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Graubünden gegen Olympische Winterspiele

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Feb 052011
 
Zuletzt geändert am 26.07.2011 @ 20:57

5.2.2011, aktualisiert 26.7.2011

Annecy 2018:

Am 13.1.2011 schrieb die Gemeindeverwaltung von Chamonix zusammen mit dem örtliche Sportclub und den Leitungen der Grundschulen folgenden Brief an die Eltern der Schüler von Chamonix:

„Sehr geehrte Damen und Herren,
im Rahmen der Bewerbung von Annecy 2018 wird anlässlich des Besuches der Evaluierungskommission eine Veranstaltung der Kinder des Chamonix-Tals stattfinden.
Das geschieht aus Respekt vor den Werten, die von der Bewerbungsgesellschaft vertreten werden (nachhaltige Entwicklung, Glaubwürdigkeit, Gastlichkeit und Kultur der Berge), für die wir uns in Partnerschaft mit unseren Kindern und der Zukunft engagieren.
Ihre Kinder werden an einer organisierten Veranstaltung am Freitag, den 11. Februar 2011 von 10 bis 12 Uhr am Platz Mont-Blanc teilnehmen. Ein T-Shirt mit Logo und ein Imbiss werden den Teilnehmern zur Verfügung gestellt.“

Daraufhin schrieb das Comité Anti Olympique d’Annecy (CAO) am 4. Februar 2011:

„Das CAO sendet hiermit einen Appell zum Widerstand und zur Verweigerung an die Eltern der Schüler und die Lehrer. Teilen Sie schnellstmöglich den Verantwortlichen der Schulverwaltungen Ihre Entrüstung und Ihren strikten Widerstand gegen die Teilnahme mit. Informieren Sie alle Schülereltern darüber und fordern Sie diese auf, ihre Kinder nicht manipulieren zu lassen.“

Das CAO veröffentlichte auch einen Elternbrief an die Schulverwaltung:
„Aufgrund der vorliegenden Informationen möchte ich Sie informieren, dass ich nicht mit der Teilnahme meines Sohnes bei der geplanten Veranstaltung am 11. Februar 2011 einverstanden bin, obwohl, wie Sie schreiben, „die Dienststellen des Departments diese Veranstaltung unterstützen“. Auch wenn dieser Vermerk nur eine Information und kein Vorschlag sein sollte, ist diese Instrumentalisierung der Kinder durch eine öffentliche Institution unakzeptabel… Es liegt nicht im pädagogischen Interesse, die Kinder stundenlang in der Kälte stehen zu lassen, um die Wagenkolonne der IOC-Evaluierungskommission und der Presse zu empfangen. Ganz im Gegenteil geht dadurch ein halber Tag Unterricht verloren. Außerdem möchte ich Sie daran erinnern, dass Annecy 2018 in der Bevölkerung… eine starke Gegenbewegung hat. Deshalb wird mein Sohn nicht an diesem Vormittag teilnehmen; ich werde ihm in dieser Zeit die Rolle des IOC erklären und wie man eine öffentliche Unterrichtsinstitution und ihr Publikum unterwandern und von ihrem Ziel abbringen kann.“

München 2018:

Falls jemand nun meint, das uns die olympische Indoktrination in Annecy nichts angeht: Bereits seit 4.2.2011 wird olympisches Werbematerial von der Bewerbungsgesellschaft München 2018 auch für deutsche Schulen kostenlos zur Verfügung gestellt. Die 113 Seite dicke Broschüre „Lernen von den Spielen“ wurde – bezeichnenderweise – in der BMW-Welt vom bayerischen Staatsminister für Unterricht und Kultus, Ludwig Spaenle zusammen mit Katarina Witt vorgestellt. Die Schrift „soll Schüler und Lehrern Material an die Hand geben, um  olympischen Geist, Geschichte und Leistungssport in das Unterrichtsgeschehen zu integrieren“ (Olympische Spiele fürs Klassenzimmer, in SZ 5.2.2011).

Und zum Besuch der Evaluierungskommission des IOC von Ende Februar bis Anfang März 2011 in München, Garmisch-Partenkirchen und Berchtesgaden sollen vermutlich auch an diesen Orten Fähnchen schwenkende Schulkinder auf Geheiß des Ministeriums für Unterricht und Kultus die Straßen säumen und vermeintliche olympische Begeisterung signalisieren. Auch die Eltern der Schulkinder im Umkreis von München 2018 werden also das selbe Problem haben wie die Eltern von Annecy 2018 – und vermutlich die Eltern von Pyeongchang 2018.
Die olympische Mobilisierung der Schulkinder erinnert sehr an autoritäre Regime der jüngeren deutschen Vergangenheit.

Die angebotenen Materialien:

Broschüre „Olympia ruft: Mach mit!“

Diese Schrift (Herausgeber sind die Deutsche Olympische Akademie Willi Daume und die Bewerbungsgesellschaft München 2018 GmbH), die am 4. Februar 2011 bei der Pressekonferenz vorgestelllt wurde, ist vom Dezember 2009. Darin wird noch begeistert von Vancouver 2010 geschwärmt: Dabei hat der Konkurs des Bauträgers vom olympischen Dorf in Vancouver vom November 2010 die Stadt Vancouver finanziell hart getroffen. Und zur Bobbahn heißt es nur lapidar: „Spitzengeschwindigkeiten von über 140 km/h erlauben keinen Fehler“ (S. 66). Das bewies dann der Tod des georgischen Rennrodlers im Februar 2010.

Aber auch ohne Anspruch auf Aktualität steht viel Merkwürdiges darin. Im Vorwort schreibt DOSB-Präsident Thomas Bach, dass „die Schule ein idealer Ort ist“, den jungen Menschen „die Faszination des Sports und der olympischen Werte“ zu vermitteln (S. 5).
Abgesehen davon, dass Bach wieder die „Faszination des Sports“ mit „olympischen Werten“ gleichsetzt: Kann bzw. darf die Vermittlung von „olympischen Werten“, die von einem privaten Schweizer Verein namens IOC ausgerufen und propagiert werden, die Aufgabe der deutschen Schulen sein?

Unter „Ansatzpunkte für Olympische Erziehung in der Schule“ werden dann in der Schrift selbst „Olympische Tage“ oder eine „Olympische Woche“ empfohlen. Die Olympischen Spiele stellen „eine thematische Belebung und Bereicherung des Unterrichts dar“ (S. 12).
Auf Kosten der Schüler, des Lehrplans und der schulischen Leistung! Siehe obigen Brief aus Chamonix!

Dann wird ein Schulprojekt insbesondere für die Klassen 1 bis 6 geschildert. Der schulische Fünfkampf. Skispringen erfolgt auf Matten, Biathlon wird auf Filzfliesen geübt, Tennisbälle werden durch Gymnastikringe geworfen: „Am ‚Schießstand’ müssen nach jeder Runde drei Tennisbälle aus kurzer Entfernung durch einen aufgehängten Gymnastikreifen geworfen werden“ (S. 17).
Früh übt sich, wer das Schießen lernen will.

Der Eisschnelllauf wird auf Filzfliesen im Kreis geübt. Beim Rodeln stößt sich der Schüler auf einem Rollbrett ab, und schließlich wird Bobfahren in einem Parkurs mit einem Rollkasten imitiert. Dazu werden natürlich die Zeiten gemessen.

Bei der Olympischen Woche werden die Schüler olympisch agitiert, u. a. mit:

  • Ansprache des Schulleiters
  • Fackellauf um die Schule
  • Hissen der Olympiaflagge
  • Schullied zur Eröffnung
  • Texten und Einüben eines Olympialiedes/einer Fanfare (S. 19ff)

Am Freitag, dem eigentlichen Olympiatag kämpfen die Schüler um Plätze und Medaillen:

  • Einzug der Teilnehmerländer
  • Schüler tragen entsprechende Landeskleidung
  • Flaggen der Teilnehmerländer hissen
  • Entzünden des Olympischen Feuers
  • Olympialied

Zur Schlussfeier gibt es:

  • Nationalhymne
  • Siegerehrung mit Fanfaren
  • Tanz- und Showdarbietungen

Wie im richtigen Olympischen Leben: Und das hat ja schon Tendenzen zum paramilitärischen Erziehungsdrill. Nicht zu vergessen: Der bayerische Minister für Unterricht und Kultus stellte das Material höchst persönlich vor!

Nur am Rand soll erwähnt werden, dass der frühere IOC-Präsident und Altfaschist Juan Antonio Samaranch für die kommerzielle Ausrichtung der Spiele gelobt wurde, Doping nur äußerst kurz Erwähnung fand und die Nachhaltigkeit der Spiele angeblich immer größer wird (S. 33f). Auch wird das Olympische Motto „Schneller, Höher, Weiter“ nicht infrage gestellt: „Dies versteht sich als Aufforderung zu einem, ständigen Streben nach menschlicher Vervollkommnung“ (S. 38).

Carl Diem wird als perfekter Organisator gewürdigt (S. 44). Die Absage der Spiele 1940 und 1944 wird nur durch den Krieg erklärt; nicht erwähnt wird, dass Deutschland die Winterspiele 1940 vom IOC noch 1939 zugesprochen bekommen hatte (S. 44).

Die Spiele in Vancouver 2010 wurden hoch gelobt: Alle kritischen Punkte wie Umweltzerstörung, Verletzung der Rechte der Ureinwohner oder die finanzielle Misere Vancouvers wurden nicht thematisiert. Zum Austragungsort Whistler heißt es: „Allen Wünschen von Skifahrern und Snowboardern in Bezug auf Aufstiegshilfen, Pisten und Geländeparks bis hin zum Helikopter- und Gletscherskilauf werden die Einrichtungen … mehr als gerecht“ (S. 63).
So sieht ein „grünes, nachhaltiges, olympisches Erbe in Wirklichkeit aus!

Genauso bleibt die Bewerbung München 2018 ohne eine einzige kritische Konnotation. Vergleiche dagegen hierzu den Artikel „Unprofessionelle und mangelhafte Schönrederei“.

Broschüre „Lernen von den Spielen“ (Hrsg. BMW Group, München 2018, Deutsche Olympische Akademie)

Es werden im Folgenden einige exemplarische Stellen zitiert.

Das Themenheft „enthält Hintergrundinformationen zu Olympischen und paralympischen Winterspielen für Lehrer und Aufgaben für Jugendliche der Sekundarstufe I“ (S. 11)
Das Heft wird also quasi als offizielle Schullektüre präsentiert.

„Die Aufgaben der Jugendlichen sind vorzugsweise als Teamaufgaben zu verstehen“; sie sollen gewährleisten, „dass der sinnbildliche Funke von der Olympischen Flamme überspringt“ (S. 11).
Hier wird das Ziel definiert: ob es „pädagogisch wertvoll“ ist, kann man mit Fug und Recht verneinen.

Auf S. 13 folgt das Coubertin-Zitat: „Das Wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf.“
Das soll eine Leitlinie für Schüler und Jugendliche sein soll: furchtbar.

Die Sportfunktionäre ernennen den Sport zum Menschenrecht: „Die Ausübung von Sport ist ein Menschenrecht“ (S. 15).
Noch ist es nicht soweit. Aber das hätte der DOSB gerne im deutschen Grundgesetz verankert: Er arbeitet bereits seit längerem daran. Dann könnte er seine Ideologie noch ungenierter – und legitimierter – verbreiten.

Dann werden den Schülern auf S. 36 die üblichen ökologischen Unwahrheiten der Bewerbungsgesellschaft 2018 verabreicht:
* „So sind beispielsweise 99 % der benötigten Sportflächen bereits vorhanden oder werden temporär errichtet.“
Diese Zahl stimmt nicht. Wir haben nachgerechnet unter:
http://www.nolympia.de/2011/01/bn-goef-stellungnahme-bid-book/

Insgesamt werden aber 211 Hektar für München 2018 benötigt, davon für temporäre Funktionsflächen 85 Hektar.

* „Lediglich eine Fläche von 0,5 ha – weniger als ein Fußballplatz – wird für Pistenerweiterungen dauerhaft benötigt.“
Allein für den Ausbau der neuen Kandahar für die WM 2011 wurden 16 Hektar Bergwald geopfert. Bis 2018 wird sich die FIS und das IOC viele neue Anforderungen und weitere Sportarten ausgedacht haben.

* Alle nicht vermeidbaren Emissionen werden durch nationale oder internationale Klimaschutzprojekte ausgeglichen.
In die Rechnung aufgenommen wurde nur der Flugverkehr. CO2-Emissionen aus temporären Bauten oder Sportstättenausbau etc. wurde nicht eingerechnet, die Gesamtberechnung nie veröffentlicht.

Als „vier Umwelt- und Nachhaltigkeitsziele“ für München 2018 werden angegeben: „A) Schutz des Klimas, B) Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, C) Sport- und Regionalentwicklung, D) Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (S. 39).
In Wirklichkeit werden das Klima geschädigt (Energie- und Wasserverbrauch durch Schneekanonen, massiver Straßenbau, Verkehrslawinen  etc.); die natürlichen Lebensgrundlagen zerstört (z.B. Berglandschaft und artenreiche Wiesen in Garmisch-Partenkirchen, Gut Schwaiganger, Fällung von mindestens 1200 Bäumen für das Olympische Dorf in München!); der Breitensport zugunsten des Elitensports geschädigt; die Entwicklung alles andere als nachhaltig gestaltet.

Es wurden auch genügend Fotos von angeblich umweltfreundlichen BMWs abgedruckt. Und natürlich werden die unvermeidlichen Elektroautos gelobt (S. 46).
Deren Umweltfreundlichkeit weder energetisch noch materialtechnisch gegeben ist, im Gegenteil. (Von der mäßigen Wintertauglichkeit ganz abgesehen!)

Im übrigen sind die betroffenen Lehrerverbände nicht begeistert. Max Schmidt vom Bayerischen Philologenverband sieht „Lernen von den Spielen“ als Werbeheft: „Kritisieren lässt sich zudem, dass ein Unternehmen wie BMW über solche Unterrichtsmaterialien und Anregungen für Aufgaben in die Schule hineinzuwirken versucht. “ Und Klaus Wenzel vom Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband äußert: „Wenn das Ministerium die Materialien unterstützt, steht es in der Verantwortung“ (Drepper, Daniel, Schleichwerbung in der Schule, in sport.zdf.de 11.2.2011).

Eine der wenigen korrekten Aussagen in „Lernen von den Spielen“ ist die folgende: „In  nur 14 Jahren hat sich das Wettbewerbsprogramm um nahezu ein Drittel erweitert“ (S. 55).
Deshalb sind inzwischen auch die Gebirgstäler in den Alpen zu klein geworden für solche gigantomanen Olympischen Winterspiele.

Das olympische Dorf von München 2018 wird als „ökologisch vorbildlich“ gelobt (S. 69).
Für die eine ganze Parklandschaft gerodet und mit Hochhäusern im Bunkerstil bebaut werden soll.

Spielemacher, Internationale Komitees und Sportverbände, Partner aus Politik und Wirtschaft etc. „handeln im Hinblick auf Frieden und Völkerverständigung“ (S. 74).
Im Gegenteil: Die Olympischen Spiele fördern mit Fahnenkult, Hymnen etc. nationalistische Gefühlsregungen, bevorzugen die reichen Industrieländer, ruinieren die Austragungsorte, liefern dem IOC Milliarden und dienen dem Kommerz und den Industriekonzernen. Mit Weltfrieden hat dies nichts zu tun!

Dazu passt das Zitat auf S. 105: „Die Olympische Flagge wird gehisst, die Olympische Hymne gesungen und stellvertretend der Olympische Eid von einem Sportler und einem Kampfrichter gesprochen. Am Ende wird das Olympische Feuer entzündet.“
Das ähnelt stark an ein Sektenritual.

DOSB-Präsident Thomas Bach lobt das „Festival of Friendship“ und „die große Bedeutung des Sports im Hinblick auf Frieden und Völkerverständigung“ (S. 76).
Dies kann exemplarisch an München 2018 betrachtet werden: Alle Parteiebenen von Bündnis 90/Die Grünen unterstützen die Bewerbung nicht – aber die grünen Stadträte. In Garmisch-Partenkirchen spaltet sich der Ort. Olympiagegner haben dort Morddrohungen erhalten und mussten Sachbeschädigungen erleiden. Den Grundstückseigentümern und Bauern werden vom Bürgermeister Enteignungen angedroht. Etc.

Das IOC soll die Aufgabe haben, „gegen jeden politischen oder kommerziellen Missbrauch des Sports und der Athleten vorzugehen“ (S. 81).
Auch hier ist das Gegenteil der Fall. Das IOC hat über Jahrzehnte enge Verbindungen zu autoritären Regimes und Diktaturen gepflegt und in jüngster Zeit Olympische Spiele nach Peking und Sotschi vergeben. Und es hat die gnadenlose Kommerzialisierung des Sports erst ermöglicht (unter anderem durch die Abschaffung des Amateurstatus unter Samaranch).

Interessant sind auch die „Arbeitsaufträge“ an die Schüler, wie z.B.:

„Plant im Team einen Fackellauf für Eure Region“ (S. 25).
„Erfinde mit deinem Team einen passenden Song für die nächsten Olympischen oder Paralympischen Winterspiele… Führt in der Klasse einen Songcontest durch“ (S. 29).
„Plane Deine Anreise zu den Bewerberstädten für die Olympischen/Paralympischen Winterspiele 2018“ (S. 48).
„Denkt euch einen Wettkampf für eine Wintersportart aus, den ihr in der Schule austragen könnt“ (S. 67).
„Findet heraus, wie groß das Sicherheitszentrum ist, wenn der Waschsalon etwa 25 qm misst“ (S. 70).

*

Und all diese olympische Indoktrination wird nun bayerischen Schülern vorgesetzt von Lehrern, die vermutlich von den Schulleitungen dazu gezwungen werden können. Dabei zählen diese Inhalte nicht zum Lehrplan: noch nicht.

Offizielle Stellen geben über staatliche Begünstigungen bei Sportveranstaltungen für gewöhnlich keine Auskunft. Vermutlich tausende Schulkinder wurden während der Ski-WM im Februar 2011 vom Unterricht befreit, um die leeren Zuschauerplätze zu füllen. Am 22. Februar 2011 fragte MdL Ludwig Hartmann im Plenum des Bayerischen Landtags: „Wie viele Schulklassen und wieviele SchülerInnen wurden in Bayern von Schulunterricht befreit, um bei der Ski-WM in Garmisch-Partenkirchen als Zuschauer beiwohnen zu können?“
Beim Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus hüllte man sich in Schweigen: Es entziehe sich der Kenntnis des Ministeriums, „inwieweit und in welchem Unfang Anträge … an die rund 5500 Schulleitungen im Freistaat gerichtet wurden“; die Schulen seien „nicht berichtspflichtig“.

Ob wohl beim Besuch der IOC-Evaluierungskommission vom 1.bis 4. März 2011 auch wie in Annecy und in Pyeongchang jubelnde Schulkinder am bayerischen Straßenrand stehen werden? Selbstverständlich! Die Elterninformation „IOC München – Olympiabewerbuing – Olympiagelände“ kündigte für den 3.3.2011 ein „Briefing EvaComEhrenfläche“ an mit 80 Kindern und Eltern und Betreuern. Originalzitat:
15:00 Treffpunkt am Stadion, Eingang Nord
bis 15.35 Sitzplätze einnehmen, Probedurchlauf
ab 15:50 Stand-By
ab 16:05 Ankunft des IOC: ca. 3 Minuten Präsentation, Kinder ruhig, halten nur Pappschilder in die Höhe
(Festival of Friendship)
ab 16:10 Presse bekommt Zugang: Kinder jubeln, winken, Trillerpfeife > Stadion Atmosphäre
ab 16:15 12 + 2 ausgewählte Kinder überreichen IOC Pappschild/selbstgemaltes Bild und gehen wieder zurück
Dresscode: Tattoos, Normale Kleidung, ca. 30 Mützen, 30 Schals

„Deswegen waren am Donnerstag pünktlich um 15.53 Uhr rund 50 Kinder im Grundschulalter im Münchner Olympiastadion; wie von Zauberhand eingemummelt in weißen Olympiamützen und bepackt mit selbstgemalten Pro-Olympiabildern“ (Kemnitzer, Sebastian, Fotos erlaubt, Fragen unerwünscht, in taz.d 4.3.2011).
(Vergleiche auch: Riedel, Katja, Jubeln nach Plan, in SZ 3.3.2011)

Daniel Drepper zog Anfang Juni 2011 ein Fazit: 3000 deutsche Gymnasien und 1000 Gesamtschulen haben je zwei Broschüren bekommen.
Bayerns Kultusminister Ludwig Spaele sieht nach wie vor keinen Verstoß gegen das Werbeverbot an Schulen: Es sei den einzelnen Lehrern überlassen, wie sie das Material einsetzten. Max Schmidt, der Vorsitzende des Bayerischen Philologenverbandes, sieht dagegen die Broschüre als Werbeheft: BMW versuche, in die Schulen hineinzuwirken.
Christian Hierneis von der Kreisgruppe München des Bund Naturschutz kritisierte, dass keinerlei ausgeübte Kritik am Umweltkonzept vorkomme, der Streit mit den Garmisch-Partenkirchner Grundeigentümern nicht erwähnt wird und das Heft ansonsten eine Ansammlung von Werbeslogans sei.
BMW hatte das Heft komplett finanziert, will aber nach wie vor über die Kosten nichts bekanntgeben.
(Drepper, Daniel, Von den Spielen lernen? in dradio.de 5.6.2011)

Auch nach der gescheiterten Bewerbung München 2018 wird weiter olympisch gefeiert: Die Süddeutsche Zeitung, Medienpartner der Bewerbungsgesellschaft, veranstaltete im Juli 2011 die „SZ-Talentiade“. Dort wurden unter anderem ein zehnjähriger Turner, eine fünfzehnjährige Judoka, eine 16-jährige Schwimmerin als „Olympia-Hoffnung“ abgefeiert (Perkuhn, Anja, Münchner Olympia-Hoffnungen, in SZ 23.7.2011). Und eine Woche vorher wurde dort von einem elf Jahre alten Jungen berichtet, der „zu den besten Eisläufern seines Jahrgangs“ zählt. Aus seinem Alltag: „Ich trainiere vor der Schule und manchmal auch danach. Insgesamt bin ich neun Mal die Woche im Training. Da gewöhnt man sich schnell dran. Ich gehe auf das Isar-Sportgymnasium. Deshalb trainieren wir am Olympia-Stützpunkt“ (Talent im Rampenlicht, in SZ 14.7.2011).

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