sie daher neue Wege. Vorneweg der Wirtschaftsanwalt Thomas Bach, damals noch frisches, wiewohl schon einflussreiches Mitglied der Ringe-Organisation unter Präsident Juan Antonio Samaranch, heute dessen Amtsnachfolger. Eine starke eigene und autonome Sportgerichtsbarkeit mit eigenen Regeln war das Ziel, das Bach in Acapulco unters Volk streute – bald darauf war sie Realität, mit dem Internationalen Sportgerichtshof (Cas) in Lausanne als letztgültige Autorität. Ein deutscher Jurist hat das jetzige Sportrechtssystem geformt. Ein deutsches Gericht könnte es nun wieder zertrümmern“ (Aumüller, Kistner 14.1.2015; siehe unter Nachtrag 2).
1983 wurden die Statuten des CAS vom IOC ratifiziert und am 30.6.1984 in Kraft gesetzt. Der CAS residiert in einer hochherrschaftlichen Villa in Lausanne in unmittelbarer Nachbarschaft zum IOC und in enger personeller Verflechtung. Zunächst wurden alle 60 Mitglieder ausschließlich vom IOC, dem IOC-Präsidenten, den internationalen Verbänden und den Nationalen Olympischen Komitees bestimmt. Anfangs finanzierte das IOC den Sportgerichtshof komplett selbst und räumte sich bis 1994 auch das Recht ein, dessen Statuten zu ändern. Nach 1994 wurde der Cas reformiert und zu einer Stiftung nach Schweizer Recht. Er unterliegt auch Schweizer Recht, und seine Entscheidungen können nur vor dem Schweizer Bundesgericht angefochten und gegebenenfalls auch aufgehoben werden (Wikipedia).

Amtsinhaber
Von 1983 bis 2007 war der Senegalese Kéba Mbaye (* 1924, † 2007) Präsident des CAS. Mbaye war auch von 1973 bis 2002 IOC-Mitglied und langjähriger Vizepräsident. Im Auftrag von Samaranch führte er für das IOC den Prozess vor dem Polizeigericht des Kantons Vaud gegen die Journalisten Andrew Jennings und Vyv Simson (Autoren von Geld Macht und Doping – Das Ende der olympischen Idee).
Mbaye war seit 1987 auch Vizepräsident am Internationalen Gerichtshof in Den Haag und u. a. mit Menschenrechtsverletzungen in Uganda befasst: Allerdings fand er dort offiziell nichts über das gnadenlose Wirken seines seit 1988 im IOC sitzenden Kollegen und Generalmajors Francis W. Nyangweso heraus, der unter dem Diktator und Menschenschlächter Idi Amin Verteidigungsminister war (Kistner, Weinreich, S. 46f; 54).
Nächster Cas-Präsident wurde Memino Auletta (früher IOC Sport and Law Commission), ab 2012 John D. Coates. Thomas Bach (lange Jahre IOC-Vizepräsident, seit 2013 IOC-Präsident) war lange Jahre Präsident des CAS-Revisions-Schiedsgerichts. „Es gibt drei Kammern, eine ständige Kammer für ordentliche Streitigkeiten, eine Berufungskammer und, nur während Olympischer Spiele, eine Ad-hoc-Kammer. Prozessgegner können aus einer Liste von rund 300 Richtern ihren Vertreter wählen, ein dritter Richter ergänzt als Vorsitzender das Gremium, das die Urteile fällt. Gemeinhin hat der Cas das letzte Wort in einem sportrechtlichen Streit. Zwar gibt es noch die Möglichkeit, vors Schweizer Bundesgericht zu ziehen – aber das prüft den Sachverhalt in der Regel nicht mehr inhaltlich, sondern nur auf formale Korrektheit“ (Aumüller, Kistner 14.1.2015).
Im November 2010 bewarb sich das kanadische IOC-Mitglied Richard Pound als Präsident des CAS. Pound war IOC-Vizepräsident, acht Jahre Chef der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA und stand für strenge Aufklärung.
Präsident des CAS wurde aber der Australier John Coates, der 1993 in eine Schmiergeldaffäre um die Vergabe der Olympischen Sommerspiele 2000 an Sydney verwickelt war: Er besuchte damals die IOC-Mitglieder von zehn afrikanischen Ländern und lieferte jeweils 18.000 australische Dollar für die Athletenausbildung ab: Im Fall der erfolgreichen Bewerbung von Sydney sollte dieser Betrag verzehnfacht werden (Kistner 17.11.2010).
Coates ist also prädestiniert für die neue Aufgabe.

Die Rolle des CAS
Der CAS soll den Anschein von Unabhängigkeit erwecken. Es soll auch die für das IOC lebenswichtigen Vertragsfragen von Sponsoring, Fernsehrechten etc. juristisch bearbeiten. Dieser IOC-„Gerichtshof“ ist der (sehr durchsichtige) Vorstoß, nun auch über das oberste sportrechtliche Instrumentarium zu verfügen, das das IOC selbst kreiert hat: Dieses Gericht ist weder unabhängig noch international (im Zweifelsfall unterliegt es dem Schweizer Recht). Ansehen und Akzeptanz seiner selbst geschaffenen juristischen „obersten“ Instanz sind gering, seine Urteile haben kaum zivil- oder strafrechtliche Wirkungen.
Deshalb ist der CAS ein weiteres Zahnrad im Machtgefüge des IOC. Es sichert das Monopol auf Sportgerichts-Urteile – oft mit fragwürdigen Rechtspositionen bzw. immer im Sinn des IOC oder seinen Mitgliedern, den Internationalen Sportverbänden. „Die Kritik am Cas wuchs über die Jahre. Fachleute rügen dessen grundsätzliche Nähe zu den Verbänden, die geschlossene Richterliste, die Finanzierung, die Reduzierung der Verfahrenssprachen auf Englisch und Französisch, die Verwehrung von Prozesskostenbeihilfe“ (Aumüller, Kistner 14.1.2015).
„Die Schiedsrichter wurden bis Ende 2011 nach folgendem Schlüssel vom ICAS in die Liste gewählt: – 1/5 Vorschläge IOC (4 Personen von innerhalb oder außerhalb des IOC); – 1/5 Vorschläge Internationale Verbände (3 Personen durch Sommerverbände, 1 Person durch Winterverbände); -1/5 Vorschläge (4 Personen durch die Vereinigung der Nationalen Olympischen Komitees (ANOC), von innerhalb oder außerhalb der ANOC; – 1/5 Vorschläge durch die 12 in Punkt 1–3 ernannten Schiedsrichter, unter besonderer Berücksichtigung der Sicherung von Athleteninteressen; – 1/5 Vorschläge durch die 16 in Punkt 1–4 ernannten Schiedsrichter welche unabhängig von den vorgenannten Gruppen sind“ (Breuer, Nagel 2014, S. 18). SEIT dem 1.1.2012 werden die Schiedsrichter von ICAS ernannt, „deren Namen und Qualifikation dem ICAS beispielsweise durch das IOC, die internationalen Sportverbände oder Nationalen Olympischen Komitees zur Kenntnis gebracht werden“ (Ebenda). Johannes Aumüller und Thomas Kistner schrieben im Zusammenhang mit dem Pechstein-Prozess (siehe Nachtrag 1): „Maßgeblich ist hier ein 20-köpfiges Gremium namens ICAS – das nahezu komplett mit Leuten bestückt ist, die von Verbänden berufen werden“ (Aumüller, Kistner 14.1.2015).
D.h. die Besetzung wird absolut dominiert durch die Internationalen Sportverbände. Schiedsrichter wird, wer deren Interessen vertritt. Das Sport-Recht ist das Recht des Sports.

Der CAS kostet
Der Anti-Doping-Kampf kostet weltweit über 50 Millionen Dollar jährlich. Dadurch steigen auch die Kosten für den Internationalen Sportgerichtshof (CAS): 2012 waren es 24,12 Millionen Dollar. Davon trägt das IOC ein Drittel, die Vereinigung der Nationalen Olympischen Komitees (ANOC) ebenfalls ein Drittel, ein Viertel die Olympischen Sommersportverbände (ASOIF) und ein Zwölftel die Wintersportverbände (AIOWF) (sueddeutsche.de 24.9.2013).

Die „Schiedsvereinbarung“
Der Athlet oder die Athletin unterwerfen sich der Sportgerichtsbarkeit, indem sie die sogenannte „Schiedsvereinbarung“ unterschreiben müssen: Sie verzichten damit bei Rechtsstreitigkeiten auf die Anrufung eines ordentlichen Gerichtes. Ein Gang vor ein staatliches Gericht wird damit ausgeschlossen. Diese Schiedsvereinbarung muss jeder Sportler/jede Sportlerin unterschreiben. Damit räumt das IOC bzw. die Internationalen Sportverbände (ab 2002 auch die Fifa) dem Cas eine Monopolstellung ein. Vulgo: Der Sport selbst entscheidet seine juristische Auslegung. „Der Cas tagt grundsätzlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit, die Besetzung der Schiedskammern wird immer noch weitgehend vom IOC beeinflusst“ (Ahrens 15.1.2015).
Natürlich ist die Selbstentmündigung der Athleten durch das IOC bzw. den globalen Nationalen Olympischen Komitees (in Deutschland: DOSB) gewünscht und gewollt: Damit verzichtet ein Sport treibender Staatsbürger auf Grundrechte.
Der Diskuswerfer und Olympiasieger von London 2012, Robert Harting offenbarte im November 2013: „Ich bin einer der wenigen Athleten, der die Schiedsvereinbarung schon seit fünf Jahren nicht unterschrieben hat. (…) Ich bin ein Berufssportler, und ich verliere dadurch meine mir zustehende Gerichtsbarkeit. Es geht hier um die persönliche Freiheit“ (spiegelonline 6.11.2013). Harting erklärte, dass man die Schiedsvereinbarung nicht zwingend unterschreiben müsste, sondern nur die Athletenvereinbarung mit dem Anti-Doping-Code und dem Wada-Code (Ebenda).
Das kann man eventuell nur als Spitzenathlet so halten…

Gewerkschaft der Polizei kritisiert Schiedsvereinbarungen
Die GdP ist auch für die Sportsoldaten der Bundespolizei zuständig – auch für Claudia Pechstein. Deshalb kritisierte die  GdP im November 2013 die Athleten- und die Schiedsvereinbarung (alle Zitate: GdP 13.11.2013). Die Athleten dürfen keine ordentlichen Gerichte anrufen. „Die Sportler haben im Grunde keine Wahloption: Wer nicht unterschreibt, darf im Regelfall nicht starten.“ – Auch eine unzutreffende Dopingbezichtigung führt zur Entfernung des Beamten aus der Sportförderung. Die ausschließliche Zuständigkeit des Cas „wird den Sportlern wegen der monopolartigen Stellung der Sportverbände und Wettkampfveranstalter faktisch aufgezwungen.“ Anders als bei staatlichen Gerichten gibt es im Cas-Berufungsverfahren nur einen einzigen Schriftwechsel; bei einer mündlichen Verhandlung dürfen keine neuen Beweise oder Dokumente vorgebracht werden. Nur das Cas entscheidet, ob es überhaupt eine mündliche Verhandlung gibt. „Das Urteil muss vor seiner Verkündung dem Cas-Generalsekretär vorgelegt werden, der Korrekturen vornehmen darf und keinen Richterstatus besitzt.“ Das Schweizer Bundesgericht kann die Urteile nur auf gravierende Verfahrensfehler prüfen. Ein Beamter kann im Fall des Dopingvorwurfes im beamtenrechtlichen  Disziplinarverfahren freigesprochen und im sportrechtlichen Verfahren verurteilt werden. „Der Ankläger kann nicht zugleich die Besetzung des Gerichtes bestimmen.“

Der FC Sion
Interessant war in dem Zusammenhang der Fall des Fußballvereins FC Sion gegen die Fifa. 2009 wurde gegen den Verein eine Transferverbots-Periode ausgesprochen, deren Terminierung fragwürdig war. Im Sommer 2011 verpflichtete der FC Sion sechs neue Mitglieder. Die Schweizer Fußball-Verband (SFV) untersagte deren Einsatz. Der FC Sion schickte die Fußballer vor das Arbeitsgericht, wo sie gewannen. Der SFV sperrte diese umgehend erneut – weil Sion vor ein ordentliches Schweizer Gericht und nicht vor den CAS gezogen war. Uefa und Fifa warfen Sion aus der Europa League. Der FC Sion erstritt seine Teilnahme – wiederum vor einem ordentlichen Schweizer Gericht. Die Uefa ignorierte dies, da es zu spät käme: Der CAS schloss sich dieser Sichtweise natürlich umgehend an, woraufhin der Verbandschef des FC Sion den Gang vor das Schweizer Bundesgericht ankündigte. Daraufhin verlangte die Fifa vom SFV, alle Spiele vom FC Sion, an dem die angeblich gesperrten Spieler teilgenommen hätten, als 0:3 verloren zu werten: Damit hätte Sion 16 Punkte weniger. Bei Nichterfüllung bis zum 13.1.2012 drohte die Fifa dem SFV selbst mit Suspendierung aller Teams bei internationalen Wettbewerben (Vgl. Kistner 21.12.2011; siehe auch SV Wilhelmshafen unter Nachtrag 3).
Hier geht es der Fifa nur noch um das Prinzip, Gehorsam um jeden Preis zu erzwingen.

Nachtrag 1: Die Causa Pechstein
Die Eisschnellläuferin Claudia Pechstein wurde 2009 für zwei Jahre wegen angeblichem Doping durch die Internationale Welteislaufunion ISU gesperrt. Ihre auffälligen Blutwerte führte Pechstein auf eine vom Vater ererbte Anomalie zurück und bestritt, gedopt zu haben. „Claudia Pechstein machte geltend, dass eine Erbkrankheit die inkriminierten Retikulozytenwerte, die bis heute nachweisbar sind, verursacht“ (Hecker, Reinsch 21.10.2013). Sie klagte vor dem Cas und verlor. Daraufhin klagte sie vor einem deutschen Gericht. Das wurde ihr aufgrund der „Athletenvereinbarung“ mit dem DOSB (initiiert vom IOC) verboten wurde: Erlaubt sei nur ein Gang vor das Cas. Pechstein verklagte trotzdem vor dem Landgericht in München die ISU auf 4,4 Millionen Euro Schadensersatz. Fast 50 deutsche Spitzenathleten unterstützten Pechsteins Kritik an der Athletenvereinbarung (Ebenda). Am 26.2.2014 urteilte das Landgericht München I, dass die Schiedsvereinbarung in der „Athletenvereinbarung“ unwirksam sei, weil diese „seitens der Klägerin nicht freiwillig getroffen“ worden sei: die Verbände DESG und ISU hätten eine Monopolstellung (Wikipedia). Der (damalige) Generaldirektor des DOSB, Michael Vesper, forderte in einem Brief vom 4.4.2013 die Sportverbände auf, das Urteil des Münchner Landgerichtes zu ignorieren und die Athleten weiterhin zur Unterschrift unter die Schiedsvereinbarungen zu drängen. Vesper erwähnte, dass sein Schreiben auf „Vorschlag des Herrn Abteilungsleiters Böhm“ im Bundesministerium des Innern erfolge und deklarierte das Urteil des LG München als „nicht rechtskräftig“, eine Darstellung, die von den Anwälten Pechsteins umgehend zurückgewiesen wurde (Reinsch 16.4.2014).
Im Januar 2014 wurde der Fall Pechstein vor dem Oberlandesgericht München (OLG) verhandelt. Der Cas sei „gar kein echtes Schiedsgericht“, so Pechsteins Anwalt Thomas Summerer (Aumüller, Kistner 14.1.2015). Die Richter störte das Ungleichgewicht zugunsten der Sportverbände. „Auffallend hartnäckig bearbeiteten sie vor allem das Verfahren, wie Cas-Richter auf die Liste kommen. Maßgeblich ist hier ein 20-köpfiges Gremium namens ICAS – das nahezu komplett mit Leuten bestückt ist, die von Verbänden berufen werden“ (Ebenda; siehe auch oben).
Bachs Gremium…
Die ISU rechnete schon vor der Urteilsverkündung offenbar mit einer Niederlage und kündigte den Gang zum Bundesgerichtshof (BGH) schon vor der Urteilsverkündung an: Dies hatten die Richter des OLG angesichts der Bedeutung zugelassen (spiegelonline 14.1.2015). Am 15. Januar 2015 fällte das OLG das erwartete bahnbrechendes Urteil. Es ließ die Schadensersatzklage Pechsteins gegen den Weltverband ISU zu. Damit können sich – falls das BGH dieses Urteil bestätigt -, alle Sportler an ein Zivilgericht wenden. „Dies hatten Sportrechtler schon im Vorfeld als ‚Revolution‘ bezeichnet“ (spiegelonline 15.1.2015). – Die  Schiedsvereinbarung, mit der sich Pechstein wie alle Athleten per eigener Unterschrift der Sportgerichtsbarkeit unterwirft, ist  unwirksam. (…) Es ist ein Urteil, das dem Sport die juristische Basis entzieht“ (Aumüller 16.1.2015a).
„Das Gericht unter Vorsitz von Reiner Zwirlein sprach mit Verweis auf die ISU von einem ‚Missbrauch von Marktmacht‘. Grundsätzlich seien Schiedsvereinbarungen zwar zulässig, im konkreten Fall aber unwirksam, weil sie gegen Kartellrecht verstoßen. Und zwar hauptsächlich die Konstruktion des Sportgerichtshofs Cas. Dabei wurden vor allem zwei Punkte moniert. Zum einen das Verfahren, mit dem der Cas Juristen auf seine Schiedsrichterliste wählt; darüber entscheidet ein 20-köpfiges Gremium, dessen Zusammensetzung das Internationale Olympische Komitee (IOC) und andere Sport-Verbände maßgeblich bestimmen. Zum anderen, dass dieses 20er-Gremium auch den Präsidenten der Cas-Berufungskammer bestimmt. Über fast zwei Jahrzehnte hatte diesen Posten der heutige IOC-Präsident Thomas Bach inne. Mit deutlichen Worten kritisierte das Gericht, dass die Neutralität des Cas ‚grundlegend in Frage gestellt‘ sei“ (Ebenda; Hervorhebung WZ).
Das Gericht forderte „Vorkehrungen schon gegen die bloße Möglichkeit und den Verdacht einer Manipulation der Richterbesetzung“.
Am 29.1.2015 erklärte eine Kommission des DOSB, „dass die medizinische Begründung des Urteils falsch war“ (DPA, Cinquanta bleibt gelassen, in SZ 31.1.2015). ISU-Präsident Ottavio Cinquanta kündigte die Revision beim Bundesgerichtshof an.
Kommentare zum Pechstein-Urteil:
Peter Ahrens kommentierte in spiegelonline: „Von ihrer jetzt belohnten Beharrlichkeit dürften künftig viele andere Athleten profitieren. Wenn in Zukunft tatsächlich nicht mehr nur die Herren des Internationalen Sportgerichtshof Cas in Lausanne entscheiden dürfen, wie Recht im Sport gesprochen wird, dann ist das ein großer Beitrag zum Erwachsensein der Athleten. Das Urteil des Oberlandesgerichts München macht die Sportler mündiger. Und die Sportfunktionäre müssen endlich von ihrem hohen Ross heruntersteigen. Der Sport sieht sich gerne als Paralleluniversum der Gesellschaft. Mit Politik darf man sich möglichst nicht gemein machen, und auch die Rechtsprechung will man bitte schön in eigener Obhut behalten. Sich gegen ungerechte Urteile, unbedacht ausgesprochene Sperren zu wehren – das war den Athleten bisher so gut wie unmöglich. Als Sportler hatte man sich dem Schiedsspruch aus der Schweiz zu unterwerfen. Basta. All das steht jetzt auf dem Prüfstand. (…) Die Absurdität, dass Athleten bislang unterschreiben mussten, nicht gegen Sportgerichtsurteile vorzugehen, wenn sie zu Olympischen Spielen oder Weltmeisterschaften zugelassen werden, ist endgültig passé“ (Ahrens 15.1.2015).
Johannes Aumüller schrieb in der SZ: „Kritiker monieren, dass sich der Sport so seine eigene Gerichtsbarkeit zusammengezimmert habe – jenseits der nationalen zivilen Gerichte. Umstritten ist etwa die sogenannte geschlossene Richterliste. Das heißt, beide Prozessseiten müssen sich unter 300 ausgesuchten Richtern ihre Vertreter wählen“ (Aumüller 16.1.2015b).

Nachtrag 2: Neues deutsches Anti-Dopinggesetz
Auch für das Bundesinnenministerium (BMI) hat das Pechstein-Urteil Konsequenzen, sollte doch im neuen Anti-Doping-Gesetz die Rolle der Sportgerichtsbarkeit noch gestärkt werden. „Die Sportgerichtsbarkeit und die Schiedsvereinbarungen spielen dort eine wichtige Rolle. Zum einen werden sie explizit im geplanten Anti-Doping-Gesetz gestärkt. In der Erläuterung zum Gesetz heißt es, die Vereinbarungen seien ‚äußerst sachgerecht‘. Schon aber fordern Sportrechtler, diesen Passus im Lichte des Münchner Urteils zu streichen. Zum anderen geht es ums Geld. Die Schiedsvereinbarungen sind Teil der Prüfung, wie viele Fördermittel ein Fachverband pro Jahr erhält. Das BMI verlangt, dass alle Athleten, die durch Bundesmittel gefördert werden, eine solche Vereinbarung unterzeichnen“ (Aumüller 16.1.2015a).
Es gab schon vor der Vorstellung des neuen deutschen Anti-Doping-Gesetzes Gerüchte über einen Kuhhandel zwischen Ministerien und DOSB: dass der Besitz von Dopingmitteln geahndet werden kann, wenn die Autonomie der Sportgerichtsbarkeit bestehen bleibt…
„Der Entwurf des neuen Anti-Doping-Gesetzes enthält einen Passus, der die Schiedsgerichtsbarkeit ausdrücklich stärkt. Pechstein hält das neue Gesetz deshalb ‚in seiner jetzigen Form‘ nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Paragraf 11 der Gesetzesvorlage besagt, dass Verbände und Sportler weiter Schiedsvereinbarungen treffen können und damit die Sportgerichtsbarkeit bestehen bleibt“ (SID 5.1.2015). Dadurch entstehe eine „Schlechterstellung“ gegenüber jedem anderen Bürger, die „inakzeptabel“ sei. Pechstein kündigte an, das Bundesverfassungsgericht anzurufen, wenn dieser Passus nicht geändert werde (Ebenda).

Nachtrag 3: Fußballverein gegen Fifa
Der SV Wilhelmshafen ist ebenfalls bis vor den Bundesgerichtshof gezogen. Begonnen hatte es 2007, als der SV Wilhelmshafen den argentinischen Fußballspieler Sergio Sagarazu verpflichtete. In der Saison 2007/2008 meldeten sich zwei argentinische Vereine, für die Sagarazu als Jugendlicher gespielt hatte: Atlético River Plate und Atlético Excursionistas verlangten 160.000 Euro Ausbildungsentschädigung. Harald Naraschewski, Rechtsanwalt und Aufsichtsratschef vom SV Wilhelmshafen, der den Fall bis heute vor Gericht gegen den DFB und die Fifa bearbeitet, äußerte: „Das war ein Vielfaches dessen, was der Spieler bei uns verdient hat“ (Teevs 23.1.2015).
„Die argentinischen Klubs haben die Summe aus den pauschalen Angaben der Fifa errechnet. Als Regionalligist soll der SVW demnach 30.000 Euro pro Ausbildungsjahr zahlen. Das hält Naraschewski für völlig unverhältnismäßig, der juristische Marathon beginnt: Wilhelmshaven zieht nacheinander vor das Sportgericht des Norddeutschen Fußballverbands, das DFB-Bundesgericht und den Internationalen Sportgerichtshof Cas. Ohne Erfolg, alle Sportgerichte entscheiden im Sinne der Verbände“ (Ebenda). Die Fußballherren bestraften den Verein mit Geldstrafen, Punktabzug und Zwangsabstieg. „Bis 2014 noch Regionalligist, spielt der SVW nun nur noch in der Landesliga. Der Klub schien am Ende“ (Ebenda). Die Verfahrenskosten lagen bei über 100.000 Euro. Naraschewski: „Die haben geglaubt, wir halten das nicht durch“ (Ebenda).
Aber dann erklärte das Oberlandesgericht (OLG) Bremen im Dezember 2014 den Zwangsabstieg für unwirksam und dehn Weg vor ein ordentliches Gericht als zulässig. Auch das OLG Bremen stellte fest, dass die Sport-Verbandsgerichte und der Cas keine unabhängigen Gerichte sind, weil die Sportverbände zu viel Einfluss haben. Dazu verstoße die Ausbildungsentschädigung der Fifa gegen Europarecht bzw. gegen die Berufsfreiheit. Außerdem hätte der DFB hätte die Fifa-Strafen prüfen müssen und nicht einfach weiterreichen dürfen (Ebenda). Naraschewski: „Die Fifa kann doch nicht nur deshalb Recht bekommen, weil sie die Fifa ist. Wir leben in Deutschland glücklicherweise auf der Basis des Grundgesetzes und nicht nach Fifa-Recht“ (Ebenda).
Nun will auch der DFB will vor den Bundesgerichtshof ziehen, aber wenn der BGH das Bremer Urteil bestätigt, wäre die Sportgerichtsbarkeit auch hier ausgehebelt. „Zusammen mit dem ähnlich gelagerten Fall von Claudia Pechstein würde dies die Sportgerichtsbarkeit revolutionieren“ (Ebenda).
Das Urteil des BGH wurde am 20.9.2016 verkündet: „Der SV Wilhelmshaven geht aus dem jahrelangen Rechtsstreit mit den großen Fußball-Verbänden als Sieger hervor. Der Bundesgerichtshof (BGH) erklärte am Dienstag den 2012 von der Fifa verhängten Zwangsabstieg des Ex-Regionalligavereins für unwirksam. (…) Wilhelmshaven ging den Weg durch die Instanzen, um das Urteil anzufechten. Vor dem Internationalen Sportgerichtshof Cas sowie vor den Verbandsgerichten hatte sich der Klub zunächst vergeblich gewehrt. Auch vor dem Landgericht Bremen scheiterte der Verein. Erst das Oberlandesgericht erklärte den Zwangsabstieg für unwirksam. Dieser Einschätzung folgte nun auch der Bundesgerichtshof“ (SV Wilhelmshaven gewinnt vor dem BGH, in spiegelonline 20.9.2016). – „Der Bundesgerichtshof hat mit seinem Urteil nicht die gesamte Rechtsprechung der Fußballverbände infrage gestellt. Fifa und DFB werden auch weiterhin die Hoheit über eine eigene Sportgerichtsbarkeit behalten. Allerdings werden einige Verbände wohl ihre Satzungen deutlich überarbeiten müssen – mit künftig klaren Regeln, welche Bestimmungen der Fifa für die Vereine exakt bindend sind. Zudem dürfte das System der Ausbildungsentschädigung für Spieler noch einmal auf den Prüfstand kommen. Der Bundesgerichtshof äußert sich in dieser Frage nicht eindeutig. Das Oberlandesgericht Bremen hatte zuvor jedoch massive Zweifel geäußert, ob solche Zahlungen mit der Freizügigkeit innerhalb der EU vereinbar seien“ (Ahrens, Peter, Das bedeutet der Gerichtserfolg des SV Wilhelmshaven, in spiegelonline 20.9.2016). – „Der BGH hat nun entschieden: Der Zwangsabstieg ist rechtlich unwirksam. Und zwar deshalb, weil das Fifa-Reglement gar nicht bis Wilhelmshaven reicht – jedenfalls, was die dort festgeschriebenen Instrumente zur Disziplinierung von Vereinen angeht. Denn der SVW ist nicht Mitglied der Fifa, sondern des Norddeutschen Fußballverbandes, der die Sanktionen umsetzte und deshalb in Karlsruhe der Prozessgegner des Vereins war. (…) Der DFB kündigte eine sorgfältige Analyse des BGH-Urteils an. Sind die Regeln repariert, dann reicht die Macht der Fifa wieder bis in die entlegenen Winkel der Republik“ (Janisch, Wolfgang, David besiegt Weltverband, in SZ 21.9.2016).

Nachtrag 4: Der Fifa-Kunstrasen
Mehr als 60 Fußballerinnen protestierten gegen den von der Fifa geplanten Kunstrasen bei der Frauen-Fußball-WM 2015, u. a. auch die Amerikanerin Abby Wambach. „Mit einer zwischenzeitlich auf 61 Fußballerinnen angewachsenen internationalen Gruppe hatte sie bei einem kanadischen Gericht Klage eingereicht. Doch die Fifa lehnte ab, sich der Rechtsprechung dieses Gerichts überhaupt zu unterwerfen und überließ die Auseinandersetzung dem kanadischen Verband CSA“ (Steinbichler, Kathrin, Frauen unter Druck, in SZ 23.1.2015). Näheres: Der Fifa-Geld-Kunstrasen
So praktisch ist das mit dem separaten Sportgericht Cas.

Nachtrag 5: Pechstein schreibt juristische Sportgeschichte (siehe auch unter Nachtrag 1)
„Der Fall Pechstein ist längst größer als all ihre sportlichen Erfolge. Denn er stellt die internationale Sportgerichtsbarkeit infrage. Die Dopingsperren, die Strafgelder, die Schiedsgerichte, auch der Fußball-Weltverband Fifa ist betroffen. (…) Pechstein stritt von Beginn an alles ab. Vehement wehrte sie sich gegen den Vorwurf, betrogen zu haben. Ein medizinisches Gutachten ergab, dass die erhöhten Blutwerte erblich bedingt sind. Pechstein ging gegen die Sperre vor, erst vor dem Internationalen Sportgerichtshof, ohne Erfolg. Danach zog sie vor das Landgericht München und forderte Schadensersatz. Im Januar gab ihr das Oberlandesgericht München in entscheidenden Punkten recht. Demnach ist der Internationale Sportgerichtshof Cas kein faires Schiedsgericht, die Athleten haben kaum Mitbestimmungsrechte, zum Beispiel bei der Auswahl der Richter. Und: Den Athleten muss der Weg zu normalen Gerichten offenstehen. Wenn dieses Urteil vom BGH bestätigt wird, revolutioniert der Fall Pechstein die Sportwelt“ (Teevs, Christian, Jetzt kämpft sie im Hörsaal, in spiegelonline 17.12.2015). – „Am 8. März kommt es vor dem Bundesgerichtshof (BGH) zur Anhörung. Dabei geht es allerdings noch nicht darum, den Fall der fünfmaligen Eisschnelllauf-Olympiasiegerin, die von der ISU wegen einer aus ihrer Sicht zu Unrecht verhängten Zwei-Jahres-Sperre (2009 bis 2011) Schadenersatz von mehr als vier Millionen Euro fordert, inhaltlich aufzuarbeiten. Das oberste deutsche Zivilgericht in Karlsruhe entscheidet vielmehr, ob Pechsteins Klage zulässig ist – und ob sich Athleten in Streitfragen mit Verbänden überhaupt an zivile Gerichte wenden dürfen. Dieses Grundsatzurteil dürfte gravierende Folgen für die komplette Sportwelt haben“ (Aumüller, Johannes, Termin beim BGH, in SZ 15.1.2016).

Nachtrag 6: Pechstein vor dem Bundesgerichtshof
Am 8.3.2016 entscheidet der BGH über die Causa Pechstein: Claudia Pechstein will fünf Millionen Euro Schadensersatz für ihre Dopingsperre ohne positiven Befund, will aber auch gegen die vom IOC selbstgestrickte internationale Sportgerichtsbarkeit Cas vorgehen. Die Internationale Eislaufunion ISU hatte im Januar 2015 vor dem Oberlandesgericht München verloren und Revision beim BGH eingelegt. „Rückenwind erhält sie durch Sportrechtler. ‚Das OLG-Urteil halte ich für richtig. Und richtige Urteile sollten auch vor dem BGH halten‘, sagte Michael Lehner. ‚Sportgerichte bleiben unersetzbar, aber sie müssen ausgewogener entscheiden‘, forderte der Heidelberger Sportjurist Reformen im internationalen Sportgerichtshof. Es könne nicht sein, dass der Vorsitzende Richter vom Cas selbst bestimmt wird und Urteile der Zustimmung des Cas-Generalsekretärs obliegen. Seit 2009 war Pechstein vor Sportgerichten und dem Schweizer Bundesgericht unterlegen, nun geht es vor der höchsten Zivilgerichtsinstanz Deutschlands um die Neuaufnahme des Falles vor dem OLG München. ‚Uns geht es darum zu zeigen, dass Sportler nicht Menschen zweiter Klasse sind‘, bekräftigte Rechtsbeistand Thomas Summerer, der gemeinsam mit BGH-Anwalt Gottfried Hammer die 40 Seiten umfassende Revisions-Erwiderung aufsetzte“ (Pechstein will Sportgeschichte schreiben, in spiegelonline 7.3.2016).
Am 8.3.2016 verkündete der BGH eine Verschiebung des Urteils: „Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe wird erst am 7. Juni ein Urteil im Pechstein-Prozess verkünden. Das teilte Richterin und BGH-Präsidentin Bettina Limperg heute in der Verhandlung vor dem Kartellsenat mit. (…) Pechsteins Anwalt Gottfried Hammer verdeutlichte in der mehr als zweistündigen Verhandlung, dass sich seine Mandantin nicht generell gegen die Idee internationaler Schiedsgerichte wende. Aber ein Schiedsgericht müsse ’sich an den Maßstäben aller Rechtsordnungen messen lassen, von denen es anerkannt werden will‘. Entscheidend sei, ob die Klägerin freiwillig gehandelt habe, als sie sich dem CAS unterworfen habe. ISU-Anwalt Reiner Hall argumentierte hingegen: ‚Die Klägerin hat sich sehenden Auges auf die Athletenvereinbarung eingelassen'“ (Entscheidung im Pechstein-Prozess erst im Juni, in spiegelonline 8.3.2016).
Da macht es sich Rechtsanwalt Hall bewusst sehr einfach: Wenn sich ein Athlet nicht auf die vom damaligen IOC-Präsidenten Juan Antonio Samaranch (der sich selbst als Faschisten bezeichnete) und vom jetzigen IOC-Präsident Thomas Bach tatkräftig durchgedrückte selbstgestrickte „Sportgerichtsbarkeit“ einlässt und die (auch vom DOSB energisch geforderte) Athletenvereinbarung nicht unterzeichnet: Dann wird der Athlet nicht mehr aufgestellt, darf nicht mehr starten, verliert seine Sponsoren, ist sportlich mausetot. Denn die Athletenvereinbarung ist eine reine Disziplinierungsmaßnahme.

Nachtrag 7: Johannes Aumüller zur BGH-Vertagung in der SZ
„Pechstein moniert insbesondere die fehlende Neutralität des Cas, und ein maßgebliches Moment dürfte nun ein Gremium sein, das bisher in der Sportwelt in etwa so bekannt war wie das Wort Retikulozyten: ein Gremium namens Icas. Dieser Icas ist dafür zuständig, die derzeit 150 Namen umfassende Richterliste zusammenzustellen, aus der sich bei Verfahren vor dem Cas die Parteien je einen Vertreter aussuchen können. Der Icas selbst wiederum besteht aus 20 Personen – und an der Art und Weise, wie es zu deren Bestellung kommt, entzündet sich die Argumentation. Denn das Gros dieser 20 Funktionäre benennen internationale Sportverbände. Daraus, so folgert das Pechstein-Lager, ergibt sich ein strukturelles Ungleichgewicht zu Lasten der Athleten. (…) Der Sachverständige des Bundeskartellamtes, Jörg Nothdurft, wiederum positionierte sich während der Verhandlung klar pro Pechstein: ‚Weder die Schiedsklausel noch der Cas als solcher sind ein Missbrauch, aber die Statuten des Cas und des Icas, die nicht die Neutralität sichern.‘ Verbände müssten alles unternehmen, um Neutralität zu wahren, und das geschehe nicht. (…) Nun klärt sich erst in drei Monaten, wie der BGH-Senat zum Cas und dessen Neutralität steht. Doch selbst wenn die Richter die Kritik an der Institution teilen, heißt das noch nicht zwangsläufig, dass Pechstein Recht bekommt. Neben allen anderen Auseinandersetzungen steht noch immer das Argument der ISU im Raum, dass sich Pechstein 2009 nicht direkt an die nationalen Gerichte, sondern selbst zunächst an den Cas gewandt hatte. Die Einwände gegen dessen mangelnde Rechtsstaatlichkeit kamen ihr erst, als sie vor dem Cas verloren hatte“ (Aumüller, Johannes, Ungeklärte Neutralität, in SZ 9.3.2016).
Verdrehte Argumentation – wie die Argumentation oben von ISU-Rechtsanwalt Rainer Hall. Qua IOC-Rechtssprechung muss sich der Athlet/die Athletin an den Cas wenden. Tut er dies, so hätte er damit die IOS-Sportgerichtsbarkeit anerkannt.

Nachtrag 8: Michel Platini vor dem Cas
Der bis dato amtierende UefaPräsident Michel Platini wurde am 9.5.2016 vom Cas zu einer reduzierten Sperre von vier Jahren verurteilt. „Ursprünglich musste er eine lebenslange Sperre befürchten. Dann entschieden die Ethiker des Fußball-Weltverbandes auf acht Jahre, die Berufungskommission kam auf sechs – und der Internationale Sportgerichtshof (Cas) nun noch auf vier. Und das irritiert durchaus. (…) Zugleich befremdet das Cas-Verdikt. Der Vorgang, auf dem die Sperre fußt, ist gravierend. Mitten im heißen Präsidentschaftswahlkampf 2011 erhielt Platini auf Veranlassung von Fifa-Patron Sepp Blatter zwei Millionen Franken – nicht nur für die ermittelnden Ethiker sah das verdächtig nach Korruption aus. Das Duo präsentierte nie eine sinnvolle Erklärung, die Bundesanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts auf ungetreue Geschäftsbesorgung. Der Cas selbst kann keine rechtmäßige Grundlage für die Zahlung erkennen und verweist auf die zeitliche Nähe zum Wahltag. Zudem war Platinis Verhalten beim Gang durch die Instanzen nicht gerade von Kooperation geprägt. Und trotzdem erfolgt eine Reduzierung der Strafe. (…) Nicht zum ersten Mal irritiert der Cas mit einem Urteil. Und so drängt sich mal wieder der Gedanke auf, wie gut es ist, dass im Fall der Eisschnellläuferin Claudia Pechstein gerade der Bundesgerichtshof Aufbau und Wirken des Sportrechtssystems und des Cas genau anschaut“ (Aumüller, Johannes, Aus  dem Spiel, in SZ 10.5.2016).

Nachtrag 9: Bundesgerichtshof für Cas, gegen Pechstein
Der BGH urteilte am 7.6.2016 über die Causa Pechstein. ‚Der Bundesgerichtshof hat die Schadensersatzklage von Claudia Pechstein für unzulässig erklärt. Die Eisschnellläuferin hatte die Internationale Eislauf-Union (ISU) auf Zahlung von rund fünf Millionen Euro verklagt, weil der Weltverband ihr 2009 wegen zu hoher Blutwerte eine Sperre von zwei Jahren auferlegt hatte. Pechstein führte die Blutwerte auf eine von ihrem Vater vererbte Anomalie zurück und bestreitet Dopingvergehen. In der Verhandlung vor dem BGH ging es allerdings nicht um die Berechtigung der Sperre an sich, sondern um die Frage, ob Pechstein Entscheidungen von Sportschiedsgerichten vor einem Zivilgericht anfechten kann. Ein möglicher positiver Bescheid des Gerichts war im Vorfeld von Beobachtern als Epochenbruch gewertet worden, weil Sportler künftig nicht mehr an die Urteile von Sportgerichten wie dem internationalen Sportgerichtshof Cas gebunden gewesen wären“ (Claudia Pechstein scheitert am BGH, in spiegelonline 7.6.2016).
Dazu Johannes  Aumüller in der SZ: „Dieses Urteil hat eine konkrete und eine allgemeine Folge. Die konkrete betrifft Pechstein persönlich, weil es nun keine neue Aufarbeitung der Dopingvorwürfe und der Sperre vor einem deutschen Zivilgericht gibt. Sie zeigte sich entsprechend empört. ‚Wir Sportler sind scheinbar Menschen zweiter Klasse‘, sagte sie. Jeder Flüchtling genösse Rechtsschutz, Sportler nicht, so lautete ihr Vorwurf. Allgemein wiederum bedeutet der Karlsruher Spruch eine Stärkung des schon seit Jahren schwer kritisierten Sportrechtssystems mit dem Internationalen Sportgerichtshof (Cas) an der Spitze: Deutsche Athleten müssen in Streitfragen mit Verbänden in der Regel weiter vors Sportgericht – und dürfen sich nicht an zivile Gerichte wenden. (…) Die Struktur und die Regularien des Cas – das war der Kern in Pechsteins Argumentation in den verschiedenen Instanzen bis zum BGH. Pechstein prangerte an, dass der Cas nicht nach rechtsstaatlichen Kriterien funktioniere und nicht neutral sei, sondern Verbände bevorzuge. Das liegt vor allem an einem Gremium mit dem Namen Icas. Dieses stellt die Richterliste zusammen, aus der sich bei Verfahren vor dem Cas die Parteien je einen Vertreter aussuchen können. Das Icas selbst wiederum besteht aus 20 Personen – und das Gros davon benennen internationale Sportverbände. Diesem System, so Pechsteins Argumentation, habe sie sich unterwerfen müssen, indem sie eine Schiedsvereinbarung unterschreiben musste, nach der für sie der Gang vor ein ordentliches Gericht ausgeschlossen war und sie sich dem Urteil des Cas final zu beugen hatte. Ohne Unterschrift kein WM-Start, das sei ein Zwang gewesen. Und wegen all dieser Defizite des Sportrechts wollte sie vor ein Zivilgericht. (…) Der BGH sah es nun völlig anders als die Vorinstanzen. Erstens sei das Cas ein echtes und hinreichend neutrales Schiedsgericht: Die verbandsdominierte Auswahl der Richter führe nicht zu einem strukturellen Ungleichgewicht bei der Besetzung eines konkreten Schiedsgerichtes. Athleten und Verbände hätten in der Dopingbekämpfung keine grundsätzlich gegensätzlichen Interessen. Und zweitens sei Pechsteins Unterschrift freiwillig erfolgt. ‚Ich habe mich heute gefühlt wie vor dem Cas‘, sagte Pechstein, die in den vergangenen Monaten stets die deutsche Justiz gepriesen hatte. Jetzt sagte sie: ‚Mein Vertrauen hat einen Dämpfer erhalten’“ (…) Den organisierten Sport freut dieses Urteil. Es gehört ja zu seinen großen Zielen, die Sportgerichtsbarkeit aufrechtzuerhalten und den Einfluss staatlicher Instanzen zu minimieren. Auch dank seiner Lobbyarbeit ist die Schiedsgerichtsbarkeit im seit Jahresbeginn gültigen Anti-Doping-Gesetz verankert worden – wobei sich viele Experten fragen, was sie rechtssystematisch dort verloren hat. Für viele wirkte es so, als sei dies das Zugeständnis der Politik gewesen, damit der Sport seine Agitationen gegen das Anti-Doping-Gesetz als Ganzes unterlässt. Umso bemerkenswerter war, dass der BGH in seiner Begründung darauf hinwies, der Gesetzgeber habe mit dem Anti-Doping-Gesetz den Cas als fähiges Schiedsgericht anerkannt“ (Aumüller, Johannes, Niederlage für Pechstein, in SZ 8.6.2016).
Aus einem Kommentar von Wolfgang Janisch in der SZ: „Bitter ist das harsche Nein des BGH-Kartellsenats aber nicht nur für die Klägerin. Die Causa Pechstein hatte dem Gericht die womöglich einmalige Möglichkeit eröffnet, einen entscheidenden Reformanstoß für die internationale Sportgerichtsbarkeit zu geben, hin zu fairen Verfahren mit unparteiischen Schiedsgerichten. Es war eine große Chance, eine hundertprozentige, würden die Fußballer sagen. Der BGH hat sie ausgelassen. (…) Umso wichtiger wäre es gewesen, hätte der BGH den Pechstein-Fall nun genutzt, um die Sportgerichtsbarkeit auf ein Minimum an rechtsstaatlichen Garantien zu verpflichten. Anlass dazu hätte es gegeben, denn der Cas ist weit davon entfernt, eine ausgewogene Zusammensetzung seiner Schiedsgerichte zu gewährleisten. Denn die Schiedsrichter werden aus einer geschlossenen Liste ausgewählt – zusammengestellt von einem Gremium, in dem die Sportverbände das Sagen haben: Wer als Schiedsrichter für Streitigkeiten zwischen Verbänden und Sportlern zur Verfügung steht, bestimmen also die Verbände“ (Janisch, Wolfgang, Vergebene Chance, in SZ 8.6.2016).

Nachtrag 10: Praktisch – Russen im Cas-Icas
„Russlands kollektiv gesperrte Leichtathleten suchen einen Umweg zu den Olympischen Spielen – und wollen ihn am Internationalen Sportgerichtshof (Cas) finden. Und wer die aktuellen Winkelzüge der Sportpolitik beobachtet, kann zum Schluss kommen, dass die Chancen ordentlich stehen. Es darf nicht überraschen, dass Russlands Verantwortliche offenbar schon die passende Strategie haben, wie sie ihre Leute noch nach Rio lotsen können“ (Aumüller, Johannes, Moskauer  Strategien, in SZ 28.6.2016). Nach der IAAF-Definition der „ausreichenden Zeit“ außerhalb des russischen Staats-Dopingsystems blieben wohl nur Weitspringerin Darja Klischina und Kronzeugin Julia Stepanowa übrig. „Die Russen wiederum konnten zuletzt das Gefühl gewinnen, dass sie in ihrem Kampf wichtige Mitstreiter haben, vorneweg die Spitze des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) um Thomas Bach“ (Ebenda). Im Fall des Weltverbandes der Gewichtheber hat der Cas die Athleten Bulgariens kollektiv sanktioniert. „Der Cas, der ohnehin mit dem Ruch der sportpolitischen Abhängigkeit ringt, könnte da kaum eine andere Entscheidung treffen als zu Jahresbeginn. Es empfiehlt sich eine andere Prozess-Strategie. Und so wenden sich die Russen nicht gegen den Kollektiv-Bann, wie Alexandra Brilliantowa, Leiterin der juristischen Abteilung des Russischen Olympischen Komitees (ROK), dem Sport-Express mitteilte. Vielmehr wollen sie die Kriterien der IAAF für die individuelle Prüfung angreifen, die nun gleich 67 russische Athleten beantragen möchten. ‚In ihrer jetzigen Form fordern sie von unseren Athleten faktisch, das Land zu verlassen. Das verstößt gegen alle juristischen Prinzipien und Menschenrechte‘, sagt Brilliantowa. (…) Die Stichhaltigkeit von Brilliantowas Argumentation sei dahingestellt. Den Russen gelingt es damit jedenfalls, die Parallele zum bulgarischen Fall zu vermeiden. Das ist das Entscheidende: Der Zugang ist ein anderer und der Cas freier in der Urteilsfindung. Wie objektiv der oberste Sportgerichtshof urteilt, ist ohnehin eine viel diskutierte Frage. Zwei deutsche Gerichte – das Münchner Land- und Oberlandesgericht – erklärten in der Doping-Causa Claudia Pechstein, dass dies nicht der Fall sei, bevor der Bundesgerichtshof den Cas mit teils erstaunlichen Argumenten für hinreichend neutral und unabhängig erklärte. Der konkrete Fall könnte ein Härtetest für diese Auffassung werden. Hier offenbaren sich die Schwachstellen besonders. Brilliantowa hat nämlich in der olympischen Welt einen schönen Nebenjob: Die ROK-Juristin gehört selbst dem Icas an, dem wichtigsten Gremium der globalen Sportjustiz. In diese 20er-Runde entsenden vor allem das IOC und die Verbände Vertreter. Der Icas wählt den Cas-Präsidenten und die Kammer-Vorsitzenden (Ordinary und Appeal). …) Russlands Strategen haben noch ein zweites Eisen im Feuer. Falls das Lausanner Sportgericht die allgemeine Klage des ROK gegen die IAAF-Kriterien ablehnt, bleibt den Athleten immer noch der individuelle Zugang zum Sportrecht. Und zehn Tage vor Rio öffnen die sogenannte Ad-hoc-Schiedsgerichte. Da werden Urteile gern auch über Nacht gefällt – die meisten Athleten haben ja nur einmal im Leben die Chance, an den Spielen teilzunehmen“ (Ebenda; siehe Nachtrag 11).

Nachtrag 11: Causa Pechstein – Falsche Wiedergabe der Cas-Regeln
„Am Ende jubilierte der organisierte Sport. Der BGH wies Pechsteins Klage ab und stufte den Cas als echtes und hinreichend neutrales Schiedsgericht ein. Aber wer das Urteil (AZ: KZR 6/15) liest, kann Erstaunliches feststellen: Ein wichtiger Aspekt der Begründung beruht auf einer falschen Wiedergabe und Darstellung des Cas-Regelwerkes. Die Sportjustiz ist kompliziert. Ein Athlet muss sich ihr unterwerfen und auf den Gang vor Zivilgerichte verzichten, will er bei einem großen Wettkampf starten. Wird er wegen Dopings gesperrt, ist die höchste Instanz, an die er sich wenden kann, der Cas. In der Regel behandelt die Berufung dort ein Gremium aus drei Juristen. Aus einer geschlossenen Liste mit zirka 350 Juristen dürfen sich beide Parteien je einen aussuchen, dazu kommt ein Vorsitzender. Laut BGH-Spruch funktioniert das so: ‚Bei Berufungsverfahren vor dem Cas kann der Präsident der Berufungsabteilung (. . .) den Vorsitzenden des für die konkrete Streitigkeit zuständigen Spruchkörpers bestimmen, wenn sich die Streitparteien insoweit nicht einigen.‘ Doch das ist nicht korrekt. Gemäß Regel 54 bestimmt der Chef der Berufungsabteilung immer den Vorsitzenden des Dreier-Panels. (…) Der Unterschied zwischen Urteilsspruch und tatsächlichem Regelwerk ist unter anderem deshalb so gravierend, weil der Chef der Berufungsabteilung in eine heikle Konstruktion eingebunden ist. Ihn wählt der Icas, und dieses 20-köpfige Gremium bestücken vor allem das Internationale Olympische Komitee und andere Fachverbände. Das führt nach Ansicht von Kritikern zu einem mittelbaren Einfluss der Verbände auf die Besetzung eines konkreten Spruchkörpers. (…) Dies ist nicht der einzige Aspekt, weswegen Kritiker dem Cas Verbandslastigkeit und mangelnde Neutralität attestieren. Auch die im Pechstein-Prozess vorangegangenen Instanzen, Land- und Oberlandesgericht München, äußerten Kritik. Der BGH aber empfindet den Cas als neutral; er hält den Einfluss der Parteien auf die Besetzung der Spruchkörper für ‚paritätisch‘. (…) Tatsächlich ist dem OLG – und damit dem Gericht, das den Cas scharf angriff – offenbar ein Fehler unterlaufen. Es zitiert in seinem Urteil (U 1110/14 Kart) unter Verweis auf Regel 50 den Satz, nach dem der Chef der Berufungskammer den Vorsitzenden ernennen könne, ‚wenn sich die Streitparteien insoweit nicht einigen‘. Nur: In Regel 50 geht es gar nicht um den Vorsitzenden, sondern um die Zahl der Schiedsrichter. Um den Vorsitz geht es in Regel 54, der Nebensatz ‚wenn sich die Streitparteien insoweit nicht einigen‘ ist dort nicht zu finden. Eine OLG-Sprecherin will den Sachverhalt nicht kommentieren. (…) Die juristische Causa Pechstein ist in jedem Fall noch nicht vorbei. Ihr Anwalt Summerer bekräftigte noch einmal, Verfassungsbeschwerde einlegen zu wollen; die Frist dazu endet am 7. Juli. Die Hürden sind hoch. Aber vielleicht schaut der organisierte Sport bald noch mal aufgeregt nach Karlsruhe“ (Aumüller, Johannes, Ein falscher Satz in einem wichtigen Urteil, in SZ 29.6.2016).
Dazu Thomas Kistner in einem SZ-Kommentar: „Das vorläufige Ende der Causa Claudia Pechstein ist unbefriedigend; in jeder Hinsicht. Dabei hatte es so vielversprechend angefangen. Die Eisschnellläuferin zog vor Gericht, um ihre Dopingsperre aufzurollen, sie sagte, sie sei unschuldig und erklärte ihre unregelmäßigen Blutwerte mit einer seltenen Anomalie. Dafür aber musste sie das System der internationalen Sportgerichtsbarkeit aushebeln. Der Eislauf-Weltverband ISU pochte darauf, der Fall sei ausverhandelt, und nur das Urteil der Sportinstanz zähle. Für Publikum und sauberen Sport erschien das wie eine Win-Win-Ausgangsposition. Zum einen stand Klarheit zu erwarten über die Zuständigkeit jener verfilzt wirkenden Sportrechtsprechung, die am Gerichtshof Cas gepflegt wird. Dort ist der Einfluss von Verbänden und Sportfunktionären enorm, das wirft Fragen auf – und tatsächlich: Die zwei ersten Münchner Instanzen, Landgericht und OLG, artikulierten klar ihr Unbehagen über diese merkwürdige Standesgerichtsbarkeit. (…)  Im Urteil des Bundesgerichtshofs, das den Cas anders als die Vorinstanzen als echtes Sportgericht salviert hat, findet sich eine falsche Darlegung, die von Bedeutung für die Bewertung der Unabhängigkeit des Cas ist“ (Kistner, Thomas, Offene Fragen, in SZ 29.6.2016).

Nachtrag 12: Woher hatte der spanische Faschist und IOC-Präsident Samaranch die Idee mit dem CAS?
Eine eigene Gerichtsbarkeit führte der Leiter der SS, Heinrich Himmler, bereits ein: „1939 ließ Himmler eine eigene Gerichtsbarkeit für seine Truppe einrichten, um sie vor dem Zugriff der Wehrmachtsjustiz, etwa im Falle von Kriegsverbrechen, zu schützen. Die SS-Richter sollten zwar nach dem geltenden Militärstrafrecht urteilen, aber das besondere Wertesystem der Organisation (‚Treue, Anständigkeit, Ehrlichkeit‘) im Blick behalten“ (Doerry, Martin, Schockierende Härte, in Der Spiegel 16/15.4.2017).

Quellen:
Ahrens, Peter, Raus aus der Unmündigkeit, in spiegelonline 15.1.2015
Allgemeine Kostenexplosion auch beim Sportgerichtshof CAS, in sueddeutsche.de 24.9.2013
Aumüller, Johannes
– „Mehr wert als alle Medaillen“, in SZ 16.1.2015a
– Die Entscheider aus Lausanne, in SZ 16.1.2015b
Aumüller, Johannes, Kistner, Thomas, Eine Welt mit eigenen Regeln, in SZ 14.1.2015
Breuer, Christian, Nagel, Sven, Athleten- und Schiedsvereinbarungen, DOSB, Frankfurt 2014
Coates neuer Cas-Chef, in SZ 17.11.2010
Gewerkschaft der Polizei (GdP), Athletenvereinbarung und Schiedsvereinbarungen für Spitzensportler ändern, Rechtebeschneidung beenden! Hilden/Berlin 11.11.2013: hier
Harting unterschreibt schon lange nicht mehr, in spiegelonline 6.11.2013
Hecker, Anno, Reinsch, Michael, Scharfe Kritik am Sportrecht, in faz.net 21.10.2013
Kistner, Thomas
– Das letzte Abendmahl, in SZ 17.11.2010
– Dickschädel aus dem Wallis, in SZ 21.12.2011
Kistner, Thomas/Weinreich, Jens, Der olympische Sumpf, München 2000
Pechstein erringt wichtigen Etappensieg vor Gericht, in spiegelonline 15.1.2015
Pechstein kämpferisch, in SZ 5.1.2015
Reinsch, Michael, Der Preis des Rechtsstaates? in faz.net 16.4.2014
SID, Pechstein kämpferisch, in SZ 5.1.2015
TAS/CAS-Website
Teevs, Christian, SV Wilhelmshaven gegen die Fifa, in spiegelonline 23.1.2015
Verband stellt sich auf Sieg Pechsteins ein, in spiegelonline 14.1.2015
Wikipedia


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