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Graubünden gegen Olympische Winterspiele

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Aug 212012
 
Zuletzt geändert am 26.09.2012 @ 17:31

21.8.2012; aktualisiert 26.9.2012

© anna sherbany

– Nur eine mäßige Medaillenbilanz für Deutschland – vor allem im Vergleich zu den “Zielvorstellungen”: Gold 28 (real 11), Gesamtmedaillen 86 (real 44). Vergleiche auch hier.

– Die Konsequenz: DOSB-Generaldirektor Vesper möchte Olympische Spiele in Deutschland wegen des Gastgeber-Bonus. Viele Sportler und Sportfunktionäre möchten – noch – mehr Geld. Dabei hat Deutschland “gar nicht mal weniger für den Sport ausgegeben. Die anderen haben zugelegt. Das Wettrüsten nimmt immer absurdere Ausmaße an, dem mit rationalen Argumenten kaum zu begegnen ist”

© anna sherbany

(Kopp, Johannes, Das große Lamento, in taz.de 18.8.2012).
Zur Forderung des DOSB nach noch mehr Geld schrieb Claudio Catuogno in der SZ: “Bevor die Allgemeinheit aber noch tiefer in die Tasche greift für den Sport, müsste sie erst einmal die Grundsatzfrage besprechen: Ob man wirklich jeden Kampf gewinnen will. Und zu welchem Preis” (Catuogno, Claudio, Minus zwei, in SZ 3.8.2012).
So sollen die Chinesen für Peking 2008 4,5 Milliarden Dollar in ihre Sportler investiert haben, um die USA zu übertrumpfen: China bekam 51 Goldmedaillen, die USA 36 (Winterfeldt, Jörg, Zehn Millionen pro Medaille, in fr-online 28.7.2012).
– Das deutsche Bundesministerium des Innern soll in der Periode 2008 bis 2012 immerhin 545 Millionen Euro aus Steuergeldern investiert haben: für Olympiastützpunkte, Trainer, Betreuer, das Institut zur Forschung und Entwicklung von Sportgeräten, das Institut für Angewandte Trainingswissenschaften etc. (Ebenda).

– Der deutsche Judoka Ole Bischof zum Beispiel kritisierte die 15.000 Euro für eine deutsche Goldmedaille: Schließlich würden Italien 140.000 und Russland 100.000 Euro für Gold zahlen. Bischof: “Fakt ist, für den Sieg gibt es nicht einmal ein Jahresgehalt, und wir sind nur alle vier Jahre am Start” (Nur 15000 Euro, in SZ 2.8.2012). Warum nicht gleich: Aserbaidschan mit 417.000 Euro – oder Singapur mit 654.000 Euro (Geld für Gold, in Der Spiegel 31/30.7.2012).
Interessant, dass sich nun Elitesportler mit Arbeitnehmern gleichsetzen und Jahresgehälter einfordern. Einige Jahresgehälter kassierte übrigens auch Bischof – als Sportsoldat von 1998 bis 2000.

© anna sherbany

Bewusst verlieren: Acht Badminton-Spielerinnen wurden gesperrt, weil sie versucht haben. ihr Spiel aus strategischen Gründen zu verlieren. Der Grund: Die bisher im Badminton geltende KO-Regel mit sofortigem Ausscheiden der Verlierer wurde abgeschafft und eine Gruppenregelung eingeführt, um mehr TV-Zeit und mehr Tickets zu ermöglichen (Honigstein, Raphael, Manipulation mit Ansage, in SZ 2.8.2012). “Und wer zurecht beklagt, dass organisierte Wettbetrüger den Sport immer stärker bedrohen, dass diese Zockerbanden nicht mal vor den Spielen halt machen, der weiß jetzt auch, dass sie dort guten Nährboden finden” (Kistner, Thomas, Botschaft aus London, in SZ 2.8.2012).

Wundern über Wunderkinder und andere in London 2012: Eine 16jährige chinesische Schwimmerin lieferte Weltrekord über 400 Meter Lagen und war auf der letzten Bahn schneller als der Sieger des 400 Meter Lagen-Schwimmens – bei den Männern. Eine 15jährige  Schwimmerin aus Litauen schwamm die 100 Meter Brust (1:05,47) zwei Sekunden schneller als im Frühjahr.
Der Jamaikaner Usain Bolt bekam drei Goldmedaillen; die vier jamaikanischen 100-Meter-Sprinter waren schneller als die USA. (Die USA haben 314 Millionen Einwohner; Jamaika hat 2,8 Millionen Einwohner und keine unabhängige Dopingkontrolle.) “Der Sieg des zwielichtigen Radprofis Alexander Winokurow im Straßenrennen, die Muskelpakete von Gewichthebern aus entlegenen Staaten, der fulminante Endspurt des Deutschland-Achters – kaum etwas blieb verschont von der Frage, was dahinter steckt” (Hacke, Detllef, Wunderkinderspiele, in Der Spiegel 32/6.8.2012).

IOC kontrolliert Doping selbst: Wada und Nada mussten draußen bleiben. Stolz verkündete das IOC, selbst über 5000 Dopingproben vorzunehmen. Denn moderne Dopingmethoden sind zum Teil nur innerhalb von zwei Stunden nachweisbar – kein Problem, sich über die Zeit zu retten. Und das IOC lässt sich Zeit: Derzeit werden die Proben von Sydney 2000 endgültig bearbeitet. IOC-Präsident Rogge: “Wir haben acht Jahren Zeit und wollen nicht zu schnell testen” (Weinreich, Jens, Goldmedaille nach 28 Monaten, in spiegelonline 13.8.2012; Hervorhebung W.Z.). Es gibt bei London 2012 „Prüfkommissare“, die nur zusehen dürfen. Die Farce: „Das komplette Anti-Doping-Programm verantwortet jener Konzern, der die fünf Ringe vermarktet: Das Internationale Olympische Komitee“ (Weinreich, Jens, Dopingjäger ohne Jagdschein, in spiegelonline 25.7.2012).
In Peking wurde diesen Prüfkommissaren der Zugang zu Meetings und Laboren verweigert; 102 Nationen waren ihrer Meldepflicht nicht nachgekommen (Ebenda).
Es gibt eigentlich nur zwei Gründe für die IOC-Eigenregie beim Doping – ohne Wada und Nada. Zum einen ist damit gewährleistet, dass das IOC nur ganz wenige Doper erwischen muss – und kann so eine heile Sportwelt aufrechterhalten. Zum anderen können die Proben aufgehoben und ausgewertet werden – und so hat das IOC die Athleten in der Hand.
Dopingexperte Prof. Werner Franke sagte zur geringen Zahl der Erwischten: “Die Überraschung ist nur groß, dass jemand so doof sein kann, sich damit noch beim Wettkampf erwischen zu lassen” (Staib, Julian, Kettenrasseln und Scheinheilige, in faz.net 15.8.2012). Und zur IOC-Dopingpolitik sagte Franke: “Das ist reine PR. Das ist Volksverdummung, verbreitet durch das Olympische Komitee“ (Ebenda). Die Doping-Kontrollen bei den Spielen selbst seien weitgehend wirkungslos, weil die Sportler lang vorher und unangekündigt getestet werden müssten.
Franke beschrieb eine mögliche Methode: Der Athlet oder die Athletin nehmen einen die Anabolika-Einnahme verschleiernden Blocker. Dadurch erscheinen die Stereoide als körpereigene Substanz. Nachweisbar ist diese Dopingmethode nur, wenn ein Test in weniger als zwei Stunden nach dem Wettkampf durchgeführt wird – diese Zeitspanne lässt sich mühelos überschreiten (Deyhle klagt an, in SZ 8.8.2012).
Außerdem wächst das Angebot: „Wer sich während der Spiele für die kurzfristige, pharmakologische Steigerung seiner Ausdauer entscheidet, hat die Qual der Wahl. Von dem Medikament Erythropoietin, seit gut zwanzig Jahren beliebt unter Manipulateuren, gibt es seit Ablauf des Patentes etwa 160 Varianten“ (Hecker, Anno, Schlaflos bis 2020, in faz.net 24.7.2012). 80 sind zur Zeit nachweisbar, 80 nicht. „Wer nicht genau weiß, wonach er suchen muss, wird auch nichts finden“ (Ebenda). Thomas Kistner schrieb: „Könner werden bei Olympia nicht erwischt“ (Kistner, Thomas, Fokus auf den Dilettanten, in SZ 8.8.2012).
Oder die Substanz steht gar nicht auf der Verbotsliste der Wada – wie die experimentelle Substanz S 107, die ursprünglich für Patienten mit Herzrhythmus-Störungen entwickelt wurde (Hartmann, Grit, Weinreich, Jens, Bolts Fabelzeiten – und Erklärungsversuche, in berliner-zeitung.de 9.8.2012).
Am Ende hatte es von 10.000 Athleten in London 2012 gerade einmal neben acht Randfiguren eine weißrussische Kugelstoßerin erwischt, die zunächst Gold erhalten hatte: “Eher schon verblüfft der Umstand, dass sie sich beim Saisonhöhepunkt mit einem Anabolika-Klassiker wie Methenolon erwischen lässt” (Aumüller, Johannes, Hahn, Thomas, Enttarnung nach der Schlussfeier, in SZ 14.8.2012). Da war sie aber schon zur Freude des letzten europäischen Diktators, Alexander Lukaschenko, mit der weißrussischen Fahne durch die Arena gelaufen.
Allerdings bekommt derzeit Lukaschenko von Wladimir Putin Konkurrenz: Man kann inzwischen mit Fug und Recht von den letzten beiden europäischen Diktatoren sprechen, inklusive Janukowytsch/Ukraine  wären es sogar drei.

– Die zehn syrischen Teilnehmer redeten nicht über den Krieg in ihrem Land: “Wir sprechen nie darüber”, sagte die Schwimmerin Bayan Jumah, die aus Aleppo stammt. 200.000 Menschen verließen die umkämpfte Stadt Ende Juli 2012 (Syrer schweigen über Krieg, in SZ 2.8.2012). Auch die selbst ernannte Friedensbewegung IOC redet nie über Krieg.

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– Londoner “Problemviertel” Hackney Wick verliert seine Künstler – es wird ein künftiges “Kreativzentrum”. Die künftigen Bewohner haben das Geld, um die künftigen hohen Mieten zu bezahlen. Die Künstler haben “ihre Rolle als Agenten des Wandels erfüllt”: Sie ziehen weiter und machen Platz für “das wahre Erbe der olympischen Spiele”: “eine glänzende, neue Tech City, die dann aus dem Pflaster des alten Stadtteils wächst” (Scarsbrook, Sarah, Uncooles Erbe cooler Spiele, in SZ 11.8..2012).

– Wie erwartet: Touristen blieben aus. „Restaurants, Geschäfte, Musical-Theater und auch Hotels klagen über Umsatzeinbrüche… Viele Touristen wurden offenbar durch die Horrormeldungen im Vorfeld abgeschreckt, London stehe ein Verkehrschaos bevor. Die Bewohner der Hauptstadt dagegen flüchteten in Scharen und legten ihren Sommerurlaub auf die Zeit der Spiele“ (Kaiser, Tina, Olympia macht London zur verödeten Geisterstadt, in welt.de 2.8.2012).

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Hohe Nachfrage, leere Plätze: Angeblich blieben die für Sponsoren reservierten Plätze leer (Organisationkomitee beklagt leere Ränge, in spiegelonline 29.7.2012). Aber Sponsoren bezahlen einen Haufen Geld – warum sollten/müssten sie sich auch noch für den Sport interessieren? Die Presse meldete „beschämende Szenen“ von vielen Wettkampfstätten: „Aufgefüllt werden die Lücken nun eben unter anderem mit Soldaten. Gelangweilten“ (Hungermann, Jens, Schlafende Soldaten im Publikum, in welt.de 31.7.2012).

– À propos Sponsoren: Zum unappetitlichen IOC-TOP-Sponsor Dow Chemical gesellten sich noch British Petrol (Golf von Mexiko!) und der berüchtigte Rohstoffkonzern Rio Tinto.

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Lustig??? Der US-Präsidentschaftskandidat Mitt Romney besitzt ein Pferd namens Rafalca, das er von der Steuer absetzt. Es verursachte in Romneys Steuererklärung im Jahr 2010 Verluste für Unterhalt und Transport in Höhe von 77.731 Dollar. Und Rafalca ist Olympionikin: “Das wertvolle Pferd reiste im eigens gecharterten Flugzeug nach London, so ist es das gewohnt” (Schmitz, Gregor Peter, Armer reicher Mann, in Der Spiegel 32/6.8.2012).
Aufgepasst, olympische Klimaneutralrechner, Greenwasher, CO2-frei-Berechner: Habt ihr das auch in euren Bilanzen?

– Nochmal Pferd – Olympischer Hengstverkehr. Gestütbesitzer Paul Sprehe: “Ein Hengst, der bei Olympia gewinnt, kann locker 700 Stuten besamen. Wir haben eine florierende Hengststation” (Osang, Alexander, Donnerhalls Enkel, in Der Spiegel 32/6.8.2012).

Milliardär IOC: Derzeit sind “nur” 558 Millionen Dollar (460 Millionen Euro) auf den Konten des IOC. Aber die TV-Einnahmen für Sotschi 2014 und Rio 2016 erbrachten bereits 3,6 Milliarden Dollar. Allein NBC überweist bis 2020 die Summe von 4,38 Milliarden Dollar. Die elf TOP-Sponsoren bringen 957 Millionen Dollar; zehn der TOP-Sponsoren haben einen Vertrag bis 2016, sieben von ihnen sogar bis 2020 (Olympia-London: Olympia-Geschäft floriert: IOC-Rücklagen wachsen, in sueddeutsche.de 24.7.2012; Ringe machen reich, in SZ 25.7.2012).

83 Bundespolizisten passen auf das Deutsche Haus auf: Dies rückte die Bundesregierung auf Anfrage der Linkspartei heraus (83 Bundespolizisten schützen bei Olympia Deutsches Haus, in sueddeutsche.de 27.7.2012).

Boxkämpfe Glücksache: Wie gehabt wurden Kämpfe von Ringrichtern verschoben, sodass sogar der Amateurbox-Weltverband AIBA diverse Entscheidungen annulieren musste. Angeblich hat Aserbaidschan der AIBA zehn Millionen US-Dollar für zwei Goldmedaillen in London 2012 gezahlt (Meyn, Jörn, Betrug im Ring unter den Ringen, in welt.de 4.8.2012; Sandsäcke zu Siegern, in faz.net 6.8.2012).

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Kleine olympische Diktaturen-Rangliste gemäß Medaillenspiegel: Platz 2 China; Platz 4 Russland; Platz 12 Kasachstan; Platz 14 Ukraine; Platz 17 Iran; Platz 20 Nordkorea; Platz 23 Weißrussland; Platz 30 Aserbaidschan; Platz 39 Georgien; Platz 47:Usbekistan
Die Diktaturen investieren kräftig in den Elitesport.

Olympic Broadcasting Services (OBS) lieferte weltweit aseptische, cleane, propere Fernsehbilder, die auch die Zensur jedes totalitären Regimes passierten. Es waren TV-Bilder ohne Kritik, ohne dunkle Seiten, ohne Inhalt: purer Sport, wie aus dem Hochglanzprospekt von der heilen olympischen Welt.

ARD und ZDF übernahmen die Bilder des OBS und haben vom Freitag, 27.7.2012 (Eröffnungsfeier) bis zur Schlussfeier am 12.8.2012 insgesamt 248 Stunden und 45 Minuten olympischen Sport übertragen. Das sind pro Tag 14 Stunden und 38 Minuten, ohne den Eröffnungstag sogar 15 Stunden und 18 Minuten.
(Quelle: Eigene Berechnung W.Z.; siehe auch oben).
Eine andere Sicht der Dinge hat die Fechterin Imke Duplitzer, viermalige Olympiateilnehmerin: „Duplitzer ist überzeugt, dass Millionen Sportfans einem gigantischen Schwindel aufsaßen, als sie die Olympischen Spiele von London live oder im Fernsehen verfolgten. Ihr zufolge gibt es diese Spiele nicht. Sie sind Fassade. Bei den Spielen, die Duplitzer kennt, werden Athleten von Funktionären zur Teilnahme an Presseterminen und Feiern genötigt, auf die sie liebend gern verzichten würden; müssen Missstände verschwiegen werden und Abläufe toleriert, die nicht mal mehr den Gang zur Toilette erlauben. ‚Das da im Fernsehen‘, sagt sie, ‚ist eine völlig andere Welt'“ (Hettfleisch, Wolfgang, Auf zum nächsten Gefecht, in fr-online.de 26.9.2012).
Vergleiche: Die Sport-Sender

Süddeutsche Zeitung stellt Rekord ein: Zur Fußball-EM 2012 produzierte die SZ vom 1. Juni bis 3. Juli 2012: 129 ganze Seiten. Zu den Olympischen Sommerspielen 2012 in London produzierte die SZ vom 27.7. bis 14.8.2012: 129 ganze Seiten.

Jubel-Sportjournalisten infiziert. Selbst ansonsten kritische Autoren gerieten in den olympischen Rausch. Zum Beispiel Alexander Osang vom Spiegel, der zur Eröffnungsfeier bemerkte: „Von der lässigen Eröffnungsshow an wusste jeder, der dabei  war, dass er sich im Herzen der Welt befindet.“ Und über angeblich begeisterte amerikanische Basketball-Stars schrieb Osang: „Die Olympischen Spiele von London haben am Ende auch dieses Team geschluckt. Sie waren größer als alle Stars“ (Osang, Alexander, Die verzauberten Riesen, in Der spiegel 33/13.8.2012).
Oder in spiegelonline. Peter Ahrens titelte: “Holt die Spiele nach Deutschland!”

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Ahrens forderte im Kielwasser von Bach mehr Geld für den Sport und zitierte ihn: “Jeder Euro, der in den Sport gesteckt wird, ist gut investiertes Geld.” Ahrens lobte auch die britische Medaillenbilanz: “Sich an den Briten zu orientieren – das wäre im Grunde ganz einfach. Man müsste nur die Olympischen Spiele nach Deutschland holen” (Holt die Spiele nach Deutschland! in spiegelonline 12.8.2012).
Ganz einfach?! Großbritannien hat – offiziell – über 12 Milliarden Pfund in die Spiele investiert (rund 15 Milliarden Euro); Sky TV kam dagegen in einer Gesamtrechnung sogar auf 24 Milliarden Pfund (rund 30 Milliarden Euro). Nun könnte man argumentieren, dass jede der englischen 29 Goldmedaillen je nach Rechnungsgrundlage eine halbe oder eine Milliarde Euro gekostet hat. Is it worth it? Was hätte man damit – nicht nur – im Breitensport machen können!
Spiegelonline-Kollege Carsten Volkery titelte “Großbritanniens goldene Spiele”, konstatierte ein “neu gefundenes Nationalgefühl” und lobte die After-Party und das Open-Air-Konzert der Schlussfeier (spiegelonline 13.8.2012)
Der Katzenjammer wird nach den Spielen kommen, wenn die olympische Rausch abgeklungen ist.
Auf dem Filmplakat von “Jubilee” (Derek Jarman, 1978) steht der schöne Satz: “Solange die Musik laut genug ist, hören wir nicht, wie die Welt zusammenfällt.” So funktionieren auch Olympische Spiele. Deshalb verbinden sich Elitesport und Popmusik – in London 2012, aber auch schon zur Fußball-WM 2010 in Südafrika. Events aus Sport und Popmusik sind das neue Opium fürs Volk: Politik soll in dieser olympia-gedopten Welt keine Rolle mehr spielen, und das Volk tut, was  es  soll: fernsehen und verdrängen. Mehr demnächst unter “Zwischenbilanz”.

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– Der Preis für London 2012: Der Schulsport wurde ruiniert.
1) Die frühere Labour-Regierung hatte ein Programm “School Sports Partnership” eingeführt: “162 Millionen Pfund flossen bis dahin jährlich in ein landesweites Netzwerk von öffentlichen Schulen und Sportlehrern” (Pohlisch, Oliver, Zylbersztajn, Daniel, Cameron macht den Schulsport kaputt, in taz.de 12.8.2012). Damit wurden Sportwettbewerbe finanziert und Sportlehrer freigestellt, um Kinder in benachteiligten Stadtvierteln zu trainieren. Das Programm war erfolgreich: 2002 trieben nur 25 Prozent der Schüler zwei Stunden pro Woche Sport, 2010 waren es schon 86 Prozent. Dann strich Camerons Bildungsminister die Gelder – und die Aktivitäten gingen um 60 Prozent zurück (Ebenda).
2) Unter der früheren Labour-Regierung waren die Schulen verpflichtet, zwei Sportstunden pro Woche für jede Klasse anzubieten. Dies nannte Premierminister David Cameron eine “sinnlose Pflichterfüllung” und schaffte die zwei Sport-Schulstunden wieder ab (Ebenda).
3) “In den letzten Jahrzehnten wurden tausende Sportplätze der staatlichen Schulen verkauft… Premierminister Cameron hat aber am Wochenende angekündigt, dass trotz Austerität (Sparsamkeit; W.Z.) die großzügige Finanzierung des Elitesports mindestens bis 2016 sichergestellt werde” (Rásony, Peter, Falsche Hoffnungen in Olympia, in nzz.ch 13.8.2012; Hervorhebung WZ; vergleiche zur Benachteiligung des englischen Breitensports auch: Hahn, Thomas, Abseits der Parade, in SZ 30.8.2012).
Die Hälfte der britischen Medaillengewinner kommt übrigens von britischen Privatschulen: Da braucht es keinen staatlich geförderten Schulsport.
Das bleibt als Fazit übrig vom olympischen Gelabere: Der Breitensport wird zusammengestrichen zugunsten des Elitesports. Die Elite wird gepampert.

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Camerons VVIPS: Cameron und sein Kabinett umgarnten anlässlich London 2012 die VVIPs (Very Very Important People), um Aufträge zu aquirieren. “Außerdem suchen die Briten besonders unter Russen und Chinesen nach Investoren, die  ihnen bis zu acht moderne Atomkraftwerke bauen” (VIPs und VVIPS, in Der Spiegel 31/30.7.2012).
Kein Kommentar.

London 2012 kein Geschäft: Sowohl die Investmentbank Goldman Sachs als auch die Rating-Agentur Moody’s kamen in Studien zu dem übereinstimmenden Schluss, “dass der Nettoeffekt praktisch gleich null sein werde … Abgesehen davon würden sich positive und negative Effekte weitgehend aufheben. Das Klagen von Geschäften, Theatern und Hotels in Londons Innenstadt bestätigt diese Einschätzung” (Rásony, Peter, Falsche Hoffnungen in Olympia, in nzz.ch 13.8.2012).

© anna sherbany

Deutsche jubeln! Die langfristige Strategie des DOSB scheint aufzugehen: Deutschland wird wieder nationaler. Zwanzigtausend Menschen (wieviel davon sind Sportfunktionäre?) erwarteten die Rückkehr der deutschen olympischen Helden auf der “MS Deutschland” am 15.8.2012 in Hamburg – die schwarz-rot-goldene Schminke hatte wieder Hochkonjunktur (Heike, Frank, Die große Welle, in faz.net 15.8.2012; Herrmann, Boris, Auf Klassenfahrt in einem Boot, in SZ 16.8.2012). Und schließlich will auch Hamburg Olympische Sommerspiele!
Die Sehnsucht Deutschlands nach Helden wird durch Olympische Spiele und Fußball-EM und -WM geweckt: Es braucht sie anscheinend, und wenn es nur olympische sind. Die Massensuggestion und die Ablenkung von politischen und sozialen Problemen durch Sport funktioniert.

– Die Olympischen Sommerspiele 2016: Rio de Janeiro 2016 droht mit noch besseren Spielen – und noch besserem Karneval. Die Hotelpreise in Rio liegen bereits auf Londoner Niveau. Die Korruptionskultur der Fifa-Helden Havelange und Teixeira greift um sich.
“Wegen Olympias Neubauten müssen sogar einige friedliche Bewohner umziehen… Aber am Ende werden die Brasilianer wunderbare Partys hinlegen, wer mag das bezweifeln?” (Burghardt, Peter, Bom día Rio, in SZ 11.8.2012).
Das ist inzwischen einfach der Sinn des Lebens: Party. Das muss man doch einsehen!
Die 1500 Bewohner der Favela Vila Autódromo sehen das anders: Auch sie sollen abgesiedelt werden. Hier sind der neue Olympiapark mit Wettkampfstätten, Medienzentrum und einem Olympiastützpunkt geplant.
Im Namen von Fußball-WM 2014 und Olympischen Sommerspielen 2016 werden Favelas in Rio abgerissen: “Die drei großen Immobilienunternehmen im Stadtviertel sind gegen die Favela und sie haben großen politischen Einfluss. Wenn die Olympischen Spiele 2016 vorbei sind, wird ein Viertel des Olympiaparks als Sportanlage erhalten bleiben. Den Rest darf das Unternehmenskonsortium, das den Olympiapark für die Stadt errichtet, zu luxuriösen Wohnanlagen umbauen” (Janke, Carsten, Eine Favela leistet Widerstand, in taz.de 12.8.2012).
5600 Menschen sollen bereits vertrieben worden sein, 16.000 sind von einer Räumung bedroht (Ebenda).
Das ist der Olympische Immobilienkrieg von Vancouver 2010 bis London 2012 und Rio 2016: Abriss von Sozialbauten und bezahlbarem Wohnraum, Neubau von Luxuswohnungen: Die Immobilienbranche macht ihre Supergewinne.

Vergleiche auch im Kritischen Olympischen Lexikon: London 1 – 20

– Olympische Bilder aus der Vergangenheit: Peking 2008
Lang, lang ist es her: Olympische Sommerspiele Peking 2008. Die Anlagen vergammeln und verfallen: siehe Fotos hier. Ob die Londoner Arenen in vier Jahren auch so aussehen werden?

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