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Graubünden gegen Olympische Winterspiele

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Mrz 262014
 
Zuletzt geändert am 30.12.2017 @ 18:10

Wolfgang Zängl
26.3.2014, aktualisiert 30.12.2017

Gliederung:
Intro
1. Sportverbands-Demokratur *
1.1. Stimmen-Fang * 1.2. Gehorsam im Bach-Vesper-DOSB *1.3. Allein-Herrscher: Rudern im Ruderverband * 1.4. Basketball-Demokratur * 1.5. Ein Land, eine Stimme * 1.6. Bewährte Kräfte steigen auf
2. Wie man Sport-Präsident wird * 2.1. Modell starker Kandidat, viele schwache Gegenkandidaten * 2.2. Wer durchfällt * 2.3. Kein Gegenkandidat * 2.4. Tricks: Die  Wahl des UCI-Präsidenten
3. Horst Dasslers Schüler *
3.1. Juan Antonio Samaranch * 3.2. Der ewige Blatter * 3.3. Thomas Bach
4. Bewerbungen für Olympische Spiele *
4.1 Abstimmung über  München 2018 * 4.2. Oslo 2022 und das Geld * 4.3. München 2022 wird vorbereitet *4.4. Hintertüren
5. Schlechte Verlierer: Stimmen aus dem Sport zur Abwahl von München 2022

6. Der  elitäre Spitzensport * 6.1. Nur Spitzensport zählt * 6.2. Die Geldverteilung * 6.3. Geheime „Zielvereinbarungen“
7. Teure Olympische Party
8. Der Sport ist „unpolitisch“ *
8.1. Bahnsport-WM 2013 in Weißrussland  * 8.2. Eishockey-WM 2014 in Weißrussland * 8.3. Totalitärer Sport-Terminkalender * 8.4. Diktaturen grundsätzlich kein Problem
9. Sport-Pressearbeit * 9.1. Pressearbeit beim DOSB * 9.2. Pressearbeit beim IOC
10. Demokratur im Sportausschuss * 10.1. Sportausschuss 2009 – 2013: Kritik unerwünscht * 10.2. Der Sportausschuss: auch 2013 bis 2017 ein DOSB-Ausschuss * 10.3. Sportfunktionäre teilen Steuermillionen auf
11. Sport-Demokratur Fifa * 11.1. Confed-Cup 2013 * 11.2. Fußball-WM 2014 in Brasilien * 11.3. Fußball-WM 2018/2022
12. Sport-Demokratur IOC: Sotschi 2014 * 12.1. Aufrüstung * 12.2. Trauerverbot * 12.3. Unterdrückung 12.4. Deutsche  Sportvertreter zufrieden * 12.5. Schiebungen * 12.6. Scheineiligkeiten * 12.7. Öffentliche Meinung: uninteressant * 12.8. Fazit Sotschi 2014
13. Die Sport-Demokratur: Ein Fazit
Nachträge
Quellen

Intro
1) IOC, Fifa, Uefa und die Internationalen Sportverbände inszenieren seit geraumer Zeit eine Parallel-Welt: mit eigenen Regeln, Gesetzgebung, Pressionen. 2) Sie setzen ihre rigiden finanziellen und organisatorischen Ziele über den politischen Einfluss, die Medien und steigende Mitgliederzahlen in demokratischen Gesellschaften durch. 3) In totalitären Staaten und Diktaturen werden sie hofiert: finanzielle und propagandistische Mittel stehen ihnen unbegrenzt zur Verfügung. 4) Der Effekt „Brot-und-Spiele“ trägt dazu bei, die global existierenden Probleme zu vertuschen und zu verdrängen. Damit werden ernsthafte Problemlösungen verhindert und unterminiert.
Je offensichtlicher die ökologische, ökonomischen und sozialen Probleme werden, umso stärker wird die Weltherrschaft des Sports: dazu gehören die Olympischen Spiele und die Dominanz der großen nationalen und internationalen Sportverbände. Brot und Spiele eben. Weltweit. Über Printmedien, Fernsehen und Internet. Der irrwitzige offizielle Ablenkungsapparat ist gewaltig. Die deutschen öffentlich-rechtlichen Sportsender ARD und ZDF zahlen jährlich Hunderte Millionen Euro an den Sport aus dem Zwangsmitgliedsbeitrag. Und warum? Damit die Bevölkerung den Matadoren zuschaut: Nicht ohne Hintergrund hatte der Londoner Bürgermeister Boris Johnson den Zeitraum der Spiele vom 25. Juli bis 12. August 2010 zum “Spaß-Epizentrum des Universums” erklärt. Die 19 olympischen Tage wurden allerdings die teuerste Party der Welt – bis Sotschi 2014 kam. 2014 bei den Putin-Spielen, bei Skifahren und Bobfahren, bei Biathlon und Skispringen. 240 Stunden übertragen die beiden öffentlich-rechtlichen Sportsender. Und damit die Bürger nicht aufmüpfig werden oder kritisch oder ihre Interessen vertreten: sondern schlicht ruhig gestellt werden. Von Doping, Korruption und Schiebung ist sowieso keine Rede mehr.
Es können hier nur Fragmente der Sport-Demokratur aufgezeigt werden, die in der Realität noch wesentlich umfassender ist.

1 Sportverbands-Demokratur
1.1. Stimmen-Fang
Am 8.12.2012 stimmte die Mitgliederversammlung des DOSB in Berlin über den Antrag des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) ab, das Anti-Doping-Gesetz zu verschärfen: Die DOSB-Spitze um den damaligen DOSB-Präsidenten (und jetzigen IOC-Präsidenten) Thomas Bach und DOSB-Generaldirektor Michael Vesper war strikt dagegen. Zwei Delegierte des Bayerischen Landessportverbandes (BLSV), Karl Rauh (BLSV-Vizepräsident) und Rainer Riedel, wollten dem DLV-Antrag zustimmen. “Bei unserer Rückkehr auf unsere Plätze waren die Kuverts geöffnet, die Stimmkarten nun an Herrn Kern und Herrn Mayr verteilt” (Hahn 6.6.2013). Und die beiden unlegitimierten Neuwähler Kern und Mayer stimmten für den DOSB-Antrag. BLSV-Präsident Günther Lommer, stramm auf der Bach-Vesper-DOSB-Linie, begründete den Stimmkartenklau so: “Ich erwarte von meinem Leuten schon, mich zu unterstützen” (Ebenda).
Rauh, der langjährige Präsident des BLSV, trat daraufhin am 5.6.2013 als BLSV-Vizepräsident zurück: “… der Fall gibt ein Beispiel dafür, wie leichtfertig in der Sportpolitik bisweilen mit demokratischen Grundrechten umgegangen wird” (Ebenda).
Sport-Demokrat Lommer wollte auch tatkräftig mit seinem Apparat BLSV München 2022 unterstützen:, wie er auf dem BLSV-Verbandstag am 7.6.2013 ankündigte “Wir dürfen das Feld nicht wieder jenen überlassen, die Verhinderer sein wollen” (bild.de 7.6.2013).

1.2. Gehorsam im Bach-Vesper-DOSB
Thomas Kistner kommentierte in der SZ den vom damaligen DOSB-Präsidenten Thomas Bach (mit seinem DOSB-Generaldirektor Michael Vesper) stromlinienförmig konzipierten DOSB: “Im Deutschen Olympischen Sportbund, dem er präsidiert, regt sich Unmut über sein auf Kontrolle und Gehorsam gegründetes Regiment. Dass es kein nationales Anti-Doping-Gesetz gibt, fällt ebenso auf Bach zurück wie die Versteckspiele um deutsche Medaillenziele, die erst ein Gerichtsbeschluss zutage förderte” (Kistner 10.5.2013; Hervorhebung WZ; siehe auch 6.3.).

1.3. Allein-Herrscher: Rudern im Ruderverband
Der Präsident des Deutschen Ruderverbandes (DRV), Siegfried Kaidel, verlor in jüngster Zeit zwei Stellvertreter. Karsten Bach war nur sieben Monate im Amt, dann trat er zurück, durfte dazu aber nichts sagen: „Ich habe mich gegenüber dem Verband verpflichtet, keine Interviews und öffentlichen Äußerungen zu diesem Vorgang abzugeben“ (Mölter 6.7.2013).
Der zweite Stellvertreter, Georg Grützner, schrieb dagegen einen Brief an die 80.000 DRV-Mitglieder. “Das Schreiben hat es in sich. Darin nannte Grützner recht unverblümt den Führungsstil von Präsident Kaidel und seinem verbliebenen Stellvertreter Torsten Gorski als Grund für den Rückzug. ‘Letztlich’, sagt Grützner, ‘wollen die beiden alles allein entscheiden.’ In seinem offenen Brief beklagt er fehlendes Vertrauen und fehlende Freiheiten in der Zusammenarbeit und zwar ‘in erschreckend hohem Maße von Anfang an’; er bemängelt, dass er ‘bei wichtigen öffentlichkeitsrelevanten Themen’ wiederholt nicht eingebunden worden und ‘eine stringente Informationspolitik (des Vorstands, Anm. WZ) in Richtung Präsidium nicht zu erkennen’ gewesen sei… Ob im elfköpfigen DRV-Präsidium tatsächlich immer die Mehrheit entscheidet, bleibt dahingestellt” (Ebenda).

1.4. Basketball-Demokratur
Thomas Braumann
ist Präsident der Basketball-Bundesliga (BBL) und Jan Pommer Geschäftsführer der BBL. Braumann stand im März 2014 „massiv in der Kritik. Die Vorwürfe haben es in sich: Alleingänge, Unwahrheiten und Klüngelei bei der soeben kommunizierten vorzeitigen Vertragsverlängerung mit Pommer bis 2018, bei der rechtliche Vorgaben ignoriert worden seien; generell eine Intransparenz des Ligaverbandes gegenüber den Klubs, deren Interessensvertretung die BBL sein müsste“ (Kleffmann 22.3.2014). Der Deutsche Basketball-Bund (DBB), der mit 26 Prozent an der BBL beteiligt ist, wusste nichts von der Vertragsverlängerung mit Pommer bis 2018. Braumann behauptete zunächst, dass das Präsidium und die Gesellschafter eingebunden waren, konnte dies aber nicht belegen. Braumann: „Ich habe mit einem Gesellschaftervertreter des DBB gesprochen, er hat zugestimmt“ (Ebenda). Wer dies war, wollte Braumann nicht sagen. Der Geschäftsführer von Brose Baskets Bamberg, Wolfgang Heyder: „Es passiert zu viel im stillen Kämmerlein“ (Ebenda).
Wegen der sich zuspitzenden Kriegsgefahr mit Russland gab es in der Ukraine Überlegungen, die Basketball-EM 2015 in der Ukraine zurückzugeben. Pommers unsensibler Kommentar zu einem eventuellen Einspringen Deutschlands: „Das würde uns eine Menge Wind unter den Flügeln geben“ (SZ 21.3.2014).

1.5. Ein Land, eine Stimme
Das pseudodemokratische Prinzip bei der Fifa und Internationalen Sportverbänden lautet: „Ein Land – eine Stimme“. Damit hat ein Zwergstaat oder eine Mini-Insel eine Stimme – genau wie ein großes Land.Mit dabei sind auch viele kleine Staaten, die mit den jeweiligen Sportarten bisher nichts zu tun hatten.Dieses Prinzip Eine-Stimme-für-jeden-Klein- und Großstaat soll Demokratie vorgaukeln. In Wirklichkeit dient es dazu, die großen Verbände auszuhebeln und – auch mit finanziellen Zuwendungen – leichter Mehrheiten beschaffen zu können: ein wichtiger Bestandteil der Sport-Demokratur!
Bei der Fifa funktioniert das so: “In der Zeit, seit Blatter in der Fifa wirkt, ist die Zahl der gleichberechtigten Nationalverbände von 139 auf 208 angestiegen” (Affentranger 9.6.2011). Die Vertreter dieser kleinen (aber auch vieler großer Länder) werden nicht demokratisch legitimiert, sondern akklamiert, abgesegnet, vorgeschoben – oder bei Nichtfunktionieren: abserviert. „Blatter schüttet seit Jahren möglichst viel Geld an kleine Verbände aus, die sich für kein WM-Turnier qualifizieren und nichts zum Reichtum der Verbandskasse beitragen. Aber sie haben beim FIFA-Kongress Gewicht, denn sie haben eine Stimme, die genauso zählt und nicht weniger als die des mitgliederstarken DFB. Kein Wunder, dass Blatter vor ein paar Wochen in Sao Paulo erneut den Anspruch auf eine weitere Amtszeit erhob und Chancen hat, erneut zu gewinnen“ (Kalwa, Reith 15.7.2014).
Thomas Kistner schrieb dazu in der SZ: „Dass Länder wie Tonga, Tuvalu, Nauru weniger Bürger haben als eine deutsche Kleinstadt, aber in der Fifa ein Stimmverhältnis von 3:1 etwa gegenüber einem Sieben-Millionen-Mitglieder-Verband wie dem DFB besitzen sollen, zeigt das Demokratieverständnis des Fifa-Patrons. Platinis Uefa ist besorgt, sie erhebt schon jeden Sprengel in Europa zum Verband: Eine Auswahl Gibraltars trifft in der EM-Qualifikation auf die DFB-Elf. Der Vatikan fehlt noch“ (Kistner 24.3.2014).
Beim Internationalen Handball-Verband (IHF) sieht das so aus: “Wenige Wochen vor dem Kongress (im Juni 2009; WZ) hat Moustafa bei der IHF durchgesetzt, dass den Funktionären aus den ärmsten Nationen die Flüge nach Ägypten bezahlt werden” (Eggers, Erik 15.6.2009). Auf dem Kongress im Juni 2009 in Kairo nahm IHF-Präsident Hassan Moustafa dann acht neue Mitglieder auf: Bhutan, Brunei, Kambodscha und die Föderierten Staaten von Mikronesien, Guam, Kiribati, St. Lucia, der Marshall Inseln, Papua Neuguinea, Swasiland und Tuvalu (SZ 28.10.2013). „Eine im Handball bedeutungslose Stimmvieh-Armada von Togo bis Tobago wird, wie in anderen Weltverbänden, den Dunkelmann auf den Thron hieven“ (Kistner 17.5.2010). Damit hatte der IHF 199 Mitglieder: Jeder hat EINE Stimme. D.h. der Deutsche Handball-Bund hat eine Stimme – und der winzige Inselstaat Tuvalu auch.

1.6.Bewährte Kräfte steigen auf
Der neue DSV-Präsident
Franz Steinlewar im DSV bisher zuständig für Rechtsfragen und den Antidoping-Bereich. Er hat als bisheriger Vizepräsident mit dem umstrittenen DSV-Generalsekretär Thomas Pfüller eng kooperiert. “Doch gerade im Antidopingkampf ist Steinle nicht unbedingt als vorbildlicher Spitzenfunktionär aufgefallen. Im engen Schulterschluss mit dem bisherigen DSV-Präsidenten Alfons Hörmann und dem DSV-Generalsekretär Thomas Pfüller kam es im Verband immer wieder zu höchst fragwürdigen Entscheidungen. Der amtierende DSV-Generalsekretär Pfüller war in der DDR laut Zeitzeugen als Cheftrainer und Funktionär des DDR-Skiverbandes selbst in das Dopingsystem eingebunden. Jahrelang hat Pfüller im DSV dopingbelastete DDR-Kollegen protegiert. Erinnert sei hier an den Fall des DDR-Biathlontrainers Frank Ullrich, der heute Skilanglauf-Bundestrainer ist. Im Jahr 2009 kam eine vom Deutschen Skiverband eigens eingesetzte Untersuchungskommission zum Ergebnis: Wenn Ullrich auch heute daran festhalte, dass es sich damals im DDR-Biathlon lediglich um legale Mittel gehandelt habe, gehe die Kommission von einem ‘unbewusst gesteuerten Verdrängungsmechanismus’ aus. Das Gremium stand ausgerechnet unter dem Vorsitz des Juristen und damaligen DSV-Vize Franz Steinle” (Purschke 29.12.2013). Der DOSB empfiehlt in solchen Fällen die Einschaltung seiner zentralen Dopingkommission. “Der Skiverband tat das nicht. Stattdessen kam die DSV-Untersuchungskommission unter Franz Steinle verbandsintern und eigenmächtig zu dem Ergebnis, keine arbeits- oder dienstrechtlichen Schritte gegen Trainer Frank Ullrich einzuleiten” (Ebenda).

2 Wie man Sport-Präsident wird
2.1. Modell starker Kandidat, viele schwache Gegenkandidaten
Am 10.9.2013 gab es bei der Wahl zum IOC-Präsidenten fünf Gegenkandidaten gegen Thomas Bach. Das sah demokratisch aus, dabei war von vornherein klar, dass es Bach werden würde: Der kuwaitische Scheich
Ahmed Al-Fahad Al-Sabah gilt als der „Sport-Pate“ und hatte längst die Weichen gestellt. Die Bestätigung von Bach war nur noch eine Formsache.
Thomas Kistner schrieb zur Wahl Bachs in der SZ: “Die Kür lief für den Deutschen letztlich so, wie es Brauch ist im undurchsichtigen Weltsportgeschäft: Mit internem Druck, den sportpolitische Seilschaften offenkundig vor der Wahl ausübten, sowie dann in der Wahl mit soliden Stimmpaketen aus der Dritten Welt. Noch tags zuvor hatte ja in Buenos Aires eines der zwölf afrikanischen IOC-Mitglieder bestätigt, was zum Basiswissen für viele Mitbewerber gehörte: Dass der Scheich das Dutzend Kollegen vom afrikanischen Kontinent spätestens bei deren Erdteil-Konvent im Juni auf Bach eingeschworen habe” (Kistner 10.9.2013).

2.2. Wer durchfällt
Wie die Regie von Al-Sabah funktionierte, zeigte sich bei der Wahl des IOC-Exekutivkomitees. Der kritische Geist Richard Pound fiel überraschend durch, gewählt wurde die unkritische Amerikanerin Anita DeFrantz. Diese hatte dem Präsidenten des Internationalen Ruderverbandes, Denis Oswald, bereits  vor der Wahl von einer Anfrage aus dem Umfeld von Scheich Al-Sabah berichtet, ob sie denn in die Exekutive wolle – und so geschah es dann auch.

2.3. Kein Gegenkandidat
Wahl des neuen DOSB-Präsidenten:
Als Nachfolger von Thomas Bach wurde der Präsident des Deutschen Ski-Verbandes, Alfons Hörmann, am 7.12.2013 zum DOSB-Präsidenten gewählt. Er  war der einzige Kandidat. Mögliche Gegenkandidaten wurden im Vorfeld ausgeschieden.

Wahl des neuen DSV-Präsidenten:
Am 29.12.2013 wurde erwartungsgemäß der Stuttgarter Jurist Franz Steinle mit 66 von 74 Stimmen zum Nachfolger von Alfons Hörmann gewählt (SZ 30.12.2013). Warum erwartungsgemäß? Weil schon am 15.12.2013 eine Email Nolympia erreichte, dass der Kandidat Christian Neureuther nicht erwünscht war. Im Hintergrund war auch die Oberammergauerin Miriam Vogt, seit 2005 Präsidentin des Bayerischen Skiverbandes, als Vizepräsidentin des DSV ausgemauschelt worden. “Auch Peter Fischer, Präsident des Skiclubs Garmisch und Geschäftsführer für die alpinen Ski-Weltcups, war von DSV-Kreisen zu einer Kandidatur ermuntert worden. Am Ende soll in aller Stille hinter den Kulissen die Entscheidung für den Schwaben Steinle und für Vogt als Stellvertreterin gefallen sein – mit Neureuther und Fischer hat bis heute niemand gesprochen” (Holzapfel, Reinbold 10.1.2014). Neureuther und Fischer traten dann erst gar nicht zur Wahl an. “Es gab keinen Wahlkampf”, sagte Steinle (Voigt 30.12.2013).
Bei einem einzigen Kandidaten braucht es auch keinen Wahlkampf.

Wahl des IHF-Präsidenten:„In der Internationalen Handball-Föderation (IHF) hat Hassan Moustafa schon lange keine Gegner mehr. Dass der Ägypter beim IHF-Kongress im Oktober (2013; WZ) in Doha für vier weitere Jahre gewählt wird, gilt als sicher” (Eggers 26.9.2013). Hassan regiert seit 2000 im Welthandball – damit würde er bis 2017 exakt 17 Jahre seinem Spitznamen „Handball-Pharao“ gerecht. Und so kam es auch: Ohne Gegenkandidaten wurde der „Pharao“ mit über 90 Prozent gewählt.

2.4. Tricks: Die Wahl des UCI-Präsidenten
Die alten Sportsfreunde lassen sich so manches einfallen, um an der Macht zu bleiben. Als der Präsident des Internationalen Radsport-Verbandes UCI, Pat McQuaid, vor der Präsidentenwahl im September 2013 nicht mehr von seinem irischen Verband aufgestellt wurde, wurde er im Mai 2013 Mitglied des Schweizer Radsport-Verbandes und ließ sich von den Schweizern zum Kandidaten ausrufen. Aber drei Mitglieder des Schweizer Verbandes zogen vor Gericht: Das Schweizer Schiedsgericht sollte am 22.8.2013 entscheiden. Da ging McQuaid auf Nummer Sicher: Seine UCI versandte Ende Juli 2013 “einen Vorschlag des malaysischen Verbandes, dass von nun an, also schon für die Wahl am 27. September, die Zustimmung zweier Verbände für eine Nominierung ausreichend sei. Deswegen sei es allen Verbänden bis zum 30. August möglich, Kandidaten zu benennen; McQuaid übrigens habe schon drei Nominierungen erhalten, aus der Schweiz, aus Marokko und aus Thailand, wo er überall Verbandsmitglied sei. Auf die Nachfrage, wann und durch wen dieses Datum festgelegt wurde, antwortete die UCI nicht” (Aumüller 1.8.2013).
McQuaid fiel dann bei der Wahl am 27.9.2013 gegen den Briten Brian Cookson durch. Cookson wird allerdings eine Nähe zum russischen Verbandspräsident und Oligarchen Igor Makarow nachgesagt, der auch Besitzer des übel beleumundeten Rennstalls Katjuscha ist. Dazu ist Makarow “Chef des russischen Verbandes, Mitglied des UCI-Management-Komitees und – ganz nebenbei – mit seinem Konzern Itera der offizielle Sponsor des Kontinentalverbandes UEC” (Hettfleisch 25.9.2013). Vergleiche auch: Oligarchen-Sport

Das Demokratieverständnis und Ehrgefühl in der Sport-Demokratur war und ist nicht ausgeprägt – im Gegensatz zu Machterhalt und Korruption.

3 Horst Dasslers Schüler
Horst Dassler, Sohn von Firmmengründer Adolf Dassler und Eigentümer der Firma Adidas, unterwanderte mit seinen Zöglingen von 1977 bis zu seinem Tod 1987 den gesamten internationalen Sport. Horst Dasslers Team bestand u. a. aus Joao Havelange (Fifa-Präsident), Juan Antonio Samaranch (IOC-Präsident), Sepp Blatter (Fifa-Präsident), Kim Un Yong (GAISF), Anwar Chowdhry (AIBA), Primo Nebiolo (IAAF), Thomas Bach (seit 10.9.2013 IOC-Präsident) usw. Die amtierenden IOC- und Fifa-Präsidenten – und ihre Vorgänger – waren Dassler-Adepten.

3.1. Juan Antonio Samaranch
Altfaschist, 1980 in Moskau zum IOC-Präsidenten gewählt. Er ernannte eigenhändig und nach Gutdünken neue IOC-Mitglieder, ließ sich per Akklamation wählen und schaffte den Amateurstatur ab. Unter Samaranchs Herrschaft von 1980 bis 2001 wuchsen die IOC-Umsätze, stieg die Korruption, wurde Doping hoffähig.

3.2. Der ewige Blatter
Blatter kam 1975 zur Fifa (Fédération Internationale de Football Association) und wurde von Horst Dassler für das Amt des Generalsekretär empfohlen, das er von 1981 bis 1998 ausübte. Seit 1998 ist er Fifa-Präsident und seit 1999 IOC-Mitglied. Bei seiner ersten Wahl 1998 hatte Blatter noch eine Beschränkung auf zwei Wahlperioden angekündigt. 2011 wurde Blatter – bis 2015 – gewählt. 2014 kündigte er in Sotschi eine weitere, die fünfte Wahlperiode, an: Das wäre dann bis 2020. Von 1981 bis 2020 wäre Teflon-Blatter, an dem nichts hängen blieb, dann in höchsten Positionen bei der Fifa gewesen: Er konnte natürlich nichts für die zahllosen Skandale, die sich in seinen unzähligen Amtszeiten bei der Fifa ereignet haben.

3.3. Thomas Bach
Anlässlich der Kandidatur von Bach um das Amt des IOC-Präsidenten schrieb Jens Weinreich zum Team des ehemaligen Adidas-Chefs Horst Dassler: „Das Erbe Dasslers wirkt nach, jedenfalls in personeller Hinsicht. In Fifa-Präsident Joseph Blatter, einst bester Kumpel Dasslers – und eben in Dasslers ehemaligem Adlatus Thomas Bach. Thomas  Bach, Ex-DOSB-Präsident, nun IOC-Präsident: Bach will als Mitglied der sportpolitischen Abteilung von Adidas, wo er Mitte der achtziger Jahre unter Dassler als Direktor fungierte, nie etwas mitbekommen haben von den unsauberen Geschäften, vom flächendeckenden Geben und Nehmen. Und Bach hat auch seit Dasslers Tod im Jahr 1987 alle Klippen erfolgreich umschifft, etwa wenn seine fürstlich dotierten Geheimverträge mit Wirtschaftskonzernen (Holzmann, Siemens) publik und in Frage gestellt wurden. Bach prägte dazu den wunderbaren Begriff der „vielfältigen Lebenssachverhalte“ (Weinreich, Jens, Macht, Moneten und Medaillen, in spiegelonline 10.5.2013).
Thomas Kistner über Thomas Bach nach dessen Wahl zum IOC-Präsidenten am 10.9.2013: “Er war stets ein Mann des Systems, das er nun verkörpert” (Kistner 31.12.2013).

4 Bewerbungen für Olympische Spiele
4.1. Abstimmung über München 2018

Im Mai 2011 gab es sowohl einen Bürgerentscheid als auch ein Ratsbegehren in Garmisch-Partenkirchen. Nach einer bemerkenswerten Materialschlacht der Befürworter von München 2018 und einem hohen Einsatz des Rathauses und der Pro-Presse gewannen die Befürworter das Bürgerbegehren knapp mit 50,49 Prozent und das Ratsbegehen mit 54 Prozent.
Die FDP stellte am 15.6.2011 in München das Positionspapier “Rückenwind für Olymia 2018″ vor, in dem die Olympiagegner aufgefordert wurden, das Votum der Bevölkerung zu akzeptieren (dapd 15.6.2011). FDP-Mitglied Thomas Bach äußerte: “Wir sind sehr froh über die Unterstützungserklärung” (Ebenda) und bemerkte in einem Brief an Axel Doering, dem Initiator des Bürgerbegehrens in Garmisch-Partenkirchen sinngemäß, dass “unter Demokraten” jetzt das Abstimmungsergebnis auch von den Olympiagegnern zu akzeptieren sei, vulgo der Widerstand gegen München 2018 aufzuhören habe. Am 6.7.2011 bei der IOC-Sitzung in Durban erlitt München 2018 dann eine eindeutige Niederlage mit nur 25 zu 63 Stimmen für Pyeongchang.

Interessant daran ist, dass Bach, der DOSB, die Bewerbungsgesellschaft München 2018, der Münchner OB Ude und der Garmisch-Partenkirchner Bürgermeister Schmid zunächst alles getan haben, um genau dieses Bürgerbegehren zu verhindern. Dann hat diese Allianz mit extremem materiellen und personellen Einsatz ein Gegen-Bürgerbegehren eingeleitet. Es kam sogar zu Sachbeschädigungen und Todesdrohungen gegen die Olympia-Gegner. Trotzdem war das Ergebnis mit einer knappen Mehrheit mäßig: Und dann spielten sich Bach & Co. als die großen Demokraten auf, die dieses Bürgerbegehren als Beweis für ihr Vorhaben werten.

4.2. Oslo 2022 und das Geld
Oslo will sich um die Olympischen Winterspiele 2022 bewerben. Die Bewerber drückten sich aber um eine klare Aussage zur „unbegrenzten Defizitgarantie“: “Am 19. Juni will Oslo einen Antrag für eine Staatsgarantie bei der norwegischen Regierung einreichen. Rückenwind aus der Bevölkerung erhoffen sich Politiker durch eine Volksbefragung über die Bewerbung am 9. September (dpa 10.6.2013; SZ 7.6.2013). Die Staatgarantie soll über umgerechnet knapp drei Milliarden Euro laufen.
Das IOC besteht natürlich auf einer unbegrenzten Defizitgarantie. Wie schon öfter geschrieben: Die Defizitgarantie garantiert dem IOC die Milliarden-Gewinne und den Austragenden die Milliarden-Defizite.
Einer der Hauptverantwortlichen für Oslo 2022 ist IOC-Mitglied Gerhard Heiberg. “Heiberg und das IOC brauchen weltweit Städte, die sich bereit erklären, die Rechnung zu schultern für die riesigen Großsport-Ereignisse sommers wie winters. Die Schweizer Wähler haben bereits wegen der riesigen Kosten Anstrengungen begraben, Olympische Spiele 2022 auszutragen” (Berglund 18.6.2013).
Norwegens nationale Sportorganisation Idrettsforbundet investierte fünf Millionen Norwegische Kronen (rund 625.000 Euro) für die Abstimmung, um Oslos Wähler zu einem Ja für Oslo 2022 zu bewegen. Die linke Partei (SV) stimmte gegen die Bewerbung ab, da es “unethisch” sei, so viel Steuergelder für nur wenige Wochen im internationalen Sport-Rampenlicht auszugeben. Marianne Borgen von der SV: “Wir könnten eine Menge sportlicher Verbesserungen für diese Summe haben” (Ebenda). Auch die Gewerkschaftsorganisation LO war gegen Oslo 2022. Das Referendum war übrigens NICHT-BINDEND, non-binding (www.thelocal.no 22.6.2013).
Im September 2013 sprachen sich dann in Oslo gerade einmal 53,5 Prozent der Bürger für Oslo 2022. Umfragen im Frühjahr 2014 ergaben über 55 Prozent Ablehnung, im Norden Norwegens sogar über 80 Prozent. Die Bewerbung Oslo 2022 ging trotzdem munter weiter: Am 14.3.2014 wurde sie in Lausanne beim IOC eingereicht.

4.3. München 2022 wird vorbereitet
Am 26.9.2011 fand ein Empfang im Alten Münchner Rathaus als Abschlussfeier von München 2018 und zur Verleihung der Auszeichnung “München leuchtet” an Katarina Witt und Verena Bentele statt. Der  damalige DOSB-Präsident Thomas Bach kündigte eine neuerliche Kandidatur von München und Garmisch für 2022 oder gar für 2026 an: “Wir können Olympia in München und Garmisch-Partenkirchen, das ist die klare Aussage… Diesen Schatz dürfen wir nicht vergraben” (Abendzeitung 27.9.2011; sueddeutsche.de 26.9.2011). Was wollte Bach mit dieser Ankündigung in Wirklichkeit nicht vergraben: seine realen Ambitionen 2013 auf den IOC-Präsidentensessel? Oder weitere 33 Millionen Euro für die nächste oder übernächste Bewerbung?
Gleichzeitig wischte Bach mögliche Bewerbungen von Hamburg und Berlin um Olympische Sommerspiele locker vom Tisch. Das immerhin brachtete einige Fragen auf der nächsten Sitzung des DOSB im Dezember 2011 in Berlin mit sich! Im Berliner Tagesspiegel wurde moniert: “Aber die Art und Weise, wie die Entscheidung zustande kommt, ist undemokratisch” (Voigt 27.9.2011).
Das ist ja das Wesen der Sport-Demokratur!

4.4. Hintertüren
Am 10.11.2013 fand in den Landkreisen Traunstein und Berchtesgaden, in Garmisch-Partenkirchen und der LH München ein Ratsbegehren über München 2022 statt. Der Münchner OB Christian Ude war sich offiziell völlig sicher, dass die Zustimmung bei allen vier Bürgerentscheiden kommen würde. Inoffiziell baute Jurist Ude aber schon vor und mauschelte folgendes mit dem DOSB aus, wie es im Münchner Merkur vom 1.10.2013 stand: „Auf Udes Initiative hin einigte sich der DOSB gestern darauf, das Erreichen des Quorums nicht als zwingende Bedingung festzulegen. Sollte es bei einem der Entscheide verfehlt werden, das Votum aber positiv ausfallen, wolle man an der Kandidatur festhalten” (Schmidt 1.10.2013; Hervorhebung WZ).
Am 10.11.2013 wurde dann München 2022 vierfach abgewählt. Trotzdem die Befürworter in München eine Millionensumme investierten, 2.500 Plakatständer aufstellten und die Plakate vier mal wechselten (also 50.000 Plakate klebten): Das Netzwerk Nolympia verfügte über rund  40.000 Euro, stellte 750 Plakatständer auf und hatte ein einziges Plakatmotiv.
Vergleiche: Goliath gegen David I; Goliath gegen David II

5 Schlechte Verlierer: Stimmen aus dem Sport zur Abwahl von München 2022
Pat Cortina, Eishockey-Bundestrainer zur vierfachen Abwahl von München 2022: „Too much democracy“ (merkur-online.de 11.11.2013; Hervorhebung WZ).
Maria Höfl-Riesch, Skirennläuferin: “Einige Wähler werden ihre Entscheidung noch bereuen. Unsere Gesellschaft ist satt, wir wissen gar nicht, wie gut es uns im Moment geht… Schade, dass die Leute so engstirnig sind” (Ebenda; Hervorhebung WZ).
Gerd Heinze, Präsident Deutsche Eisschnelllauf-Gemeinschaft: “Die Bayern haben keinen Arsch in der Lederhose. Sie sind nicht bereit, das geringste Risiko einzugehen, um Dinge nach vorn zu bringen, die für ganz Deutschland wichtig wären” (welt.de 11.11.2013).
Franz Beckenbauer: „Ich bin mir nicht sicher, ob man zukünftig immer das Volk befragen sollte. Früher hat es auch ohne Bürgerentscheide Großereignisse gegeben. Die Gegner sind eben immer aktiver. Die gehen alle zur Wahl hin und nehmen noch ihre Großmutter mit“ (merkur-online 12.11.2013). – “Olympia ist für mich ein Geschenk. So eine Chance hat man nur alle 50 Jahre, wenn überhaupt. Die Münchner, die Bayern, haben das in meinen Augen verschlafen, und ich bin mir sicher, dass sie das noch bereuen werden. (…) Es wird gerne gesagt, die Knebelverträge seien nicht akzeptabel, ich bin mir aber sicher, dass 90, nein, 95 Prozent derer, die von Knebelverträgen reden, nicht mal wissen, was das ist“ (Kerber 12.11.2013).
Christian Seifert, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Fußball Liga (DFL): “Ich halte es für bedenklich, wenn eine gut organisierte Minderheit mit teilweise fragwürdigen Argumenten auf eine nicht gut organisierte Mehrheit trifft, die wiederum ihre guten Argumente kaum ins Feld führt. Es ist zu einfach, nur auf IOC und Fifa zu schimpfen und den Sportlern zu unterstellen, sie hätten nur für sich selbst gesprochen. Denn die Gegner von Olympia in München 2022 haben auch nur für sich gesprochen” (Hecker 13.12.2013).

6 Der elitäre Spitzensport
6.1.
Nur Spitzensport zählt
Der Leiter des Olympia-Stützpunktes, Klaus Pohlen, definierte seine Vorgben füür Medaillen im Februar 2012 so: “Seine Zielsetzung sind olympische Medaillen: Gold, Silber, Bronze, am besten in dieser Reihenfolge” (Ebenda).
Der Spitzensport und seine Medaillen haben oberste und einzige Priorität. Dazu passt der Beschluss des Münchner Stadtrats von Juli 2011, wonach kleinere Vereine, Sozialprojekte, Initiativen, aber auch die Volkshochschule sich mit Einfach- und Kleinsporthallen begnügen müssen. Die 22 Doppel- und 21 Dreifachsporthallen werden künftig nur noch Schulen und denjenigen Münchner Sportvereinen zur Verfügung stehen, “die wettkampforientierten Spitzen- oder Leistungssport ausüben” (Draxel 2.8.2011).
Alles für dem Elitensport –zu Lasten des Breitensports: Das ist die Sport-Demokratur.

6.2. Die Geldverteilung
Das Procedere: Zur Festlegung der Förderhöhe des Spitzensports bittet das Bundesministerium des Innern (BMI) den DOSB um eine Bewertung: Dieser spielt einerseits den neutralen Gutachter, andererseits soll er aber als Dachverband die Ziele der Verbände vertreten. „Der DOSB ist eine Institution mit zwei gegensätzlichen Aufgaben. Darin sehen viele das Grundproblem des deutschen Sports“ (Drepper 24.7.2012). Der DOSB trifft sich einzeln mit den Sportverbänden – und hat sich schon vorher mit dem BMI über die Förderhöhe geeinigt. Der Ex-Vizepräsident des Deutschen Leichtathletikverbandes, Eike Emrich, stellte nach einem Treffen fest: „Es wird nur gehandelt, um zu handeln. Als wäre man an den Hof zitiert worden, um dort in einem großen Ritual vorgeführt zu bekommen, wie die Machtverhältnisse sind“ (Ebenda). Arne Güllich, vormals beim DOSB mit der Entwicklung der Zielvereinbarungen befasst und heute Professor für Sportwissenschaft in Kaiserslautern, stellte fest: „In internen Sitzungen wird ohnehin vorher abgesprochen, wer was will… Die Mitarbeiter im DOSB wissen bei ihrer Arbeit genau, was am Ende herauskommt“ (Ebenda).
Das ganze Vorgehen ist bewusst eine große Geheimniskrämerei, wie Daniel Drepper schreibt: „Nach außen bleiben die Absprachen jedoch geheim, sie bleiben Herrschaftswissen von DOSB und Bundesinnenministerium. Bis vor einem Jahr wussten nicht einmal die Verbände untereinander, wie viel Geld andere Verbände vom Steuerzahler bekommen“ (Ebenda).

6.3. Geheime „Zielvereinbarungen“
Zwischen BMI, DOSB und Sportverbänden werden Zielvereinbarungen über die zu erzielenden Medaillen getroffen. Wenn die Sportverbände nicht spuren und die DOSB-Vorgaben nicht akzeptieren oder gar protestieren, riskieren sie die Förderung. Dazu der sportpolitische Sprecher der SPD, Martin Gerster: „Ich höre immer wieder von Verbandsvertretern, Verhandlungen über die Zielvereinbarungen seien die pure Erpressung. Aber es herrscht eine Atmosphäre der Angst. Öffentlich äußert fast niemand Kritik“ (Ebenda).
Zur pseudodemokratischen Legitimierung verwies Vesper im Sommer 2011 auf den DOSB-Präsidialausschuss Leistungssport. Dazu Drepper: „“Was Vesper nicht sagt: Die vier Verbandsvertreter im Präsidialausschuss haben überhaupt nichts zu melden“ (Ebenda).
Das Herrschaftswissen der DOSB-Chefetage gibt die Richtlinien und Medaillenanzahl vor: Und alles soll geheim bleiben, vor allem die Zielvereinbarungen. Der Generalsekretär des Deutschen Leichtathletik-Verbandes, Frank Hensel äußerte dazu: „Hätte der DOSB klare, transparente und für alle Beteiligten nachvollziehbare Kriterien für die Zuweisung der Mittel an die Verbände, bräuchte er sich nicht vor einer Veröffentlichung zu fürchten“ (Schenck, Drepper 2.8.2012). Erst durch ein Gerichtsurteil im Sommer 2012 – von den Journalisten Daniel Drepper und Niklas Schenk erstritten -, wurde der DOSB gezwungen, die Zielvereinbarungen offenzulegen.

7. Teure Olympische Party
Das Beispiel London 2012: Für nicht wenige Bewohner Londons bedeuteten die Olympischen Bauten den Verlust ihres ursprünglichen Viertels und ihres Wohnortes: Für sie blieb nach der Zwangssanierung von Ostlondon kein Wohnraum mehr, weil er abgerissen oder zu teuer wurde. “Schöne neue Welt? Im Londoner East End, dem alten Arbeiterbezirk, ist in den vergangenen Jahren ein pompöser Olympiapark entstanden. Und einiges ist auch verschwunden. Zum Beispiel die ehemaligen Bewohner” (Klimke 27.3.2012). Die Londoner Mieten stiegen durch die Olympischen Spiele noch weiter, die Armut blieb, und die Arbeitslosigkeit lag hier bei 14,7 Prozent – doppelt so hoch wie im Landesdurchschnitt (Ebenda). Auf Wohngebäuden wurden während der Spiele Luftabwehr-Raketen installiert.
Und der Funfaktor verteuerte weiter. Nicht ohne Hintergrund hatte der Londoner Bürgermeister Boris Johnson den Zeitraum der Spiele vom 27. Juli bis 12. August zum “Spaß-Epizentrum des Universums” erklärt. Die 17 olympischen Tage wurden allerdings die teuerste Party der Welt – bis Sotschi 2014 kam.

8 Der Sport ist „unpolitisch“
8.1. Bahnsport-
WM 2013 in Weißrussland
Kurz nachdem Diktator Alexander Lukaschenko im März 2012 die Hinrichtungen von Oppositionellen durchführen ließ, beschloss der Weltradsportverband UCI im April 2012, die Bahnrad-WM 2013 in Minsk durchzuführen. UCI-Sprecher Enrico Carvani wies darauf hin, dass Weißrussland die Junioren-EM 2009 bestens ausgerichtet habe. Auf die Frage zur Lukaschenko-Diktatur sagte Carvani: „Für uns spielen politische Gründe nie eine Rolle.“ Es gebe „keinen Grund, Weißrussland diese WM zu verweigern“ (Aumüller, Neudecker 19.5.2012).

8.2. Eishockey-WM 2014 in Weißrussland
Der Präsident des Internationalen Eishockeyverbandes IIHF, RenéFasel
sagte am 23.9.2012 im Deutschlandfunk, die Entscheidung der Eishockey-WM 2014 in Weißrussland stehe fest und werde nicht revidiert. Als er zu Menschenrechtsverletzungen in Weißrussland gefragt wurde, entgegnete Fasel: “Ich habe das nicht mitgekriegt, also diese News habe ich nicht verfolgt” (tagesspiegel.de 24.9.2012; Hervorhebung WZ).

8.3. Totalitärer Sport-Terminkalender
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