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Graubünden gegen Olympische Winterspiele

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Feb 272014
 
Zuletzt geändert am 27.02.2014 @ 15:21

CIPRA International fordert „Olympiafreie Alpen“ und schreibt einen offenen Brief an Thomas Bach.

„Medienmitteilung der CIPRA zu Olympischen Winterspielen
Wir fordern: Olympiafreie Alpen!
Nach dem Fest folgt der nach-olympische Kater: Die Folgeschäden und -kosten in Sotschi werden aufgerechnet. Sie werden gross sein, so wie in allen Austragungsorten Olympischer Winterspiele dieser Welt. In einem Offenen Brief fordert die CIPRA den IOC-Präsidenten Thomas Bach dazu auf, eine grundlegende Reform des IOC einzuleiten. Es dürfen keine Olympischen Winterspiele in der jetzigen Form mehr geplant und durchgeführt werden, doppelt sie in einem Positionspapier nach. (…)“  weiter zur vollständigen PDF-Fassung

Offener Brief an Thomas Bach, Präsident IOC:
„Sehr geehrter Herr Bach,
die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi sind zu Ende. Sie gehen als teuerste und umstrittenste Winterspiele in die Geschichte ein. Doch das Nachspiel steht noch aus. Ist die Berichterstattung über die sportlichen Leistungen und Erfolge der Olympiateilnehmer vorbei, werden überdimensionierte Infrastrukturen, Umweltzerstörung und die negativen Folgen für die Bevölkerung, aber auch die Menschenrechtsverletzungen und die inhaftierten Umweltaktivisten die Assoziationen mit „Sotschi 2014″ noch lange prägen. (…)“  weiter zur vollständigen PDF-Fassung

 

Feb 222014
 
Zuletzt geändert am 12.04.2017 @ 16:26

22.2.2014, aktualisiert 18.3.2014

Vorbemerkung
„Nahrungsergänzungsmittel gelten als legales Doping. Die Sportler sind verrückt danach. Manche verbringen ganze Nächte im Internet, um die neuesten Gemische zu bestellen. Laut einer Studie der Sporthochschule Köln nehmen 96 Prozent der deutschen Olympia-Athleten Nahrungsergänzungsmittel zu sich, Vitamine, Mineralien, hochdosierte Proteine“ (Eberle u.a. 5.8.2013).

Sotschi 2014: Deutsche Biathletin gedopt
Die Biathletin Evi Sachenbacher-Stehle (33) wurde mit A- und B-Probe positiv auf das Stimulans Methylhexanamin getestet. Nun soll die Ursache im Fall Sachenbacher-Stehle angeblich „verunreinigte Energieriegel“ gewesen sein. Das Landeskriminalamt Bayern hat die Privatwohnung von Sachenbacher-Stehle und den Olympiastützpunkt Ruhpolding am 21.2.2014 durchsucht; in Ruhpolding wurden ohne nähere Angaben „Nahrungsergänzungsmittel“ gefunden (spiegelonline 22.2.2014a). Zusätzlich wurde Sachenbacher-Stehles Hauptwohnsitz in Österreich durchsucht (Aumüller, Kistner 24.2.2014).
Der von Sachenbacher-Stehle angegebene „Mentaltrainer“ aus Süddeutschland warb bis vor ihrem positiven Test auf seiner Internetseite auch mit ihr: Nun ist ihr Name gelöscht (Ebenda). Angeblich handelt es sich um den Heilpraktiker Stefan Saxinger aus Bad Tölz, der Mittel der Formen Platinum Europa, LaVita und StemTech (Peschke 27.2.2014).

Methylhexanamin
„Da soll sich einer auskennen. Die Substanz Methylhexanamin, so klärt die Nationale Anti-Doping-Agentur (Nada) auf, sei auch unter anderen Namen zu finden. Als da wären: 1,3-Dimethylamylamin; Dimethylpentylamin; Geranamin; Forthan; Floradren; Geraniumöl; Geraniumwurzelextrakt; 4-Methyl-2-hexanamin; 4-Methyl-2-hexylamin; 2-Amino-4-methylhexan; Pentylamin.  Auch deshalb, weil das Geschäft mit der Nahrung für Hobby- wie Leistungssportler so komplex, so kompliziert, aber auch so lukrativ ist, hatte die Nada die Sportler immer wieder auf die Gefahr von „verunreinigten Nahrungsergänzungsmitteln“ hingewiesen. Stoffe wie das bei Evi Sachenbacher-Stehle gefundene Methylhexanamin werden den Ergänzungsmitteln oft illegal zugesetzt und nicht auf Beipackzetteln deklariert“ (SZ 24.2.2014).
„Methylhexanamin gehört zur Gruppe der Stimulanzien; dabei handelt es sich um Stoffe, die kurz vorm Wettkampf als Aufputschmittel eingenommen werden. Es ist häufig in sogenannten „Prä-Workout-Produkten“ enthalten und soll die Leistung vorübergehend steigern “ (spiegelonline 22.2.2014b).
Das Mittel ist „ausschließlich im Wettkampf verboten. (…) Die Nada warnt deshalb seit Jahren generell vor der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln im Sport“ (br.de 22.2.2014). Diese Nahrungsergänzungsmittel stehen auch auf der „Kölner Liste“ des Kölner Doping-Analyselabors (Kistner 22.2.2014). Der Anstieg der Dopingfälle mit Metyhlhexanamin ist beträchtlich: 2008-1 Dopingfall, 2009-31, 2010-123, 2011-283, 2012-320: Das waren in 2012 bereits 45 Prozent aller Dopingfälle mit Stimulanzien (spiegelonline 22.2.2014b).
„Die Zahl der Dopingfälle mit Methylhexanamin sei in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen, schreibt die Deutsche Sporthochschule Köln. .. Im Jahr 2012 gab es 320 Dopingfälle mit Methylhexanamin – 45 Prozent aller Dopingbefunde mit Stimulanzien“ (spiegelonline 22.2.2014b). Merkwürdiger „Zufall“: Während Sotschi 2014 wurden gleich drei Athleten mit Methylhexamin erwischt: Neben der deutschen Biathletin der italienische Bobfahrer William Frullani und der lettische Eishockeyspieler Vitalijs Pavlovs (Aumüller, Kistner 24.2.2014).

Stellungnahmen
Der Generaldirektor des DOSB, Michael Vesper, gab an, am 20.2. gegen 22.30 Kenntnis von der Causa Sachenbacher-Stehle bekommen zu haben. „Michael Vesper hat schon einmal frischer ausgesehen als an diesem Abend“ (Ahrens 21.2.2014b). Vesper spielte den Fall herunter: „Leute, wir sprechen hier nicht über Heroin, Epo oder sonst was“ (Aumüller, Kistner 24.2.2014). – „Auch war den DOSB-Oberen sehr daran gelegen, den Fall als unvorstellbare Naivität einer erfahrenen Athletin darzustellen, die trotz der jahrelangen Warnungen von Verband, Anti-Doping-Agenturen und Laboren Nahrungsergänzungsmittel zu sich genommen habe“ (Ebenda).
Die Vorsitzende des Sportausschusses des Deutschen Bundestages, Dagmar Freitag, „erinnert auch an Vespers Aussage, dass der Olympiatross in Sotschi sauber an den Start gehe: Nominiert sei nur, wer nachweislich kontrolliert worden sei“ (Kistner 21.2.2014). Freitag: „Wer aus negativen Tests den einzigen Rückschluss zieht, dass die betreffenden Athleten sauber sind, hat das Doping-System nicht begriffen“ (Ebenda). Der Heidelberger Molekularbiologe Werner Franke: „Es kann Dummheit von ihr gewesen sein. Aber der, der einen Vorsatz ausschließt, ist mindestens genauso dumm. Das betreffende Mittel hat ganz klar eine leistungssteigernde Wirkung, gerade für Biathleten, da es vor allem beim Schießen Vorteile bringt“ (Gödecke 22.2.2014). – „Mentaltrainer und gleichzeitig Ernährungsberater, wenn ich das schon höre. Wer mit so einem Guru zusammenarbeitet, gehört schon wegen Dummheit gesperrt“ (Aumüller, Kistner 24.2.2014). Der Nürnberger Dopingexperte Fritz Sörgel war über die versprochene „Erhöhung von adulten Stammzellen im Körper“ durch einfache Algenextrakte wie der Substanz StemEnhance mehr als verwundert (Aumüller, Kistner 1.3.2014).
Der ARD-Dopingexperte Hajo Seppelt äußerte, die Möglichkeit, dass Sachenbacher-Stehle bewusst gedopt habe, finde in der Öffentlichkeit zu wenig Beachtung. Es sei genauso gut möglich dass sie sich das Aufputschmittel bewusst zugeführt hat (Küpper 22.2.2014). Dagegen ihr Anwalt Marc Heinkelein: „Wir reden hier nicht von der Kategorie knallhartes Doping, sondern über Nahrungsergänzungsmittel“ (spiegelonline 23.2.2014).
Kann es nicht sein, dass die euphemistische Bezeichnung „Nahrungsergänzungsmittel“ eine von mehreren Beteiligten im Vorfeld ausgedachte Notformel war, falls jemand auffliegt?

Zur Vorgeschichte
Bereits bei den Olympischen Winterspielen 2006 in Turin fiel Sachenbacher-Stehle bei Dopingproben durch den hohen Hämoglobinwert auf und wurde vom IOC mit fünf Tagen „Schutzsperre“ belegt. Die Verteidigungslinie: Angeblich handelte es sich bei ihr um eine geburtsbedingte Anomalie. Der renommierte Gießener Sportmediziner Paul Nowacki, der zu der Zeit Anti-Doping-Beauftragter des deutschen Skiverbandes (DSV) war und die Ursache „Blutanomalie“ anzweifelte, wurde zum Rücktritt gedrängt (Ahrens 21.2.2014a). Der DSV wollte bei der FIS eine Ausnahmegenehmigung für Sachenbacher-Stehle erreichen, die jedoch von der FIS verweigert wurde.
Peinlich: „Besonders der damalige Chef des Deutschen Skiverbandes, Alfons Hörmann, hatte sich immer wieder für Sachenbacher-Stehle eingesetzt. Für ihn ist die Situation bei seinen ersten Olympischen Spielen als oberster deutscher Sportfunktionär daher doppelt unangenehm“ (Ebenda; Hörmann ist seit Dezember 2013 DOSB-Präsident).
Der aktuelle Langlauf- und ehemalige Biathlon-Männer-Bundestrainer, Frank Ullrich, äußerte: „Das ist für uns alle ein Schock. Ich kann nur hoffen, dass das noch eine Wende zum Guten nimmt“ (spiegelonline 21.2.2104; Kistner 22.2.2014). Warum es für Ullrich ein Schock sein sollte, ist dies schwer zu verstehen. „Erinnert sei hier an den Fall des DDR-Biathlontrainers Frank Ullrich aus Suhl, der heute Skilanglauf-Bundestrainer ist. Im Jahr 2009 kam eine vom Deutschen Skiverband eigens eingesetzte Untersuchungskommission zu dem Ergebnis: Wenn Ullrich auch heute daran festhalte, dass es sich damals im DDR-Biathlon lediglich um legale Mittel gehandelt habe, gehe die Kommission von einem ‚unbewusst gesteuerten Verdrängungsmechanismus‘ aus. Das Gremium, das unter Vorsitz des Juristen und Vizepräsidenten des Deutschen Skiverbandes Franz Steinle (heute Präsident des DSV als Nachfolger von Hörmann; WZ) stand, war entgegen der Empfehlung des DOSB an seine Verbände, in solchen Fällen die zentrale Dopingkommission des DOSB einzuschalten, verbandsintern und eigenmächtig zu dem Ergebnis gelangt, an den Skiverband die Empfehlung zu geben, keine arbeits- oder dienstrechtlichen Schritte gegen Trainer Frank Ullrich einzuleiten. Sollte Hörmann so weiter agieren, dann dürfte er das Erbe von Thomas Bach in dessen Sinn bestens weiterverwalten“ (Purschke 8.12.2013). Der frühere DDR-Biathlet Jürgen Wirth sagte in der ARD: “Ullrich hat uns damals angewiesen, dieses Mittel Oral-Turinabol einzunehmen” (Hahn 11.2.2014).

Fazit von Anno Hecker in der FAZ
„Man kann niemandem mehr trauen. Eine Überraschung kann der positive Doping-Test in der deutschen Mannschaft nicht sein. (…) Die jüngste Entdeckung, sosehr sie ein Einzelfall inmitten Hunderter negativer Proben ist, taugt nicht als Beweis für die Sauberkeit aller anderen Starter. Dazu sind zu viele kaum entdeckbare Substanzen, zu viele Betrüger mit einem komfortablen Vorsprung vor den Fahndern im Rennen. Auch deshalb wirken die Beteuerungen des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), man werde die Doper fassen, unglaubwürdig. Vermutungen, die Organisation nutze nicht immer alle Nachweisverfahren, nähren den Verdacht: Die Herren der Ringe haben kein besonderes Interesse, den Wert ihrer lukrativen Veranstaltung in Frage zu stellen. Der Interessenkonflikt ist zu groß“ (Hecker 21.2.2014b).

Kommentar von Claudio Catuogno in der SZ
„Weggesperrte Umweltschützer, zwangsumgesiedelte Anwohner, ausgebeutete Bauarbeiter, gefälschte Fernsehbilder, homophobe Gesetzgebung, Propaganda. Die Spiele von Sotschi hatten viele unerfreuliche Aspekte.(…) Die Aufregung hatte aber einen fürs IOC angenehmen Nebeneffekt. Um ein Haar wäre angesichts all der berechtigten Empörung über Trauerflor-Verbote und Putin-Kungelei ein weiteres Übel arg in den Hintergrund gerückt. Eines, das man nach der Schlussfeier am Sonntag nicht einfach in Sotschi zurücklassen kann wie planierte Berge oder Aktivisten in Lagerhaft. Eines, das den modernen Leistungssport von innen heraus zerfrisst. Doping eben. (…) Wenn Evi Sachenbacher-Stehle nun über einen verunreinigten Energieriegel oder ähnliches stolpert, sieht das wie ein Erfolg fürs Testsystem aus. Wie ein dummer Einzelfall. Verunreinigte Energieriegel sind aber nicht die Art von Doping, die man immer mitdenken muss, wenn man sich mit den olympischen Extremleistern befasst. Mit den russischen, weißrussischen, amerikanischen, deutschen und so weiter“ (Catuogno 22.2.2014).

Anti-Doping-Gesetz kommt doch
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) tritt nun auch für ein schärferes Anti-Doping-Gesetz ein; darin soll endlich auch der Besitz geringer Mengen an Dopingmitteln unter Strafe gestellt werden. „Dopern und Ärzten sollen bis zu fünf Jahren Haft drohen“ (Kistner 21.2.2014). Maas will dies zusammen mit den Bundesländern noch im Jahr 2014 auf den Weg bringen. „Seit fast zehn Jahren kämpft der Sport gegen diesen Schritt. Er muss wohl dazu gezwungen werden“ (Hecker 21.2.2014a).
Dopingforscher Prof. Perikles Simon äußerte zum tatsächlichen Dopingstand in Sotschi 2014: „Fünf positive Fälle bei über 2500 Tests, damit bewegen wir uns im Promillebereich, das steht im scheinbaren Widerspruch zu den Erkenntnissen der empirischen Sozialforschung der letzten 40 Jahre, die belegt, dass zwischen 15 und 78 Prozent der Hochleistungssportler in der Vorbereitung auf Spitzensportereignisse dopen“ (Schicklinski 25.02.2014).

Quellen:
Achtung! Falle! in SZ 24.2.2014
Ahrens, Peter
– Comeback einer Affäre, in spiegelonline 21.2.2014a
– Schuld und Sühne, in spiegelonline 21.2.2014b
Aumüller, Johannes, Kistner, Thomas
– Verschwunden von der Liste des Mentaltrainers, in sueddeutsche.de 23.2.2014
– Verdacht verdichtet, in SZ 1.3.2014
Catuogno, Claudio, Klammern an die Illusion, in SZ 22.2.2014
Deutsche Biathletin Sachenbacher-Stehle positiv getestet, in spiegelonline 21,2.2104b
Eberle, Lukas, Großekathöfer, Maik, Hacke, Detlef, Ludwig, Udo, Pfeil, Gerhard, Game over, in Der Spiegel 32/5.8.2013
Gödecke, Christian, Verunreinigt, nicht sauber, in spiegelonline 22.2.2014
Hahn, Thomas, Unbewusst verdrängt, in SZ 11.2.2014
Hausdurchsuchungen bei Biathletin Sachenbacher-Stehle, in spiegelonline 22.2.2014a
Hecker, Anno
– Die Ärzte sollen reden, in faz.net 21.2.2014a
– Die Schatten von Sotschi, in faz.net 21.2.2014b
Kistner, Thomas
– Wende zum Schlechten, in sueddeutsche.de 21.2.2014
– Justizminister droht mit Gefängnis, in SZ 22.2.2014
– Mysteriöser Zettelmann gesucht, in SZ 25.2.2014
Küpper, Moritz, „Sie könnte es auch bewusst genommen haben“, Gespräch mit Hajo Seppelt, in deutschlandfunk.de 22.2.2014
Peschke, Sara, Der sonderbare Mentaltrainer aus Bad Tölz, in spiegelonline 27.2.2014
Peschke, Sara, Kuhrt, Nicola, Gefährliche Nahrung, in spiegelonline 24.2.2014
Purschke, Thomas, Alfons Hörmann ist neuer Präsident, in taz 8.12.2013
Razzia in Ruhpolding, in br.de 22.2.2014
Sachenbacher-Stehle verspricht „lückenlose Aufklärung“, in spiegelonline 23.2.2014
Schicklinski, Johann, Dopingforscher Simon fordert personelle Konsequenzen, in t-online 25.02.2014
Verlockendes, gefährliches Methylhexanamin, in spiegelonline 22.2.2014b

Feb 132014
 
Zuletzt geändert am 12.04.2017 @ 16:27

11.2.2014, aktualisiert 20.1.2016
Vergleiche auch: Gazprom-Chronik; Gazprom; Putin, Wladimir; Putin: Krieg und Spiele; Almaty 2022; Makarow, Igor; Rotenberg, Arkadij, Boris; Gazprom-NTW

Vorbemerkung: Wenn man die Politik Putins in Russland kritisiert, muss man noch lange kein Freund der USA-Politik sein!

Zur Erinnerung an das Jahr 2004: “Schröder antwortete in der ARD-Sendung ‘Beckmann’ (…) auf die Frage, ob Putin ein lupenreiner Demokrat sei: ‘Ja, ich bin überzeugt, dass er das ist’” (Schröder: Putin ist lupenreiner Demokrat“, in Hamburger Abendblatt 23.11.2004). Jürgen Roth wies in seinem Buch „Gazprom – Das unheimliche Imperium“ (Frankfurt 2012) darauf hin, dass Schröder auch im Dezember 2006 im Focus und im November 2007 in n-tv Putin als „lupenreinen Demokraten“ qualifizierte (Roth S. 281).

– Lupenreine Diktatur (1): Putin verschärft seine Herrschaft. Zur Erinnerung: Putin war bereits zwei Amtsperioden russischer Staatspräsident und durfte nicht ein drittes Mal kandidieren. Deshalb spielte er den Trick mit der Übernahme des Amtes des Ministerpräsidenten für die Jahre 2008 bis 2012 im Wechsel mit Dmitri Medwedew (einem früheren Gazprom-Aufsichtsratschef), als Staatspräsident: Dies bescherte Putin formaljuristisch die Möglichkeit einer neuerlichen Kandidatur um das Amt des russischen Präsidenten 2012. Die Wahl am 4.3.2012 gewann er mit 63 Prozent der Stimmen, aber schon im Vorfeld wurde bei der Parlamentswahl  getrickst. „Für die ganze Welt sichtbar wurde das in den Massenprotesten gegen gefälschte Wahlen um den Jahreswechsel 2011/2012“ (Hans, Julian, Die atomisierte Gesellschaft, in SZ 13.8.2013). Regimekritiker Alexej Nawalny rief vor der Parlamentswahl Ende 2011 die Russen dazu auf, „sie könnten für jede Partei stimmen, nur nicht für die ‚Partei der Gauner und Diebe‘. Die pointierte Bezeichnung für die Regierungspartei Einiges Russland wurde fortan zum geflügelten Wort im kritischen Teil der Bevölkerung“ (Nienhuysen, Frank, Aus ganz besonderem Holz, in SZ 17.4.2013; Hervorhebung WZ).
Ein Jahr danach, am 7.5.2013, wollten Putin-Gegner mit einem Protestmarsch „an die Festnahmen am Tag vor der Vereidigung erinnern. Fast drei Dutzend Regierungskritiker sind wegen der gewaltsamen Zusammenstöße mit der Polizei vor einem Jahr im Visier der Justiz. Einige sind in Haft, andere stehen mit elektronischen Fußfesseln unter Hausarrest. Die Anklagen reichen bis hin zur ‚Organisation von Massenunruhen'“ (Ebenda).
„Seit er im Mai vor einem Jahr seine dritte Amtszeit als Präsident angetreten hat, kann man ihn täglich dabei beobachten, wie er seine Macht festigt und mithilfe der Justiz jene zivilgesellschaftlichen Moleküle zerschlagen lässt, die sich aus der atomisierten Gesellschaft gebildet haben“ (Hans 13.8.2013). Seit dem Mai 2013 hat Putin „das Demonstrationsrecht verschärft und die Freiheit im Internet beschränkt. Nichtstaatliche Organisationen, die Geld aus dem Westen erhalten, müssen sich als ‚ausländische Agenten‘ registrieren lassen. Beleidigungen wurden wieder zum Straftatbestand, gegen Oppositionsführer wie Alexej Nawalny etwa Verfahren wegen Betrugs oder Unterschlagung angestrengt. Mit einem Wort: Regimekritik wurde kriminalisiert. Es hat funktioniert. Weil die Begründung, dass alles Verderbliche nach wie vor aus dem Westen komme, noch immer in vielen Russen den Patrioten wach werden lässt. Ein Reflex, auf den Putin setzt“ (Neef, Christian, Schepp, Matthias, Der Übervater, in Der Spiegel 19/6.5.2013).

– Lupenreine Diktatur (2): Pressefreiheit à la Putin. „Reporter ohne Grenzen zählt Russlands Präsidenten Wladimir Putin seit Langem zu den größten Feinden der Pressefreiheit, in der Rangliste der Organisation steht sein Land auf Platz 148 von 179. (…) Und weil der Staat die Übertragungsrechte kontrolliere, gebe es landesweit nur drei große Sender: Rossija (Russland), der direkt der staatlichen Medienholding gehört; Perwyj Kanal (Erster Kanal), der zu einer Hälfte dem Staat, zur anderen zwei kremlnahen Oligarchen gehört; und NTV, seit 2007 im Besitz des halbstaatlichen Energiekonzerns Gazprom. Der einzige kritische Kanal sei der 2010 gegründete Sender TV Doschd. Mehrmals bewarb der sich um Ausstrahlungslizenzen – wurde aber nicht zugelassen. Über Internet und Kabel erreicht TV Doschd eine Million Zuschauer am Tag. Russland hat 143 Millionen Einwohner. (…) Doch der Kreml versucht laut Gruska nicht nur die Berichterstattung in Russland zu beeinflussen, sondern auch russlandfreundliches Material in ausländischen Medien zu platzieren. Ein kremlnaher Verlag produziert eine Zeitungsbeilage, die der New York Times , dem Telegraph und Le Figaro beiliegt, in Deutschland erscheint sie als Russland Heute in der Süddeutschen Zeitung . Zudem betreibt der Staat den Auslandssender Russia Today (RT). 2000 Mitarbeiter in 19 Ländern arbeiten für RT und bieten Medien einen besonderen Service: Auf der Website lassen sich die staatstreuen Beiträge herunterladen. Nach RT-Angaben nutzten bereits 16.000 Sender in 185 Ländern das Material“ (Hollenstein, Oliver, Märchen für die Massen, in SZ 29.11.2013).
Putin-TV.„Das Tochterunternehmen Gazprom Media hatte im Jahr 2000 handstreichartig den regierungskritischen Fernsehsender NTW übernommen und in einen Propagandasender Putins umgewandelt. Der Verkauf der Medienanteile wurde schon mehrmals angekündigt. Aber im vergangenen Jahr (2013; WZ) beschloss GazpromMedia den Zukauf weiterer russischer Fernsehstationen und Radiosender. Ein Medienimperium à la Berlusconi ist entstanden – auf Staatskosten“ (Voswinkel, Johannes, Gigant von Putins  Gnaden, in Greenpeace Magazin 2/2014 2/14).

– Lupenreine Diktatur (3): Olympische „Pressefreiheit“. „Nach einem Bericht von Reporter ohne Grenzen haben in der Krasnodar-Region Lokalbehörden mit den Medien ‚Abkommen über Informationsversorgung‘ geschlossen. Diese erhielten ‚generöse Unterstützung und Steuervorteile‘ im Gegenzug für Artikel, die inoffiziell ‚die Behörden preisen'“ (Nienhuysen, Frank, Im Schatten der Ringe, in SZ 1.2.2014).

– Lupenreine Diktatur (4): Putins persönlicher Schatz. Zur Erinnerung: Der Oppositionelle Alexej Nawalny wurde kurz vor der Moskauer Oberbürgermeister-Wahl unter fadenscheinigen Gründen verhaftet – und umgehend wieder freigelassen. Sergej Sobjanin, sein Gegenkandidat von Putins Partei Einiges Russland, hatte ihn aufgefordert, nicht aufzugeben. „Putins Machtapparat braucht Nawalnys Teilnahme an der Bürgermeisterwahl, um dieser einen Anstrich von Fairness zu geben. Sie werden seinen Sieg zu verhindern wissen. Was wir sehen, ist nicht Rechtsstaat, sondern inszeniertes Rechtsstaatstheater“ (Hans, Julian, Theater vor Gericht, in SZ 20.7.2013). Nawalny trat mit dem Motto auf: „Rossija bjes Putina“ – Russland ohne Putin (Nienhuysen, Frank, Der Mann, der aus dem Netz kommt, in SZ 10.8.2013).
Nawalny hatte im Wahlkampf um das Amt des Moskauer Bürgermeisters im Sommer 2013 die Moskauer Wähler gefragt, „ob sie denn wüssten, wie viel Geld Russland in den letzten 15 Jahren durch den Verkauf von Öl, Gas und Metall verdient habe. ‚Keine Ahnung‘, ruft eine Rentnerin, ‚bekommen haben wir davon nichts.‘ – ‚Drei Billionen Dollar‘, sagt Alexej Nawalny, ‚damit würden auf jeden einzelnen Russen 640.000 Rubel entfallen, Säuglinge und 100-jährige inbegriffen, fast 20.000 Dollar'“ (Neef, Christian, Schepp, Matthias, Lehrstück aus Moskau, in Der Spiegel 16/2.9.2013).
Gehören die russischen Rohstoffe Putin und seiner Gang persönlich? Zumindest verfährt er so. Vergleiche auch das Buch von Jürgen Roth: Gazprom, in dem die vielfältigen Beziehungen und personellen Verflechtungen zwischen Putin, dem Kreml und Gazprom aufgezeigt werden.
Vorschlag zur Umbenennung des IOC: Internationaler Oligarchen-Club.

– Lupenreine Diktatur (5): Amnesty International unzufrieden. Sprecher Emile Affolter am 3.2.2014: „Es muss dringend mehr als bisher auf die Einhaltung der Menschenrechte geachtet werden“ (Ebenda). Die  Einhaltung von Grundrechten muss vorher fixiert werden: „Das halten wir für eine der wichtigsten Aufgaben, die Bach zu lösen hat. Wir erleben hier täglich, wie die Meinungsfreiheit eingeschränkt wird“ (Ebenda). Jürgen Mittag von der Deutschen Sporthochschule Köln meinte wenig hoffnungsfroh: „Künftig werden sie auch ökologische Aspekte oder Menschenrechtsfragen bei ihren Entscheidungen berücksichtigen. Allerdings wohl nur auf niedrigem Niveau“ (Kaufmann, Stefan, Die Welt zu Gast bei Feinden, in handelsblatt.com 3.2.2014). – Die „Pussy-Riot“-Aktivistin Nadeschda Tolonnikowa protestierte mit ihren Mitstreiterinnen in einer Aktion am 21.2.2012 in einer Moskauer Kirche gegen die enge Verbindung der russisch-orthodoxen Kirche zu Putin. Tolonnikowa saß seit März 2012 in Haft und berichtete im September 2013 über ihre Haftbedingungen: „17 Stunden Arbeit am Tag, nur vier Stunden Schlaf, Gewaltandrohungen, falls die Norm nicht erfüllt wird, umgerechnet 70 Cent Lohn im Monat. Seit Montag befindet sich Tolonnikowa im Hungerstreik“ (Hans, Julian, Geschäfte mit dem Gulag, in SZ 28.9.2013). – Im November 2013, kurz vor Beginn der Olympischen Spiele 2014 in Sotschi, werden 30 im September 2013 festgenommene Greenpeace-Aktivisten der „Arctic Sunrise“, die verbliebenen beiden Mitglieder von „Pussy Riot“ und der ehemalige Eigentümer der Ölfirma Yukos, Michail Chodorkowski, per „Dekret“ des Präsidenten Putin begnadigt und aus der Haft entlassen.

– Lupenreine Diktatur (6): Putins Freunde. Interview von Jörg Winterfeldt in der Frankfurter Rundschau mit dem Regimekritiker Boris Nemzow: Dieser kann nicht nach Sotschi reisen, “weil Putin für Sotschi-Reisen eine besondere Genehmigung durch den FSB (Federalnaja sluschba besopasnosti Rossijskoj Federazii, Russlands Inlandgeheimdienst, d. Red.) zur Auflage gemacht hat. Oppositionsführern und Oppositionsaktivisten ist es völlig unmöglich, diese Genehmigung zu bekommen. Insofern sind diese Spiele ein einzigartiger Fall: Wenn du zum Beispiel eine Eintrittskarte für ein Hockeyspiel hast, reicht das nicht aus, um in die Eishockeyhalle zu gelangen. Du musst auch eine Genehmigung vom FSB bekommen. Die verweigern sie politischen Aktivisten.” Diese Genehmigung erhalten vor allem “Angehörige der Partei Einiges Russland, Gazprom-Leute, Eisenbahn-Mitarbeiter. Zwei meiner Parteikollegen ist die Genehmigung verwehrt worden.” Zum Umgang von Sotschis Bürgermeister Anatolij Pachonow mit den Bürgern äußerte Nemzow: “Der Bürgermeister hat sie nicht beschützt, weil er nur Putin und seinen Leuten dient, nicht den Bürgern Sotschis. Sie haben auch nicht von den Baumaßnahmen profitieren können, weil nur Einwanderer aus mittelasiatischen Ländern Jobs bekommen haben. Viele Bürger aus Sotschi haben auch keine Chance, sich Wettbewerbe der Spiele anzusehen, weil die Eintrittskarten sehr teuer sind.”
Nemzow hatte gegen Bürgermeister Anatolij Pachonow kandidiert. Zur “Wahl” sagte er: “Die Wahl war total gefälscht. 36 Prozent der Stimmen wurden im Vorhinein abgegeben, und ausnahmslos alle bekam Pachomow. Es herrschte absolute Zensur. Ich bekam keine Chance, im Fernsehen in Debatten aufzutreten oder in Zeitungen Gehör zu finden. Sie haben mein Werbematerial beschlagnahmt, und sie haben meine Berater verhaftet. In der Zeit war Putin zweimal in Sotschi, um seinen Protegé Pachomow zu unterstützen.” Auf die Frage, wer von den Spielen profitiere, äußerte Nemzow: “Putins Freunde. Arkadij Rotenberg, sein Judo-Partner, hat mehr als sieben Milliarden US-Dollar bekommen. Sein KGB-Freund, der Bahn-Chef Wladimir Jakunin, bekam zehn Milliarden US-Dollar aus dem Budget. Putins Freunde von Gazprom, aus der Sberbank.” Über Russland urteilte Nemzow: “Jeder versteht, dass das hier ein Land des Polizeistaates und der Korruption ist. Ich glaube, dass Sicherheitserwägungen in Sotschi sehr wichtig sind. Ich glaube und hoffe, dass den Besuchern nichts zustößt. Ich glaube aber auch, dass die Polizei sich nicht nur um Sicherheit kümmert, sondern auch darum, die Opposition von den Sportstätten fernzuhalten” (Winterfeldt, Jörg, “Für viele Einwohner sind die Spiele ein Desaster”, in fr-online 5.2.2014).

– Lupenreine Diktatur (7): Proteste auf dem Roten Platz. Pünktlich zur Eröffnung von Sotschi 2014 haben am 7.2.2014 neun junge Demonstranten die russische Nationalhymne gesungen und die russische Fahne und ein paar Regenbogenfähnchen, das Symbol der Homosexuellenbewegung, hochgehalten. Sie wurden sofort festgenommen und auf der Polizeiwache geschlagen. Die Organisatorin Lena Kostjutschenko sagte: „Wir haben nichts gefordert, nur gesungen. Wir wollten zeigen, dass auch wir Teil dieses Landes sind“ (Dornblüth, Gesine, Festnahmen während der Olympiaeröffnung, in deutschlandfunk.de 10.2.2014).
„Die Festnahmen auf dem Roten Platz waren nicht die einzigen nach der Olympia-Eröffnung. Am Samstag trafen sich Dutzende Moskauer auf dem Manege-Platz am Kreml, um Solidarität mit dem unter Druck geratenen unabhängigen Fernsehsender Doschd auszudrücken. Ihr Erkennungszeichen: ein Regenschirm. Doschd heißt Regen. Alle wurden festgenommen. Die Behörden reagierten immer hysterischer auf Kritik, auch während Olympia, meint Lena Kostjutschenko: ‚In den Polizeiprotokollen steht: Sie hatten einen Regenschirm aufgespannt, obwohl es nicht regnete. Jetzt wird ihnen Verletzung der öffentlichen Ordnung vorgeworfen.‘  Den meisten russischen Medien waren die Festnahmen am Wochenende keine Meldung wert. Sogar kremlkritische Zeitungen hielten sich zurück“ (Ebenda).

– Lupenreine Diktatur (8): Repressionen gegen Umweltwacht Nordkaukasus. Schewtschenko: “Wir Umweltschützer sind dauernd mit Repressionen durch den Staat konfrontiert. Die Austragung der Olympischen Spiele hat die Situation nicht verändert. Im vergangenen Jahr wurde den Mitgliedern unserer Organisation sogar unterstellt, Spione zu sein, die für das Ausland oder für die Interessen der USA arbeiten. In diesem Jahr wurden wir bereits vom Justizministerium durchleuchtet. Wir mussten den Behörden unsere komplette Korrespondenz der vergangenen drei Jahre zur Verfügung stellen. Auch einzelne Aktivisten werden wegen ihres Engagements für den Umweltschutz stark bedrängt und mit Haftstrafen bedroht. Aktuell bekannt gewordene Fälle sind die von Suren Gasarjan und Jewgeni Witischko. Unser Vorstand Suren Gasarjan sah sich gezwungen Russland zu verlassen und lebt heute in Estland. Für den verurteilten Jewgeni Witischko hat Amnesty International vor wenigen Tagen eine Solidaritätskampagne gestartet” (Henneberger, Kathrin, „Die Kompensation ist ein Bluff“, in klimaretter.info 7.2.2014; zu Witischko siehe unten unter 14).
Für Wladimir Kimajew von der Umweltwacht sind die Olympischen Spiele Sotschi 2014 eine Tragödie. „Seine Leute haben es immerhin geschafft, dass der Eiskanal nicht in einem Naturschutzgebiet gebaut wurde, sie durchkreuzten die Pläne für einen Hafen am Olympiapark und für ein Kraftwerk mitten in der Stadt“ (Bidder, Benjamin, Eberle, Lukas, Großekathöfer, Maik, Gestern und Morgen, in Der Spiegel 7/10.2.2014). Die für Kimajew schlimmsten Bauten – die Autobahn und Bahntrasse über dem Fluss Msymta – konnten sie nicht verhindern. „Die einzigen Profiteure sind die Unternehmen. Jeder Gauner konnte sich mit Geld eine Baugenehmigung kaufen und hier hinstellen, was er wollte“ (Ebenda).

– Lupenreine Diktatur (9): Umweltschützer Witischko verhaftet. Rechtzeitig zum Beginn von Sotschi 2014 wurde der Geologe Jewgeni Witischko von der Umweltwacht Nordkaukasus verhaftet. “Im Jahr 2011 hatte er sich mit Aleksandr Tkatschow angelegt, dem mächtigen Gouverneur der Region Krasnodar, zu der auch Sotschi gehört. Tkatschow ist der größte Grundbesitzer und ein wichtiger Verbündeter des Kremls bei der Kontrolle über die Olympia-Milliarden. Weil Witischko mit seinen Anhängern dagegen protestierte, dass sich der Gouverneur ein schönes Stück Strand zu seiner Datscha einverleibte, wurde der Öko-Aktivist zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Im Dezember 2013 aber wandelte ein Gericht die Bewährungsstrafe in drei Jahre Lagerhaft um – Jewgeni Witischko hatte angeblich gegen die Bewährungsauflagen verstoßen” (Heimann, Doris, Mehr Fluch als  Segen, in schwaebische.de 7.2.2014).
Die Rolle Olympischer Spiele ist für das IOC wichtig, für Potentaten aber noch wichtiger. Hierzu das Beispiel Olympischer Sommerspiele Berlin 1936: hier

– Lupenreine Diktatur (10): Bürgerrechtler Sawwa unter Hausarrest. Der Krasnodarer Universitätsprofessor Michail Sawwa , ein Politologe und Direktor einer Nichtregierungsorganisation, wurde im April 2013 verhaftet; er saß lange in Untersuchungshaft und steht derzeit noch bis 3.2.2014 unter Hausarrest (Aumüller, Johannes, Danach droht die Strafkolonie, in SZ 25.1.2014). Sawwa wurde dann punktgenau für die Olympischen Winterspiele außer Gefecht gesetzt: „Auch der bekannte und in Krasnodar wohnhafte Bürgerrechtler Michail Sawwa, gegen den ein Verfahren wegen der angeblichen Veruntreuung von Stipendiengeldern in Höhe von knapp 10 000 Euro läuft, war punktgenau noch einmal drangsaliert worden. Am Wochenende verlängerten die Behörden den Hausarrest des Politologen um zwei Monate“ (Aumüller, Johannes,  Zu viele Schimpfwörter, in SZ 5.2.2014).

– Lupenreine Diktatur (11): Der „russische Zar“. Andreas Rüttenauer schrieb in der taz: „Die Mitglieder des IOC haben auch gewusst, wer sich da im Juli 2007 in feinstem Englisch an sie gewandt hat. Putin war schon sieben Jahre Präsident in Russland. Längst hatte er die demokratische Verfassung durch seinen autoritären Führungsanspruch de facto außer Kraft gesetzt. Und doch wollte keiner murren, als Bewerbungschef Tschernischenko nach dem Abstimmungserfolg für Sotschi von einer ‚Chance für die junge Demokratie in Russland‘ schwafelte. Und auch das im Juni 2013 von der Duma einstimmig verabschiedete Gesetz, das „Propaganda von nicht-traditionellen sexuellen Beziehungen gegenüber Minderjährigen“ unter Strafe stellt, ist nicht vom Himmel gefallen. (…) Als mehrere 100.000 Menschen Boykottaufrufe unterschrieben hatten, erklärte das IOC, dass Schwule und Lesben in Sotschi nichts zu befürchten hätten, wenn sie die Klappe hielten. Versuche, ein Pride House in Sotschi einzurichten, das bei den Spielen in London 2012 und Vancouver 2010 Treffpunkt schwul-lesbischer Sportler gewesen war, scheiterten am russischen Einspruch. Die Organisatoren hatten da längst den Versuch aufgegeben, in Sotschi so etwas wie ein anderes Russland zu zeigen. Bürgerrechtler wie der Umweltaktivist Jewgeni Witischko von der Umweltwacht Nordkaukasus wurden wenige Tage vor Beginn der Spiele weggesperrt“ (Rüttenauer, Andreas, Putins Spiele in XXL, in taz.de 7.2.2014).

– Lupenreine Diktatur (12): Sotschi-2014-Profiteure I. Das neue Skiressort Rosa Chutor wurde vom russischen Oligarchen Wladimir Potanin erbaut. „Er hat beste Beziehungen zum Kreml. Rund 2,5 Milliarden US-Dollar hat er eigenen Angaben zufolge allein in das Skigebiet Roza Chutor investiert. Dass das in absehbarer Zeit Profit abwirft, ist unwahrscheinlich“ (Dornblüth, Gesine, Vom Badeort zum Wintersportmekka, in deutschlandfunk.de 5.1.2014). – „Potanin wird nach den Spielen an jedem Skipass, jeder Bratwurst und jedem Bier verdienen – ganz Chutor ist Privatbesitz“ (Spannagel, Lars, Olympias Sklaven machen es möglich, in tagesspiegel.de 4.1.2014).

– Lupenreine Diktatur (13): Sotschi-2014-Profiteure II. Putin war von den Wahlfälschungen 2011/2012 geschwächt. Nun versucht er, mit Sotschi 2014 Reputation zu gewinnen. Christian Neef und Matthias Schepp listeten im Spiegel die Verbindung zu seinen Oligarchen-Kumpels auf. – Wladimir Jakunin ist Chef der Russischen Eisenbahnen. „Jakunins Eisenbahnkonzern hat in Sotschi acht große Projekte für 6,6 Milliarden Euro aus dem Boden gestampft, darunter die Autobahn und die 42 Kilometer lange Eisenbahnlinie von der Küste in die Kaukasusberge“ (Neef, Christian, Schepp, Matthias, Putins Spiele, in Der Spiegel 27.1.2014). 332.000 Quadratmeter Asphalt versiegelten den Boden, 54.000 Quadratmeter Granit  wurden verlegt. Der Blogger Alexej Nawalny berichtete, dass sich Jakunin vor den Toren Moskaus einen Palast mit mehreren Dutzend Zimmer errichten hat lassen (Ebenda). – Ahmed Bilalow war Bauunternehmer aus Dagestan, Vizepräsident des russischen Olympischen Komitees und für den Bau der Sprungschanzen zuständig: Deren Kosten hat sich mindestens um das Siebenfache verteuert – Bilalow musste nach London emigrieren. – Oligarch Wladimir Potanin, Nickel-König, erwarb sein Vermögen von geschätzten 14,3 Milliarden Dollar unter Boris Jelzin, bekam vom Kreml den sehr verbindlichen Auftrag, Rosa Chutor zu bauen. – Oleg Deripaska, Aluminium-Oligarch, zwischenzeitlich auf 8,5 Milliarden Dollar geschätzt, ist ebenfalls Profiteur der Jelzin-Ära (und mit dessen Stiefenkelin verheiratet). Sein Unternehmen Rusal „ist hochverschuldet und inzwischen praktisch abhängig von der Staatsbank WTB. Drei Wochen vor der Eröffnung der Spiele wurde noch immer an Deripaskas 500 Millionen Euro teurem Olympiadorf gewerkelt“ (Ebenda). – Potanin und Deripaska fordern nun zusammen mit den Staatsunternehmen Gazprom und Sberbank, die ebenfalls Milliarden investierten, Staatsgelder zur Finanzierung der olympischen Projekte. – Putin hat noch einen sehr speziellen Kumpel: „Arkadij Rotenberg zum Beispiel war bis vor gut 30 Jahren Direktor einer unbedeutenden Kinder- und Jugendsportschule in Leningrad, dem heutigen St. Petersburg. (…) Öffentlich in Erscheinung trat er nie, heute jedoch ist der 62-jährige Milliardär und beherrscht zusammen mit seinem Bruder Boris Banken, Pipeline-Firmen und Baukonzerne“ (Ebenda). Rotenbergs Karriere hat er Putin zu verdanken: „Sie hatten einst zusammen im Judoclub trainiert; heute gehört der Club dem Milliardär, und Ehrenpräsident ist Putin. (…) Für Sotschi-Großprojekte haben Rotenbergs Firmen Verträge über 4,8 Milliarden Euro abgeschlossen, wie der US-Finanzdienst Bloomberg ermittelte, etwa für den Bau von Straßen, einer Pipeline und des Medienzentrums“ (Ebenda). – Der Konzern Olimpstroi ist „einer von sieben großen Staatsbetrieben und ein geradezu natürlicher Nährboden für Korruption. Denn Staatskonzerne wie dieser gelten paradoxerweise nicht als kommerzielle Organisationen, sie müssen keine detaillierten Jahresabschlüsse vorlegen“ (Ebenda).
Deshalb wurden die Olympiabauten um über die Hälfte bis 75 Prozent teurer als solche in anderen Ländern. Den Extra-Gewinn strich wiederum die Sotschi 2014-Profiteure ein- und vermutlich Putins Partei „Einiges Russland“.

– Lupenreine Diktatur (14): Sotschi-2014-Profiteure III. Der Oppositionelle Alexej Nawalnyj berechnete mit seiner „Stiftung zum Kampf gegen Korruption“ (hier) die tatsächlichen Kosten für Sotschi 2014. Putin gibt für die Kosten nur 6,5 Milliarden Dollar an: Der russische Staat würde drei Milliarden und private Investoren 3,5 Milliarden Dollar tragen. Nawalyj: „Es ist einfach Unsinn, eine vollkommene Lüge“ (Schmidt, Friedrich, „Es ist kein Tauwetter – es sind die Olympischen Spiele“, in faz.net 28.1.2014). Laut Nawalnyj wurden die Staatshaushalte 2007 bis 2014 analysiert: 25,1 Milliarden Dollar kamen aus dem föderalen Haushalt, eine Milliarde Dollar aus dem Haushalt der Region Krasnodar, 7,6 Milliarden Dollar kamen von der Außenwirtschaftsbank VEB über Kredite, deren Rückzahlung das Finanzministerium garantiert hat. 10,5 Milliarden Dollar kamen von staatlichen Unternehmen wie Eisenbahn oder Gazprom: „Für diese Ausgaben zahlen wir Verbraucher, weil die Unternehmen die Preise für Strom oder ein Zugticket erhöhen. Nur ungefähr 53 Milliarden Rubel (1,6 Milliarden Dollar) sind tatsächlich Privatgelder, weniger als vier Prozent der Gesamtkosten“ (Ebenda). 28 Objekte mit Kosten von 24,7 Milliarden Dollar wurden analysiert. Die Preiserhöhung durch Korruption liegt bei 5,7 Milliarden Dollar: „Diese Summe wurde geklaut beim Bau, das sind gut 42 Prozent“ (Ebenda).

– Lupenreine Diktatur (15): Sotschi-Profiteure IV. Der Bericht von Nawalnyis “Moskauer Stiftung für Korruptionsbekämpfung” benennt folgende Oligarchen und ihren olympischen “Umsatz”:
Arkady Rotenberg, Putin-Spezl, 6.9 Milliarden Dollar; Vladimir Kostylev, Evgeniy Sur und Gennady Timchenko, frühere Erbauer der Baikal-Amur-Hauptstrecke, ca. 5.5 Milliarden Dollar; Oleg Shishov, ein Geschäftsmann aus Omsk, 2,1 Milliarden Dollar; Leonid und Andrey Monosov, Vize-Präsidenten der Olympiagesellschaft Olympstroy 152,9 Millionen Dollar; Alexander Tkachyov und Roman Batalov, Gouverneur von Krasnodar und sein Schwiegersohn 278.3 Millionen Dollar; Dmitry und Alexandr Svischev, Väter von Duma-Mitgliedern, 29.7 Millionen Dollar.
Dazu verlieh Nawalnys Stiftung noch Medaillen an die Verantwortlichen der Umweltzerstörung: Vladimir Yakunin (Goldmedaille), Putin-Freund, Präsident der Russischen Eisenbahn; Zerstörung geschützter Wälder, Zerstörung von Stränden, Anlegung illegaler Mülldeponien; Anatoliy Pakhomov (Silbermedaille), Bürgermeister von Sotschi, Versagen des „Null-Müll-Programms“, illegale Mülldeponien; Vladimir Potanin,(Bronzemedaille), 278.3 Millionen Dollar, Eigentümer und Präsident von Interros, Rodung und Zerstörung von Wäldern, Flussverschmutzung (Vergleiche: „Champions“: hier).

– Lupenreine Diktatur (16): Sotschi-Profiteure V. Der Aluminium-Oligarch Oleg Deripaska (Konzern Rusal) steht laut Forbes mit einem Vermögen von 8,5 Mrd. Dollar auf Platz 16 der reichsten Russen (s. o.). Deripaska hat neben dem Ausbau des Sotschi-Flughafens und dem Bau eines Hafens auch das Olympische Dorf am Schwarzen Meer bauen dürfen – oder besser müssen, um sich den Kreml gewogen zu halten. „Neben Deripaska sind zwei andere russische Magnaten, Milliardäre, von manchen auch Oligarchen genannt, im größeren Stil in Sotschi engagiert (Triebe, Benjamin, Goldmedaille für die größte Staatskasse, in nzz.ch 8.2.2014). Die Behauptung von Putin, dass „private Investoren“ mit einem Anteil von 17 Milliarden Dollar an den Investitionen von 50 Milliarden Dollar schultern, ist falsch: Der Kreml rechnet hier staatliche Unternehmen ein. Dazu kommt die direkte staatliche Finanzhilfe: „Die öffentliche Entwicklungsbank Vnesheconombank (VEB) vergab Kredite von mehr als 240 Mrd. Rbl., umgerechnet 7,1 Mrd. $. Das allein ist so viel, wie die Winterspiele in Vancouver im Jahr 2010 gekostet haben“ (Ebenda). Deripaska hat von der VEB Darlehen von über einer Milliarde Dollar erhalten. Deripaskas olympisches Dorf am Meer wird nach Sotschi 2014 als Wohnungen weiterverkauft – für einen Quadratmeterpreis ab 4.700 Dollar. Der Hafenausbau geriet zum ökonomischen Desaster, weil die meisten Güter – entgegen der Zusicherungen – für die olympische Infrastruktur über den Landweg kamen. Deripaskas Hafengesellschaft verklagte daraufhin die Dachgesellschaft Olimpstroi, diese wiederum die VEB und Deripaska (Ebenda)..
Der zweite Oligarch ist Wladimir Potanin (laut Forbes Platz 7 mit 14,3 Mrd. Dollar), größter Aktionär des weltgrößten Nickelproduzenten Norilsk Nickel. Potanin baute, wie erwähnt, u. a. das Skigebiet Rosa Chutor. „Potanin und seine Holding Interros erhielten einen VEB-Kredit über 1,7 Mrd. $, ihre Gesamtkosten sollen bei 2,2 Mrd. $ liegen. Daneben nimmt sich das Engagement des Magnaten Viktor Vekselberg (15,1 Mrd. $, Platz 4) fast bescheiden aus. Er ließ die 600 Mio. $ für einen Hotelkomplex, den seine Renova-Gruppe errichtete, zu mehr als der Hälfte von der VEB finanzieren. Fast alle, die ihre Sotschi-Projekte mit Staatsgeld gepäppelt haben, tun sich schwer mit der Rückzahlung: Deripaska und Potanin, sekundiert von den Staatsunternehmen Sberbank und Gazprom, forderten im Frühjahr 2013 Hilfe bei Zinszahlungen oder Steuererleichterungen.“ (Ebenda). Die Sberbank sprang mit 2,4 Mrd. Dollar für den Bau der Sprungschanzen und anderer olympischer Projekte ein; Gazprom investierte drei Mrd. Dollar in die Energie-Infrastruktur, ein konzerneigenes Skigebiet sowie das Biathlon- und Langlaufstadion (Ebenda).
„Nur wer das Staatsgeld nicht ausgibt, sondern einnimmt, darf sich wirklich die Hände reiben. Besonders gut verdienen die Gebrüder Arkadi und Boris Rotenberg. Die Milliardäre waren einst Judo-Partner von Präsident Putin, nun verwirklichten sie mit ihren Bauunternehmen in Sotschi Projekte im Auftragsvolumen von 7 Mrd. $, wie der Oppositionspolitiker Boris Nemzow und auch Bloomberg nachgerechnet haben. Arkadi Rotenberg sagte, er habe die Aufträge ohne Ausschreibung erhalten, weil keine anderen Firmen diese Leistungen hätten erbringen können“ (Ebenda).

– Lupenreine Diktatur (17): Putin-Partei beendet Fackellauf in Sotschi. Ringer Alexander Karelin, Gymnastin Alina Kabajewa (gilt als Putin-Geliebte), Eishockey-Torwort Wladislaw Tretjak und Eiskunstläuferin Irina Rodnina waren die letzten Fackelträger: und alle vier Duma-Abgeordnete für Putins Regierungspartei Einiges Russland (Aumüller, Johannes, Hofmann, René, Der verbotene Krieg, in SZ 10.2.2014).

– Lupenreine Diktatur (18): Abschaltung vom einzigen unabhängigen TV-Sender. Natalja Sindejewa gründete den Kabel- und Internet-Fernsehsender Doschd. Der einzige unabhängige Fernseh-Sender bot auch dem Bloggger auf staatlichen Druck aus dem Kabelnetz geworfen. Sindejewa weiß nicht, wer letztlich zuständig war: „… aber der Druck auf uns hatte in den vergangenen Monaten stark zugenommen. (…) Jedenfalls kennen Wladimir Putin und Premierminister Dmitrij Medwedew den Vorgang. (…) Wir waren für die herrschende Elite so etwas wie das Fenster zum Leben der anderen. über Doschd erreichten sie all diejenigen, die kein Staatsfernsehen mehr schauen“ (das Leben der anderen, in der Spiegel 7/10.2.2014). Auf die Frage nach der Pressefreiheit in Russland antwortete Sindejewa: „Bisher habe ich immer geantwortet, dass es sie gibt. Unser Sender war der Beweis dafür. Das Vorgehen gegen uns ist nicht nur ein Anschlag auf die Pressefreiheit, sondern auch auf den Rechtsstaat. Man hätte uns ja vor Gericht ziehen können, stattdessen verbreiten die staatsnahen Kabelnetzbetreiber uns einfach nicht weiter, natürlich auf Druck von oben“ (Ebenda). Und zum Zusammenhang mit den Olympischen Winterspielen in Sotschi: „Alles lief schon länger darauf hinaus. es stört die Verantwortlichen nicht, wenn dies das Image Russlands im Ausland beschädigt“ (Ebenda).

– Lupenreine Diktatur (19): Jewgeni Witischko zu Lagerhaft verurteilt (Vgl. auch (9). Der russische Umweltaktivist Jewgeni Witischko von der Umweltwacht Nordkaukasus ist am 11.2.2014 zu drei Jahren Lagerhaft verurteilt worden. Ein russisches Gericht hat das Urteil gegen den Geologen nun bestätigt. „Nach Auffassung der Richter hatte Witischko Zerstörungen durch die Winterspiele in Sotschi angeprangert. Sie sahen es als erwiesen an, dass der Ökologe an einer Villa des Gouverneurs der Olympia-Region Krasnodar Protestplakate angebracht hat, weil das Gebäude ohne gesetzliche Grundlage errichtet worden sein soll. Er wurde deshalb wegen vorsätzlicher Beschädigung fremden Eigentums für schuldig gesprochen und verurteilt. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch nannte den Richterspruch ‚politisch motiviert‘. Die russischen Behörden würden Aktivisten im Umfeld von Olympia mit Druck ‚kaltstellen‘ wollen, sagte die Sprecherin Julia Gorbunowa. Witischkos Anwalt Alexander Popkow meinte: ‚Jewgeni soll gezielt isoliert werden‘. (…) Schon vor Beginn der Olympischen Spiele war Witischko zu 15 Tagen Arrest verurteilt worden. Auch ein zweiter Umweltschützer, Igor Chartschenko, war wegen seiner Kritik an Umweltschäden am Ort der Winterspiele festgenommen worden. Er war von einem Gericht in Krasnodar unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu fünfzehn Tagen Arrest verurteilt worden“ (Kritiker zu Lagerhaft verurteilt, in tagesschau.de 12.2.2014). Diese 15 Tage Arrest erhielt Witischko, weil er angeblich an einer Bushaltestelle Schimpfworte benutzt bzw. öffentlich geflucht hatte: Dies ist nach einem Putin-Dekret in Russland verboten. Es gab zwei Zeugen, welche den angeblichen Vorfall bestätigten – obwohl der Anwalt von Witischko erklärte, dass sein Mandat gar nicht an dieser Bushaltestelle gewesen sei. Derzeit sitzt Witischenko diesen Arrest ab. „Es drängt sich der Verdacht auf, dass die Behörden mit aller Macht verhindern wollen, dass Witischko während der Spiele die Möglichkeit zum Protest hat“ (Aumüller, Johannes, Zu viele Schimpfwörter, in SZ 5.2.2014).
Inzwischen traf sich die norwegische Ministerpräsidentin Erna Solberg mit Witischkos Anwalt Popkow und Semjon Simonow von der Menschenrechtsorganisation Memorial: Solberg will den Fall Witischko auch mit dem russischen Ministerpräsidenten Dmitrij Medwedew ansprechen. Simonow „hatte versucht, als Fan nach Sotschi zu kommen und sich eine Eintrittskarte für ein Eishockeyspiel gekauft. Doch die Behörden verweigerten ihm – wie auch anderen – den ‚Besucherausweis‘, ohne den niemand in die Sportstätten kommt“ (Ebenda; vgl. oben).
Witischko hatte mit dem Ökowacht-Mitstreiter Suren Gasarjan gegen den illegalen Bau von Gouverneur Alexander Tkatschow protestiert: Gasarjan musste nach Estland fliehen. Witischko hat auch persönliche Konsequenzen gezogen: „Leute, die ihn gut kennen, berichten, dass er sich sogar scheiden ließ, damit die Frau und die Kinder nicht bedroht werden“ (Aumüller, Johannes, Olympischer Gefangener, in SZ 13.2.2014). Witischko: „Das, was in unserem Land, in Sotschi, passiert, darf nicht sein, aber es passiert. Wir dürfen die Wahrheit darüber, wie sich diese Region nach Olympia weiterentwickeln wird, nicht sagen“ (Ebenda). Die Umweltwacht Nordkaukasus  stellte Mitte Februar  2014 einen 81-seitigen Report vor, in dem die Umweltschäden dokumentiert  wurden (Aumüller, Johannes, Erst einmal nachfragen, in SZ 14.2.2014).
Das IOC erzählt dazu die Unwahrheit: “Wir haben (das Organisationskomitee) Sotschi 2014 gebeten, uns mit mehr Informationen zu versorgen. Dessen Informationen deuten darauf hin, dass der Fall Witischko nichts zu tun hat mit der Vorbereitung der Olympischen Spiele” (Ebenda). IOC-Präsident Bach setzte noch etwas drauf: „Nach unseren Informationen hat er gegen geltendes russisches Recht verstoßen“ (Aumüller, Johannes, Erst einmal nachfragen, in SZ 14.2.2014).
Kommentar von Matthias Friebe im Deutschlandfunk: „Zu den Akten gelegt, abgehakt. Kein Thema mehr. Das Internationale Olympische Komitee macht sich die Sache sehr einfach in der Causa Jewgeni Witischko. International stößt das Verfahren auf laute Kritik. (…) Eine kurze Anfrage bei den lokalen Behörden genügt den olympischen Funktionären. Man habe erfahren, dass der Fall Witischko nichts mit Olympia zu tun habe. Das Thema damit abgehakt. So einfach ist das für das IOC. Wenn etwas den schönen Schein der Bilder zu stören droht, wird sich weggeduckt“ (Friebe, Matthias, Das IOC macht sich die Sache zu einfach, in deutschlandfunk.de 15.2.2014).
Der Vorsitzende der Oppositionspartei Jabloko, Sergej Mitrochin, kündigte einen Protestbrief an IOC-Präsident Bach an: „Wie kann er es dulden, dass in der Region der Olympischen Winterspiele ein politischer Prozess im Geiste der 1930er Jahre stattfindet?“ (Im Hungerstreik, in SZ 18.2.2014). Seit dem 12.2., dem Tag der Urteilsverkündung, befindet sich Witischko im Hungerstreik .
Das IOC ist bestens aufgehoben im Putin-Russland. Also feiert in aller Ruhe weiter, ihr IOC-Ignoranten, Funktionäre und Sportler. Und das Fernsehvolk sieht die Bilder vom “Olympic Broadcasting Service” (OBS), in denen keinerlei Kritik oder Protest gezeigt wird. Schöne neue olympische Welt…

– Lupenreine Diktatur (20): Keine Demonstration. Zunächst sollten Demonstrationen nach Putins Willen gänzlich verboten sein. Dann wurde ein Platz ausgewiesen im „Park des Sieges“ im Stadtteil Chosta, etwa 15 Kilometer vom Rathaus in Sotschi entfernt. Hier darf bzw. dürfte – in engen Grenzen – demonstriert werden: „Wer eine Demonstration ausrichten will, muss sie hier anmelden. Bedingung eins: Sie darf, gemäß Putins Erlass, nichts mit den Olympischen Winterspielen zu tun haben. Bedingung zwei: Sie braucht zahlreiche Genehmigungen. Erst prüft die Stadtverwaltung den Antrag, dazu dann noch die Polizei, das Innenministerium und der Geheimdienst FSB“ (Aumüller, Johannes, Palmsonntag, in SZ 13.2.2014). Bisher gab es zwei Anträge für eine Demonstration: Der von der lokalen Kommunistischen Partei wurde genehmigt, der von den Umweltschützern, den enteigneten Bürgern und der Oppositionspartei Jakoblo wird derzeit geprüft. „Die Aktivisten fürchten nicht die Zeit der Spiele, wenn so viele Journalisten in der Stadt sind. Sie fürchten die Zeit nach den Spielen. Am kommenden Sonntag wollen sie dennoch zwei Stunden lang im „Park des Sieges“ ein Meeting veranstalten, doch die Stadt versucht offenkundig alles, um das zu verhindern. Vergangene Woche reichten die Demo-Organisatoren den Antrag ein, drei Tage später gab es eine Absage: Maximal 100 Personen dürften an einer Demonstration teilnehmen, es sei aber von 500 möglichen Teilnehmern geredet worden. Die Stadt schlägt dafür ein Treffen vor – zwischen den Protestwilligen und Vertretern der Stadt, natürlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit“ (Ebenda).

– Lupenreine Diktatur (21): Weitere Verhaftungen. Nadeschda Tolokonnikowa und Maria Aljochina von der Frauenband „Pussy Riot“ waren in Sotschi, um einen Videoclip mit dem Titel „Putin bringt Dir bei, deine Heimat zu lieben“. Am 15.2.2014 wurden sie des Raubes einer Handtasche beschuldigt, festgenommen, misshandelt und 20 Stunden vom Geheimdienst verhört. Gleich mit verhaftet wurde der Menschenrechtler Semjon Simonow von der Organisation Memorial, die sich für die ausgebeuteten Arbeiter der Olympia-Baustellen eingesetzt hat. Insgesamt gab es 15 vorübergehende Festnahmen, darunter auch drei Journalisten und Olga Noskowetz von der Umweltwacht Nordkaukasus: Sie sei angeblich mit mehreren Personen in der Nähe des Olympischen Parks unterwegs gewesen, wo sie nicht hätte sein dürfen (Aumüller, Johannes, Wiederholt drangsaliert, in SZ 19.2.2014).
Der inzwischen einschlägig bekannte IOC-Sprecher Mark Adams äußerte zur Verhaftung der Pussy-Riot-Frauen – wie im Fall vom Mitglied der Umweltwacht Nordkaukasus, Jewgenj Witischko: „… es scheint mir ein Fall für die lokalen Behörden zu sein“ (Pussy-Riot-Aktivistinnen offenbar in Sotschi festgenommen,, in spiegelonline 18.2.2014). In dem Pussy-Riot-Film sind die Olympischen Ringe zu sehen und Übergriffe der Sotschi-Sicherheitskräfte. Offizieller IOC-Kommentar zur Aktion von Pussy Riot: „Es ist eine Schande, wie die Olympischen Spiele als politische Bühne missbraucht wurden“ (Pussy Riot fordert das IOC, in SZ 21.2.2014).
Damit ist nicht die Darstellung von Putin-Russland gemeint!
IOC-
Adams warnte vor Protesten auf dem Olympia-Gelände: Eine Demonstration wäre „nicht akzeptabel“, da das IOC keine politischen Demonstrationen dulde: „Wir sind nicht die Vereinten Nationen“ (Pussy Riot unerwünscht, in SZ 20.2.2014).
Das IOC duldet nur Manifestationen von Putin-Russland. Und das IOC ist wirklich nicht die UNO, sondern ein eingetragener kleiner steuerbefreiter Schweizer Privatverein mit rund 100 Mitgliedern.
Amnesty International forderte die sofortige Freilassung der Aktivisten. Amnesty-Sprecher John Dalhuisen: „Unter Präsident Wladimir Putin werden die olympischen Ringe zu Handschellen“ (Pussy-Riot-Aktivistinnen angeblich in Sotschi festgenommen, in faz.net 18.2.2014).

– Lupenreine Diktatur (22): „Verlassen wir Sotschi!“ Der französische Philosoph Bernard-Henri Lévy rief in einem Beitrag dazu auf, angesichts der blutigen Unruhen in der Ukraine Sotschi zu verlassen oder zumindest die Abschlussfeier zu boykottieren. „Und eine Frage schließlich an die Vertreter der Nationalen Olympischen Komitees, die zurzeit in Sotschi weilen und weiterhin, als wäre nichts geschehen, blind und taub für die Tragödie, die sich ein paar hundert Kilometer entfernt vom Schauplatz ihrer Großtaten ereignet, ein olympisches Ideal feiern, für dessen Flamme in diesem Jahr der Mörder die Verantwortung trägt: Spüren sie nicht, dass ihre Medaillen nach Blut schmecken? Kommt ihnen niemals dieser andere, blutige Schnee in den Sinn, der ohne jeden Zweifel die ganze Aufmerksamkeit ihres Gastgebers in Anspruch nimmt?  Und bemerken sie nicht, ich sage nicht einmal: die Obszönität, sondern die Absurdität, die man bis zur letzten Minute des letzten Tags dieser verdorbenen Olympischen Spiele wird erkennen können, dass es zwei Putins gibt: den schrecklichen, der am Dienstagnachmittag seinem Knecht Janukowitsch die Erlaubnis zum Töten erteilt hat, und den auf der Tribüne, der mit der gebührenden Großzügigkeit jene empfängt, die man einst die Götter des Stadions nannte?“ (Lévy, Bernard-Henri, Verlasst Sotschi! in faz.net 20.2.2014; Hervorhebung WZ).

– Kommentar von Evi Simeoni in der FAZ: „„Es wird Zeit, dass das Internationale Olympische Komitee (IOC) aufhört, so zu tun, als bekäme es nichts mit von der russischen Willkür rings um die Spiele. Fast jeden Tag, so berichtet Amnesty International, würden Menschenrechtsaktivisten in der Olympiaregion festgenommen. Am Dienstag waren es laut Amnesty gleich neun – zusammen mit Nadeschda Tolokonnikowa und Maria Aljochina, den beiden Widerstands-Promis von Pussy Riot, wurde zum Beispiel auch der Bürgerrechtler Semjon Simonow von der Polizei drangsaliert. (…) Dass andere Olympiakritiker nicht einmal mehr das Gelände betreten dürfen, dass der Umweltaktivist Jewgeni Witischko aus fadenscheinigen Gründen zu drei Jahren Lagerhaft verurteilt wurde – das geht das IOC nach eigener Auskunft nichts an, weil für die Olympier die Welt außerhalb der Akkreditierungszone angeblich endet. (…) Wladimir Putin gehört die Bühne, einem Mann, der permanent beweist, dass ihm die Grundsätze der Olympischen Charta vollkommen egal sind. (…)Zumindest eine inhaltliche Stellungnahme ist das IOC den Aktivisten schuldig, die nichts anderes machen, als auf die nackte Wahrheit zu deuten: dass diese Winterspiele eine rücksichtslose Machtdemonstration Wladimir Putins darstellen“ (Zeit für die Wahrheit, in faz.net 19.2.2014).

– Lupenreine Diktatur (23): Putin-Gegner kommen ins Gefängnis. „Ein Gericht in Moskau hat sieben russische Regierungsgegner in einem umstrittenen Prozess am Montag zu zweieinhalb bis vier Jahren Gefängnis verurteilt. (…) Ihnen wird vorgeworfen, während einer Demonstration gegen die Amtseinführung von Wladimir Putin als Präsident im Mai 2012 randaliert und Polizisten angegriffen zu haben. Augenzeugen hatten dagegen berichtet, die Gewalt sei von Sicherheitskräften ausgegangen. Gegen das Urteil protestierten Dutzende Menschen. Die Polizei nahm mindestens 230 Demonstranten vorübergehend fest, darunter auch Oppositionsführer Alexej Nawalny sowie Nadeschda Tolokonnikowa und Maria Aljochina von der Band Pussy Riot“ (Putin-Gegner verurteilt, in SZ 25.2.2014).

– Lupenreine Diktatur (24): Halbwertszeit des “Olympischen Friedens” immer kürzer. Kaum waren die Putin-Spiele am Sonntag, den 23.2.2014 zu Ende, legte der russische Präsident Wladimir Putin sogleich los. Die Vorbereitungen zur Übernahme der ukrainischen Krim und zum Krieg gegen die Ukraine liefen an. Die Demonstranten gegen Putins Kriegspläne wurden festgenommen und im Staatsfernsehen negiert; die staatlich organisierten Manifestationen pro Putin mit tausenden herbei gekarrten Putin-Fans wurden in aller Länge gezeigt. Der russische Oppositionelle Alexej Nawalny wurde mit anderen Oppositionspolitikern am 25.2.2014 zu mehrtägigen Haftstrafen verurteilt, weil sie gegen die Verurteilung von acht Putin-Gegnern protestiert hatten. Nawalny wurde dann am 28.2.2014 zunächst bis Ende April 2014 unter Hausarrest gestellt: “Bis dahin dürfe Nawalny nur mit Familienangehörigen sprechen und weder Telefon noch Internet benutzen” (Putin-Kritiker unter Hausarrest, in SZ 1.3.2014). Putins Lupenreine Diktatur…
Und das alles ging und geht das IOC natürlich nichts an!
Nachtrag: Die Annektierung der Krim während und nach Sotschi 2014
Kleines Beispiel zur „Friedensbewegung“ Olympischer Spiele: Vom 7. bis 23. Februar 2014 fanden im russischen Sotschi die Olympischen Winterspiele statt.
Am 20.2.2014 wurde der russische Orden für Verdienste um, „die Wiedergewinnung der Krim“ eingeführt. – Am, 22. und 23.2. wurden die ersten Truppenbewegungen auf der Krim registriert. – Am 23.2. kamen russische Elitesoldaten mit Landungsbooten auf die Krim. (Tag der Schlussfeier Sotschi 2014). – Am 9.3. rollten Fahrzeuge der russischen Armee durch Sewastopol auf die Krim. – Am 26.2. versetzte Putin 150.000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine in Alarmbereitschaft. – Am 1. und 2.3. kamen vier große Truppentransporter in Sewastopol mit Kämpfern des russischen Militärdienstes GRU, zwischen dem 28.2. und dem 11.3. insgesamt 15 russische Schiffe. Am 9.3. eroberten Soldaten in Uniform ohne Hoheitsabzeichen die Krim, und Russland annektierte sie und brach damit das Völkerrecht (Bidder, Benjamin, Coup auf der Krim, in spiegelonline 8.3.2015). Schon während der angeblichen „Friedensbewegung“ Olympischer Spiele begannen die Aggressionen auf der Krim: Zwei Wochen nach dem Ende der Spiele war die Krim vom Spiele-Gastgeber Russland annektiert. (Ähnlich wie 1936, wo die Olympischen Sommerspiele in Berlin letztlich der Auftakt für die Aggressionen von Hitler-Deutschland gegen das Ausland waren.)

– Lupenreine Diktatur (25): Einer dagegen ist schon zuviel. Von 450 Duma-Abgeordneten hatten 445 für Putins Kreml-Anschluss gestimmt, bei Null Enthaltungen. Vier hatten die Abstimmung gemieden. Nur der Duma-Abgeordnete Ilja Ponomarjow stimmte dagegen. Daraufhin wurde er übel traktiert. Abgeordnete der Schirinowski-Partei LDPR forderten, ihn aus dem Parlament auszuschließen. Seine ehemalige Partei Gerechtes Russland forderte, Parteien sollten Abgeordneten ihre Rechte entziehen dürfen, wenn diese gegen die Parteilinie handeln (Hans, Julian, Profil: Ilja Ponomarjow, in SZ 22.3.2014).

– Lupenreine Diktatur (26): Putins Oligarchen-Freunde
Nach der gewaltsamen Einverleibung der Krim-Halbinsel Mitte März nach den Paralympics in Sotschi 2014 beschlossen EU und die USA eine „Schwarze Liste“, auf der sich viele Freunde Putins finden: – (1) Die Bank Rossija, 1990 von Jurij Kowaltschuk in St. Petersburg gegründet. Putin erklärte, er werde bei der ihm angeblich unbekannten Bank ein Konto eröffnen: „Sie ist mehrheitlich im Besitz von Personen, die zum Umfeld des russischen Präsidenten gehören“ (Hans, Julian, Schwarze Liste als Auszeichnung, in SZ 22.3.2014) – und Kowaltschuk hatte mit Putin die berüchtigte Datschen-Kooperative „Osero“ gegründet und gilt als Putins Vermögensverwalter: „Die Rede ist dabei nicht von dem Vermögen, das aus dem Gehalt Putins aus seiner Tätigkeit als  Präsident oder  Regierungschef angefallen ist, sondern von großen Geldströmen, die aus Staatsaufträgen wie etwa dem überteuerten Olympia-Projekt in Sotschi abgezweigt wurden“ (Ebenda; siehe auch unten). – (2) Dmitrij Kisseljow, „der als schärfster Propagandist der Kreml-Medien unlängst gewarnt hatte, Russland sei in der Lage, die USA in ‚radioaktive Asche‘ zu verwandeln“ (Ebenda). – (3) Wladimir Jakunin, Chef der Russischen Eisenbahn, die Milliarden in die olympische Verkehrs-Infrastruktur gesteckt hat und sich 2014  Geld aus dem Russischen Staatshaushalt leihen musste, mit großem Anwesen im Moskauer Umland: „Auf einem komplexen Schaubild, das eine ganze Großleinwand füllt, hat der Anti-Korruptions-Blogger Alexej Nawalny dargestellt, wie Jakunin Geld aus russischen Staatsaufträgen über ein Gewirr von Off-Shore-Firmen ins Ausland transferieren soll“ (Ebenda; Jakunins Sohn hat in London eine 15-Millionen-Dollar-Villa). – (4) Arkadij Rotenberg, Putins Judopartner aus St. Petersburger Zeiten, Sotschi-Gewinnler, inzwischen Eigentümer von Baufirmen und Pipeline-Firmen. – (5) Die Bank SMP, im Besitz von Arkadji Rotenberg und Bruder Boris Rotenberg. „Die Multimillionärs-Brüder Rotenberg gelten als enge Bekannte von Staatschef Wladimir Putin. Für die Winterspiele in Sotschi sollen sie Verträge erhalten haben, die ihnen rund sieben Milliarden US-Dollar  in die Tasche spielten“ (Dynamo-Chef sanktioniert, in SZ 22.3.2014). – (6) Genadij Timtschenko, Putin-Vertrauter, sechstreicher Russe auf der Forbes-Liste, verkaufte noch blitzschnell am 19.3.2014 seine Aktien am Ölhandelsunternehmen Gunvor (Ebenda), bevor er am 20.3.2014 auf die US-Sanktionsliste gesetzt wurde. Usw.

– Lupenreine Diktatur (27): Putins wirklicher Reichtum
„Als 2004 der Präsidentschaftskandidat Iwan Rybkin erklärte, Putin sei in Wahrheit der reichste Mann des Landes, und Kowaltschulk kümmere sich um seine Finanzen, verschwand er auf ungeklärte Weise von der Bildfläche und tauchte erst Tage später wieder auf“ (Hans, Julian, Schwarze Liste als Auszeichnung, in SZ 22.3.2014).

– Lupenreine Diktatur (28): Putins Oligarchen
„Von sofort an müssen alle Geschäfte im Energiesektor über die Bank Rossija abgewickelt werden, die von Putins Vertrautem Jurij Kowaltschuk kontrolliert wird und von den USA mit Sanktionen belegt wurde. Nach Berechnungen der Wirtschaftszeitung Kommersant entspricht der Umsatz in diesem Bereich zwei Prozent des russischen Bruttoinlandsprodukts. Die Brüder Arkadij und Boris Rotenberg, sowie Genadij Timtschenko, alle alte Freunde Putins, die am Bau der Olympiastätten gut verdient haben, bekommen den Zuschlag, die Brücke über die Meerenge von Kertsch auf die Krim zu bauen – die Baukosten sind mit etwa einer Milliarde Dollar veranschlagt“ (Hans, Julian, Am Rande der Paranoia, in SZ 18.4.2014; Hervorhebung WZ).

– Lupenreine Diktatur (29): Abschaffung der letzten Demokratiereste
Abstimmung in der Duma am 18.4.2014:Die Abgeordneten beschlossen, dass sich Blogger, die mehr als 3000 Leser haben, künftig wie ordentliche Medien registrieren lassen müssen. Zudem stimmten sie in erster Lesung für ein Gesetz, das die Wahl der Bürgermeister abschafft. Russland brauche eine starke Zentralmacht, erklärte der Abgeordnete Sergej Karginow: ‚Die Menschen sind wahlmüde, sie wollen keine Wahlen‘. Dimitrij Gudkow, einer von zwei verbliebenen Abgeordneten, die noch Opposition machen, fragte: ‚Von der Ukraine fordern wir Föderalisierung und Direktwahlen der Bürgermeister und Gouverneure. Aber bei uns schaffen wir sie ab?’“ (Hans, Julian, Am Rande der Paranoia, in SZ 18.4.2014).

– Lupenreine Diktatur (30): Putin übernimmt Vkontakte
Pawel Durow (29) aus St. Petersburg studierte Philosophie und gründete den russischen Facebook-Konkurrenten Vkontakte, der zuletzt in Osteuropa 100 Millionen Nutzer hatte. Er sollte Daten von ukrainischen Oppositionellen an den russischen Geheimdienst FSB weitergeben: Durow weigerte sich aber, mit dem FSB zu kooperieren und gab auch dem Korruptionsbekämpfer und Blogger Alexej Nawalny eine Plattform. Nun ist er als Generaldirektor entlassen worden: „Zwei Vertraute von Präsident Wladimir Putin würden nun die Kontrolle über Vkontakte übernehmen“ (Nienhuysen, Frank, Pawel Durow, in SZ 26.4.2014). Durow ist nun in Mitteleuropa auf der Suche nach einem neuen – freien – Land.

– Lupenreine Diktatur (31): Gazpromi Schröder
Altbundeskanzler Gerhard Schröder feierte beim Gazprom-Empfang seinen 70. Geburtstag nach. Mit dabei: „der deutsche Botschafter in Moskau, Rüdiger Freiherr von Fritsch, die deutsche Generalkonsulin in St. Petersburg und Eon-Vorstand Bernhard Reutersberg – und der außenpolitische Sprecher der CDU,  Philipp Mißfelder (Neukirch, Ralf, Der falsche Eindruck, in Der Spiegel 19/5.5.2014; Blome, Nikolaus, Müller, Peter, Politische Geisterfahrt, ebenda). „Gerhard Schröder lacht, als ihn Russlands Präsident  Wladimir Putin begrüßt. (…) Bei der Feier handelte es sich um einen Empfang der Nord Stream AG. Schröder ist Vorsitzender des Aktionärsausschusses des Unternehmens, das die gleichnamige Ostsee-Pipeline betreibt und vom russischen Staatskonzern Gazprom dominiert wird. Gazprom-Chef Alexej Miller war Berichten zufolge ebenfalls unter den Gästen“ (Schröder feiert mit Putin 70. Geburtstag nach, in spiegellonline 29.4.2014). – „Es ist ein Irrtum, wenn der Ex-Kanzler meint, er könnte einfach so weitermachen, als wäre nichts gewesen. (…) Putin hat völkerwidrig die Krim annektiert. Es sterben Menschen in den besetzten Städten der Ostukraine, es werden Vertreter internationaler Organisationen festgehalten, die Kriegsangst wächst, und Schröders Freund Putin scheint an all dem mindestens Gefallen zu finden“ (Nelles, Roland, Schröders Irrfahrt, in spiegelonline 29.4.2014).
Hallo Herr Altkanzler – Buchempfehlung: Jürgen Roth, Gazprom – Das unheimliche Imperium, Frankfurt 2012. Da steht alles drin, was Putin und seine Gang vor und nach dem Fall des Eisernen Vorgangs so angestellt haben.

– Lupenreine Diktatur (32): Ostukraine wird medial gesäubert
„Mit verzerrten, oft auch erfundenen Meldungen über die angeblich in Kiew regierenden Faschisten und Gräueltaten gegen die russischsprachige Bevölkerung bereiteten vor allem russische Fernsehsender den ideologischen Boden für die separatistische Offensive. Und die Propaganda geht unvermindert weiter: So stellte das russische Außenministerium am Montag die Frage, ob Lager, die angeblich die Ukraine gerade für Tausende illegale Migranten baue und die ’sehr an faschistische Konzentrationslager erinnern‘, nicht in Wahrheit für ‚andersdenkende Mitbürger aus dem Südosten der Ukraine‘ gedacht seien. (…) Bisher gab es für die Einwohner der Ostukraine allerdings einige Alternativen zum russischen Fernsehen – in Donezk und Umgebung neben den Privatsendern DonbassTV und Union TV das Staatliche Fernsehen und Radio des Oblasts Donezk (RRT). (…) Am Sonntagabend war es damit vorbei. Da stürmten bis zu 300 Anhänger der selbst ausgerufenen, prorussischen „Volksrepublik Donezk“ das Sendegelände. (…) Am Montagabend werden in Donezk und Umgebung auch die digitalen Signale von RRT und anderer ukrainischer Fernsehsender abgeschaltet“ (Hassel, Florian, Programm im Sinne des Kremls, in SZ 30.4.2014).

– Lupenreine Diktatur (33): Putin schwärmt vom Tod
Aus einem Kommentar von Jan Fleischhauer in spiegelonline: „Wenn Putin den Mythos von Moskau als dem „dritten Rom“ aufgreift, wird klar, dass er dem russischen Volk eine historische Mission zuweist. Russland fällt nicht nur die Rolle zu, an seinen Grenzen der westlichen Dekadenz Einhalt zu gebieten, es wird für alle zur letzten Bastion, die in diesem Ringen schon die Hoffnung aufgegeben hatten. Damit ist aber auch gesagt, dass Russland niemals nachgeben darf. ‚Der Tod ist schrecklich, nicht wahr?‘, fragte Putin seine Zuschauer am Ende seines Fernsehauftritts. ‚Aber nein, es scheint, er kann sehr schön sein, wenn er anderen dient: der Tod für einen Freund, für ein Volk oder für das Heimatland, um ein modernes Wort zu nutzen.‘ Das ist nicht nur ein wenig, das ist lupenreiner Faschismus“ (Fleischhauer, Jan, Ideologie vom überlegenen Volk, in spiegelonline 1.5.2014). Fleischhauers Fazit: „Putin ist nicht Postkommunist, er ist Postfaschist“ (Ebenda).
Ich teile normalerweise die Ansichten des Konservativen Jan Fleischhauer nicht; aber der Duktus von Putin bezüglich dem „schönen Tod“ erinnert an Aussagen von deutschen Sportfunktionären auf dem Reichssportgelände im Frühjahr 1945.

– Lupenreine Diktatur (34): Beifall von rechts
Die Denkfabrik „Political Capital“ in Budapest hat die Kontakte von rechten Bewegungen in Europa zum Russland unter Wladimir Putin untersucht: „The Russian Connection – the spread of pro-russian policies on the European far right, Budapest, 14.3.2014. Die Studie deutet an, dass es sogar zu einer Koalition Russland-freundlicher rechter Parteien nach der Wahl zum Europarat am 25.5.2014 kommen könnte (S. 2).
Spiegelonline hat die Zusammenhänge aufgeführt. Fazit: „Europas Rechtsausleger umschwärmen den ehemaligen KGB-Agenten Putin“ (Bidder, Benjamin, Schmitz, Gregor Peter, Putins rechte Freunde, in spiegelonline 2.5.29014). Beifall für Putins Politik kommt vom französischen Front National und dessen Chefin Marin Le Pen; nach der Annektion der Krim und den Sanktionen durch den Westen traf Le Pen in Moskau Parlamentschef Sergej Naryschkin. Ebenfalls unterstützend wirken die italienische Lega Nord, deren Angeordneter Lorenzo Fontana Russland als „Modellgesellschaft“ lobte. Der Chef der griechischen rechtsextremen Goldenen Morgenröte sah eine „natürliche Allianz“ zwischen der „Seemacht“ Griechenland und der „Landmacht“ Russland (S. 7). Der Vorsitzende der britischen antieuropäischen Bewegung UKIP, Nigel Farage, warf der EU vor, „Blut an den Händen zu haben“, weil sie Putin unnötig provoziert habe. Dazu kommen die rechte österreichische Partei FPÖ, die belgische Vlaams-Belang, die LSNS (People Party – Our Slovakia) in der Slowakei, die bulgarische rechte Ataka-Partei und die ungarische rechte Jobbik-Partei. Bei dieser heißt der seit 2010 im Europaparlament sitzende Propagandist Putins Béla Kovács: „Dort tritt er als Lobbyist für russische Interessen in Europa auf. Im März war er ‚Wahlbeobachter‘ beim Referendum auf der Krim, verteidigte anschließend Putins Invasion der Halbinsel“ (Verseck, Keno, Premier Orbán buhlt um Putins Gunst, in spiegelonline 21.5.2014). Auch Orbán selbst hofiert Putin als „erfolgreichen Staatsmann“ und strebt eine engere Bindung an Russland an (Ebenda).
Putins ideologischer Überbau ist laut Bidder und Schmitz „ein neuer Nationalismus, eine Politik von Recht und Ordnung und die Beschwörung des angeblichen Verfalls westlicher Werte. Glaubt man den Umfragen, dann kommt diese Kombination in Russland derzeit gut an. Genau wie auf Europas stramm rechtem Flügel“ (Ebenda). Hinzu kommen das autoritäre System Russlands und seine neue geopolitische Strategie mit der „Eurasia-Doktrin“ (S. 4f).
Und in Deutschland kamen so genannte starke Männer immer schon gut an.

– Lupenreine Diktatur (35): Erstes Erdöl von Gazprom aus der Arktis
Der Tanker „Mikhail Ulyanov“brach am 25.4. von der Gazprom-Bohrinsel Prirazlomnaya mit dem ersten Arktis-Erdöl nach Rotterdam auf: Greenpeace überwachte den Tanker aus der Luft. Käufer ist der französische Ölkonzern Total, der offiziell „aufgrund unkalkulierbarer Risiken kein eigenes Bohrprojekt in der Arktis vorantreiben“ will (Borgerding, Benjamin, Greenpeace, Tanker gesichtet, in www.greenpeace 27.4.2014). Greenpeace informierte dazu: „Öl aus arktischen Offshore-Bohrungen spielen in Gazproms Energie-Strategie eine zentrale Rolle. Der Konzern plant in der Region gemeinsam mit dem Ölunternehmen Shell weitere Ölfelder zu erkunden. (…) Das Fördern von Öl im arktischen Ozean schafft ein unvertretbar hohes Risiko für die

Feb 022014
 
Zuletzt geändert am 12.04.2017 @ 16:27

Sotschi 2014/I/ 2007 – 6/2013: hier
Sotschi 2014/II/ 7-12/2013: hier
Sotschi 2014/III 01/2014: hier
Sotschi 2014/IV 02/2014: hier
Vergleiche auch: Putin-Russland: Lupenreine Diktatur

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aktualisiert 4.3.2015

– Putin „erfolgreich“. Der russische Oppositionsführer Boris Nemzow: „Es ist schwer, einen Ort in Russland zu finden, an dem es nie schneit. Putin hat es geschafft. Und nun macht er dort Winterspiele“ (Bohnensteffen, Marcel, Hoffmann, Sabrina, Die 7 Sünden der Winterspiele, in huffingtonpost.de 1.2.2014).

– Bundes-Sportinnenminister nicht zur Opposition. Frage der SZ an Thomas de Maizière zu seinem Sotschi-Besuch. „Werden Sie auch Oppositionelle und Umweltaktivisten treffen?“ Und dessen aufschlussreiche Antwort: „In erster Linie besuche ich die Olympischen Spiele. Ich besuche unsere Sportler. Es wird auch Gespräche mit der russischen Regierung, voraussichtlich mit dem Innenminister oder dem Sportminister geben“ (Aumüller, Johannes, Keil, Christopher, „Man muss Olympia wieder bescheidener machen“, in SZ 1.2.2014).

– Die 7 Sünden der Winterspiele
. Die Huffingtonpost zählt auf: 1. teuerste Spiele; 2. Naturzerstörungen; 3. subtropischer Ort; 4. das Volk leidet; 5. Bauherren und Auftraggeber sind korrupt; 6. nach den Spielen: kein Interesse; 7. Homophobie ist Gesetz (Bohnensteffen, Marcel, Hoffmann, Sabrina, Die 7 Sünden der Winterspiele, in huffingtonpost.de 1.2.2014).

– Russische Meinungsfreiheit. Dimitrij Tschernyschenko, Leiter des Organisationskomitees Sotschi 2014: „Ich glaube nicht, dass es die Olympische Charta den Athleten erlaubt, in Pressekonferenzen ihre Meinung zu Themen zu sagen, die nichts mit dem Sport zu tun haben“ (Becker, Christoph, Wer ist der Herr der Spiele? in faz.net 2.2.2014).

– Olympischer Frieden. “Raketenkreuzer USS Ramage und Kommandoschiff USS Mount Whitney haben mit 600 amerikanischen Marinesoldaten im Schwarzen Meer Stellung bezogen. Die Olympischen Spiele können beginnen” (Die Kriegsschiffe sind da, in faz.net 3.2.2014).

– Lupenreine Diktatur (1): Pressefreiheit à la Putin. Zur Erinnerung:„Reporter ohne Grenzen zählt Russlands Präsidenten Wladimir Putin seit Langem zu den größten Feinden der Pressefreiheit, in der Rangliste der Organisation steht sein Land auf Platz 148 von 179. (…) Und weil der Staat die Übertragungsrechte kontrolliere, gebe es landesweit nur drei große Sender: Rossija (Russland), der direkt der staatlichen Medienholding gehört; Perwyj Kanal (Erster Kanal), der zu einer Hälfte dem Staat, zur anderen zwei kremlnahen Oligarchen gehört; und NTV, seit 2007 im Besitz des halbstaatlichen Energiekonzerns Gazprom. Der einzige kritische Kanal sei der 2010 gegründete Sender TV Doschd. Mehrmals bewarb der sich um Ausstrahlungslizenzen – wurde aber nicht zugelassen. Über Internet und Kabel erreicht TV Doschd eine Million Zuschauer am Tag. Russland hat 143 Millionen Einwohner. (…) Doch der Kreml versucht laut Gruska nicht nur die Berichterstattung in Russland zu beeinflussen, sondern auch russlandfreundliches Material in ausländischen Medien zu platzieren. Ein kremlnaher Verlag produziert eine Zeitungsbeilage, die der New York Times , dem Telegraph und Le Figaro beiliegt, in Deutschland erscheint sie als Russland Heute in der Süddeutschen Zeitung . Zudem betreibt der Staat den Auslandssender Russia Today (RT). 2000 Mitarbeiter in 19 Ländern arbeiten für RT und bieten Medien einen besonderen Service: Auf der Website lassen sich die staatstreuen Beiträge herunterladen. Nach RT-Angaben nutzten bereits 16.000 Sender in 185 Ländern das Material“ (Hollenstein, Oliver, Märchen für die Massen, in SZ 29.11.2013).

– Lupenreine Diktatur (2): Olympische „Pressefreiheit“. „Nach einem Bericht von Reporter ohne Grenzen haben in der Krasnodar-Region Lokalbehörden mit den Medien ‚Abkommen über Informationsversorgung‘ geschlossen. Diese erhielten ‚generöse Unterstützung und Steuervorteile‘ im Gegenzug für Artikel, die inoffiziell ‚die Behörden preisen'“ (Nienhuysen, Frank, Im Schatten der Ringe, in SZ 1.2.2014).

– Lupenreine Diktatur (3): Putins persönlicher Schatz. Zur Erinnerung: Der Oppositionelle Alexej Nawalny hat im Wahlkampf um das Amt des Moskauer Bürgermeisters im Sommer 2013 die Moskauer Wähler gefragt, „ob sie denn wüssten, wie viel Geld Russland in den letzten 15 Jahren durch den Verkauf von Öl, Gas und Metall verdient habe. ‚Keine Ahnung‘, ruft eine Rentnerin, ‚bekommen haben wir davon nichts.‘ – ‚Drei Billionen Dollar‘, sagt Alexej Nawalny, ‚damit würden auf jeden einzelnen Russen 640.000 Rubel entfallen, Säuglinge und 100-jährige inbegriffen, fast 20.000 Dollar'“ (Neef, Christian, Schepp, Matthias, Lehrstück aus Moskau, in Der Spiegel 16/2.9.2013). Gehören die russischen Rohstoffe Putin und seiner Gang persönlich? Zumindest verfährt er so. Vergleiche auch das Buch von Jürgen Roth: Gazprom. Und nicht vergessen: Bayern bezog im Jahr 2012 41,5 Prozent aller Importe von Erdöl und Erdgas aus Russland (Russland liefert Erdöl und Erdgas, in SZ 10.2.2014).

– Vorschlag zur Umbenennung des IOC: Internationaler Oligarchen-Club.

– Der IOC-Präsident und Sotschi 2014. Thomas Bach im Interview zu Sotschi 2014: „Sotschi hat die Voraussetzungen für hervorragende Olympische Spiele: Die Bedingungen für die Athleten sind großartig. Die Sportstätten haben sich in den Testwettkämpfen bewährt und sind zum Teil noch verbessert worden. Die olympischen Dörfer sind hervorragend gelungen. (…) Es wird Sicherheitsmaßnahmen geben, und die olympische Atmosphäre wird sich entfalten. Das zeigt übrigens die Erfahrung. (…) In dem Augenblick aber, in dem das olympische Feuer brennt, in dem die ersten Wettbewerbe beginnen, wird deutlich, dass es zuvorderst um die Athleten und den Sport geht.“ Zur Frage der hohen Kosten: „Man darf hier nicht mit dem saturierten Blick Westeuropas herangehen, wo es teilweise nicht einmal mehr möglich ist, einen Bahnhof um- oder eine Flughafen-Startbahn neu zu bauen. (…) Und ich betone auch: Das operative Budget der Spiele in Sotschi ist mit 2,2 Milliarden US-Dollar im völlig normalen Rahmen, von einer Kostenexplosion kann keine Rede sein.“ Zur Diskussion, wie die olympischen Spiele in Russland zum Positiven verändern können: „Wir sprechen über Umweltfragen in Sotschi, über die Rechte von Homosexuellen, über gesellschaftliche Umstände in Russland. Das wäre sonst nicht der Fall. Und das zeigt einmal mehr, wie die Wahl einer Stadt den Olympiagastgeber in den Fokus der Weltöffentlichkeit rückt. (…) Mit den Spielen hingegen wird es uns ermöglicht zu verdeutlichen, für welche Werte wir stehen“ (Alle Zitate: Hungermann, Jens, Meinhardt, Gunnar, „Von einer Kostenexplosion kann keine Rede sein“, in welt.de 2.2.2014; Hervorhebung WZ). Stimmt: Das IOC steht für Gigantismus, zweistellige Milliarden-Verschwendungen, Nicht-Nachhaltigkeit, Protz und Prunk – gerade in Sotschi! Das IOC und Putin-Russland sind ideale Partner!

– Scharfe Kritik an Bach. Dagegen übte die Göttinger Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) scharfe Kritik am IOC und dessen Präsidenten Bach. Dieser hätte die olympische Idee von Toleranz und Frieden verraten. Putin nutze die IOC-Unterstützung und Vorbereitung auf die Olympischen Spiele, um repressive Gesetze durchzusetzen, die gegen alle angewandt werden, welche gegen Putin sind. Der Inlandsgeheimdienst FSB erhielt gerade durch ein neues Gesetz neue Kontrollrechte eingeräumt, „die zeitlich und örtlich unbegrenzt gelten sollen. Russische Oppositionelle befürchten, dass die Gesetze in erster Linie gegen politisch Unliebsame angewandt werden. Nach FAKT-Recherchen gab es bereits erste Hausdurchsuchungen bei NGO’s. Die Russland-Expertin der GfbV, Sarah Reinke, sagte gegenüber FAKT: ‚Für uns ist die Politik des IOC einfach verlogen. Nach außen und für PR-Zwecke wird immer gesagt, die olympische Idee, der olympische Geist, Freiheit und so weiter.‘ Tatsächlich engagiere sich Bach überhaupt nicht dafür, ‚dass sich in Russland was in Richtung Demokratie verändert'“ (Scharfe Kritik an IOC-Präsident Bach, in mdr.fakt.de 28.1.2014).

– Putins Spiele doch Putins Spiele. Bach wehrt sich seit längerem gegen das  Schlagwort von den Putin-Spielen. „Sein frommes Bemühen torpedierte der russische Präsident jetzt selbst: Er höchstpersönlich habe den Badeort als Austragungsstätte erwählt, verriet Wladimir Putin im russischen TV“ (Kistner, Thomas, Schnee unter Sägespänen, in SZ 4.2.2014). – „Es ist besonders schön zu sehen, was hier passiert, weil ich den Ort selbst gewählt habe“, sagte Putin dem russischen Staatsfernsehsender Rossija (Kaufmann, Stefan, Die Welt zu Gast bei Feinden, in handelsblatt.com 3.2.2014). Zu Putins Spielen werden rund 50 Staats- und Regierungschefs kommen, darunter Putin-Freund Gerhard Schröder. (Ebenda). Zur Erinnerung an das Jahr 2004: “Schröder antwortete in der ARD-Sendung ‘Beckmann’ (…) auf die Frage, ob Putin ein lupenreiner Demokrat sei: ‘Ja, ich bin überzeugt, dass er das ist’” (Schröder: Putin ist lupenreiner Demokrat“, in Hamburger Abendblatt 23.11.2004).

– Bach: Sotschi-Kosten im Rahmen. „Die Kosten für die Spiele sind ganz im Kostenrahmen früherer Spiele, nicht darüber“ (Ebenda). Zu den derzeitigen Gesamtkosten von 50 Milliarden Dollar  und den verschwundenen Milliarden schrieb Thomas Kistner in der SZ: „Was den Verdacht nährt, dass das Projekt so gewaltig ausfallen musste, damit es genügend abwirft für die beteiligten Kräfte“ (Kistner, Thomas, Schnee unter Sägespänen, in sueddeutsche.de 3.2.2014). – Und auch beim Problem der massenhaft ausgebeuteten Fremdarbeiter wiegelte Bach ab: „Wir wurden darüber informiert, schauten uns die Belege an und erörterten die Dinge dann mit dem OK“ (Ebenda). Dann wurden umgerechnet 5,86 Millionen Euro Löhne nachbezahlt – für zig Tausende ausländischer Arbeitskräfte.

– Reale Finanzrechnung in der SZ: 2,2 Mrd. Euro Oligarch Wladimir Potanin, 1,2 Milliarden Euro Oligarch Oleg Deripaska, 75 Mio. Euro UGMK-Holding, 33 Mio. Euro Slawoblast, 3,3 Mrd. Euro Gazprom, 1,7 Mrd. Euro Sberbank, 6,0 Mrd. Euro Olimpstroj, 8,0 Mrd. Euro Eisenbahngesellschaft, 733 Mio. Euro Omega, 9,8 Mrd. Euro Sonstige (Aumüller, Johannes, Danke, Steuerzahler – Wer finanziert die Spiele, in SZ 7.2.2014).
Fazit: Die Spiele wurden vor allem vom Staat bezahlt und nicht, wie von Putin behauptet, von der Privatwirtschaft. „Die Oligarchen haben fast gar nichts bezahl. Das Gros haben Staat und Staatsfirmen gestemmt, mithin also: der russische Bürger. (…) Viele, zum Beispiel Alischer Usmanow, haben sich mit einigen Millionen Sponsorgeld begnügt. Mit höheren Summen haben sich im Prinzip nur drei Geschäftsmänner engagiert“ (Aumüller, Johannes, Danke, Steuerzahler, in SZ 7.2.2014).

– Lupenreine Diktatur (4): Amnesty International unzufrieden. Sprecher Emile Affolter am 3.2.2014: „Es muss dringend mehr als bisher auf die Einhaltung der Menschenrechte geachtet werden“ (Ebenda). Die  Einhaltung von Grundrechten muss vorher fixiert werden: „Das halten wir für eine der wichtigsten Aufgaben, die Bach zu lösen hat. Wir erleben hier täglich, wie die Meinungsfreiheit eingeschränkt wird“ (Ebenda). Jürgen Mittag von der Deutschen Sporthochschule Köln meinte wenig hoffnungsfroh: „Künftig werden sie auch ökologische Aspekte oder Menschenrechtsfragen bei ihren Entscheidungen berücksichtigen. Allerdings wohl nur auf niedrigem Niveau“ (Kaufmann, Stefan, Die Welt zu Gast bei Feinden, in handelsblatt.com 3.2.2014).

IOC regelt Sponsoren. „Das Internationale Olympische Komitee (IOK) droht. Es untersagt den teilnehmenden Athleten, während der Spiele in Sotschi den persönlichen Sponsoren eine Plattform zu bieten. Zuwiderhandlung wird rigoros mit dem Entzug der Akkreditierung und mit einer Busse bestraft. Das Verbot geht so weit, dass selbst Glückwunsch-Inserate nicht zulässig sind. Wer kein offizieller Olympia-Sponsor ist, soll nicht mit den Spielen werben. Das ist der Grundsatz, auf dem das IOK den Schutz der eigenen Geldgeber aufbaut und gleichsam alle anderen von Olympia ausschliesst. In Bezug auf die derzeitigen Winterspiele heisst das zum Beispiel, dass prospektive Glückwunsch-Inserate nur bis am 29. Januar erlaubt waren. Und Gratulations-Inserate zu Erfolgen in Sotschi sind erst ab dem 27. Februar möglich – vier Tage nach Abschluss der Spiele“ (Gratulieren für Sotschi-Siege verboten, in nzz.ch 5.2.2014).

IOC hat es geschafft: UNO anwesend. UNO-Präsident Ban Ki Moon (Südkorea, Pyeongchang 2018) plauschte in Sotschi mit IOC-Präsident Bach. Immerhin kritisierte er die Angriffe auf Homosexuelle und die Menschenrechtsfrage (Aumüller, Johannes, Freude über den kaukasischen Leoparden, in SZ 7.2.2014). Diskutiert wird: nichts. „Vielleicht noch eine klitzekleine Bemerkung von irgendjemandem der versammelten IOC-Hundertschaft zu Menschenrechten, Umweltsünden oder dergleichen? Tja, leider nicht. Zwei kleine allgemeine Bemerkungen, und fertig ist der Auftritt, tschüss und viel Erfolg bei den Spielen. Und damit ist dann auch die Session für diesen Tag vorbei, Bach muss noch zum gemeinsamen Fackellauf mit dem UN-Generalsekretär“ (Ebenda).

– Kritik an den Putin-Spielen Sotschi 2014 gibt es. „Ban ist an diesem Tag vor der Eröffnungsfeier auch nicht der einzige, der sich so kritisch äußert. Eine kleine Auswahl: 200 Autoren aus aller Welt, darunter die Nobelpreisträger Günter Grass, Elfriede Jelinek und Orhan Pamuk, rufen Russland dazu auf, mehr Meinungsfreiheit zuzulassen. Der frühere Schach-Weltmeister und zwischenzeitliche Oppositionspolitiker Garri Kasparow moniert die Geldverschwendung für den „Fünf-Ringe-Zirkus eines Diktators“, bei dem Berge von Müll und verschmutztes Wasser die Folge seien. Und das Telefonunternehmen AT&T, Sponsor des amerikanischen Olympia-Teams, prangert das Anti-Homosexuellen-Gesetz als „verletzend“ an; dieses rückt noch einmal verstärkt in den Fokus, weil in sozialen Netzwerken ein Video kursiert, das zeigt, mit welchen körperlichen Angriffen Homosexuelle in Russland rechnen müssen“ (Ebenda).

IOC feiert sich. Das IOC verhält sich im 21. Jahrhundert um keinen Deut anders als im 20.: Kritik kommt nicht vor. Am Mittag des 7.2. äußert sich das Organisationskomitee. „Als erstes lobt dessen Chef Dmitrij Tschernyschenko, wie toll alles sei, schwärmt vom Fackellauf, der deutlich verbesserten Luft und darüber, dass in Russland nun viel mehr Menschen Sport treiben würden als vor dem Erhalt der Spiele. Dann tritt Jean-Claude Killy auf, seines Zeichens Chef der Koordinierungskommission, und sagt, wie toll alles sei und wie sehr er sich freue, dass der kaukasische Leopard wieder angesiedelt worden sei. (Ja, genau das Tier, das Putin gleich nach seiner Ankunft in Sotschi besuchte, weil es ihm so am Herzen liegt.) Und zum Abschluss sagt IOC-Chef Thomas Bach, wie toll alles sei und lobt den ‚brillanten Report‘ des Organisationskomitees“ (Ebenda). IOC-Business as usual im Putin-Russland…

– L’Èquipe: Absprachen im Eiskunstlauf. „Die französische Zeitung “L’Équipe“ berichtet über mögliche Medaillenabsprachen im Eiskunstlauf zwischen Russland und den USA. Die Verbände bestreiten das.  Die Sport- Zeitung hält ihre Quelle anonym, stützt sich aber, den eigenen Angaben zufolge, auf einen unbekannten aber durchaus bedeutenden russischen Trainer. Und der Vorwurf, für den es bis dato keine Belege gibt, wiegt schwer: Die Eiskunstlaufverbände Russlands und der USA, will ‚L’Équipe‘ von ihrem Informanten erfahren haben, hätten sich in geheimen Absprachen darauf geeinigt, den Mannschafts-Titel an Russland und die Trophäe im Paartanz an die USA zu vergeben. Mithilfe der Preisrichter, schrieb das französische Fachblatt in seiner Freitagsausgabe“ (Welter, Ursula, Absprachen im Eiskunstlauf? Verbände dementieren, in deutschlandfunk.de 9.2.2014). Und schon gewann dann – äußerst überraschend – die junge Russin Adelina Sotnikowa Gold im Eiskunstlauf der Damen, vor der von allen als wesentlich besser eingestuften Südkoreanerin Kim Yuna. Aus der Presseschau von René Hofmann in der SZ: „Einen ‚Skandal‘ sah L’Equipe und spottete: ‚Welch Hohn!‘ Für die südkoreanische Zeitung Joongang Ilbo war es ‚ein Fehlurteil‘, für den Corriere dello Sport ‚Unrecht‘. Die Chicago Tribune witterte ‚Hausmannskost, angerührt, um eine tosende Menge Russen ruhigzustellen‘. Die L.A. Times schrieb: ‚Manche mögen es Skandal nennen, andere Skating. Der gesunde Menschenverstand aber nennt das, was da passiert ist, einfach nur falsch’“ (Hofmann, René, Auffällige B-Werte, in SZ 22.2.2014).
Ein Eiskunstlauf-Offizieller, der nicht genannt werden wollte, äußerte gegenüber USA today, die Zusammensetzung des Gremiums „war deutlich schräg zugunsten von Sotnikowa: Das ist, was sie machen können“ (Hofmann, René, Beschwerde aus Südkorea, in SZ 24.2.2014). Alexander Lakernik, der Vizepräsident des russischen Eislauf-Verbandes, fungierte dazu als Technischer Kontrolleur; zum Preisgericht gehörte Alla Schechowzowa, die Frau des Generalsekretärs des russischen Eiskunstlauf-Verbandes. Der Preisrichter Juri Balkow aus der Ukrainer wurde bereits 1999 vom Internationalen Eislauf-Weltverband ISU wegen „auffälliger Wertungen“ für ein Jahr gesperrt (Ebenda). IOC-Präsident Bach sagte dazu: „Es gibt ja keinen Protest“ (Ebenda). „Ein solcher ist nach den ISU-Statuten, Regel 123.4.A.i gar nicht möglich: „Gegen die Bewertungen der Schiedsrichter, der Wertungsrichter und des technischen Komitees sind keine Proteste erlaubt“ (Ebenda). Im April 2014 entschlossen sich die Südkoreaner dann doch zum Protest – wegen der Zusammensetzung des Richtergremiums. „Die Koreaner haben sich schwer getan mit ihrem Protest. Sie hätten, liest man, schon ein bisschen Angst vor Vergeltung. Andere koreanische Läufer könnten für den dreisten Vorstoß büßen“ (Simeoni, Evi, Gegen die Eis-Scheinheiligen, in faz.net 17.4.2014).
Ein weiteres Beispiel aus der Sport-Demokratur!

– Proteste auf dem Roten Platz. Pünktlich zur Eröffnung von Sotschi 2014 haben am 7.2.2014 neun junge Protestierer die russische Nationalhymne gesungen und die russische Fahne und ein paar Regenbogenfähnchen, das Symbol der Homosexuellenbewegung, hochgehalten. Sie wurden sofort festgenommen und auf der Polizeiwache geschlagen. Die Organisatorin Lena Kostjutschenko sagte: „Wir haben nichts gefordert, nur gesungen. Wir wollten zeigen, dass auch wir Teil dieses Landes sind“ (Dornblüth, Gesine, Festnahmen während der Olympiaeröffnung, in deutschlandfunk.de 10.2.2014). „Die Festnahmen auf dem Roten Platz waren nicht die einzigen nach der Olympia-Eröffnung. Am Samstag trafen sich Dutzende Moskauer auf dem Manege-Platz am Kreml, um Solidarität mit dem unter Druck geratenen unabhängigen Fernsehsender Doschd auszudrücken. Ihr Erkennungszeichen: ein Regenschirm. Doschd heißt Regen. Alle wurden festgenommen. Die Behörden reagierten immer hysterischer auf Kritik, auch während Olympia, meint Lena Kostjutschenko: ‚In den Polizeiprotokollen steht: Sie hatten einen Regenschirm aufgespannt, obwohl es nicht regnete. Jetzt wird ihnen Verletzung der öffentlichen Ordnung vorgeworfen.‘  Den meisten russischen Medien waren die Festnahmen am Wochenende keine Meldung wert. Sogar kremlkritische Zeitungen hielten sich zurück“ (Ebenda).

– Hochsicherheitstrakt Sotschi. „Die Olympischen Winterspiele 2014 haben begonnen. In Sotschi finden sie in einem Hochsicherheitstrakt statt. (…) Alles wird gescannt, jede Cola-Flasche ist spätestens nach 500 Metern einmal untersucht worden. Die Olympischen Winterspiele im Kaukasus finden in einem Hochsicherheitstrakt statt. Der olympische Geist, sofern es ihn noch gibt, wabert hinter Gittern. Was die Öffentlichkeit jetzt beschäftigt, ist für die Hauptdarsteller nichts Neues. ‚Das war schon vor vier Jahren in Vancouver so‘, sagt der Berliner Eisschnellläufer Samuel Schwarz, ‚da sind wir auch nur von Sicherheitsblase zu Sicherheitsblase gehüpft’“ (Vetter, Claus, Olympischer Geist hinter Gittern, in tagesspiegel.de 8.2.2014).

Simon: 60 Prozent in Sotschi gedopt. Der Heidelberger Dopingforscher Prof. Perikles Simon äußerte Anfang Februar 2014 zu Sotschi 2014: „Bis zu 60 Prozent aller Olympia-Teilnehmer werden gedopt sein, quer durch alle Sportarten“ (Schicklinski, Johann, „In Sotschi wird in allen Sportarten gedopt“, in t-online.de 4.2.2014). Zur wachsenden Anzahl der Doping-Tests sagte der Dopingexperte Prof. Fritz Sörgel: „Die  Erfolgsquote allerdings ist konstant geblieben. Konstant niedrig“ (Sonnabend, Lisa, 2453 fragwürdige Tests, in sueddeutsche.de 4.2.2014). – „Die Perfektion beim Dopen nimmt immer mehr zu“ (Ebenda).

– Vesper: Simon respektlos. „Der Chef de Mission der deutschen Olympiamannschaft, Michael Vesper, hat sich gegen Äußerungen gewehrt, mehr als die Hälfte der Sportler in Sotschi seien gedopt. ‚Diese Anschuldigungen sind respektlos gegenüber den Athleten‘, sagte der Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Vesper reagierte damit auf Aussagen des Mainzer Sportmediziners Perikles Simon. Im Gespräch mit t-online.de hatte Simon behauptet, bis zu 60 Prozent aller Olympiateilnehmer seien gedopt, ‚quer durch alle Sportarten'“ (Vesper nennt Simons Doping-Aussagen respektlos, in spiegelonline 6.2.2014).

– Simon: Die 40 Prozent loben. Perikles Simon verwies in seiner Replik auf Vesper darauf, dass die Wada in den Wochen vor während Sotschi 2014 gar nicht zuständig ist, sondern jeder internationale Fachverband selbst seine Doping-Kontrollen durchführt. „Können diese wirklich ein Interesse haben, ihr Spitzenpersonal vor dem Saisonhöhepunkt reihenweise auffliegen zu lassen“ (Hungermann, Jens, „Der Antidopingkampf ist massiv durchseucht“, in welt.de 6.2.2014). Simon äußerte: „Es gibt  die  sauberen Athleten“ – und die gelte es zu loben (Ebenda).

– Freude über Abwahl von München 2022. Dmitri Schewtschenko von der Umweltwacht Nordkaukasus äußerte: „Wir gehören dem Widerstand der ersten Stunde an. Unsere Arbeit konzentriert sich auch auf den Schutz der einzigartigen subtropischen Sümpfe und kann letztendlich nur wenig bewirken. Deshalb haben wir uns gefreut, als die Menschen in Bayern erfolgreich Widerstand gegen die Bewerbung für die Olympischen Spiele geleistet haben“ (Henneberger, Kathrin, „Die Kompensation ist ein Bluff“, in klimaretter.info 7.2.2014).

– Keine „Grünen Spiele“. Schewtschenko sagte weiter zu den „grünsten Spielen aller Zeiten“ in Sotschi 2014: „All das Gerede über die Kompensation oder Neutralisation von Treibhausgasemissionen für den Bau der Infrastruktur und die Spiele selbst ist ein Bluff. CO2-neutrale Winterspiele wird es in Sotschi nicht geben. Nach unseren Berechnungen wurden seit 2007 ungefähr 1.000 Hektar Urwald gerodet. Und das ist eine konservative Rechnung, die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen. Kulturwald und Stadtbäume wurden ebenfalls gefällt, deren totes Holz kann nun kein CO2 mehr speichern. Zudem wurde extra für die Olympischen Spiele ein neues Gaskraftwerk gebaut, statt beispielsweise auf Sportanlagen erneuerbare Energien zu installieren. Sonne, Wind und Wasser werden in Sotschi praktisch nicht für die Energiegewinnung genutzt“ (Ebenda).

– Keine Kompensationen der russischen Regierung. Schewtschenko: „Wir wollen, dass die Regierung endlich Wort hält. Beispielsweise sollte ein Vogelschutzgebiet in der Niederung von Imereti geschaffen werden, auch das Flusstal der Msymta sollte wiederhergestellt werden. Das Tal wurde stark durch die Olympiastraße geschädigt, die die Küste mit den Bergen verbindet. Auch sollten als Ausgleichsmaßnahme neue Bäume gepflanzt werden. In Wirklichkeit ist all das nicht oder ungenügend geschehen“ (Ebenda).

– Deutsche Journalisten üben Fackellauf. Der Sportchef des Bayerischen Rundfunks, Werner Rabe, tut es, und die Olympia-Programmchefin des ZDF, Anke Scholten, tut es, und Moderatorin Hazel Irvine der BBC tut es: Mitlaufen beim Olympischen Fackellauf auf Einladung des IOC (Dobmeier, Steffi, Deutsche Journalisten als Fackelträger, in zeitonline 5.2.2014). Da kann ja dann bei der Berichterstattung nichts mehr schief gehen. Zur Erinnerung: Der olympische Fackellauf wurde für die Sommerspiele 1936 von den Nazis erfunden – und seither beibehalten. Vgl. im Kritischen Olympischen Lexikon: Fackellauf

– Lupenreine Diktatur (5): Putins Freunde. Interview von Jörg Winterfeldt in der Frankfurter Rundschau mit dem Regimekritiker Boris Nemzow: Dieser kann nicht nach Sotschi reisen, „weil Putin für Sotschi-Reisen eine besondere Genehmigung durch den FSB (Federalnaja sluschba besopasnosti Rossijskoj Federazii, Russlands Inlandgeheimdienst, d. Red.) zur Auflage gemacht hat. Oppositionsführern und Oppositionsaktivisten ist es völlig unmöglich, diese Genehmigung zu bekommen. Insofern sind diese Spiele ein einzigartiger Fall: Wenn du zum Beispiel eine Eintrittskarte für ein Hockeyspiel hast, reicht das nicht aus, um in die Eishockeyhalle zu gelangen. Du musst auch eine Genehmigung vom FSB bekommen. Die verweigern sie politischen Aktivisten.“ Diese Genehmigung erhalten vor allem „Angehörige der Partei Einiges Russland, Gazprom-Leute, Eisenbahn-Mitarbeiter. Zwei meiner Parteikollegen ist die Genehmigung verwehrt worden.“ Zum Umgang von Sotschis Bürgermeister Anatolij Pachonow mit den Bürgern äußerte Nemzow: „Der Bürgermeister hat sie nicht beschützt, weil er nur Putin und seinen Leuten dient, nicht den Bürgern Sotschis. Sie haben auch nicht von den Baumaßnahmen profitieren können, weil nur Einwanderer aus mittelasiatischen Ländern Jobs bekommen haben. Viele Bürger aus Sotschi haben auch keine Chance, sich Wettbewerbe der Spiele anzusehen, weil die Eintrittskarten sehr teuer sind.“ Nemzow hatte gegen Bürgermeister Anatolij Pachonow kandidiert. Zur „Wahl“ sagte er: „Die Wahl war total gefälscht. 36 Prozent der Stimmen wurden im Vorhinein abgegeben, und ausnahmslos alle bekam Pachomow. Es herrschte absolute Zensur. Ich bekam keine Chance, im Fernsehen in Debatten aufzutreten oder in Zeitungen Gehör zu finden. Sie haben mein Werbematerial beschlagnahmt, und sie haben meine Berater verhaftet. In der Zeit war Putin zweimal in Sotschi, um seinen Protegé Pachomow zu unterstützen.“ Auf die Frage, wer von den Spielen profitiere, äußerte Nemzow: „Putins Freunde. Arkadij Rotenberg, sein Judo-Partner, hat mehr als sieben Milliarden US-Dollar bekommen. Sein KGB-Freund, der Bahn-Chef Wladimir Jakunin, bekam zehn Milliarden US-Dollar aus dem Budget. Putins Freunde von Gazprom, aus der Sberbank.“ Über Russland urteilte Nemzow: „Jeder versteht, dass das hier ein Land des Polizeistaates und der Korruption ist. Ich glaube, dass Sicherheitserwägungen in Sotschi sehr wichtig sind. Ich glaube und hoffe, dass den Besuchern nichts zustößt. Ich glaube aber auch, dass die Polizei sich nicht nur um Sicherheit kümmert, sondern auch darum, die Opposition von den Sportstätten fernzuhalten“ (Winterfeldt, Jörg, „Für viele Einwohner sind die Spiele ein Desaster“, in fr-online 5.2.2014).

– Lupenreine Diktatur (6): Repressionen gegen Umweltwacht Nordkaukasus. Schewtschenko: „Wir Umweltschützer sind dauernd mit Repressionen durch den Staat konfrontiert. Die Austragung der Olympischen Spiele hat die Situation nicht verändert. Im vergangenen Jahr wurde den Mitgliedern unserer Organisation sogar unterstellt, Spione zu sein, die für das Ausland oder für die Interessen der USA arbeiten. In diesem Jahr wurden wir bereits vom Justizministerium durchleuchtet. Wir mussten den Behörden unsere komplette Korrespondenz der vergangenen drei Jahre zur Verfügung stellen. Auch einzelne Aktivisten werden wegen ihres Engagements für den Umweltschutz stark bedrängt und mit Haftstrafen bedroht. Aktuell bekannt gewordene Fälle sind die von Suren Gasarjan und Jewgeni Witischko. Unser Vorstand Suren Gasarjan sah sich gezwungen Russland zu verlassen und lebt heute in Estland. Für den verurteilten Jewgeni Witischko hat Amnesty International vor wenigen Tagen eine Solidaritätskampagne gestartet“ (Henneberger, Kathrin, „Die Kompensation ist ein Bluff“, in klimaretter.info 7.2.2014). Für Wladimir Kimajew von der Umweltwacht sind die Olympischen Spiele Sotschi 2014 eine Tragödie. „Seine Leute haben es immerhin geschafft, dass der Eiskanal nicht in einem Naturschutzgebiet gebaut wurde, sie durchkreuzten die Pläne für einen Hafen am Olympiapark und für ein Kraftwerk mitten in der Stadt“ (Bidder, Benjamin, Eberle, Lukas, Großekathöfer, Maik, Gestern und Morgen, in Der Spiegel 7/10.2.2014). Das für Kimajew Schlimmste – die Autobahn und Bahntrasse über dem Fluss Msymta – konnten sie nicht verhindern. „Die einzigen Profiteure sind die Unternehmen. Jeder Gauner konnte sich mit Geld eine Baugenehmigung kaufen und hier hinstellen, was er wollte“ (Ebenda).

– Lupenreine Diktatur (7): Umweltschützer Witischko verhaftet. Rechtzeitig zum Beginn von Sotschi 2014 wurde der Geologe Jewgeni Witischko von der Umweltwacht Nordkaukasus verhaftet. „Im Jahr 2011 hatte er sich mit Aleksandr Tkatschow angelegt, dem mächtigen Gouverneur der Region Krasnodar, zu der auch Sotschi gehört. Tkatschow ist der größte Grundbesitzer und ein wichtiger Verbündeter des Kremls bei der Kontrolle über die Olympia-Milliarden. Weil Witischko mit seinen Anhängern dagegen protestierte, dass sich der Gouverneur ein schönes Stück Strand zu seiner Datscha einverleibte, wurde der Öko-Aktivist zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Im Dezember 2013 aber wandelte ein Gericht die Bewährungsstrafe in drei Jahre Lagerhaft um – Jewgeni Witischko hatte angeblich gegen die Bewährungsauflagen verstoßen“ (Heimann, Doris, Mehr Fluch als Segen, in schwaebische.de 7.2.2014). Die Rolle Olympischer Spiele ist für das IOC wichtig, für Potentaten aber noch wichtiger. Hierzu das Beispiel Olympischer Sommerspiele Berlin 1936: hier

– Erwachen in und um Sotschi. Evi Simeoni schrieb in der FAZ: „Das Erwachen von Sotschi mag für manches naive IOC-Mitglied jetzt eine Enttäuschung sein. Es hat aber – zusammen mit der nackten Korruption bei der Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaften 2018 nach Russland und 2022 nach Qatar, für die das IOC nichts kann – das Image der internationalen Sportpolitiker zumindest im aufgeklärten Europa nahezu ruiniert. Eine Kultur der Geldgier und des Größenwahns wird ihnen unterstellt, und es wird schwer sein, dieses Bild zu verbessern. Ausgerechnet der scheidende Marketingchef Gerhard Heiberg – einer der Motoren der marktorientierten Spiele-Vergaben – benannte am Mittwoch dieses Problem: ‚Es gibt natürliche Gründe, warum nur wenige Länder Winterspiele organisieren können'“ (Simeoni, Evi, Plötzlich ist Leben in der Bude, in faz.net 5.2.2014).

– Warnung vor Zahnpasta-Terroristen. „Einen Tag vor Beginn der Olympischen Winterspiele erneuert die US-Regierung ihre Terrorwarnung. Amerikanische Geheimdienste befürchten demnach Anschläge auf Flüge nach Russland. Konkret warnt Washington vor Sprengsätzen in Zahncremetuben“ (USA warnen vor Zahnpasta-Terroristen, in spiegelonline 6.2.2014).

– Bewohner-Schicksale. „Für die Zeit der Olympischen Spiele bleibt Aschot Jailjan (73) aus seinem Haus ausgesperrt. Der alte Mann kann es nicht fassen: ‚Ich wohne hier seit mehr als 20 Jahren.‘ Sein Dorfnachbar Aleksandr Koropow hat ihn bei sich aufgenommen. Doch dem Nachbarn geht es wenig besser. Weil sein Grundstück zu einem neuen Nationalpark gehört, wurde Koropow praktisch enteignet. Entschädigung bekam er keine. ‚Ich bin jetzt ein Olympia-Penner‘, sagt er bitter“ (Heimann, Doris, Mehr Fluch als  Segen, in schwaebische.de 7.2.2014). – „Natalja Kalinowskaja (42) hat jahrelang dagegen gekämpft, dass das Stück Strand bei der Siedlung Wesjoloe zubetoniert wird. Der Strand hier war besonders breit und hatte neben Kieseln auch Sand – eine Seltenheit am Schwarzen Meer. Viele Bewohner von Wesjoloe leben von der Zimmervermietung. Jetzt ist vom Sandstrand nichts mehr zu sehen. Er ist begraben unter einer Promenade mit hässlichem Betondamm. Und Natalja Kalinowskaja hat Wesjoloe verlassen“ (Ebenda). Geheimdienstmitarbeiter haben sie massiv unter Druck gesetzt. „Wenige Tage später floh sie aus Sotschi. In ihr Haus will sie erst zurückkehren, wenn die Olympischen Spiele vorbei sind“ (Ebenda). Im Dorf Achschtyr, wo Koropow Vorsitzender ist, wurden oberhalb des Dorfes zwei Steinbrüche eingerichtet, Lkws fuhren pausenlos Gestein ab. Dadurch sind die Brunnen trocken gefallen, der Staub der Lkws bedeckte das ganze Dorf und seine Obstbäume. Koropow, „der vom Verkauf seiner Früchte lebte, konnte deshalb seine Ernte zum letzten Mal vor vier Jahren verkaufen“ (Veser, Reinhard, Es bleiben Wasser, Staub und Müll, in faz.net 10.2.2014). Schließlich wurden die Steinbrüche illegal als Müllkippe genutzt. Die mit schweren Baumaschinen in den Boden getriebenen 24 Meter tiefen Pfeiler in das Flussbett der Msymta verursachten Risse in den Häusern im Dorf; die Autobahn schnitt Achschtyr vom Nachbarort ab, wo die Schule, Ärzte und Läden sind (Ebenda).

– Putins Paläste. „Für die Winterspiele in Sotschi wurden alle elf Wettkampfstätten neu errichtet, die Kosten gehen in die Milliarden. (…) Allein die sechs Arenen in Sotschi, die kreisförmig um die Medal Plaza an der Schwarzmeerküste angelegt sind, haben 700 Millionen Euro gekostet – zumindest geschätzt. Offizielle Zahlen gibt es kaum, womöglich sind die tatsächlichen Kosten auch noch höher als die Schätzung“ (Hamann, Birger, Rau, Maximilian, Sotschis prunkvolle Paläste, in spiegelonline 6.2.2014).

– Der Sport ist „unpolitisch“. „Und auch im Kleinen zeigt sich, dass der Plan mit den unpolitischen Spielen nicht so recht funktioniert: Zum Beispiel, wenn der offizielle Telefonpartner der Spiele beim Verkauf von SIM-Karten auf olympischem Territorium in seiner Tariftabelle extra Abchasien und Südossetien verzeichnet – zwei Territorien, die außer Russland kaum ein Land auf der Welt anerkannt hat und wegen denen es schon lange heftige Konflikte mit Georgien gibt. Vom IOC-Hotel bis zur abchasischen Grenze sind es keine zehn Minuten“ (Aumüller, Johannes, Agenda 2020, in SZ 6.2.2014).

– Sotschi 2014 falsch. Im Auftrag der dpa hat das Meinungsforschungsinstitut YouGov eine Umfrage in Deutschland gemacht. 83 Prozent der 1076 Befragten glauben nicht an dopingfreie Winterspiele Sotschi 20ß14. Und nur für 22 Prozent ist Russland der passende Gastgeber: „60 Prozent antworteten auf diese Frage mit Nein“ „Deutsche Fans sehen Olympia 2014 kritisch, in merkur-online 7.2.2014).

– Deutschland belieferte. Über 70 Firmen aus Deutschland lieferten für Sotschi 2014: Siemens Züge, Thyssen-Krupp Freiluft-Rolltreppen, Herrenknecht Tunnel-Bohrmaschinen, Kannegießer vollautomatische Wäsche-Waschstraßen. In der Öffentlichkeit halten sich die Unternehmen zurück – wegen der negativen Schlagzeilen wie Korruption, Menschenrechtsverletzungen, Ausbeutung von Arbeitern, Umweltzerstörungen: „Damit möchte offenbar niemand in Verbindung gebracht werden“ (Schweizer, Marina, Deutschland hat mitgebaut, in deutschlandfunk.de 8.2.2014).

– Sotschi-Eröffnung: Amerikanischer Stern geht nicht auf. Fünf Sterne sollten zu fünf Olympischen Ringen transformieren. Ausgerechnet der rechte (rote, steht für den Kontinent Amerika) blieb Stern und wurde nicht zum Ring (Rilke, Lukas, Mit Pomp und ein bisschen Putin, in spiegelonline 7.2.2014).

– Putin-Partei beendet Fackellauf in Sotschi. Ringer Alexander Karelin, Gymnastin Alina Kabajewa (gilt als Putin-Geliebte), Eishockey-Torwort Wladislaw Tretjak und Eiskunstläuferin Irina Rodnina waren die letzten Fackelträger: und alle vier Duma-Abgeordnete für Putins Regierungspartei Einiges Russland (Aumüller, Johannes, Hofmann, René, Der verbotene Krieg, in SZ 10.2.2014).  

– Lupenreine Diktatur (8): Der „russischen Zar“. Andreas Rüttenauer schrieb in der taz: „Die Mitglieder des IOC haben auch gewusst, wer sich da im Juli 2007 in feinstem Englisch an sie gewandt hat. Putin war schon sieben Jahre Präsident in Russland. Längst hatte er die demokratische Verfassung durch seinen autoritären Führungsanspruch de facto außer Kraft gesetzt. Und doch wollte keiner murren, als Bewerbungschef Tschernischenko nach dem Abstimmungserfolg für Sotschi von einer ‚Chance für die junge Demokratie in Russland‘ schwafelte. Und auch das im Juni 2013 von der Duma einstimmig verabschiedete Gesetz, das „Propaganda von nicht-traditionellen sexuellen Beziehungen gegenüber Minderjährigen“ unter Strafe stellt, ist nicht vom Himmel gefallen. (…) Als mehrere 100.000 Menschen Boykottaufrufe unterschrieben hatten, erklärte das IOC, dass Schwule und Lesben in Sotschi nichts zu befürchten hätten, wenn sie die Klappe hielten. Versuche, ein Pride House in Sotschi einzurichten, das bei den Spielen in London 2012 und Vancouver 2010 Treffpunkt schwul-lesbischer Sportler gewesen war, scheiterten am russischen Einspruch. Die Organisatoren hatten da längst den Versuch aufgegeben, in Sotschi so etwas wie ein anderes Russland zu zeigen. Bürgerrechtler wie der Umweltaktivist Jewgeni Witischko von der Umweltwacht Nordkaukasus wurden wenige Tage vor Beginn der Spiele weggesperrt“ (Rüttenauer, Andreas, Putins Spiele in XXL, in taz.de 7.2.2014).

– Grüner Volker Beck fordert zu Olympia-Boykott auf: „Mich interessiert, wie die Regierung diese Putin-Festspiele inszenieren wird – das war’s. Aber ich will das jetzt nicht als Protest verkaufen: Ich bin einfach kein besonders sportbegeisterter Mensch. Fest steht, dass Putin die russische Demokratie demontiert hat und die Spiele als PR-Instrument für sein Regime missbraucht. Man sollte mal auf die Verantwortung des Internationalen Olympischen Komitees schauen. Ein so wichtiges Ereignis hätte man niemals an ein Land wie Russland vergeben dürfen – ein Land, das die Menschenrechte nicht achtet und sich rechtsstaatlichen Prinzipien verweigert. Außerdem regiert in Russland die Korruption. Wie viel Geld da versickert ist! Und den eingesetzten Wanderarbeitern aus den zentralasiatischen Republiken, die als Bauarbeiter in Sotschi eingesetzt waren, zahlt man – wenn überhaupt – Hungerlöhne. Wer sich wehrt, bekommt es mit der Polizei zu tun. All das hat stattgefunden, ohne dass das IOC die Reißleine gezogen hat. Die Proteste kommen immer kurz vorher, aber dann ist es bereits zu spät. (…) Aber in Russland sind auch andere Grundrechte in Gefahr. Es gibt keine freien Wahlen, die Versammlungsfreiheit wird nicht gewährleistet, es gibt keine freien Medien, Regimekritiker werden vor Gericht gestellt und zu drakonischen Strafen verurteilt. Wenn Putin das Gesetz gegen homosexuelle Propaganda wieder abschaffen würde, wäre Russland noch lange keine Demokratie. (…) Kein Land ist durch so eine Veranstaltung je freier geworden. Das ist eine Illusion, die uns die Funktionäre verkaufen wollen“ (Grüner Beck fordert Politiker zum Olympia-Boykott auf, in spiegelonline 7.2.2014).

– Das Geschäft mit Olympischen Winterspielen. Unter dem früheren IOC-Präsidenten Juan Antonio Samaranch wurden die Winterspiele von zwölf auf 17 Tage ausgeweitet und ab 1994 aus dem Rhythmus der  Sommerspiele herausgelöst. „Als  willkommene Zusatzware verdoppelte Samaranch die Wettbewerbe  in seiner  Amtszeit von 38 auf 78 Wettbewerbe“ (dpa, 90 Jahre Winterspiele: Vom Stiefkind zum Boomunternehmen, in abendzeitung-muenchen.de 7.2.2014). In Vancouver gab es 86, nun in Sotschi gibt es 98 Wettbewerbe. Die Winterspiele erbringen etwa 40 Prozent des olympischen Vier-Jahres-Zyklus. Die Umsätze Vancouver 2010 und London 2012 lagen bei 8,05 Milliarden Dollar (Ebenda). Für Pyeongchang 2018 bezahlt allein der US-TV-Sender NBC 963 Millionen Dollar (Ebenda).

– Immer mehr Wettbewerbe. Eine Aufstellung in der SZ zeigt das Anwachsen der Winterspiele: 1924 Chamonix 16; 1928 St. Moritz 13: 1932 Lake Placid 14; 1936 Garmisch-Partenkirchen 17; 1948 St. Moritz 22; 1952 Oslo 22; 1956 Cortina d’Ampezzo 24; 1960 Squaw Valley 27; 1964 Innsbruck 34; 1968 Grenoble 35; 1972 Sapporo 35; 1976 Innsbruck 37; 1980 Lake Placid 38; 1984 Sarajevo 39; 1988 Calgary 46; 1992 Albertville 57; 1994 Lillehammer 61; 1998 Nagano 68; 2002 Salt Lake City 78; 2006 Turin 84; 2010 Vancouver 86; 2014 Sotschi 98 (Deutlich mehr Frauen, immer mehr Wettbewerbe, in SZ 4.2.2014). Natürlich nehmen auch von Mal zu Mal die Anzahl der Athleten und Journalisten zu. Das wirkliche Olympische Motto: mehr, teurer, gewinnträchtiger.

„Ihr habt einen Knall“Holger Gertz in der SZ über Sotschi 2014: „Hier in Sotschi bündeln sich gerade sämtliche Auswüchse und Verhängnisse vergangener Spiele. Hier bündelt sich tatsächlich: alles, was schlecht ist. (…) Wenn Thomas Bach das IOC definiert, wagt er sich weit in den dialektischen Bereich vor; das IOC sei politisch neutral, ohne apolitisch zu sein. Umweltsünden in Sotschi? Menschenrechtsverletzungen? Diskriminierung von Homosexuellen? Bach ist ein Abwiegler, ein Ballflachhalter, ein Großmeister der Wortklauberei. Schwierige Themen werden bei ihm zu ‚Herausforderungen‘, damit kommt man immer einigermaßen durch. (…) Während die Welt da draußen über Gigantismus, Korruption und Missbrauch der Spiele debattiert, während die Menschenrechtsorganisationen Presseerklärung auf Presseerklärung mailen, während das amerikanische Terrorabwehrzentrum vor Zahnpastabomben in Flugzeugen warnt und den eigenen Leuten empfiehlt, die Trainingsanzüge in den Nationalfarben besser im Koffer zu lassen, wendet sich Bach den Grundwerten des Sports zu. Er sagt: ‘We want to get se couch-potatoes off se couch.’ (…) Was ist eigentlich erbärmlicher? Dass Putins Leute in Sotschi sich an die Statuten des IOC nicht gebunden fühlen? Oder dass die Menschen im IOC, durch ihre billigende Teilhabe hier in Sotschi an allem, gegen die eigenen Regeln verstoßen?“ (Gerz, Holger, Ihr habt einen Knall, in SZ 7.2.2014).

– Lupenreine Diktatur (9): Sotschi-2014-Profiteure I. Das neue Skiressort Rosa Chutor wurde vom russischen Oligarchen Wladimir Potanin erbaut. „Er hat beste Beziehungen zum Kreml. Rund 2,5 Milliarden US-Dollar hat er eigenen Angaben zufolge allein in das Skigebiet Roza Chutor investiert. Dass das in absehbarer Zeit Profit abwirft, ist unwahrscheinlich“ (Dornblüth, Gesine, Vom Badeort zum Wintersportmekka, in deutschlandfunk.de 5.1.2014). – „Potanin wird nach den Spielen an jedem Skipass, jeder Bratwurst und jedem Bier verdienen – ganz Chutor ist Privatbesitz“ (Spannagel, Lars, Olympias Sklaven machen es möglich, in tagesspiegel.de 4.1.2014).

– Lupenreine Diktatur (10): Sotschi-2014-Profiteure II. Putin war von den Wahlfälschungen 2012 geschwächt. Nun versucht er, mit den Sotschi 2014 Reputation zu gewinnen. Christian Neef und Matthias Schepp listeten im Spiegel die Verbindung zu seinen Oligarchen-Kumpels auf. – Wladimir Jakunin ist Chef der Russischen Eisenbahnen. „Jakunins Eisenbahnkonzern hat in Sotschi acht große Projekte für 6,6 Milliarden Euro aus dem Boden gestampft, darunter die Autobahn und die 42 Kilometer lange Eisenbahnlinie von der Küste in die Kaukasusberge“ (Neef, Christian, Schepp, Matthias, Putins Spiele, in Der Spiegel 27.1.2014). 332.000 Quadratmeter Asphalt versiegelten den Boden, 54.000 Quadratmeter Granit  wurden verlegt. Der Blogger Alexej Nawalny berichtete, dass sich Jakunin vor den Toren Moskaus einen Palast mit mehreren Dutzend Zimmer errichten hat lassen (Ebenda). – Ahmed Bilalow war Bauunternehmer aus Dagestan, Vizepräsident des russischen Olympischen Komitees und für den Bau der Sprungschanzen zuständig: Deren Kosten hat sich mindestens um das Siebenfache verteuert – Bilalow musste nach London emigrieren. – Oligarch Wladimir Potanin, Nickel-König, erwarb sein Vermögen von geschätzten 14,3 Milliarden Dollar unter Boris Jelzin, bekam vom Kreml den eher sehr verbindlichen Auftrag, Rosa Chutor zu bauen. – Oleg Deripaska, Aluminium-Oligarch, zwischenzeitlich auf 8,5 Milliarden Dollar geschätzt, ist ebenfalls Profiteur der Jelzin-Ära (und mit dessen Stiefenkelin verheiratet). Sein Unternehmen Rusal „ist hochverschuldet und inzwischen praktisch abhängig von der Staatsbank WTB. Drei Wochen vor der Eröffnung der Spiele wurde noch immer an Deripaskas 500 Millionen Euro teurem Olympiadorf gewerkelt“ (Ebenda). – Potanin und Deripaska fordern nun zusammen mit den Staatsunternehmen Gazprom und Sberbank, die ebenfalls Milliarden investierten, Staatsgelder zur Finanzierung der olympischen Projekte. – Putin hat noch einen sehr speziellen Kumpel: „Arkadij Rotenberg zum Beispiel war bis vor gut 30 Jahren Direktor einer unbedeutenden Kinder- und Jugendsportschule in Leningrad, dem heutigen St. Petersburg. (…) Öffentlich in Erscheinung trat er nie, heute jedoch ist der 62-jährige Milliardär und beherrscht zusammen mit seinem Bruder Boris Banken, Pipeline-Firmen und Baukonzerne“ (Ebenda). Rotenbergs Karriere hat er Putin zu verdanken: „Sie hatten einst zusammen im Judoclub trainiert; heute gehört der Club dem Milliardär, und Ehrenpräsident ist Putin. (…) Für Sotschi-Großprojekte haben Rotenbergs Firmen Verträge über 4,8 Milliarden Euro abgeschlossen, wie der US-Finanzdienst Bloomberg ermittelte, etwa für den Bau von Straßen, einer Pipeline und des Medienzentrums“ (Ebenda). – Der Konzern Olimpstroi ist „einer von sieben großen Staatsbetrieben und ein geradezu natürlicher Nährboden für Korruption. Denn Staatskonzerne wie dieser gelten paradoxerweise nicht als kommerzielle Organisationen, sie müssen keine detaillierten Jahresabschlüsse vorlegen“ (Ebenda). Deshalb wurden die Olympiabauten um die Hälfte bis 75 Prozent teurer als solche in anderen Ländern. Den Extra-Gewinn strich wiederum die Putin-Gang ein- und vermutlich dessen Partei „Einiges Russland“.

– Lupenreine Diktatur (11): Sotschi-2014-Profiteure III. Der Oppositionelle Alexej Nawalnyj berechnete mit seiner „Stiftung zum Kampf gegen Korruption“ (hier) die tatsächlichen Kosten für Sotschi 2014. Putin gibt für die Kosten 6,5 Milliarden Dollar an: Der russische Staat würde drei Milliarden und private Investoren 3,5 Milliarden Dollar tragen. Nawalnyj: „Es ist einfach Unsinn, eine vollkommene Lüge“ (Schmidt, Friedrich, „Es ist kein Tauwetter – es sind die Olympischen Spiele“, in faz.net 28.1.2014). Laut Nawalnyj wurden die Staatshaushalte 2007 bis 2014 analysiert: 25,1 Milliarden Dollar kamen aus dem föderalen Haushalt, eine Milliarde Dollar aus dem Haushalt der Region Krasnodar, 7,6 Milliarden Dollar kamen von der Außenwirtschaftsbank VEB über Kredite, deren Rückzahlung das Finanzministerium garantiert hat. 10,5 Milliarden Dollar kamen von staatlichen Unternehmen wie Eisenbahn oder Gazprom: „Für diese Ausgaben zahlen wir Verbraucher, weil die Unternehmen die Preise für Strom oder ein Zugticket erhöhen. Nur ungefähr 53 Milliarden Rubel (1,6 Milliarden Dollar) sind tatsächlich Privatgelder, weniger als vier Prozent der Gesamtkosten“ (Ebenda). 28 Objekte mit Kosten von 24,7 Milliarden Dollar wurden analysiert. Die Preiserhöhung durch Korruption liegt bei 5,7 Milliarden Dollar: „Diese Summe wurde geklaut beim Bau, das sind gut 42 Prozent“ (Ebenda).

– Lupenreine Diktatur (12): Sotschi-Profiteure III. Der Bericht von Nawalnyis “Moskauer Stiftung für Korruptionsbekämpfung” benennt folgende Oligarchen und ihren olympischen “Umsatz”: Arkady Rotenberg, Putin-Spezl, 6.9 Milliarden Dollar; Vladimir Kostylev, Evgeniy Sur und Gennady Timchenko, frühere Erbauer der Baikal-Amur-Hauptstrecke, ca. 5.5 Milliarden Dollar; Oleg Shishov, ein Geschäftsmann aus Omsk, 2.1 Milliarden Dollar; Leonid und Andrey Monosov, Vize-Präsidenten der Olympiagesellschaft Olympstroy 152.9 Millionen Dollar; Alexander Tkachyov und Roman Batalov, Gouverneur von Krasnodar und sein Schwiegersohn 278.3 Millionen Dollar; Dmitry und Alexandr Svischev, Väter von Duma-Mitgliedern, 29.7 Millionen Dollar. Dazu kommen noch als Verantwortliche der Umweltzerstörung; Vladimir Yakunin (Goldmedaille), Putin-Freund, Präsident der Russischen Eisenbahn; Zerstörung geschützter Wälder, Zerstörung von Stränden, Anlegung illegaler Mülldeponien; Anatoliy Pakhomov (Silbermedaille), Bürgermeister von Sotschi, Versagen des „Null-Müll-Programms“, illegale Mülldeponien; Vladimir Potanin,(Bronzemedaille), 278.3 Millionen Dollar, Eigentümer und Präsident von Interros, Wälderzerstörung, Flussverschmutzung (Vergleiche: „Champions“: hier).

– Ausgebeutete Arbeiter. Die Menschenrechtsorganisation „Memorial“ hatte bereits im September 2013 dem IOC eine Liste mit 704 Namen von Arbeitern auf olympischen Baustellen übergeben, denen kein Lohn ausbezahlt wurde. Sie „waren bei 22 unterschiedlichen Unternehmen angestellt, die am Bau von Stadien sowie von Unterkünften für Sportler, Funktionäre von Sportverbänden und Journalisten mitgewirkt haben. Die meisten Fälle, 190 Arbeiter, waren für eine in Moskau registrierte Firma namens „OOO Raj“ tätig, die ein Subunternehmer des österreichischen Baukonzerns Strabag war. „OOO Raj“ verneint, dass die Arbeiter für sie gearbeitet hätten. Mitarbeiter von ‚OOO Raj‘ haben aber gegenüber dem Leiter der ‚Memorial‘-Vertretung in Sotschi Semjon Simonow zugegeben, dass die entsprechenden Personen für das Unternehmen gearbeitet hätten“ (Veser, Reinhard, Sotschi-Arbeitern werden weiter Löhne vorenthalten, in faz.net 9.2.2014). Den meist aus Zentralasien stammenden Sotschi-Arbeitern wurden – ähnlich wie jenen in Katar – ordentliche Verträge verweigert, die Pässe eingezogen, keine Arbeitserlaubnis erteilt: Und oft wurden sie ohne Lohn abgeschoben.  „Das IOC teilte auf Anfrage dieser Zeitung mit, die Arbeiter auf der Liste von ‚Memorial‘ gehörten zu den 6175 Arbeitern, denen 277,5 Millionen Rubel Lohn (umgerechnet etwa 5,9 Millionen Euro) nachgezahlt worden seien. Nach Angaben von „Memorial“, das mit den Arbeitern in Kontakt steht, haben sie aber noch kein Geld erhalten“ (Ebenda; vgl. auch: Bauarbeiter in Sotschi warten immer noch auf Löhne, in spiegelonline 10.2.2014). Auch am 21.2.2014 waren mindestens 700 Arbeiter nach Angaben von Semjon Simonow von Memorial noch nicht bezahlt, obwohl das Organisationskomitee dies behauptete (Arbeiter warten weiter, in SZ 22.2.2014).

– Das IOC-Herz der Finsternis (2): Norwegerinnen dürfen nicht trauern. Beispiel 1:Der Bruder der Norwegischen Langläuferin Astrid Jacobsen war am 7.2.2014 überraschend verstorben. Die norwegischen Langläuferinnen waren daraufhin beim Skiathlon mit einem Trauerflor unterwegs. Sie bekamen vom IOC deshalb eine Rüge. Das IOC bezog sich auf die Olympische Charta, Regel 50.3: “Jede Demonstration oder politische, religiöse oder rassische Propaganda ist an den olympischen Stätten, Austragungsorten oder in anderen olympischen Bereichen untersagt.” IOC-Sprecherin Emanuelle Moreau: “Doch wir glauben, dass an den Wettkampfstätten, in denen die Atmosphäre festlich ist, nicht der richtige Ort für Trauer ist” (Norwegen beklagt “Riesendummheit” des IOC, in spiegelonline 10.2.2014). Und IOC-Präsident Bach: „Wir meinen, dass es nicht richtig ist, während eines Wettbewerbes Trauer zu zeigen“ (Bach bleibt stur, in SZ 14.2.2014). Dagegen Inge Andersen, Generalsekretär des Norwegischen Sportverbandes, in der Zeitung Aftenposten: “Das war eine ganz natürliche Reaktion der norwegischen Langlaufmannschaft. Das Menschliche ist viel wichtiger als Sport, wenn so etwas passiert. Wir würden das gerne mit dem IOC auf einer höheren Ebene diskutieren” (Ebenda). Die frühere norwegische Langläuferin Anette Bøe: „Das ist völlig umnachtet, eine Riesendummheit“ („Völlig umnachtet“, in SZ 11.2.2014). Hallo Oslo 2022: Wollt ihr euch wirklich bewerben?Beispiel 2: Kanadische Snowboarderinnen wollten mit einem Sticker an die vor zwei Jahren im Sport tödlich verunglückte kanadische Snowboarderin Sarah Burke erinnern. “Das IOC tat was? Genau. Es verbot den Aufkleber am Helm” (Becker, Christoph, IOC verbietet Trauerflor, in faz.net 10.2.2014). – Das IOC dazu: “Der Wettkampf soll eine Feierstätte bleiben, sie müssen andere Orte zum Gedenken finden” (Ebenda). Dann feiert mal weiter, IOC-Funktionäre – bis euch hoffentlich keiner mehr haben will.
Kommentar von Thomas Hummel in der SZ: “Die Welt fragt sich nun, was das soll? Hat sich die olympische Bewegung so weit vom Leben verabschiedet, dass nicht einmal mehr Totengedenken gestattet ist? Wie sehr darf Olympia entmenschlicht werden? Soll damit etwa jede Ablenkung für die exakt sitzenden Sponsorenlogos vermieden werden?” (Hummel, Thomas, Kein Platz für Menschlichkeit, in sueddeutsche.de 11.2.2014).
Kommentar von René Hofmann in der SZ: “Den Athleten bei Olympia wird jedes Fitzelchen Menschlichkeit verwehrt. Das IOC hat die norwegischen Langläuferinnen gerügt, weil sie mit Trauerflor angetreten waren. Trauerzeichen mit Propaganda gleichzusetzen – das ist ein ziemlich starkes Stück. Mit diesem Standpunkt fällt das IOC sogar noch hinter den Fußball-Weltverband Fifa zurück” (Hofmann, René, Trauerflor ist keine Propaganda, in SZ 12.2.2014).
Stellungnahme des Düsseldorfer Sportrechtspezialisten Dr. Paul Lambertz: “Diese Entscheidung ist nicht durch die Olympische Charta gedeckt, auf die sich das IOC beruft. (…) Trauerbekundung ja oder nein – das ist natürlich nicht nur eine Rechtsfrage. Die Entscheidung des IOC war vor allem eins: menschlich kalt. Vermutlich will es dadurch seine Macht gegenüber den Athleten demonstrieren. (…) Lambertz: Es geht in der Tat nicht nur um die norwegische Mannschaft. Ein mittlerweile klassisches Phänomen wird hier sichtbar: Die Sportverbände sind von ihren Athleten entrückt(Fritsch, Oliver, “Die Entscheidung des IOC ist menschlich kalt”, in zeitonline 11.2.2014).

DOSB schreibt für deutsche Sponsoren Stellungnahme. Die Homophobie in Russland wächst – auch in Zusammenhang mit Sotschi 2014. Darauf reagierten amerikanische Unternehmen wie Google (Logo in Regenbogenfarben) und der Sponsor der US-Olympiamannschaft, AT&T (Gesetz ist „verletzend“). Die Südddeutsche Zeitung fragte bei deutschen Sponsoren nach. Dertour beurteilte das Gesetz als „erschreckend und mehr als heikel“. Lufthansa äußerte, man kommentiere keine „politischen Fragen dieser Art“. Adidas, Audi und Messe Düsseldorf antworteten unisono mit EDV-Satzbausteinen des DOSB. „Verblüffend dabei: Die Stellungnahmen waren über zahlreiche Sätze hinweg absolut identisch. (…) Der DOSB teilte mit, dass er auf die Anfrage angesprochen worden sei und er daraufhin die Partner der deutschen Olympiamannschaft angeschrieben habe. Das sei so üblich.  Bei Audi, dessen Mutter VW auch offizieller Partner der Sotschi-Spiele ist, hieß es, man habe sich mit dem DOSB abgestimmt, dies sei „eine ganz normale Vorgehensweise“. Adidas und die Messe Düsseldorf beantworteten Nachfragen zu den identischen Formulierungen nicht“ (Aumüller, Johannes, Kistner, Thomas, Für jedes Problem hat der DOSB eine Schablone, in sueddeutsche.de 12.2.2014).

– Putinsche Sprungschanzen. „100 Jahre lang sollen sie halten, die olympischen Wettkampfanlagen am Schwarzen Meer und im Kaukasus. So hat es Russlands Präsident Wladimir Putin versprochen. Betrachtet man allerdings die stählernen Stützanker, die die Russen vorsorglich in die Betonwände des Auslaufs der beiden Olympiaschanzen getrieben haben, so dürfte sich Putins Prognose zumindest an diesem Ort als sehr optimistisch erweisen.  Aus den Wänden rinnt rostbraunes Wasser, an einigen Stellen hat der olympische Beton Falten gebildet. Die ganze Anlage geriet angeblich schon ins Rutschen, denn das kaukasische Gestein soll an dieser Stelle sehr locker sein. Die Russen wählten eigens ein besonders windgeschütztes Seitental einen Kilometer südöstlich von Krasnaja Poljana für die Wettbewerbe der Skispringer aus. Im Prinzip eine gute Idee. Angeblich fehlte den Geologen dann aber die Zeit, das Gestein vor dem Bau in dem außergewöhnlich steilen Hang genauer zu untersuchen. Die ganze Kaukasus-Region nördlich von Sotschi, berichtete die Internetzeitung Russland Aktuell schon vor einem Jahr, sei aus geologischer Sicht ‚völlig ungeeignet für Großbauten‘. (…) Insgesamt fallen bis zum 20. Februar sieben Gold-Entscheidungen in dem Seitental hoch über Esto Sadok. Danach wird dem Schanzenensemble womöglich jenes Schicksal beschieden sein, das auch die olympische Anlage Pragelato westlich von Turin aus dem Jahr 2006 ereilte: Auf ihr wurde nach den Spielen nie wieder gesprungen“ (Strepenick, Andreas, Was passiert nach Olympia mit der Skisprunganlage, in Badische Zeitung 11.2.2014). Putins Einmal-Schanzen sollen über eine viertel Milliarde  Euro gekostet haben!

– Mehr hot als cool. Frühlingseinbruch in Sotschi: „In Krasnaja Poljana schmolz der Berg förmlich dahin, Bäche flossen die Straßen hinunter, braune Stellen traten deutlich zutage. Zumindest für das Abfahrtstraining der Frauen wollten die Organisatoren kein Risiko eingehen, es wurde abgesagt. (…) Im Februar beträgt der durchschnittliche Tageshöchstwert in Sotschi plus 9,8 Grad“ (Sotschi schmilzt, in SZ 12.2.2014).

– „Olympische Frühlingsspiele“. „Das erste Geräusch am Morgen ist das Plätschern. Schon vor dem Sonnenaufgang tröpfelt das Schmelzwasser von den Hoteldächern in Krasnaja Poljana hinunter in schlammige Pfützen, die mit jedem Tag größer werden, oder auf Gehsteige ohne Rinnsteingullis. (…) Dennoch sind die Winterspiele gerade dabei ihren Namen einzubüßen. Streng genommen müsste die Ve

Feb 012014
 
Zuletzt geändert am 08.03.2014 @ 8:04

28.02.14:
newsinenglish.no: IOC’s demands met with ridicule

27.02.14:
olympia-nein.ch: Wir fordern: Olympiafreie Alpen!
CIPRA: Offener Brief an Thomas Bach
FAZ: Neue Sportmacht Qatar: Der Scheich liebt Handball
taz: Dopingforscher Thevis über Xenon-Manipulation: „Das ist schon eine ganze Menge“

26.02.14:
SZ: Munich Mash ersetzt die X-Games – Höher, schneller, weiter
RP: Gelähmte Skicrosserin: Komissarowa ist Opfer des „Schneller, höher, weiter“
Slovak Spectator: Co-hosting 2022 Winter Olympics could cost Slovakia €177 million
StN: Sportmediziner Perikles Simon: „Xenon-Einnahme ist Doping“

25.02.14:
SZ: Wenn der Zirkus weiterzieht
FR: Mehr Effizienz, mehr Geld
Welt: Gold für Deutschland in Sotschi und Brasilien
jensweinreich.de: Dokumente zum russischen “Sauerstoff-Cocktail” mit Xenon im Hochleistungssport
t-online: Fall Sachenbacher-Stehle: Dopingforscher Simon fordert personelle Konsequenzen
SchwäZ: Niederschmetterndes aus der Münchner Vorstadt

24.02.14:
FAZ: Leben in der Blase
FAZ: Wladimir Putin: Der wahre Herrscher des Sports
Welt: Thomas Bachs peinliche Lobhudelei für Putin
Tagesspiegel: Thomas Bach: Funktion vor Inhalt
Berliner Zeitung: Pyeongchang 2018: Das Abenteuer in Fernost
Welt: Russlands Sportler sollen mit Edelgas gedopt haben
WDR, sport inside: Gestärkte Gastgeber
WDR, sport inside: „Es war herrlich“

23.02.14:
NZZ: Im Wallis keimen neue Olympia-Träume
Zeit online: Das Raumschiff Olympia fliegt weiter
DW: Die olympische Illusion
FAZ: Steuerzahler, übernehmen Sie!
SZ: Wie der Strippenzieher den Weltsport durchdringt
nolympia.de: Doping als “Nahrungsergänzungmittel”
SZ: Verschwunden von der Liste des Mentaltrainers
APA: Doping-Schock für ÖOC-Team: ÖSV wirft Langläufer Dürr raus
jensweinreich.de: Olympic poem (X): Gewichtsvorteile und andere EPO-Wunder
Kurier: Bernhard Kohl: „Es ist fast unmöglich, ohne Doping vorne mitzumachen“
DLF: Doping in der DDR: „Ein Großteil der Trainer ist immer noch aktiv“
Tagesspiegel: Protest gegen die Fußball-WM eskaliert: Schwere Krawalle in São Paulo

22.02.14:
SZ: Nachfolger für X-Games: Saltos über dem Olympiasee
FAZ: Verbieten und verbiegen
SZ: Doping bei Olympia: Klammern an die Illusion
DLF: „Sie könnte es auch bewusst genommen haben“
SZ: Dritter Dopingfall in Sotschi: Ukrainische Langläuferin Lisogor positiv getestet
SpOn: Lettischer Eishockey-Spieler sorgt für vierten Dopingfall

21.02.14:
FAZ: Die Schatten von Sotschi
taz: Doping im Biathlon: Nur noch lachhaft
SZ: Dopingfall Sachenbacher-Stehle: Wende zum Schlechten
SpOn: Comeback einer Affäre
FAZ: Die Ärzte sollen reden
BR: Beide Proben positiv: Sachenbacher-Stehle gedopt
jensweinreich.de: Tweets zum Dopingfall im deutschen Olympiateam

20.02.14:
FAZ: Appell von Bernard-Henri Lévy: Verlasst Sotschi!
FAZ: „Sollen wir lächeln, wenn es Blut und Opfer gibt?“
stern.de: Ukrainische Sportler verlassen Sotschi
ARD: Sotschi: Bauarbeiter immer noch ohne Lohn
DW: Der Klimawandel bedroht die Winterspiele
SZ: Dritte Startbahn am Flughafen München: Ansage mit Folgen

19.02.14:
FAZ: Zeit für die Wahrheit
Zeit online: Der Mythos von den unpolitischen Spielen
jensweinreich.de: Putins-Juniorpartner Thomas Bach lässt auch ukrainischen Sportlern Trauerflor verbieten
SZ: IOC untersagt ukrainischen Athleten Trauerflor
insidethegames.biz: Bubka appeals for peace in Ukraine as head of Lviv 2022 admits violence is affecting bid
FAZ: IOC warnt Pussy Riot: „Eine Demonstration wäre nicht akzeptabel“
Welt: Weißrussland nutzt Sotschi zur Propaganda
ND: Unsichtbar? Bei dem piept’s
DLF: Millionen für den Eiskanal
dpa: NADA braucht ab 2015 zehn Millionen Euro
SZ: Einwohnerzahlen: Es wird eng in München

18.02.14:
Tagesspiegel: Politische Inszenierung in Sotschi: Das Schweigen des IOC schadet den Sportlern
SpOn: Kritik am IOC: Menschenrechtler fordern Reform bei Olympia-Vergabe
FAZ: Putins Kontrollwahn: Unruhe im Schatten der Spiele von Sotschi
SpOn: Pussy-Riot-Aktivistinnen in Sotschi wieder freigelassen
SZ: Enteignungen in Sotschi: Olympische Ruinen
taz: Der FSB hört immer mit
DLF: Turin hat ein Nachspiel
DLF: Turin trübt Sotschis Sonnenschein
SpOn: Rodler-Auftritt im „Aktuellen Sportstudio“: „Einfliegen ist die billigere Variante“
SZ: Snowboard- und Skicross: Crash als Prinzip
SZ: Deutscher Wetterdienst erklärt Winter für beendet
Merkur: Neue Hoffnung für Generali Haching

17.02.14:
taz: Akuter Gedächtnisverlust
SZ: Witischko und das IOC: Der Zitronenfalter faltet Zitronen
SZ: Russischer Olympia-Kritiker Witischko tritt in Hungestreik
das-parlament.de: Mehr als Sport und Spiele
SpOn: Sotschis Protestzone ist eine Farce
FAZ: Kein Eintritt für Kritikerin
FAZ: Sotschi: Olympische Verschwendung zu Lasten der Armutsbekämpfung
FAZ: Putin und die Olympischen Winterspiele: Sport. Macht. Politik.
Welt: Bogner verdient mit schrillem Outfit sehr viel Geld
WDR, sport inside: Außer Konkurrenz
Berliner Zeitung: Skispringen: Hungern soll bestraft werden
sid: Skispringen: Bundestrainer Bauer fordert Maßnahmen gegen Magersucht
sid: Katar: Schockierende Opfer-Zahlen

16.02.14:
taz: Thomas de Maizière in Sotschi: Die Medien sind zu kritisch
SZ: De Maizière über Urteil gegen Sotschi-Kritiker: „Ziemlich unverhältnismäßig, keine Frage“
Welt: Sportbund muss für Bogners Jacken sogar bezahlen
Berliner Zeitung: Modern geht anders
WAZ: Olympia stößt an Grenzen – und niemand reagiert
FAZ: Snowboardcross: Schneller, schriller – fahrlässiger
sid: Stürze überschatten Snowboardcross
Welt: Katar die WM wegzunehmen, ist „ernsthafte Option“

15.02.14:
DLF: Fall Witischko: Das IOC macht sich die Sache zu einfach
SZ: Kritik an Olympia-Gastgebern – Jetzt lasst uns feiern!

14.02.14:
taz: Klimawandel und Olympia: Nicht nur Sotschi tropft
dailyclimate.org: Warming winter sends no love to Olympic bid cities
Zeit online: Enteignung wegen Olympia: Die Trümmer von Sotschi
SZ: Soldaten bei den Winterspielen: Weiße Tarnfarbe auf braunem Boden
BR: IOC hält Nachtest-Ergebnisse von Turin zurück
sportschau.de: Vor zehn Jahren starb Marco Pantani: Tod und Mythos des Piraten
dpa: Neuer Tourismus-Rekord in Bayern

13.02.14:
SZ: Umweltaktivist Jewgenij Witischko: Olympischer Gefangener
nolympia.de: Putin-Russland: Lupenreine Diktatur
Welt: Olympische Frühlingsspiele
taz: Dankbar für die Sklavenarbeit
rbb, Inforadio: FIFA-WM 2022: „Katar garantiert gute Einnahmen“
AZ: WM 2022: Mord für den Sport?

12.02.14:
sid: Norweger gegen Olympia 2022 in Oslo
USA Today: Olympians speak out on climate change as Sochi warms up
tagesschau.de: Sotschi: Kritiker zu Lagerhaft verurteilt
SZ: Trauerflor ist keine Propaganda
SZ: Großsponsoren bei Olympia: Für jedes Problem hat der DOSB eine Schablone
bundestag.de: De Maizière will ein Antidoping-Gesetz
dpa: Bürgerschaft beendet vorerst Diskussion um Olympia-Bewerbung
dpa: Snowboard-Präsident: Brauchen Halfpipe in Deutschland
FAZ: Eishockey bei Olympia: Das letzte Spektakel
StZ: Potemkinsches Bergdorf

11.02.14:
SZ: Trauerflor-Verbot des IOC: Wo Menschlichkeit keinen Platz hat
Zeit online: „Die Entscheidung des IOC ist menschlich kalt“
BadZ: Was passiert nach Olympia mit der Skisprunganlage?
jensweinreich.de: Olympische Vielfalt: Rodeln
stern.de: Jens Weinreich zu Olympia, Teil I: „Der Olympic Parc wurde auf Sumpf gebaut“
stern.de: Jens Weinreich zu Olympia, Teil II: „Bachs Schulterschluss mit Putin ist feige“
SZ: Langlauf-Trainer Frank Ullrich: Unbewusst verdrängt
sid: Wie hohe Temperaturen die Spiele beeinflussen

10.02.14:
klimaretter.info: Boykottiert Putins Leistungsschau!
FAZ: Es bleiben Wasser, Staub und Müll
DLF: Festnahmen während der Olympiaeröffnung
FAZ: IOC verbietet Trauerflor
Zeit online: IOC will keinen Trauerflor in Sotschi
SZ: Das alte neue IOC
Tagesspiegel: Halbleere Ränge: Die unterkühlten Winterspiele von Sotschi
dpa: Oslo-Bewerbung um Winterspiele 2022 weiter auf Prüfstand

09.02.14:
sid: Nächste Olympia-Bewerbung nicht vor 2030?
FAZ: Parteitag auf LSD
FAZ: Sotschi-Arbeitern werden weiter Löhne vorenthalten
DLF: Russlands Politik schränkt Sponsoring ein
Welt: Erste Manipulationsvorwürfe machen die Runde
DLF: Absprachen im Eiskunstlauf? Verbände dementieren
sid: Bubka: Lwiw-Bewerbung 2022 nicht durch Unruhen beeinträchtigt
sda: St. Moritz: 12 Millionen Franken für WM-Infrastruktur

08.02.14:
SZ: Unsichere Zeiten für die Herren der Ringe
DLF: Kistner: „Bach war immer auf der Seite von Putin“
DLF: Lochbihler „Kein politischer Wille zur Verbesserung“
DLF: Deutschland hat mitgebaut
NZZ: Kostenüberschreitungen sind eine olympische Disziplin
NZZ: Umstrittene Finanzierung von Sotschi: Goldmedaille für die grösste Staatskasse
Tagesspiegel: Olympischer Geist hinter Gittern
SZ: Olympiasiegerin Smigun-Vähi unter Dopingverdacht

07.02.14:
ZDF, aspekte: „Olympia ist nur noch Kommerz“
ZDF, aspekte: NOlympics – Vorbei sein ist alles
dpa: IOC-Reserven inzwischen bei 932 Millionen Dollar
taz: Wie weiter mit Olympia? Übung in Transparenz
mephisto 97.6: Zeichen setzen gegen Putin
Grüne, Bundestagsfraktion: Putins Griff nach dem Sport
SpOn: Grüner Beck fordert Politiker zum Olympia-Boykott auf
klimaretter.info: „Die Kompensation ist ein Bluff“
SchwäZ: Mehr Fluch als Segen
taz: Putins Spiele in XXL
SZ: Kosten für Olympia in Sotschi: Danke, Steuerzahler
SZ: Dabei geschützt sein ist alles
DLF: Gedämpfte Begeisterung in Deutschland
dpa: Deutsche Fans sehen Olympia 2014 kritisch
dpa: 90 Jahre Winterspiele: Vom Stiefkind zum Boomunternehmen

06.02.14:
Grüne, Landtagsfraktion: Was wäre wenn..: Olympia-Abfahrt abgesagt!
nolympia.de: Chronologie der Ereignisse im Januar 2014
FAZ: Unter den Augen der Welt
SpOn: Flüge zu Olympischen Winterspielen: USA warnen vor Zahnpasta-Terroristen
Tagesspiegel: Sorge um Sicherheit in Sotschi: Kontrolle ist besser
Welt: „Der Antidopingkampf ist massiv durchseucht“
DLF: Sörgel kritisiert Aufbewahrungspolitik der WADA

05.02.14:
FAZ: IOC-Kongress: Plötzlich ist Leben in der Bude
jensweinreich.de: IOC-Session in Sotschi, Ebook, ARD-Fackelläufer, Jung & Naiv
SZ: Alles im Sinne der olympischen Familie
FR: „Für viele Einwohner sind die Spiele ein Desaster“
Zeit online: Der Zar spielt Olympia
Tagesspiegel: Die Geister, die sie riefen
Zeit online: Deutsche Journalisten als Fackelträger
NZZ: Rigoroser Schutz der Olympia-Sponsoren: Gratulieren für Sotschi-Siege verboten
horizont.net: Repucom: Deutsche interessieren sich weniger für Olympische Winterspiele
Hamburger Abendblatt: FDP will rasche Bewerbung für Olympia 2024

04.02.14:
newsinenglish.no: Public still rejects an Oslo Olympics
NABU: Keine „Grüne Olympiade“ in Sotschi – IOC vernachlässigt eigene Umweltstandards
spox.com: Kritik am IOC-Gigantismus wächst – Ein Motto und seine Folgen
sid: de Maizière: Aufarbeitung vor erneuter Olympiabewerbung
Tagesspiegel: Frank Henkel: „Berlin kann Olympia!“
SWR, SWR2 Forum: Ein Fest für Putin – Verkommt Olympia zum Prestigeprojekt?
Grüne, Bundestagsfraktion: Ein Fest für den Kreml
Grüne Bayern: Vergabeprozess gehört grundlegend reformiert
SZ: Proteste bei Olympia: 15 Tage Arrest im Schnellverfahren
SZ: Sicherheitsmaßnahmen bei Olympia: Sicher ist nur die Unsicherheit
t-online: Perikles Simon: „In Sotschi wird in allen Sportarten gedopt“
SZ: 2453 fragwürdige Tests
Stern: Die Olympia-Ruinen von Sarajevo
arte: St. Moritz 1928: Das weiße Stadion

03.02.14:
Hamburger Abendblatt: Vesper: „Wir wollen Olympia nach Deutschland holen“
SZ: IOC-Präsident Bach in Sotschi: Schnee unter Sägespänen
Eurosport: Die mögliche Macht der Sportler
Handelsblatt: Die Welt zu Gast bei Feinden
FAZ: Sotschi: Die Kriegsschiffe sind da
WDR, die story: Brot und Spiele – Wenn Menschen bei Olympia stören
WDR, sport inside: Schönfärberei auf Probe
SZ: Versuchstier Mensch
Bayerisches Staatsministerium der Justiz: Bayerns Justizminister stellt Eckpunkte für neuen bayerische Entwurf eines Sportschutzgesetzes vor
BR: Bayern kämpft gegen Doping: Spitzensport statt Spritzensport
WDR, sport inside: Unvergesssen

02.02.14:
suedostschweiz.ch: Alpenschützer setzen zum K.-o.-Schlag gegen Olympia an
ZDF, planet e: Sotschi: Goldmedaille für Naturvernichtung – Bau-Boom ohne Rücksicht auf Mensch und Natur
sportschau.de: Doping-Substanz von russischem Wissenschaftler angeboten
Welt: Bach: „Von einer Kostenexplosion kann keine Rede sein“
FAZ: Wer ist der Herr der Spiele?
dpa: «Hunde-Morde» – Olympia-Region will sich sauber zeigen
DLF: Spiele in Sotschi: Ein Beweis für Russlands Stabilität?
Welt: Blut und Spiele
Tagesspiegel: Geld und Spiele
FAS: Kaiserschmarrn von Beckenbauer
nolympia.de: Kritisches Olympisches Lexikon: Rosell, Sandro

01.02.14:
Huffington Post: Die 7 Sünden der Winterspiele
SZ: Bundesinnenminister Thomas de Maizière: „Olympia muss bescheidener werden“
SZ: Pressefreiheit in Russland: Im Schatten der Ringe
DLF: Ex-WADA-Präsident Pound kritisiert das IOC
si: Männer-Abfahrt und Frauen-Riesenslalom abgesagt

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Jan 262014
 
Zuletzt geändert am 18.02.2014 @ 15:29

Wolfgang Zängl, 2.2.2014

Sotschi 2014/I/ 2007 – 6/2013: hier
Sotschi 2014/II/ 7-12/2013: hier

Sotschi 2014/III 01/2014: hier
Sotschi 2014/ IV 02/2014: hier

Vergleiche auch: Putin-Russland: Lupenreine Diktatur

Dauer der Olympischen Winterspiele 2014: 7. bis 23.2.2014 (17 Tage) plus Paralympics 7. bis 16.3.2014 (10 Tage)

Sotschi im Januar 2014:

– Matsch-Baustelle. „… rund um die Wettkampfstätten an der Küste graben sich von Sonnenaufgang bis in die Nacht Bagger durch den Matsch, Lastwagen kippen Sand und Steine ab; allerorten wird gesägt, geschweißt, gehämmert. Zufahrtswege müssen noch geteert werden, und bereits fertig gestellte Gehwege sind schon wieder abgesackt, die Platten zerbrochen – die Stadien liegen in der Imeritin-Bucht, der größte Teil der Fläche war Sumpf, und der Boden ist nach wie vor feucht. Auf den künstlich angelegten Grünflächen steht Wasser, der Rollrasen ist braun, und dort, wo vor fünf Jahren noch alte Feigen- und Mandarinenbäume blühten, stehen nun in Reih und Glied kümmerliche Sträucher im Staub“ (Im Matsch, in Der Spiegel 1/30.12.2013).

– Der Konservative Putin. Julian Hans schrieb in der SZ: „Mit konservativen Werten hat er die Macht für seine dritte Amtszeit konsolidiert“ (Tod und Spiele, in SZ 1.1.2014). Dazu diente Putin der Prozess gegen Michail Chodorkowski, gegen die Frauenband Pussy Riot, gegen den Oppositionellen Alexej Nawalnyj, das Gesetz gegen Homosexualität. „Ein Papier des Kreml-nahen Zentrums für strategische Kommunikation sieht Putin gar als weltweiten Führer der Konservativen“ (Ebenda). Dazu inszenierte Putin seine One-Man-Show, ließ Nawalnyj wegen Holzdiebstahls anklagen und wieder frei, damit er bei der Wahl des Moskauer Bürgermeisters Sergej Sobjanin als Gegenkandidat antreten (und verlieren) durfte. „An die Unabhängigkeit der Justiz glaubt niemand“ (Ebenda).

– Bachs Neujahrsbotschaft. In einem Kommentar zu Thomas Bachs Neujahrsbotschaft stellte Reinhard Schüssler in “Der Westen” fest, dass sich Bach, der sich ins höchste Sportamt des IOC-Präsidenten laviert hat, mit keinem Mächtigen – und schon gar nicht mit Putin – anlegen möchte: “Um Terrorakte im Vorfeld der Spiele als ‘feige’ zu verurteilen, ist nun wahrlich kein Mut nötig. Eher schon dafür, mit der Autorität des IOC-Vorsitzes nachdrücklich auf die Menschenrechtsverletzungen und das aktuell im Fokus stehende Anti-Homosexuellen-Gesetz im Land des Olympia-Gastgebers hinzuweisen. Doch Bach, der mit Lavieren die oberste Sprosse der Funktionärs-Karriereleiter erklommen hat, geht auch diesmal den Weg des geringsten Widerstandes und legt sich nicht mit noch Mächtigeren an. Mehr noch: Mit seinem platten Appell, die Olympischen Spiele sollten ‘keine Plattform für Politik’ sein, ignoriert er geflissentlich die Realität. Hat es doch unpolitische Spiele noch nie gegeben. Niemand weiß dies besser als der IOC-Präsident” (Schüssler, Reinhard, Bachs Botschaft: Sich mit keinem anlegen, in derwesten.de 1.1.2014).

– Gesundbeter Bach. IOC-Präsident Bach verurteilte die Terroranschläge von Wolgograd. „In Sotschi würden die Athleten wieder die Magie der Olympischen Spiele  und des Olympischen Dorfes entdecken. Sie würden die Fähigkeit der Spiele erleben, Brücken zu bauen und Mauern einzureißen, teilte Bach mit“ (Bach verurteilt Terror, in SZ 2.1.20914).
Für umgerechnet fast 40 Milliarden Euro gerät die Olympische Party unermesslich teuer, während es einem großen Teil der russischen Bevölkerung schlecht geht.

– Sotschis White Elephants: „Doch was macht Sotschi nach Olympia? Bekannt als Kurort für die russische Mittelklasse, kann die Region nicht darauf hoffen, all die neuen Gästezimmer zu Olympia-Preisen zu füllen. (…) Zwar hat Sotschi jetzt in den Bergen ein perfekt angeschlossenes Wintersportangebot, mit dem es sich vom Sommergeschäft unabhängiger machen kann. Schwierig ist jedoch die Nachnutzung der sechs neu gebauten Stadien an der Küste. Eines ist der große Eispalast, und an ihm zeigt sich das Dilemma exemplarisch: Dort werden die wichtigsten Eishockey-Spiele stattfinden, und Eishockey ist vielleicht die wichtigste Sportart in Russland. Doch der Palast hat nur Platz für 12.000 Besucher, ein Drittel weniger als das Stadion im kanadischen Vancouver bei den Spielen 2010. Denn direkt nebenan steht schon das Hauptstadion „Fischt“ mit Raum für 40.000 Personen. (…)  Zwei gigantische Hallen nebeneinander könnten in Sotschi für den Dauergebrauch etwas viel sein, sagt Uliana Barbuschewa, die stellvertretende Stadionmanagerin. (….) Im Jahr 2012 hieß es noch, die Hälfte der Stadien an der Küste könnte abgebaut und in andere Landesteile transportiert werden. Davon ist jetzt nicht mehr die Rede, stattdessen sollen sie unter anderem als Mehrzweckhallen, als Velodrom oder als Sportzentrum für Kinder genutzt werden“ (Triebe, Benjamin, Sotschi zwischen Wunsch und Wirklichkeit, in faz.net 2.1.2014).

– Festnahmen in Wolgograd. Zwischen 150 und 700 Menschen vornehmlich aus Zentralasien und dem Kaukasus sollen nach den Anschlägen festgenommen worden sein. Bei den Migranten wurden – natürlich – Waffen und Drogen gefunden, gab das Innenministerium bekannt. „Der Inlandsgeheimdienst FSB vermutet Islamisten aus dem Nordkaukasus hinter den Bombenanschlägen“ (Festnahmen nach Anschlägen, in taz.de 2.1.2014; Festnahmen nach Anschlägen von Wolgograd, in sueddeutsche.de 2.1.2014).

– Putins Kontrolle. Julia Smimova in der Welt: „Die Spiele von Sotschi sollen ein Russland vorgaukeln, das es nicht gibt: selbstbewusst, stark, einig. Dafür scheinen alle Mittel recht zu sein. Dabei wächst die Furcht vor einer Anschlagserie“ (Putin will die totale Kontrolle über sein Reich, in welt.de 5.1.2014). Wladimir Putin besuchte mit Premierminister Dmitrij Medwedjew Sotschi und besprach die Sicherheitslage: „Demonstrativ fuhren die beiden Politiker anschließend Ski“ (Putin kontrolliert in Sotschi, in SZ 4.1.2014).

– Rosa Chutor. Das neue Skiressort Rosa Chutor wurde vom russischen Oligarchen Wladimir Potanin erbaut. „Er hat beste Beziehungen zum Kreml. Rund 2,5 Milliarden US-Dollar hat er eigenen Angaben zufolge allein in das Skigebiet Roza Chutor investiert. Dass das in absehbarer Zeit Profit abwirft, ist unwahrscheinlich“ (Dornblüth, Gesine, Vom Badeort zum Wintersportmekka, in deutschlandfunk.de 5.1.2014). Der Direktor von Rosa Chutor, Aleksandr Belokobylskij, erläutert am Modell von Rosa Chutor: „Wir haben das meiner Meinung nach größte System für Kunstschnee an einem Kurort gebaut. Hier sind zwei Wasserreservoirs, von dort transportieren vier Pumpstationen das Wasser hoch bis zum Start der Abfahrt der Männer. Wir haben bereits 406 Schneekanonen fest installiert und weitere 25 mobile Kanonen“ (Ebenda). – „Potanin wird nach den Spielen an jedem Skipass, jeder Bratwurst und jedem Bier verdienen – ganz Chutor ist Privatbesitz“ (Spannagel, Lars, Olympias  Sklaven machen es möglich, in tagesspiegel.de 4.1.2014).

– Russische Nationale Aufgabe. „Die russische Regierung  hat Sotschi 2014 zur nationalen Aufgabe erklärt, Misstöne sind unerwünscht“ (Ebenda).
Das war in Deutschland nicht viel anders. Die Bewerbung München 2018 galt im Namen der Bundesregierung und  des Freistaates Bayern als „nationales Anliegen“.

– Protest gegen Homosexuellen-Gesetz. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVB) hat Anfang Januar 2014 zu einer Solidaritätsaktion für  Schwule und Lesen in Russland aufgerufen. Die  deutsche Delegation in Sotschi wird aufgefordert, „während der Olympischen Winterspiele ihr Recht auf Meinungsfreiheit zu nutzen und sich für die Rechte von Homosexuellen einzusetzen“ (Prominente fordern deutsche Olympiadelegation zum Protest auf, in zeitonline 3.1.2014). In dem Appell steht: „Als ein freier Mensch sage ich: In einem Land, das Lesben und Schwule unterdrückt, bin auch ich ein Schwuler, bin auch ich eine Lesbe. Denn ich stehe ein für das Recht aller Menschen auf Meinungsfreiheit, auf Gleichbehandlung und auf Respekt für ihre Liebe“ (Sotschi-Freiheitsappell, auf www.lsbd-blog.de 3.1.2014). Der Appell wird bislang von über 20 prominenten deutschen  Intellektuellen und Künstlern unterstützt.

– Die Situation der Homosexuellen in Sotschi. “Olympische Spiele in Russland – und Wladimir Putin drangsaliert Homosexuelle mit absurden Gesetzen. Ausgerechnet im Austragungsort Sotschi haben sich Schwule und Lesben ein kleines Paradies geschaffen. Aber wie lange geht das gut?” Vorspann zum Artikel von Thorsten Schmitz: “Geschminkte Wahrheit” im SZ-Magazin 2/10.1.2014

– Brot und Schauspiele. „Am Tag nach der Verkündung des Austragungsortes der Winterspiele 2014 stiegen die Immobilienpreise um bis zu 30 Prozent. Plötzlich strömten die Hochkarätigen und Hochrangigen nach Sotschi, Hochhäuser schossen aus dem Boden, verkalktes Wasser floss aus Wasserhähnen, Stromausfälle wurden zum Alltag. Mit einer merkwürdigen Schadenfreude wurde gemunkelt, der olympische Bauplan sehe eine komplette Räumung des Stadtzentrums vor, notfalls die Zwangsumsiedlung der Unwilligen. «Aber dein Haus liegt außerhalb der künftigen Bauzone», sagten mir die angeblich Wissenden tröstend. Die Räumung blieb aus. Ich durfte weiterhin in meinem Hause wohnen. (…) Ich schaue auf die vielgeschossig bebauten Berge, stelle mir die zubetonierte Imeretinskaja-Niederung vor, wo jetzt die Sportpaläste stehen. Nein, bei den Spielen geht es mitnichten um Freude am Menschen. Es geht um Brot und Schauspiele. Auf Neurussisch gesagt: ‚consumption and entertainment'“ (Vladimirow, Froll, Brot und Schauspiele, in nzz.ch 4.1.2014).

– „Bluthunde des Kremls“. Putin setzt auf die „Speznas“-Truppen, „den legendären Eliteeinheiten von Armee, Geheimdiensten und Innenministerium“ (Schepp, Matthias, „Die Bluthunde des Kremls“, in Der Spiegel 2/6.1.2014). Ihre Bekleidung ist schwarz, die Gesinnung stramm nationalistisch. „Sotschi ist das eigentliche Ziel der Islamisten, der Terror von Wolgograd ist wohl nur der Anfang“ (Ebenda). „Seit dem ersten großen Anschlag, bei dem tschetschenische Separatisten 1995 im südrussischen Budjonnowsk Patienten und Ärzte eines Krankenhauses als Geiseln nahmen, starben landesweit bei Attentaten 2240 Menschen, 5881 wurden verletzt“ (Ebenda).

– Zwei Sicherheitszonen. „Die russischen Behörden haben zwei spezielle Schutzzonen eingerichtet. Der Zugang zu der inneren rund um die olympischen Einrichtungen wird weiter eingeschränkt, nur Sportler, Verantwortliche sowie Besucher mit Eintrittskarten sollen hier noch Zugang haben. Außerdem gilt eine größere Schutzzone rund um Sotschi: Fahrzeuge von außerhalb dürfen künftig nur noch mit Sondergenehmigung in die 350.000-Einwohner-Stadt am Schwarzen Meer fahren.  Die Hauptsorge gilt der Bedrohung durch militante Islamisten aus dem Nordkaukasus. Zuletzt hatten zwei Bombenanschläge in Wolgograd, bei denen 34 Menschen getötet wurden, Ängste vor Anschlägen bei den Wettkämpfen geschürt. Islamistische Rebellen hatten gedroht, die Spiele mit allen Mitteln zu verhindern“ (Russland verschärft Sicherheitsvorkehrungen in Sotschi, in sueddeutsche.de 7.1.2014).

– Putin erlaubt Demos. Herrscher Putin verfügte bzw. unterzeichnete ein Dekret, dass während Sotschi 2014 doch ein bißchen demonstriert werden darf, sofern alles engstens mit den Behörden abgestimmt wird. Es  steht Putin “frei, seine einheimischen Medien dazu zu ‘überreden’, Proteste einfach nicht zur Kenntnis zu nehmen” (Sturm, Peter, Putins  Geste, in faz.net 5.1.2014). Die “internationale Medienöffentlichkeit bekommt den Eindruck eines zumindest halbwegs freien Gastgeberlandes” (Ebenda). Die Demonstrationszone liegt weit außerhalb – 15 Kilometer vom Olympiapark entfernt (Menschenrechtler beklagen Druck in Sotschi, in faz.net 15.1.2014).

– Putins KontrolleJulia Smimova in der Welt: “Die Spiele von Sotschi sollen ein Russland vorgaukeln, das es nicht gibt: selbstbewusst, stark, einig. Dafür scheinen alle Mittel recht zu sein. Dabei wächst die Furcht vor einer Anschlagserie” (Putin will die totale Kontrolle über sein Reich, in welt.de 5.1.2014). Wladimir Putin besuchte mit Premierminister Dmitrij Medwedjew Sotschi und besprach die Sicherheitslage: “Demonstrativ fuhren die beiden Politiker anschließend Ski” (Putin kontrolliert in Sotschi, in SZ 4.1.2014).

– Zum Kaukasus-Druckkessel Jochen Bittner und Cathrin Gilbert in Die Zeit: “Das geopolitische Umfeld, in das Wladimir Putin die Olympiapisten hat planieren lassen, lässt sich – freundlich – als Herausforderung beschreiben. Der Kaukasus ist eine Art Druckkammer aus geschichtsbeladenen, kriegstraumatisierten Ethnien und imperialen Kämpfen, die teils Jahrhunderte, teils nur Jahre zurückreichen” (Bittner, Jochen, Gilbert, Cathrin, Vormarsch der Islamisten: “Es kann auch ein blonder Täter sein”, in die Zeit 19.1.2014).

– Tagung in Hamburg. “Die Olympischen Winterspiele & die Tscherkessen” hieß eine Tagung des Hamburger Museums für Völkerkunde am 19.1.2014 in Hamburg. Programm: hier, Film “No Sochi! (2014: Winter of Discontent): hier
Literaturempfehlung: Manfred Quiring, Der vergessene Völkermord – Sotschi und die Tragödie der Tscherkessen, Berlin 2013

 

– Kasper: Ein Drittel für Korruption. Im Interview mit dem Schweizer Fernsehen SRG schätzte FIS-Präsident Gian-Franco Kasper, dass von den umgerechnet 50 Milliarden Schweizer Franken für  Sotschi 2014 rund ein Drittel auf das Konto Korruption gehen. Kasper erwartet angesichts der 50.000 Polizisten und Soldaten „herzlose Spiele“. In den meisten Stadien sei die Anzahl der Zuschauer aus Sicherheitsgründen halbiert worden. Kasper nannte Putin eine „eiskalte Persönlichkeit“. Und wenn der Gigantismus so wie in Sotschi weitergeht, werde sich die Olympische Bewegung „selber auffressen“ (Brotz, Sandro, Korruption frisst ein Drittel der Gelder, in SRF 8.1.2014). Kasper geht davon aus, „dass rund ein Drittel des Rekordbudgets von rund 51 Milliarden Dollar für die Spiele und die damit in Zusammenhang stehenden Infrastrukturmaßnahmen in korrupte Geschäfte geflossen ist. Bauverträge seien vor allem mit Günstlingen des russischen Präsidenten Wladimir Putin und des Kreml geschlossen worden, die ‚Baumafia‘ habe vom olympischen Geist enorm profitiert“ (Olympischer Kannibalismus, in faz.net 14.1.2014).
Der russische Eisenbahnchef (und Putin-Spezl) Wladimir Jakunin pöbelte daraufhin Kasper an, wie dieser denn dazu komme, zu behaupten, ein Drittel sei gestohlen worden. (Der russische Oppositionspolitiker Boris Nenzow schätzte die Korruption sogar auf zwei Drittel der Gesamtausgaben.) „Jakunin ist einer der reichsten und einflussreichsten russischen Industriellen. Er gilt als enger Vertrauter des Präsidenten Wladimir Putin. In dessen St. Petersburger Vorleben besaßen sowohl Putin als auch Jakunin Häuser in der Datschenkooperative ‚Osero‘. Alle ehemaligen Datschennachbarn Putins bekleiden heute hohe Staatsämter“ (Putin-Freund schießt scharf gegen Gian-Franco Kasper, in suedostschweiz.ch 17.1.2014).

– Hochsicherheitszone Sotschi. Die Sicherheitsausstattung der Olympischen Winterspiele: 50.000 Polizisten, Geheimdienst, Soldaten, Drohnen und Satelliten in der Luft, je vier Videokameras und GPS-Überwachung in jedem der tausend Busse, Boden-Luft-Raketen um Sotschi, Überwachung von Internet und Handys. „Am Rand des administrativ extrem weit ausgedehnten Gebiets von Sotschi ist nun eine Verbotszone wirksam, in die kein Fahrzeug mehr hinein darf, das nicht in Sotschi gemeldet oder eigens für die Spiele registriert ist. Diese Verbotszone reicht über Hunderte Quadratkilometer von der Grenze Karatschai-Tscherkessiens bis zur russischen Grenze zu Abchasien. Zur Verfügung gestellte Parkplätze befinden sich nach russischen Medienberichten mindestens hundert Kilometer vom Zentrum Sotschis entfernt“ (Nienhuysen, Frank, Putin macht Sotschi zur Festung, in sueddeutsche.de 8.1.2014).
Die reinste olympische Friedensbewegung… In London 2012 war der Sicherheitsaufwand ebenfalls immens, dito in Vancouver 2010.

– Abrutschende Altbauten. Die Häuser in der Baku-Straße von Sotschi rutschen bergab: Das ist den olympischen Neubauten geschuldet. „Die Einwohner der Baku-Straße haben lange gerätselt, wieso ihre Grundstücke ins Rutschen gerieten. Hinter dem Haus der Nachbarn der Skibas beginnt dichter Wald. Manchmal suchen sie dort Feuerholz. Hinter dem Wald sind sie dann auf den Grund für den Erdrutsch gestoßen. Bagger haben dort eine Grube ausgehoben, in die Lastwagen Schutt abladen, Abfälle von den Olympia-Baustellen. ‚Die Müllkippe hat die Grundwasserströme am Hang verändert‘, sagt Wladimir Kimajew, Umweltaktivist der Organisation Ökowacht. ‚Deshalb schmieren die Häuser ab'“ (Bidder, Benjamin, Die rutschenden Häuser von Sotschi, in spiegelonline 9.1.2014). Der Kreml hatte sich bei der Vergabe 2007 an Sotschi zu „zero waste“ verpflichtet. „Zero waste“ war unhaltbar. „Sechs nagelneue Stadien hat der Kreml an die Küste des Schwarzen Meeres gebaut. Dazu kommen Pisten, eine Sprungschanze und Dutzende Fünf-Sterne-Hotels an den Hängen des Kaukasus. Die Sportstätten in den Bergen und am Ufer werden verbunden von einer neu gebauten Gebirgsstraße. Parallel verläuft die ebenfalls für die Spiele errichtete Trasse des modernen Schnellzugs „Schwalbe (Ebenda). Russlands staatliche Eisenbahn baute die Hochgeschwindigkeitsstrecke und die vierspurige Autobahn zwischen Meer und Gebirge und verklappte tonnenweise Bauabfälle in illegalen Müllkippen.

– Tschetschenien-Schicksale. In der südrussischen Region Stawropol wurden fünf Erschossene entdeckt. Die Ermittlungsbehörde teilte mit, Terroristen im Nordkaukasus, an dessen Ausläufer Stawropol liegt, kämpften für die Errichtung eines Gottesstaates. „Unterdessen hat eine Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Russland neuerlich dazu verurteilt, Familien verschwundener Tschetschenen Entschädigung zu zahlen, insgesamt rund 1,9 Millionen Euro. Die Regierung in Moskau habe in dem Verfahren nicht widerlegen können, dass sie für das Verschwinden von 36 Männern in den Jahren zwischen 2000 und 2006 verantwortlich sei, teilte der Gerichtshof am Donnerstag mit.  Im Gegensatz dazu hätten die Kläger glaubhaft dargestellt, dass ihre Angehörigen von russischen Militärs verschleppt worden seien. Hintergrund der Vorfälle ist der Konflikt in der nordkaukasischen Teilrepublik Tschetschenien; Russland wird in diesem Zusammenhang immer wieder in Straßburg wegen Grundrechtsverletzungen verurteilt“ (Antiterroreinsatz nach Leichenfunden, in faz.net 9.1.2014).

top-alt: auto; mso-margin-bottom-alt: auto;">– Sotschis White Elephants. “Doch was macht Sotschi nach Olympia? Bekannt als Kurort für die russische Mittelklasse, kann die Region nicht darauf hoffen, all die neuen Gästezimmer zu Olympia-Preisen zu füllen. (…) Zwar hat Sotschi jetzt in den Bergen ein perfekt angeschlossenes Wintersportangebot, mit dem es sich vom Sommergeschäft unabhängiger machen kann. Schwierig ist jedoch die Nachnutzung der sechs neu gebauten Stadien an der Küste. Eines ist der große Eispalast, und an ihm zeigt sich das Dilemma exemplarisch: Dort werden die wichtigsten Eishockey-Spiele stattfinden, und Eishockey ist vielleicht die wichtigste Sportart in Russland. Doch der Palast hat nur Platz für 12.000 Besucher, ein Drittel weniger als das Stadion im kanadischen Vancouver bei den Spielen 2010. Denn direkt nebenan steht schon das Hauptstadion „Fischt“ mit Raum für 40.000 Personen. (…)  Zwei gigantische Hallen nebeneinander könnten in Sotschi für den Dauergebrauch etwas viel sein, sagt Uliana Barbuschewa, die stellvertretende Stadionmanagerin. (….) Im Jahr 2012 hieß es noch, die Hälfte der Stadien an der Küste könnte abgebaut und in andere Landesteile transportiert werden. Davon ist jetzt nicht mehr die Rede, stattdessen sollen sie unter anderem als Mehrzweckhallen, als Velodrom oder als Sportzentrum für Kinder genutzt werden” (Triebe, Benjamin, Sotschi zwischen Wunsch und Wirklichkeit, in faz.net 2.1.2014).

– Simon Jenkins schrieb in The Guardian: „Eine Armee von 30.000 Mann wird eingesetzt. Weitere 30.000 Polizisten und Sicherheitskräfte des Inneren liegen in Reserve. Raketenwerfer und Verfolgungseinheiten sind eingeteilt. Luft- und Seeeinheiten stehen bereit… Zusätzliche Straßensperren riegeln 60 Meilen ‚Verbotszone‘ ab. Darin werden alle Bewegungen überwacht und kontrolliert… Sport als Stellvertreter für Krieg ist so alt wie  George Orwell. Aber moderne Groß-Ereignisse sind keine Stellvertreter mehr für irgendwas. Sie sind selbst bombastische, staatliche, kommerzielle, nationalistische Versammlungen, die heutzutage zum Terrorismus einladen“ (Jenkins, Simon, Winter Olympics: one day the worm will turn against these gods of sport, in theguardian.com 10.1.2014). Die Olympischen Winterspiele sind laut Jenkins die Ausrede für Putins extravagantes Sotschi. Dieser nannte bei der Bewerbung die lächerliche Summe von umgerechnet neun Milliarden Pfund. „Ich bezweifle, dass das IOC überhaupt gelächelt hat. Es konnte das Geld förmlich fühlen. Und alles an diesen Spielen ist Politik. Putin hat die Spiele bewusst in das  Pulverfass des Nordkaukasus gelegt – meilenweit weg von Eis oder Schnee -, um die Strenge seines Regimes zur Schau zu stellen: in einer explosiven Region mit den abtrünnigen Tschetschenen, Tscherkessen, Dagestanier und Inguscheten“ (Ebenda). Jenkins beschreibt diese Sport-Großereignisse als gröbste Form der Politik, nämlich als nationales Prestige. „Der athletisch-militärisch-industrielle Komplex scheint eine faszinierende Anziehung auf die Führer der Welt auszuüben, eine Anziehung, die fachmännisch von Institutionen wie dem IOC und der Fifa ausgenutzt wird… Aber eines Tages wird sich das Blatt wenden. In Rio begehren die Armen (und die nicht so Armen) gegen diese Verschwendung auf. In Sotschi erweist sich Putins Spiel mit dem internationalen Terrorismus bereits als tödlich. So wie es geplant ist, werden in Katar Fußballer in der Hitze sterben, und die Stadien werden in der Wüste vermodern wie Ozymandias Ruinen. Eines Tages wird das alles schrecklich schiefgehen. Vielleicht hat dann ein mutiger Regierender den Schneid, diesen Unsinn zu beenden“ (Ebenda. Ozymandias war in einem Gedicht von Shelley aus dem Jahr 1817 ein Synonym für den Pharao Ramdes II).

– Zur Tscherkessen-Frage: „Das geopolitische Umfeld, in das Wladimir Putin die Olympiapisten hat planieren lassen, lässt sich – freundlich – als Herausforderung beschreiben. Der Kaukasus ist eine Art Druckkammer aus geschichtsbeladenen, kriegstraumatisierten Ethnien und imperialen Kämpfen, die teils Jahrhunderte, teils nur Jahre zurückreichen.  Die Region um Sotschi selbst ist die Heimat eines Volkes, das im Kaukasuskrieg 1864 den Eroberungstruppen aus Russland unterlag, der Tscherkessen. Wer von ihnen die Schlachten überlebte, wurde vertrieben. Tscherkessische Verbände protestieren deshalb energisch gegen die Spiele in Sotschi; der Ort sei Schauplatz eines von Russland nie anerkannten Völkermordes – wie nur könne an dessen 150. Jahrestag die Welt dort Putins Triumphspiele mitfeiern?“ (Bittner, Joachim, Gilbert, Cathrin, Vormarsch der Islamisten: „Es kann auch ein blonder Täter sein“, in Die Zeit 19.1.2014).

– „Ökowacht“ wird verfolgt. „Naturschützer hatten mit ihren Einwänden gegen das Prestigeprojekt einen schweren Stand. Die meisten Umweltorganisationen haben sich aus Sotschi zurückgezogen. Eine Ausnahme bildet die Ökowacht im Nordkaukasus, ein regionaler Zusammenschluss von Aktivisten, dem auch Wladimir Kimajew angehört. Die Ökowacht hat gegen die Verschmutzung von Flüssen durch die Bauarbeiten protestiert und gegen die Zerstörung von Wäldern, meist ohne großen Erfolg. Die Gruppe kämpft gegen die Bebauung von Ufern und Stränden. International in die Schlagzeilen kam die Ökowacht, als Aktivisten vor einigen Jahren auf das Gelände von mehreren Luxusvillen am Schwarzen Meer vordrangen, die zum Teil in Naturschutzgebieten errichtet worden waren. Eine der Residenzen hatte sich der Gouverneur des Gebiets bauen lassen. Ein anderes Anwesen – ein wahrer Palast mit Casino und Hubschrauberlandeplatz – soll für Wladimir Putin persönlich bestimmt sein. Weil er den Zaun der Residenz des Gouverneurs beschädigt haben soll, wurde ein Umweltaktivist zu drei Jahren Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Der Anführer der Ökowacht, Suren Gasarjan, wurde vor einem Jahr zur Fahndung ausgeschrieben. Der Vorwurf lautete auf versuchten Mordes. Gasarjan soll einem Wachmann auf dem Gelände des angeblichen Putin-Palasts mit dem Tod gedroht haben und mit einem Stein ausgeholt haben. Der Umweltschützer hat in Estland politisches Asyl beantragt“ (Bidder, Benjamin, Die rutschenden Häuser von Sotschi, in spiegelonline 9.1.2014).
Rückblick 1: “Das kühnste Projekt ist die ‘kombinierte’ Auto- und Eisenbahn, die die Stadt Sotschi und den Olympia-Park mit den Sportanlagen in den Bergen verbinden wird… 48 Kilometer der Straße kosten etwa 5,7 Milliarden Euro… Hektare von seltenen Bäumen wurden abgeholzt. Das Ökosystem des Flusses ist durch den Bau verschmutzt…. Die Bauarbeiten im Flusstal wurden bereits begonnen, als es noch keine Gutachten gab… ‘Die meisten Anlagen – die Stadien und Infrastrukturobjekte – bekommen eine Umweltbegutachtung post factum’, sagt Wladimir Kimajew von der ‘Umweltwache Nord-Kaukasus’… Die illegalen Mülldeponien rund um Sotchi wachsen mit jedem Tag“ (Smimova, Julia, In Putins Traumstadt wuchert die Korruption. in welt.de 3.2.2013). Rückblick 2: Bislang haben die Behörden eher Strafverfahren gegen Mitglieder der Ökowacht Nordkaukasus eröffnet, statt mit ihnen zusammenzuarbeiten“ (Laack, Stephan, Ein Sumpf aus Betrug, Bestechung und Korruption, in www.tagesschau.de4.2.2013).

NBC will „unzensierte und schonungslose Berichterstattung“. Der Sportchef des amerikanischen Fernsehsenders NBC, Mark Lazarus, versprach, man wolle kein Propagandasender für das Putin-Russland werden. NBC hatte für die Fernsehrechte für Sotschi 2014 775 Millionen US-Dollar (rund 570 Millionen Euro) an das IOC bezahlt und will 1500 Stunden übertragen (Gegen Zensur, in SZ 10.1.2014).
Schließlich will NBC über den schönen  Sport berichten.

– USA warnen vor Terror. Das US-Außenministerium warnt zur Vorsicht beim Besuch von Sotschi, da möglicherweise Terroranschläge drohen. Auch könnten Schwule und Lesben Probleme bekommen (USA warnen vor Terrorgefahr in Sotschi, in spiegelonline 11.1.2014). Auch sei dort die medizinische Versorgung dem Ansturm eventuell nicht gewachsen (USA warnen vor Russland, in SZ 13.1.2014).

– Putin erlaubt Demos. Herrscher Putin verfügte bzw. unterzeichnete ein Dekret, dass während Sotschi 2014 doch ein bisschen demonstriert werden darf, sofern alles engstens mit den Behörden abgestimmt wird. Es steht Putin “frei, seine einheimischen Medien dazu zu ‘überreden’, Proteste einfach nicht zur Kenntnis zu nehmen” (Sturm, Peter, Putins  Geste, in faz.net 5.1.2014). Die “internationale Medienöffentlichkeit bekommt den Eindruck eines zumindest halbwegs freien Gastgeberlandes” (Ebenda). Die Demonstrationszone liegt weit außerhalb – 15 Kilometer vom Olympiapark entfernt (Menschenrechtler beklagen Druck in Sotschi, in faz.net 15.1.2014).

– Ungenutzte Protestzonen. Die Korrespondentin des Deutschlandfunks, Gesine Dornblüth über die großzügig von Putin genehmigten „Protestzonen“: „Nun sind Aktionen in bestimmten, noch zu definierenden Sonderzonen möglich, aber nur, wenn sie nicht unmittelbar mit Olympia zu tun haben. Ferner müssen sie von der Stadt, dem Innenministerium und dem Geheimdienst genehmigt werden. Die Behörden bestimmen auch die Höchstzahl der Teilnehmer“ (Maaßen, Hendrik, Protestieren in Sotschi? in deutschlandfunk.de 12.1.2014). – „So werden die Spielen wohl ohne offene Kritik vor Ort über die Bühne gehen. Keine Proteste gegen die massiven Umweltzerstörung, die schlechten Arbeitsbedingungen auf den Baustellen, die Korruption und die Diskriminierung Homosexueller. Das IOC teilt trotzdem mit, man habe ‚gute Erfahrungen‘ mit den Protestzonen gemacht und freue sich über den Schritt Putins. ‚Wir begrüßen diese Ankündigung der Protestzonen – sie ist im Einklang mit den Zusagen auf freie Meinungsäußerung, die Präsident Putin uns im letzten Jahr gegeben hat.‘ Für weitere Einzelheiten der bisherigen Protestzonen hat sich das IOC offenbar nicht interessiert“ (Ebenda). Die Protestzone in Sotschi liegt in einem Park in Chosta, 18 Kilometer vom Olympiapark entfernt. Wladimir Lukin, Russlands Kommissar für Menschenrechtsfragen: „Man kann dort von Sotschi oder vom Olympiapark mit dem Auto, per Bus oder mit dem Zug hinfahren“ (Demo-Zone 18 Kilometer entfernt, in SZ 13.1.2014).

– Gigantismus. Der Schweizer Humangeograf Martin Müller schrieb in einem Dossier in der Neuen Zürcher Zeitung: „Anfang 2013 war Sotschi mit annähernd 100 000 Bauarbeitern die größte Baustelle der Welt. Mit einem Projektvolumen von mehr als 45 Milliarden Franken werden die Spiele auch die teuersten aller Zeiten werden… Ein Teil der Kostenexplosion ist auf Ineffizienz, schlampige Planung und den Zeitdruck zurückzuführen, unter dem alle Planungen stehen. Häufig wurden die geologischen und planerischen Voraussetzungen für Bauarbeiten unzureichend geprüft. Manchmal dient die Verzögerung von wichtigen Bauarbeiten dazu, die Auftragssumme in die Höhe zu treiben. Ein anderer Teil hat mit Vetternwirtschaft zu tun. Der russische Wissenschafter Alexander Sokolov veranschlagt diese in einer Studie bei 50 bis 60 Prozent der Gesamtinvestitionen in Sotschi. Gewinner sind vor allem die Beamten und Unternehmer, die der Elite nahestehen und vom staatlichen Auftragssegen profitieren… bis jetzt sehen viele Bürger vor allem negative Folgen: Umsiedlungen, Enteignungen, steigende Preise, eine räumliche Konzentration der Entwicklung auf die touristischen Gebiete und die Vergabe von lukrativen Aufträgen an die Kamarilla. Nicht erwähnt werden von den Organisatoren auch die Umweltschädigungen, die zu einem großen Teil sogar in Schutzgebieten stattfinden. Für die Bürger klingt das Versprechen der grünsten Spiele aller Zeiten wie Hohn. Schließlich sind sie es, die mit dem traurigen Vermächtnis der Spiele leben müssen, in der Planung aber – wie so oft – kaum gefragt wurden“ (Winterspiele der  Extreme, in nzz.ch 10.1.2014).

– Ausbeutung unter Putin. „Fremdenfeindlichkeit, geprellte Löhne, Körperverletzungen: Der Alltag der Gastarbeiter auf den Baustellen der Sportstätten gehört zu den Schattenseiten der Winterspiele 2014 – genau wie das Schicksal von 2000 Menschen, die zwangsumgesiedelt wurden“ (Lichtenberg, Arne, Gigantische Ausbeutung von Putins Gnaden, in deutschlandfunk.de 11.1.2014).

– Zerstörung als Vertragsgrundlage. „Der monetäre Gigantismus prägt die Spiele, das Übel keimt überall im Veranstalter-Vertrag. Weil das IOC eine Distanz zwischen Flughafen und Sportstätten von höchstens 100 km bzw. einer Fahrtstunde wünscht, muss infrastrukturell massiv aufgerüstet werden. Zwar ziert der fromme Begriff Nachhaltigkeit die IOC-Dossiers: Dass es die gar nicht geben kann, liegt in der Logik von Randsportarten und lässt sich an zahllosen nicht nachgenutzten Sportstätten zeigen. Heuchlerisch wird auf bestehende Bauten verwiesen, doch wer mit alten Arenen antritt, kann das IOC-Wahlgremium kaum beeindrucken. Auch können ältere Bauten den extremen Kapazitätsbedarf für Zuschauer und Medien bei Olympia nicht abdecken. So nimmt mit Raum- und Umwelt- auch die Sozialverträglichkeit der Spiele ständig ab. Das führt zur Abwanderung der Spiele in autokratisch geführte Rohstoffländer“ (Kistner, Thomas, Gipfel der Absurdität, in deutschlandfunk.de 12.1.2014).

– Bach und Sotschi. “Nach Athen 2004, das enorm von der EU subventioniert wurde und zur griechischen Finanztragödie beitrug, und den Peking-Spielen 2008 mit ihren gewaltigen Bauruinen, zeigt Sotschi den Gipfel der Absurdität – und dass das IOC zur Korrektur nicht fähig ist. Druck muss von außen kommen, starke Signale gibt es ja schon. Die braucht es. Auch der neue IOC-Boss Thomas Bach ist ja keiner, der für Reformen steht. Der deutsche Industrieberater zählte stets zum engen Kreis um den Geld-Apostel Samaranch” (Kistner, Thomas, Gipfel der Absurdität, in deutschlandfunk.de 12.1.2014).

– Doping auf höchstem Niveau. Das erwarten deutsche Dopingexperten bei den Winterspielen 2014 in Sotschi. Prof. Werner Franke: „Vor allem unter den russischen Spitzensportlern wird auf höchstem Niveau gedopt… Viele der Dopingkontrolllabore sind so schlecht, dass man rot wird… Das Doping der Sportler wird von den Teamärzten so gut überwacht, dass sie eben nicht positiv getestet werden können“ (Bohnensteffen, Marcel, Doping bei Olympia: Experten kritisieren IOC für lasche Kontrollen vor Sotschi, in huffingtonpost.de 10.1.2014). Zu IOC-Präsident Bach meinte Franke: „Der hat noch nie  etwas gegen Doping unternommen, da bin ich jahrelanger Zeitzeuge“ (Ebenda). – Prof. Simon Perikles: „In Wirklichkeit interessiert es niemanden, die Athleten zu überführen… Das IOC kann doch gar kein Interesse daran haben, dass bei Olympischen Spielen 200 Sportler überführt werden. Das wäre ja Selbstmord“ (Ebenda).

– Sponsoren-Risiko in Sotschi. Die Financial Times äußerte sich zu den mit Sotschi verbundenen Risiken. „Bei Olympia präsent zu sein ist vor allem für die großen Konsumgüterkonzerne quasi Pflicht. (…) Das Gegenteil des gewünschten Effekts (…) ist es allerdings, wenn eine Marke plötzlich mit negativen Ereignissen assoziiert wird. Insofern sei Sotschi wegen der ‚potenziellen Sicherheitsrisiken und der Menschenrechtskontroversen in Russland‘ (…) ein ziemliches Glatteis “ (Terrorgefahr und heikle politische Themen, in orf.at 14.1.2014). Der Fernsehsender NBC, ein Tochterunternehmen des US-Kabelnetzbetreibers Comcast, hat rund 775 Millionen Dollar (570 Millionen Euro) in die Übertragungsrechte investiert und Werbezeiten für 800 Millionen Euro verkauft (Ebenda).

– Deutscher Medaillenspiegel. DOSB-Generaldirektor Vesper stellte das Deutsche Haus für Sotschi 2014 in Krasnaja Poljana vor – und die Medaillenziele: 27 bis 42 sollen es werden (Zwischen 27 und 42, in SZ 15.1.2014).

– Sport-Demokratur in Sotschi. „Drei Wochen vor Beginn der Olympischen Winterspiele in Sotschi haben Menschenrechtler dem Gastgeber Russland zunehmenden Druck auf Kritiker des Ringe-Spektakels vorgeworfen. Bürgerrechtler, Umweltschützer und Journalisten, die Missstände aufdecken wollten, würden immer wieder von Sicherheitskräften bedrängt, kritisierte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) am Mittwoch in Moskau. Es gebe Festnahmen von Aktivisten sowie Verhöre und Hausbesuche von Polizeibeamten. Je näher die Eröffnungsfeier am 7. Februar in dem Schwarzmeerkurort rücke, desto stärker versuchten die Behörden, kritische Informationen zu unterdrücken, hieß es“ (Menschenrechtler beklagen Druck in Sotschi, in faz.net 15.1.2014). Jane Buchanan von HRW äußerte, Russland benutze die Sicherheitsinteressen in und um Sotschi, „um Kritiker zu bedrängen und einzuschüchtern“ (Ebenda). Der Umweltaktivist Jewgeni Witischko von der Organisation Umweltwacht Nordkaukasus wurde gerade zu drei Jahren Haft verurteilt. Das IOC hält sich aber heraus. Buchanan: „… die Spiele in Sotschi finden stattdessen in einer Atmosphäre der Angst und Einschüchterung statt“ (Ebenda). – „Witischko hätte das Zeug dazu, zum Protestgesicht der Spiele zu werden. Er ist Geologe und Mitglied einer Organisation namens ‚Ökologische Wacht für den Nordkaukasus‘ – der Gruppe, die in den vergangenen Monaten am nachdrücklichsten die üblen Vorgänge und Umweltsünden rund um das geschätzt 50 Milliarden Dollar teure Lieblingsprojekt von Staatspräsident Wladimir Putin angeprangert und aufgedeckt hat. Schon 2012 war Witischko zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden, weil er gemeinsam mit anderen Aktivisten auf einen Zaun nahe der Sommerresidenz des Gouverneurs von Krasnodar Protestparolen gesprayt hatte. Ihrer Ansicht nach war der Zaun illegal errichtet worden, außerdem soll die Gouverneursvilla in einem Naturschutzgebiet stehen. Im Dezember 2013 wandelten die Instanzen die Bewährungsstrafe auf einmal in eine dreijährige Haftstrafe um. Ihr Vorwurf: Verstoß gegen die Bewährungsauflagen“ (Aumüller, Johannes, Danach droht die Strafkolonie, in SZ 25.1.2014).
Das IOC will mit der Angelegenheit nichts zu tun haben – wieder einmal unzuständig. „’Wir haben (das Organisationskomitee) Sotschi 2014 gebeten, uns mit mehr Informationen zu versorgen. Dessen Informationen deuten darauf hin, dass der Fall Witischko nichts zu tun hat mit der Vorbereitung der Olympischen Spiele‘, sagt das IOC auf SZ-Anfrage. ‚Wir müssen solche Ausführungen den kompetenten Behörden überlassen.‘ Auf die Frage, ob sich IOC-Präsident Bach während der Spiele mit Witischko treffen wird, gab es keine Antwort“ (Ebenda).  Suren Gasarjan ist Vorstandsmitglied der ‚Ökologischen Wacht im Nordkaukasus‘. „Auch Gasarjan geht davon aus, dass die Strafverschärfung in Witischkos Fall im Zusammenhang mit der Kritik an den olympischen Bauvorhaben zu sehen ist“ (Becker, Christoph, Russische Umweltschützer widersprechen Bach, in faz.net 27.1.2014).
Der Krasnodarer Universitätsprofessor Michail Sawwa , ein Politologe und Direktor einer Nichtregierungsorganisation, wurde im April 2013 verhaftet; er saß lange in Untersuchungshaft und steht derzeit noch bis 3.2.2014 unter Hausarrest (Aumüller, Johannes, Danach droht die Strafkolonie, in SZ 25.1.2014). Sawwa wurde dann punktgenau für die Olympischen Winterspiele außer Gefecht gesetzt: „Auch der bekannte und in Krasnodar wohnhafte Bürgerrechtler Michail Sawwa, gegen den ein Verfahren wegen der angeblichen Veruntreuung von Stipendiengeldern in Höhe von knapp 10 000 Euro läuft, war punktgenau noch einmal drangsaliert worden. Am Wochenende verlängerten die Behörden den Hausarrest des Politologen um zwei Monate“ (Aumüller, Johannes,  Zu viele Schimpfwörter, in SZ 5.2.2014).

Igor Chestin, der Direktor von WWF Russland, hat wegen des Falls Witischko an Bach geschrieben. Der IOC-Mediendirektor Mark Adams antwortete mit einer Email: „Wir können, unabhängig von unserer Beurteilung von Geschehnissen, nur bei Belangen einschreiten, die in direktem Zusammenhang mit den Spielen stehen“ (Ebendsa). „Für Gasarjan zeigt diese Antwort, dass das IOC nicht die Verantwortung übernehme, die es für Umweltschäden und Menschenrechtsverstöße während der Vorbereitung der Spiele trage“ (Ebenda).
Witischko lebt inzwischen im politischen Exil in Estland.

– Sieben Tote. Russische Sicherheitskräfte überprüften angebliche islamische Militaristen in Dagestan, welche die Olympischen Winterspiele in Sotschi bedroht hätten. Dabei wurden sieben Menschen getötet (Seven killed as Russian security forces corner suspected militants in Dagestan, in theguardian.com 15.1.2014).

– Olympische Totalüberwachung. Der russische Experte für Internetüberwachung, Andrej Soldatow und der Blogger Alexej Sidorenko äußerten sich düster über die Kommunikationsmöglichkeiten rund um Sotschi 2014. Die streng reglementierten Demonstrationszonen schränken die Protestmöglichkeiten ein; das System SORM überwacht Internet und Telefon und alle Provider. Internetseiten werden abgeschaltet. Soldatow: „Metadaten werden in Sotschi für drei Jahre beim FSB (Inlandsgeheimdienst; WZ) gespeichert, und niemand weiß, wie diese Daten gegen ihn genutzt werden können“ (Die Olympische Winterspiele in Sotschi und die Totalüberwachung, in heise.de 16.1.2014). „Erst am vergangenen Mittwoch wurde vom umstrittenen früheren KGB-Agenten und heutigen Duma-Abgeordneten Andrej Lugowoi ein weiteres Paket an Gesetzesänderungen in die Duma eingebracht, das Internetdienste wie Facebook, aber auch Onlinebezahldienste strenger regulieren und zur Datenauskunft verpflichten soll“ (Ebenda).

– Dagmar Freitag gegen Boykott. Der Obmann der Unionsfraktion, Eberhard Gienger, hatte sich schon früh um eine Akkreditierung für Sotschi 2014 bemüht. DOSB-Generaldirektor Vesper hat die Obleute der anderen Fraktionen des Sportausschusses telefonisch eingeladen. Es reisen nur noch zwei weitere Mitglieder: Michaela Engelmeier-Heite (SPD) und Katrin Kunert (Die Linke) („Erwartungen sind gering, in SZ 24.1.2014). Die neu gewählte Vorsitzende des Sportausschusses des Deutschen Bundestags, Freitag, hat derzeit nicht vor, nach Sotschi zu fahren, qualifizierte aber gleichzeitig mit einem fadenscheinigen Argument einen Boykott ab: „Ich halte grundsätzlich wenig von Boykotten; das bleibt denen überlassen, die die Konfrontation suchen“ (Sportausschuss-Vorsitzende Freitag lehnt Olympia-Boykott ab, in derwesten.de 16.1.2014). Ihre eigene Mehrfachrolle als Vizepräsidentin des Deutschen Leichtathletik-Verbandes, Mitglied der Nada und Vorsitzende des Sportausschusses sah Freitag völlig unproblematisch: „Ich bin in den letzten vier Jahren sicherlich nicht als Lobbyistin des organisierten Sports aufgetreten, sondern als kritische Begleiterin“ (Ebenda).
Wir können uns sehr gut an Freitags kritiklose Lobhudelei für die Bewerbung München 2018 erinnern.

– Olympische Versicherungen. Falls die Olympischen Spiele in Sotschi 2014 abgesagt würden, kostete dies den Rückversicherer Munich Re bis zu einer Viertel Milliarde Euro. Der größte Ausfall wären die Übertragungsgebühren der Fernsehsender. Die Risiken für Peking 2008 waren mit 415 Millionen Dollar rückversichert. Munich Re kalkulierte die finanziellen Risiken für London 2012 auf 3,7 Milliarden Euro. „Das IOC selbst hüllt sich in Schweigen, was die Versicherung der Spiele angeht und beantwortet keine Fragen zu diesem Thema“ (Hagen, Patrick, Das olympische Risiko, in SZ 16.1.2014).

– Finnlands Sportminister Paavo Arhinmäki fährt auch nicht nach Sotschi. „Arhinmäki nannte unter anderem die Verletzung der Menschenrechte in Russland als Grund für sein Fernbleiben. ‚Als Politiker muss ich es nicht unterstützen, wenn Menschenrechte missachtet, die freie Meinungsäußerung gegeißelt und sexuelle Minderheiten verfolgt werden‘, sagte der Politiker. Zu den Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2013 in Moskau war Arhinmäki noch gereist, hatte dort aber mit dem Tragen einer Regenbogenfahne gegen die verschärften Homosexuellen-Gesetze von Russlands Staatschef Wladimir Putin protestiert“ (Auch Finnlands Sportminister Arhinmäki boykottiert Sotschi, SID in zeitonline 17.1.2014). Damit haben abgesagt: Bundespräsident Joachim Gauck, die EU-Justizkommissarin Viviane Reding, der französische Präsident Francois Hollande, Bundeskanzlerin Angela Merkel (vertreten durch den Bundes-Sportinnenminister Thomas de Maizière), Israels Premier Benjamin Netanjahu, Großbritanniens Premier David Cameron (vertreten durch Sportministerin Helen Grant) (Ebenda).
Vergleiche hierzu: Sotschi 2014 ohne Gauck, Reding, Hollande – und die anderen? hier

– Protest beim Olympischen Fackellauf. „Ein homosexueller russischer Demonstrant ist festgenommen worden, weil er beim olympischen Fackellauf eine Regenbogenfahne entrollt hat, ein internationales schwul-lesbisches Symbol. Die Fackel war in seiner Heimatstadt Voronezh angekommen, gut 900 Kilometer von Sotschi entfernt, wo am 7. Februar die Olympischen Winterspiele beginnen werden“ (Russischer Demonstrant mit Regenbogenflagge festgenommen, in spiegelonline 18.1.2014).

– Sorgen um Sotschi. Sotschi hatte 350.000 Einwohner – jetzt deutlich mehr. Die Flughafenkapazität wurde von 1,5 auf vier Millionen Passagiere erhöht. Die Stadt im subtropischen Klima war ein „Sehnsuchtsort“ für Russen – und ein Kurort. „Zu Sowjetzeiten gehörten die Sanatorien Betrieben, die ihre Arbeiter zur Erholung nach Sotschi schickten“ (Lichtenberg, Arne, Wie Sotschi sein Gesicht verliert, in deutschlandfunk.de 19.1.2014). Hamlet Watjan, der Direktor eines Sanatoriums, berichtete, dass die heutigen Besucher – wenn sie noch kommen – kürzer bleiben, weil alles teurer geworden ist. „Man konkurriert jetzt mit anderen Urlaubsstädten in der Türkei oder Spanien“ (Ebenda).

– Olympische Geschäfte. Rund 70 deutsche Unternehmen und hunderte Zulieferer hatten und haben Aufträge für Sotschi. „Die Liste reicht von Planungs- und Projektbüros über Tiefbaufirmen und Sicherheitstechnikanbieter bis zu Farbenherstellern. Auch mit ihrer Hilfe sind sechs Stadien, 40 Hotels, 12.000 Personalunterkünfte und 50 Kilometer Autobahn am Schwarzen Meer entstanden“ (Gassmann, Michael, Steiner, Eduard, Spiel ohne Grenzen, in welt.de 19.1.2014). Robert Orttung, Vizechef des Instituts für europäische, russische und eurasische Studien der George Washington University in Washington, stellte fest: „Russlands Bauindustrie ist als einer der korruptesten Wirtschaftsbereiche bekannt, und die russische Führung hatte zweifellos keinerlei Wunsch, die Arbeitsweisen der Branche für Außenseiter transparenter zu machen“ (Ebenda).

– Sonderkonstruktion Olympstroij. „Im Fall der Winterspiele bildet Olimpstroij, eine Organisation in der Rechtsform der staatlichen Korporation, laut Orttung den Kern der institutionalisierten Undurchsichtigkeit. Damit habe sich Putin schon vor Jahren ein Instrument geschaffen, das es erlaube, Milliarden an staatlichen Mitteln fast nach Belieben ‚bei minimaler Aufsicht oder Einmischung‘ (Originalsatz unverständlich; WZ). Normale Rechenschaftspflichten bestünden für Organisationen wie Olimpstroij nicht. Moskau nutzt staatliche Korporationen – formell handelt es sich um nicht gewinnorientierte Unternehmen – nur für ausgesuchte Großprojekte. Außer Olimpstroij gibt es lediglich sechs weitere, darunter die Nuklearholding Rosatom und die Wneschekonombank, die staatliche Bank für Außenwirtschaft. In finanzieller Hinsicht sei Olympia in Sotschi dank Olimpstroij schon jetzt Spiele für Russlands Elite, konstatiert Orttung: ‚Zu den Nutznießern scheinen die reichen Freunde Putins zu gehören, die mit Olimpstroij Verträge über den Bau von Einrichtungen geschlossen haben'“ (Gassmann, Michael, Steiner, Eduard, Spiel ohne Grenzen, in welt.de 19.1.2014).

– Vesper, Sotschi 2014, München 2018, Deutschland 20?? „Es gibt keinerlei Restriktionen für Sportler, sich politisch zu äußern. Jedem ist es unbenommen, in Interviews seine Meinung zu sagen. Doch die Olympischen Wettkämpfe sollen eine Bühne des Sports bleiben. Verboten sind deshalb an den Sportstätten und im Olympischen Dorf demonstrative Aktionen“ (Zweigler, Reinhard, „Mir blutet das Herz, wenn ich das sehe, in mittelbayerische.de 20.1.2014). – „In Sotschi musste alles neu gebaut werden: die Sportanlagen, Hotels, Straßen, und es wurde erheblich teurer als geplant. (…) Das Gegenmodell war die deutsche Olympia-Bewerbung von München für nachhaltige Winterspiele 2018, wo im Grunde bereits alles da gewesen ist“ (Ebenda).
Alles da gewesen… Bei München 2022 seien 84 Prozent aller Sportstätten vorhanden gewesen – sagten die Befürworter.  In Wirklichkeit war das einzige Gebäude, das heute München 2022-tauglich ist, der Münchner Flughafen.
„Wir werden nach den Spielen von Sotschi über eine mögliche neue deutsche Bewerbung für Olympische Spiele beraten. Ich kann nur sagen: Die nächste Bewerbung muss sitzen, auch wenn es vielleicht nicht im ersten Anlauf klappt“ (Ebenda).
Fazit: Nichts verstanden.

– Sportler sind nur Sportler. Einkleidung der Sotschi-Sportler am Erdinger Fliegerhorst. Langläufer Tobias Angerer: „Wir nehmen die ganzen Themen wahr, aber ich bin in erster Linie Sportler und muss mich auf meine Leistung konzentrieren. Ich habe mich vier Jahre darauf vorbereitet“ („Wir haben Probleme damit“, in SZ 21.1.2014). – Paarläuferin Aljona Savchenko: „Was im Hintergrund ist, ist unwichtig“ (Ebenda).
Auch nichts verstanden.

– Wer ist für die Sicherheit verantwortlich? DOSB-Generaldirektor Vesper: „Wir gehen jedoch davon aus, dass die russischen Behörden optimal für die Sicherheit von Sportlern und Zuschauer sorgen werden. Das ist Aufgabe der Gastgeber“ (Zweigler, Reinhard, „Mir blutet das Herz, wenn ich das sehe“, in mittelbayerische.de 20.1.2014). – DOSB-Präsident Alfons Hörmann: „Am Ende ist es Aufgabe der Gastgeber, die Dinge klar und deutlich zu regeln“ (Anschlagdrohungen vor Winterspielen in Sotschi. in faz.net 20.1.2014).
Das IOC und genauso der DOSB schleichen sich aus der Verantwortung: Und die Sicherheit bezahlt schließlich auch der Gastgeber – im Fall Sotschi sollen diese Kosten bereits bei drei Milliarden Euro liegen. Zur Erinnerung – Stephen Jenkins schrieb im Guardian: „Aber moderne Groß-Ereignisse sind keine Stellvertreter mehr für irgendwas. Sie sind nur bombastische, staatliche, kommerzielle, nationalistische Versammlungen, die heutzutage zum Terrorismus einladen“ (Jenkins, Simon, Winter Olympics: one day the worm will turn against these gods of sport, in theguardian.com 10.1.2014).

– Anschlagsdrohungen. Eine Terrorgruppe namens „Ansar Al-

Jan 182014
 
Zuletzt geändert am 18.01.2014 @ 10:17

18.1.2014

1) Die USA ziehen alle Bewerbungen zurück.

2) Graubünden 2022 wird durch die Bevölkerung am 3.3.2013 abgewählt.

3) Barcelona 2022 zieht zurück.

4) Am 10.11.2013 wird München 2022 in München, Garmisch-Partenkirchen und den Landkreisen Traunstein und Berchtesgaden abgewählt.

5) Stockholm 2022: am 17.1.2014 wird 2022 zurückgezogen. Gründe: Zu hohe Kosten für neue Sportstätten wie Bob- und Rodelbahn. „Es gibt keinerlei Verwendung für all diese Sportstätten nach den Spielen“ (Stockholm rejects making bid to hold 2022 Winter Olympics, reuters 17.1.2014). Gründe waren auch Zweifel über das veranschlagte Budget. Der Stockholmer Bürgermeister Sten Nordin: „Die wirtschaftliche Basis ist zu unsicher“ (Stockholm sagt Nein zu Olympia, in www.svd.se 17.1.2014). Alle bürgerlichen Parteien und die Linke lehnten Stockholm 2022 ab (Ebenda).. „Wieder gab der Widerstand der Bevölkerung den Ausschlag“ (Auch Stockholm verzichtet auf Olympia 2022, in spiegelonline 17.1.2014).

Oslo 2022: Neben der zu erwartenden Kostenexplosion kommt in Norwegen die Befürchtung der Klimaforscher bezüglich des Klimawandels hinzu. Im Dezember  2013 gab es sehr wenig Schnee. Der Klimaforscher Oskar Landgren: „Die Klimastatistik zeigt, dass es sehr schnell viele Probleme mit Olympischen Winterspielen 2022 in Oslo geben kann“ (Berglund, Nina, State can’t guarantee Olympic snow, in newsinenglish.no 20.12.2013). Landgren ist überrascht, dass es nicht mehr Diskussionen oder Bedenken über Schneesicherheit und die weitere Aussicht auf Schnee gegeben habe: „Alle unsere Klimamodelle sagen eine Klimaerwärmung voraus, und die Zahl der Schnee-Tage in Oslo werden weniger“ (Ebenda). Winterschnee und Winterkälte werden instabiler, und niemand kann sich allein auf die künstliche Beschneiung verlassen.
Dagegen äußerte Eli Grimsby, die Direktorin des Organisationskomitees Oslo 2022, dass sie die Bedenken von Landgren nicht teilt und die künstliche Beschneiung kein Problem darstelle: „Unsere Schlussfolgerung ist, dass wir dies nicht als problematisch ansehen“ (Ebenda).

Noch im Rennen: Peking (China), Lviv (Lemberg, Ukraine), Krakau (Polen, mit Slowakei), Almaty (Kasachstan). Das IOC wählt den Austragungsort am 31.7.2015 in Kuala Lumpur.

 

 

Jan 022014
 
Zuletzt geändert am 03.02.2014 @ 16:08

Wolfgang Zängl, 2.2.2014

Sotschi 2014/I/ 2007 – 6/2013: hier
Sotschi 2014/II/ 7-12/2013: hier

Sotschi 2014/III 01/2014: hier
Sotschi 2014/IV 02/2014: hier

Dauer der Olympischen Winterspiele 2014: 7. bis 23.2. 2014 (17 Tage) plus Paralympics 7. bis 16.3.2014 (10 Tage)

Dauer der Olympischen Winterspiele 2014: 7. bis 23. Februar 2014 (17 Tage) plus Paralympics 7. bis 16. März 2014 (10 Tage)

Juli 2013:
Immer mehr Disziplinen
. Waren es in Vancouver noch 86 Disziplinen, sind es in Sotschi 2014 schon 98, also 12 mehr (Wikipedia, Sochi 2014 Presents Competition Schedule, in gamesbids.com 22.7.2013). In Pyeongchang 2018 werden es wieder mehr sein, und noch mehr wird es 2022 geben. In der Konzeptstudie für die Bewerbung „München 2022“ waren 100 genannt, sicher zu wenig.

August 2013:
Umsiedelungen. Zweitausend Familien wurden offiziell umgesiedelt werden und entschädigt. Nicht entschädigt wurde die Eigentümer, deren Häuser bei Bauarbeiten zerstört wurden, oder wo Erdrutsche nachhaltige Schäden hinterlassen haben (Sotschi: Bewohner beklagen Olympia-Vorbereitung, in news.ch 15.8.2013).

Homosexualität. Zum Duma-Gesetz gegen „Homo-Propaganda“ äußerte Christian Breuer, Vertreter der Athleten im DOSB: „Sportler fahren zu Olympia, um Sport, nicht Politik zu machen“ (Lau, Jörg, Ist ja nur Sport, nicht Politik, in Die Zeit 14.8.2013).

top-alt: auto; mso-margin-bottom-alt: auto;">Teures „Österreich-Haus“. Die „Tirol Werbung“ wollte 25.000 Euro von der Stadt Innsbruck für das “Österreich-Haus” in Sotschi 2014. Dafür wollte sich die Tirol Werbung beim ÖOC für die Vergabe der Medaillenfeier der erfolgreichen Sotschi-Rückkehrer in Innsbruck stark machen (Jubiläum 50 Jahre Olympische Winterspiele Innsbruck 1964). Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer fiel auf das Angebot nicht herein: “Zusätzlich wäre in Sotschi ein eigener Innsbruck-Abend samt Programm zu gestalten und finanzieren gewesen” (Mitterwachauer, Manfred, Mair: “Kein Landesgeld nach Sotschi”, in tt.com 27.8.2013). Der Tourismus Verband Innsbruck wollte die 25.000 Euro trotzdem dafür aufbringen: Man müsse „mit dem ÖOC guten Kontakt halten“ (Ebenda). Die Vertragsunterzeichnung zwischen Tirol Werbung und dem ÖOC wurde dann am 27.8.2013 überraschend abgesagt: Der Sotschi-Auftritt mit dem “Austrian Tirol House” sollte nämlich insgesamt zwei Millionen Euro kosten. Die Tirol Werbung soll als “Premium Partner des ÖOC” 500.000 Euro beitragen – 100.000 Euro von der Tirol Werbung selbst, der “Rest” wäre gekommen von “TVB-Fördergelder, Partnerregionen (Bsp. Seefeld, Zillertal, Ischgl) Institutionen (Wirtschaftskammer) oder Firmen”. Der nächste Haken: Die 500.000 Euro seien, so der Geschäftsführer der Tirol Werbung, Josef Margreiter, die “Sockelfinanzierung”: “Darauf aufbauend seien diverse Aktionen für in etwa weitere 500.000 Euro zu bestreiten” (Ebenda). ÖOC-Generalsekretär Peter Mennel äußerte sein Unverständnis über die Absage von Innsbruck: “Olympia ist eine irre Werbeplattform” (Ebenda). Stimmt – irre!
Dazu eine Meldung vom 2.12.2013: „Rund 2,3 Millionen wird das Austria Tirol House kosten – dieser Betrag kommt freilich ausnahmslos aus privaten finanziellen Mitteln. Die Einzelteile des Austria Tirol Houses samt Innenausstattung (300 Tonnen insgesamt) mussten mit 15 Sattelschleppern nach Sotschi auf dem Landweg (2.992 km) gebracht werden“ („Mission Olympia – die wirtschaftliche Dimension“, in olympia.at 2.12.2013).

September 2013:
Putins Tourismus-Programm. Wladimir Putin verteidigte die Ausgaben für Sotschi 2014 von bislang über 50 Milliarden Dollar (37,5 Milliarden Euro): “Wir haben das getan, damit der Süden Russlands attraktiver und komfortabler wird (…) Unsere Bürger sollen nicht irgendwohin in den Urlaub fahren, in die Türkei, nach Europa, nach Italien, sondern ihr Geld hier ausgeben” (Olympia-Finanzen: Putin verteidigt Rekordausgaben für Sotschi, in sueddeutsche.de 4.92013; Ausgaben verteidigt, in SZ 5.9.2013). Sotschi 2014 ist also ein Tourismus-Projekt – allerdings ein ziemlich teures: Mit den 50 Milliarden Dollar hätte man alle 143 Millionen Russen für längere Zeit in Urlaub schicken können.

Putins Sicherheit. Zur Sicherheit für Sotschi 2014 versicherte Putin, dass alles sicher sei und die Behörden die Sicherheit gewährleisten werden: “Ich gehe davon aus, dass es unseren Geheimdiensten und Rechtsschutzbehörden gelingen wird, dies zu tun” (Putin: Russische Geheimdienste werden für Sicherheit der Olympiade in Sotschi sorgen, in Ria.ru 4.9.3013).

Unterschlagung. Viktor Matveyev, der Chef der Ingenieurfirma Tekhnoprom, die mit der Entwicklung der generellen Planung der olympischen Konstruktionen betraut war, musste ins Gefängnis, wie die Behörden am 3.9.2013 bekanntgaben: Er soll umgerechnet 1,79 Millionen Dollar gestohlen haben (Sochi contractor arrested for $1,79 m fraud, in sbs.com.au 3.9.2013).

Human Rights Watch. Hugh Williamson, Direktor bei Human Rights Watch, hätte da in Zusammenhang mit der Wahl des neuen IOC-Präsidenten Bach und Sotschi 2014 ein paar Vorschläge: “Der Sieger sollte schon in seiner Antrittsrede eine Reform des IOC vorschlagen, die die „Wahrung der Menschenwürde“ – ein Kernelement der Olympischen Charta – wieder in den Mittelpunkt der olympischen Bewegung stellen würde. Allzu oft scheint dies bei der Auswahl der Orte nur eine untergeordnete Rolle zu spielen, während technische Prüfungen von Skisprungschanzen und Stadien und andere für einen reibungslosen Ablauf der Spiele notwendige Elemente im Vordergrund stehen. Doch spätestens mit Beginn der nächsten IOK-Präsidentschaft sollte auch die Achtung der Menschenwürde und Menschenrechte in den Katalog der Erfolgskriterien aufgenommen werden. Die Erfahrungen des IOK bei den Vorbereitungen für die Olympischen Winterspiele, die im Februar 2014 im südrussischen Sotschi eröffnet werden, zeigen, warum eine Neuausrichtung dringend notwendig ist und auch im Interesse der Organisation liegt“ (Williamson, Hugh, Sotschi darf sich nicht wiederholen, in tagesspiegel.de 5.9.2013; Hervorhebung WZ.).

Menschenrechte. Williamson äußerte weiter: „Wie schon vor den Olympischen Spielen 2008 in Peking wurden auch die Vorbereitungen für Sotschi von zahlreichen Berichten über Menschenrechtsverletzungen überschattet, die in direktem Zusammenhang mit den Spielen stehen. Tausende Menschen verloren ihr Zuhause, weil ihre Häuser den olympischen Bauprojekten weichen mussten. Vielen der Arbeitsmigranten, die den Bau der Sportstätten vorantreiben, wurde eine faire Bezahlung verweigert. Ortsansässige Aktivisten und Journalisten, die kritisch über die Olympiavorbereitungen berichtet hatten, wurden zum Schweigen gedrängt” (Ebenda; Hervorhebung WZ).

Arctic Sunrise. Russische Spezialeinheiten kaperten das Greenpeace-Schiff Arctic Sunrise: Greenpeace hatte gegen die Ölbohrungen von Gazprom in der Arktis protestiert (Hans, Julian, Kirchner, Thomas, Welke Tulpe zum Fest, in SZ 18.10.2013).
Vergleiche auch bei Greenpeace: hier

Isolationshaft. Pussy-Riot-Sängerin Nadeschda Tolokonnikowa wurde in Isolationshaft verlegt, nachdem sie einen Hungerstreik angekündigt hat. Sie verbüßt eine zweijährige Haftstrafe und soll Anfang März 2014 entlassen werden (Pussy-Riot-Sängerin in Isolationshaft verlegt, in spiegelonline 24.9.2013).

Killy zufrieden. Jean-Claude Killy, IOC-Mitglied, Chef der Koordinierungskommission des IOC und oberster Coca-Cola-Abfüller Frankreichs, war Ende September zufrieden mit den Wettkampfstätten: „Die Fortschritte, die Sotschi in den vergangenen sechs Jahrten gemacht worden sind, seien sehr bemerkenswert, so die französische Skilegende“ (IOC-Kommission zufrieden mit Sotschi, in news.ch 26.9.2013).

Putins Oligarchen. Putin „hat sich mithilfe seiner politischen Spitzenleuten und milliardenschweren Oligarchen ein weltweites Netz aufgebaut – deshalb wird er von vielen als einer der einflussreichsten Spieler im Weltsport gesehen“ (Pavlovics, Günther, Die Macht im Sport ist Putins Ziel, in kurier.at 30.9.2013). Von den derzeit geschätzten Kosten von 50 Milliarden US-Dollar sollen viele Milliarden in dunklen Kanälen verschwunden sein: „Der ehemalige Vize-Regierungschef und liberale Langzeitoppositionelle Boris Nemzow stammt aus Sotschi. Er legte im Juni dieses Jahres einen Bericht vor: Korrupte Praktiken hätten die Kosten für die Winterspiele vervierfacht. Von den geschätzten 50 Milliarden Dollar Gesamtkosten seien 25 bis 30 Milliarden in dunkle Kanäle geflossen. (…) . Nicht erst seit Nemzows Bericht ist bekannt, dass auch in Sotschi jene besonders gern und oft zum Zug kamen, die mit Putin entweder in der berüchtigten Datschen-Kooperative bei St. Petersburg wohnten oder im Judo-Klub trainierten. So baut Putins Datschennachbar Jakunin als Chef der Russischen Eisenbahnen die Auto- und Bahntrasse vom Badeort Sotschi hinauf zu den 70 Kilometer entfernten Liftanlagen. Die Kosten haben sich auf 8,8 Milliarden Dollar verdreifacht. Rund acht Milliarden Dollar war auch das Auftragsvolumen für die Brüder Rotenberg. Arkadi ist Judo-Sparringpartner von Putin. Der hatte Oleg Deripaska (hält Anteile an der Strabag) bei einem Straßenprojekt ausgestochen, indem er nicht billiger, sondern teurer war“ (Ebenda).
Vergleiche auch; im Kritischen Olympischen Lexikon: Oligarchen-Sport

Oktober 2013:
Schwaches olympisches Feuer. 65.000 Kilometer lang soll der russische Fackelzug werden, bis die Fackel am 7.2.2014 in Sotschi eintreffen wird. Gleich fünfmal ging die Flamme schon am Anfang aus (Aumüller, Johannes, Schwaches Feuer, in SZ 9.10.2013). “Eine PR-Aktion des amerikanischen Feuerzeugherstellers Zippo sorgt in Russland für Ärger. Nachdem Fackelträger Schawarsch Karapetjan das Feuer in Moskau ausgegangen war, hatte es ein Sicherheitsbeamter per Feuerzeug wieder entzündet. Der Schnappschuss ging um die Welt, der Hersteller prahlte via Facebook und Twitter: ‘Zippo rettet Olympia’” (Häme nach Panne, in SZ 10.10.2013). Russische Offizielle sind sauer, da nur Sponsoren mit Olympia werben dürfen.

Arctis-Sunrise-Protest. Weltweit protestierten Greenpeace-Mitarbeiter in 50 Ländern und 135 Städten gegen die Verhaftung der Arctic-Sunrise-Aktivisten (Greenpeace wehrt sich, in SZ 7.10.2013).

Total-Überwachung. Russland plant die Komplettüberwachung der Olympischen Spiele. „Russland plant demzufolge, die gesamte Kommunikation zu überwachen. Alles werde mitgeschnitten, abgehört, nach bestimmten Schlagwörtern gefiltert, lokalisiert und mit Daten über den jeweiligen Nutzer versehen für lange Zeit gespeichert. Das gilt für Anrufe per Telefon und Smartphone genauso wie für den gesamten Internetverkehr, die Kommunikation in Chats, E-Mails und sozialen Netzwerken. Es soll möglich sein, einzelne Worte gezielt zu suchen und zu verfolgen. Die Überwachung betrifft demnach auch Anbieter wie Googles E-Mail-Dienst“ (Russland will Olympische Spiele komplett überwachen, in sueddeutsche.de 7.10.2013). Inhalte von Internet und Mobilfunk werden per Deep Packet Inspection geöffnet. Das Überwachungssystem Sorm wurde zu KGB-Zeiten entwickelt und aktualisiert. Die russische Überwachung geht weit über Peking 2008 hinaus. Allerdings hat die USA schon 2002 bei den Olympischen Winterspielen in Salt Lake City sechs Monate lang vor und nach der Veranstaltung alle Emails und Textnachrichten überwacht (Ebenda; vgl. auch Russland bereitet Groß-Überwachung bei Olympia vor, in spiegelonline 7.10.2013). „Allerdings liegt der Verdacht nahe, dass die geplante Verschärfung der Kontrolle über das Internet auch damit zu tun hat, dass sich die Protestbewegung gegen die gefälschten Wahlen Ende 2011 und Anfang 2012 zu einem großen Teil über das Internet organisiert hat. So hat der FSB in den zurückliegenden Monaten auch versucht, direkt Kontrolle über die wichtigsten sozialen Netze Russlands zu erlangen. Auch in Sotschi richtet sich die Aufmerksamkeit der Sicherheitskräfte offenbar nicht nur auf islamistische Terroristen, sondern auch auf friedliche Kritiker der Spiele, etwa Umweltaktivisten, die von einem stärker werdenden Druck durch die Staatsmacht berichten“ (Veser, Reinhard, Der Preis der Sicherheit, in faz.net 23.10.2013). „Im März 2010 verfügte Weißrusslands Diktator Alexander Lukaschenko die Einführung von Sorm. Ende 2010 zog die Ukraine nach“ (Hans, Julian, Väterchen Russland hört mit, in SZ 9.10.2013).

US-Regierung warnt Amerikaner. Das US-Außenministerium warnt alle Amerikaner, die Sotschi 2014 besuchen, vor der Überwachung: „Am besten sollten sie elektronische Geräte, die nicht unbedingt gebraucht werden, zu Hause lassen. Wo das nicht möglich sei, sollten alle persönlichen Daten und sensiblen Informationen entfernt werden… ‚Ändern Sie alle Passwörter vor und nach der Reise’, heißt es in dem Schreiben“ (Hans, Julian, Moskaus Agenten überwachen Olympia, in SZ 8.10.2013).
Die NSA kümmert sich dann um Ihre elektronischen Geräte, wenn Sie wieder in den USA sind!

Keine Toilettenüberwachung. Auf einer Pressekonferenz hat der russische Geheimdienst FSB versichert, „die Sicherheitsmaßnahmen in Sotschi würden nicht so maßlos sein wie in London, wo Überwachungskameras sogar in den Toiletten installiert worden seien“ ((Hans, Julian, Moskaus Agenten überwachen Olympia, in SZ 8.10.2013).
Da kann man nur froh sein, wenn man weder nach London 1012 musste noch nach Sotschi 2014 muss!

Aufrüstung. Zur Sicherheitsaufrüstung kommen zudem 40.000 Polizisten, Drohnen in der Luft und 5000 Überwachungskameras zum Einsatz. ZehnKilometer vom Flughafen Sotschi beginnt Abchasien, eine ans Schwarze Meer grenzende Region im Süden des Kaukasus. „Gut 300 Kilometer Luftlinie nach Osten liegt die Unruheregion des Nordkaukasus. Die Republik Dagestan befindet sich faktisch im Bürgerkrieg. Der tschetschenische Terrorist Doku Umarow, der 2010 und 2011 Selbstmordanschläge in Moskau organisiert hatte, hat zu Attacken auf die Olympischen Spiele aufgerufen“ (Hans, Julian, Väterchen Russland hört mit, in SZ 9.10.2013). Dagestan  ist seit 1991 eine russische Republik im Nordkaukasus im südlichen Teil Russlands und wurde seit Mitte der 1990er Jahre zunehmend in den Tschetschenienkrieg hineingezogen (Wikipedia).

Vesper zufrieden. DOSB-Generaldirektor Michael Vesper gab am 7.10.2013 dem Südwestrundfunk SWR 2 ein Interview (Thies, Marion, Olympia-Funktionär Vesper: “Russland hält sich an olympische Charta”). Jörg Winterfeldt kommentierte dieses Interview am selben Tag in der Berliner Zeitung: “Michael Vesper war früher mal ein Grüner. Jetzt findet er es völlig in Ordnung, dass in Sotschi für die Olympischen Winterspiele nach Herzenslust gebaut und gerodet wird. (…) Da es etwas wie ein russisches Menschenrecht auf Nobelskigebiete gebe, müsse in Sotschi nach Herzenslust gerodet und gebaut werden dürfen, erklärte Vesper dem Südwestrundfunk, als wolle er nicht länger Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes bleiben, sondern lieber für noch mehr Geld als die kolportierte Viertelmillioneuro-Gage vom DOSB künftig in Putins Diktatur wieder sein angestammtes NRW-Ressort übernehmen.(…) Er wisse auch, dass das Demonstrationsrecht nicht nur in Russland häufig mit Füßen getreten werde. Es ist eben in vielen Ländern schlimm. Hauptsache, es gibt genug Beton und der Rubel rollt. Und es wird eine schöne Dienstreise im Februar für den verwelkten Grünen” (Winterfeldt, Jörg, Menschenrecht auf Skigebiet, in berliner-zeitung.de 7.10.2013).

Diplomat überfallen. In Moskau überfielen Unbekannte den stellvertretenden Botschafter der Niederlande in seiner Wohnung. Sie schlugen den homosexuellen Diplomaten nieder und fesselten ihn. Auf einen Spiegel schmierten sie die Buchstaben „LGBT“. „Es steht für Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle“ (Hans, Julian, Kirchner, Thomas, Welke Tulpen zum Fest, in SZ 18.10.2013).

Arktis-Protest. Der Schweizer Fußballmeister FC Basel muss 30.000 Euro Strafe wegen der Greenpeace-Protestaktion am 1.10.2012 an die Uefa zahlen. Das Spiel war für fünf Minuten unterbrochen worden: Vier Greenpeace-Aktivisten hatten mit einem riesigen gelben Transparent gegen die Öl-Bohrungen in der Arktis und Uefa-Sponsor Gazprom protestiert (Strafe wegen Greenpeace, in SZ 18.10.2013)

Wolgograd I. Am 21.10.2013 sprengte sich eine Islamistin in einem Bus in Wolgograd in die Luft: Sieben Menschen starben, es gab 30 Verletzte (Bombe war mit Metallsplittern gefüllt, in n-tv.de 22.10.2013). – „Nach dem Terroranschlag auf einen Linienbus in Wolgograd am Montag wurde in Russland auch über eine andere Stadt viel gesprochen: Sotschi, wo im Februar die olympischen Winterspiele stattfinden werden. Der nordkaukasische Terroristenführer Doku Umarow hatte im Juli in einem Video mit Anschlägen auf die Spiele gedroht, die ‚mit allen uns von Allah erlaubten Mitteln’ verhindert werden sollten“ (Veser, Reinhard, Der Preis der Sicherheit, in faz.net 23.10.2013).

Putin „liberal“. Putin weihte am 29.10.2013 mit IOC-Präsident Bach den neuen Hauptbahnhof in Sotschis Stadtteil Adler ein: Bis zu 15.000 Fahrgäste pro Stunde können hier befördert werden (Smirnova, Julia, Hungermann, Jens, Streit über Putins Prunksucht, in welt.de 30.10.2013). Putin sagte dort: „Wir werden alles tun, um sicherzustellen, dass sich Athleten, Fans und Gäste bei den Olympischen Spielen wohl fühlen, unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft, der Rasse oder der sexuellen Ausrichtung“ (Putin geht auf Schwule zu, in SZ 29.10.2013). „Fakt ist aber: Wer während der Spiele öffentlich gegen das ‚Schwulenpropaganda-Gesetz’ protestiert, macht sich strafbar“ (Smirnova, Hungermann). Von IOC-Präsident Bach ist hier nichts zu erwarten. „Längst hat er klargemacht, das IOC sei ja ‚kein übergeordnetes Parlament’, das aus Anlass der Spiele ‚Gesetze über ein Land verhängen’ könne. Dass das IOC auch mit diesen Winterspielen viel Geld verdienen wird, steht auf einem anderen Blatt“ (Ebenda).

Kein Englisch. 80 Prozent der Taxifahrer sprechen nicht einmal Basis-Englisch (Nienhuysen, Frank, Sprachlos in Sotschi, in SZ 30.10.2013).

Kein Lohn. „Nicht nur in Russland werden die Spiele wegen massiver Umweltschäden und wegen Korruption kritisiert. Viel Geld mag im Spiel sein – dennoch werden Bauarbeiter systematisch nicht entlohnt. Vor knapp zwei Wochen nähte sich ein Arbeiter aus Jekaterinburg aus Protest den Mund zu, weil er und seine Brigade mehrere Monate lang kein Geld bekommen hatten. (…) Viele ausländische Arbeiter werden ohne Verträge und Aufenthaltsgenehmigungen beschäftigt, seit September gab es Hunderte Festnahmen.“ (Smirnova, Julia, Hungermann, Jens, Streit über Putins Prunksucht, in welt.de 30.10.2013).

Bach: Grüne Spiele“. „IOC-Chef Thomas Bach hat Kritik einer massiven Umweltzerstörung für die Olympischen Winterspiele 2014 zurückgewiesen und Sotschi zum Schlussspurt bei den Vorbereitungen aufgefordert. ‚Die letzten 100 Tage werden die härteste Zeit vor der Eröffnung am 7. Februar’, sagte der deutsche Sportfunktionär bei einem Besuch in der Schwarzmeerstadt rund 1400 Kilometer südlich von Moskau. In Sotschi werde viel getan für ‚grüne’ Spiele. So würden für einen gefällten Baum mehrere neue Bäume gepflanzt, betonte Bach“ (Bach rechnet mit „grünen Spielen“, in wz.newsline 31.10.2013).
Die alte Leier: Man fällt Baumriesen – das kann ökologisch kein kleiner Baum ersetzen. Und den Rest der Zerstörung verschweigt Bach.

November 2013:
Subventionen gefordert
. Die Moskauer Zeitung Wedomosti berichtete am 1.11.2013, dass Sotschi-Investoren Steuerermäßigungen forderten, “da die Sportanlagen defizitär seien. Die Regierung habe aber signalisiert, dass die Unternehmer ‘außer Orden’ nichts erwarten dürften. Mit Kosten von derzeit rund 37,5 Milliarden Euro gelten die Wettkämpfe als die bisher teuersten Winterspiele der Geschichte. Sollten Betreiber von Hotels und Sportareals tatsächlich Konkurs anmelden, müsste der Staatshaushalt die Schulden decken” (Olympia 2014 in Sotschi immer teurer, in abendzeitung-muenchen.de 1.11.2013).

Hackl-Kritik an Sotschi. Rodel-Olympiasieger Georg Hackl: „Damit, dass sich Putin die Spiele kaufen konnte, hat sich das IOC keinen Gefallen getan“ (Hackls Ärger, in SZ 2.11.2013). „Statt freundlichen Volunteers stehen dort Soldaten mit Gummiknüppeln an jeder Ecke, bestimmen die Wege der Athleten, verhindern Fotos an Sportanlagen, als ob es Spionage wäre. (…) Man sieht Arbeiter, die in einem Bus mit vergitterten Fensterstäben hergefahren werden. Daneben stehen zwei Bewacher mit Schnellfeuergewehren. Oder der Bus bleibt an der Ampel stehen und zwanzig Arbeiter rennen raus und füllen ihre Trinkflaschen im Bach auf, wo nur eine braune Brühe runterläuft, weil oben gebaggert wurde“ (Ebenda).

Deutsche Industrie beliefert Sotschi. Die Volkswagen AG ist einer der wichtigsten Sponsoren der Spiele. Deutsche Unternehmen machen Milliardenumsätze. Rainer Lindner, Geschäftsführer des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft: „Die deutschen Unternehmen sind vor allem in den Bereichen Tunnelbau, Planung, Sicherheitslösungen, Hotelausstattung, aber auch bei der Konzeption von Sportanlagen aktiv. Auch die mediale und technische Ausstattung kommt oft aus deutscher Hand“ (Sumlenny, Sergej, Deutsche Firmen sind Wirtschaftsmeister in Sotschi, in Russland heute 6.11.2013). In der Arbeitsgruppe „Sotschi 2014“ haben sich über 50 Unternehmen zusammengeschlossen – z. B. Fa. Herrrenknecht (Tunnelbohrer), Drees & Sommer (Projektmanager), Kannegiesser (Waschstraßen für Textilien), Röder Zeltsysteme und Service AG, ebm-papst (Ventilatoren und Lüfter). Rainer Lindner: „Russland kann die Olympischen Winterspiele jetzt dazu nutzen, sich der Welt von seiner besten Seite und als herzlicher Gastgeber zu präsentieren“ (Ebenda). Es fehlt bei dieser Aufzählung überraschenderweise der Siemens-Konzern, der jeweils Milliardengeschäfte mit Olympischen Sommer- und Winterspielen macht. Vergleiche im Kritischen Olympischen Lexikon: Siemens olympisch

Immobiliencrash droht. „Nach den Olympischen Winterspielen 2014 droht der russischen Gastgeberstadt Sotschi ein Immobiliencrash. Es bestehe die Gefahr, dass 12 000 Wohnungen für Freiwillige, Mitarbeiter und Organisatoren der Wettbewerbe gleichzeitig zum Verkauf angeboten würden, berichtete die Moskauer Tageszeitung ‚Nesawissimaja Gaseta’ am Mittwoch. (…). Nach der Vergabe der Winterspiele waren die Immobilienpreise in dem Kurort am Schwarzen Meer in astronomische Höhen geschossen“ (dpa, Sotschi fürchtet Immobiliencrash nach Olympia, in Europe online magazine 13.11.2013).

Norwegisches TV-Team bedroht. Fernsehreporter Oystein Bogen und sein Team wurden massiv von Sicherheitsbehörden bedroht. „Wir waren vom 31. Oktober an drei Tage in der russischen Republik Adygeja unterwegs, die an Sotschi grenzt. Dort leben Angehörige des Volks der Tscherkessen, das in einem Krieg im 19. Jahrhundert von den Russen fast ausgelöscht worden ist. Es gab Proteste, dass die Olympischen Spiele ausgerichtet werden, und wir wollten mit den Menschen darüber sprechen. In den drei Tagen ist uns die Polizei auf Schritt und Tritt gefolgt, sechs Mal wurde unser Auto gestoppt, jedes Mal wurden wir mindestens eine Stunde lang befragt“ („Aggressives Verhör“, in SZ 13.11.2013).

White Elephants. Was wird aus Sotschis Olympiabauten? Olympiastadion „Fischt“ wird Sportzentrum der Fußball-Nationalmannschaft für die WM 2018. Eisschloss „Bolschoj“ wird multifunktionelles Sportzentrum. Wintersport-Schloss „Eisberg“ wird zur Radrennbahn. „Adler-Arena“ wird Messe-Zentrum. Olympisches Dorf an der Küste: wird in Appartements umgebaut und verkauft; Durchschnittspreis pro Quadratmeter 3.400 Euro. Media Center wird Einkaufs- und Unterhaltungszentrum mit Hotel (Lejbin, Vitalji, Was wird aus den Olympiabauten, in Russland heute 14.11.2013).
Das sind alles Pläne, die nur zu selten funktionieren: siehe die „White Elephants“ in den ehemaligen Olympiaorten. In jedem Fall sind es meist keine Sportstätten mehr.

Kritik wird lauter. „Für die Olympischen Winterspiele in Sotschi mussten sämtliche Sportstätten neu gebaut werden. Dazu Hotels, Unterkünfte für die Athleten, Pressezentren, sogar eigene Kraftwerke für die Stromversorgung. Eine Herkulesaufgabe war auch der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Die Stadt Sotschi umfasst mehrere Orte auf einer Länge von fast 150 Kilometern“ (Laak, Stephan, Putins Prestigeobjekt am Pranger, in deutschlandfunk.de 17.11.2013). Viele Bürger „sehen vor allem die unmittelbaren Folgen: explodierende Immobilienpreise, Umweltschäden, Baustellen, die schon seit Jahren Lärm und Dreck verursachen“ (Ebenda). Umweltaktivist Walerij Sutschkow: „Bereits im Jahr 2006, noch vor der Olympia-Entscheidung, als bekannt wurde, dass die Sportstätten direkt im Nationalpark gebaut werden sollen, kam die Frage auf, wie der Schutzstatus dieser Flächen bestehen bleiben kann. Unsere Umweltschützer kämpften sehr hart dafür und gewannen sogar einen Prozess vor Gericht in erster Instanz in Maikop. Trotzdem wurde der Status Nationalpark entzogen. Die Flächen standen nicht mehr unter Schutz. Sie werden nun genutzt, um dort künftig Sportwettbewerbe zu veranstalten, was absolut unzulässig ist! Die Olympischen Spiele waren also die Ursache, dass große Flächen in der Sotschi-Region, Hunderte von Hektar, ihren Status, wonach sie unter besonderem Schutz standen, verloren haben. Das ist natürlich eine reale Folge der Spiele“ (Ebenda). Dazu wurden Tadschiken und Usbeken wegen der niedrigeren Löhne den ortsansässigen Arbeitskräften vorgezogen. Oft bekommen die ausländischen Arbeiter keine Verträge; es werden ihnen ihre Papiere abgenommen, Lohnzahlungen werden verweigert. „In dem Moment, wo die olympischen Objekte fertiggestellt seien, würden die Migranten einfach ausgewiesen“ (Ebenda). „Weite Waldflächen in einem Naturschutzgebiet wurden gerodet, der Strand wurde zubetoniert und in der Stadt türmen sich Schutt und Müll. Viele der Arbeiter haben monatelang keinen Lohn erhalten und zwischenzeitlich eine Menschenrechtsorganisation eingeschaltet. Die Stimmung in der Bevölkerung ist alles andere als olympisch“ (Atai, Golineh, Prunk und Wirklichkeit, in wdr.de 25.11.2013).

IOC nicht zuständig. Die Initiative Pride House vertritt die Interessen homosexueller Sportler und fragte beim IOC wegen der russischen Gesetze gegen „Homosexuellen-Propaganda“ nach. „Doch die Dach-Organisation der Olympischen Bewegung, welche in ihrer Charta den „Kampf gegen jede Form der Diskriminierung“ als ein Ziel definiert, fühlt sich nicht verantwortlich. Das IOC argumentiert, das Gesetz sei erst nach der Vergabe der Olympischen Spiele erlassen worden“ (Sachse, Jonathan, IOC fühlt sich für Homophobie nicht zuständig, in dw.de 20.11.2013).

FIS-Präsident Gian Franco Kasper zu Sotschi 2014: „Auch das Gebaren der Russen betreffend Sotschi half wenig. Die schmissen die Milliarden geradezu hinaus, begingen Umweltsünden“. – Und zur Abwahl der Bewerbungen Graubünden 2022 und München 2022: „Ich sehe den Hauptgrund im Gigantismus der Spiele. Die olympische Bewegung frisst sich selber, wenn sie so weitermacht, immer noch größer wird“ (Kasper kritisiert Sotschi und trauert 2022 nach, in suedostschweiz 29.11.2013).

Zu warm, zu teuer, zu groß. Ende November 2013 hatte es in Sotschi plus 18 Grad Celsius. „Die Häuser in Rosa Chutor haben angeschrägte Dächer, der Putz ist in Pastelltönen gehalten. Der Oligarch Wladimir Potanin gilt als viertreichster Mann des Landes. Nun hat er sich für rund 50 Millionen Euro ein eigenes Skiresort geleistet, eine perfekte Welt ohne Macken, eine Mischung aus Sölden und Disneyland. Dafür musste viel Natur weichen, Bäume wurden gefällt, Flüsse begradigt, ganze Hänge abgetragen“ (Eberts, Carsten, Dicke Luft, in SZ 30.11.2013). Die Autobahn zwischen dem Meer und den Sportstätten in den Bergen wurde komplett neu durch die Natur gebaut. Kremlkritiker Boris Nemzow nennt sie die „teuerste Straße Russlands“ – ein Kilometer kostete 200 Millionen Euro (Ebenda). Und wie nach den Spielen die 40.000 Hotelzimmer in Sotschi ausgelastet werden können, ist völlig unklar.

Dezember 2013:
Sklavenarbeit. Semjon von der russischen Hilfsorganisation Memorial in Sotschi schätzt die Zahl der Gastarbeiter auf den olympischen Baustellen auf 50.000. Er äußerte zur Lage der ausgebeuteten ausländischen Arbeitskräfte: “Es war klar, dass hier Sklavenarbeit geleistet werden müsste. Die Olympischen Spiele werden auf dem Rücken der Migranten gebaut” (Kruse, Jörn, Auf dem Rücken der Migranten, in taz 1.12.2013).

Auch Österreichs Industrie profitiert. Ein „Business-Abend“ mit dem Titel „Mission Olympia – die wirtschaftliche Dimension“ fand am 2.12.2013 statt. Vertreten waren u. a. die Tirol Werbung, The Kornspitz Company, Doppelmayr-Seilbahnen, ATOS (TOP-Sponsor IOC), ORF-Sportchef Hans Peter Trost und ÖOC-Präsident Karl Stoss. „Das Vorarlberger Unternehmen Doppelmayr errichtete in der Bergregion insgesamt 35 Seilbahn- und Liftanlagen, allen voran die längste und schnellste Dreiseilbahn der Welt“ („Mission Olympia – die wirtschaftliche Dimension“, in olympia.at 2.12.2013). ÖOC-Präsident Stoss: „Sport ohne Wirtschaft ist heutzutage nicht mehr möglich, das wäre eine Illusion“ (Ebenda).

„Nachhaltigkeit“. Dietmar Fellner, Wirtschaftsdelegierter der Wirtschaftskammer Österreich (WKO), Außenhandelsstelle Moskau: Was die Küstenregion betrifft, die als Sommerkurort in Russland längst einen guten Namen hat, braucht man sich in Sachen Nachhaltigkeit hingegen nicht viele Sorgen zu machen. Die bevorstehende FußballWM 2018, der jährliche Formel-1-Grand-Prix, da sind eine Reihe von Mega-Events längst fixiert“ (“Mission Olympia – die wirtschaftliche Dimension”,in olympia.at 2.12.2013).

Niemand schreit hier. Der Bürgermeister von Sotschi erklärte im Interview: „Wir haben hier mehr als 2000 Umsiedler. Und man muss schon sagen, dass so etwas wie in China oder Vancouver bei uns nicht vorkommt. Bei uns werden keine Leute gegen die Olympiade schreien. Diese Aufgabe hat uns Wladimir Putin gestellt“ (Wurster, Stefanie, Sotschi und die Folgen – Der Dokumentarfilm „Homes for Games“, in 3sat 4.12.2013).

Finanzierung durch den Staat. „Die meisten Gelder für Olympia stammen aus dem russischen Staatshaushalt. (…) Anfang 2013 wurden die notwendigen Ausgaben auf über 50 Milliarden berechnet. Allein der Staatshaushalt ist als „Quelle der letzten Zuflucht“ in der Lage, derart große Summen aufzubringen. Zu den übrigen Geldgebern gehören staatseigene und vom Staat kontrollierte Unternehmen wie Gazprom und die Russische Eisenbahn, die beide Monopolisten ihrer Branche sind. Auf Anweisung des Kreml übernehmen sie einen Teil der Kosten. Putin hat auch wichtige Oligarchen wie Oleg Deripaska und Wladimir Potanin aufgefordert, das Ihre beizutragen. Hier stellt allerdings die Wneschekonombank Kredite zur Verfügung, die bis zu 90 Prozent der Investitionen abdecken. Die Oligarchen haben jedoch beklagt, dass die Olympischen Spiele sie zu Investitionen in Projekte nötigten, die sich in der Zukunft als kaum gewinnbringend herausstellen könnten. (…) Olympiainvestoren wie Gazprom, ‚Inter RAO’, ‚Renowa’, ‚Interros’, ‚Sberbank’ und ‚Basowyj element’ hätten darum gebeten, dass ihre Kredite umstrukturiert werden, berichtete die Zeitung ‚Wedomosti’. Die Unternehmen behaupteten, dass sie allesamt mit ihren Projekten Geld verlören und nicht in der Lage seien, die Kredite unter den jetzigen Bedingungen zurückzuzahlen“ (Orttung, Robert, Olimpstroj – Wie Olympia in Sotschi auf der grünen Wiese gebaut wird, in bpb.de 6.12.2013).

Putins „Olimpstroj“. „Russlands Bauindustrie ist als einer der korruptesten Wirtschaftsbereiche bekannt und die russische Führung hatte zweifellos keinerlei Wunsch, die Arbeitsweisen der Branche für Außenseiter transparent zu machen. Schlüsselakteur zur rechtzeitigen Fertigstellung der olympischen Sportstätten und der Infrastruktur ist „Olimpstroj“, eine Organisation, deren formale Bezeichnung ‚Staatliche Korporation für den Bau der olympischen Stätten und die Entwicklung der Stadt Sotschi als Gebirgskurort’ lautet. Putin hatte ‚Olimpstroj’ am 30. September 2007 durch ein föderales Gesetz ins Leben gerufen, um den Entwurf und den Bau der Sportstätten sowie der Infrastruktur für Verkehr, Energie, Tourismus und Sicherheit zu beaufsichtigen, deren Betrieb zu organisieren, Ausschreibungen vorzunehmen und den Bau der Olympiastätten sowie die Durchführung verwandter Maßnahmen zu beaufsichtigen. In den Dokumenten, die Russland als Teil der Bewerbung beim IOC vorgelegt hatte, war ‚Olimpstroj’ nie erwähnt worden; erst nach dem Zuschlag an Russland war es in Erscheinung getreten. Olimpstroj ist eine der nur sieben ‚staatlichen Korporationen’ in Russland. (…) ‚Staatliche Korporationen’ unterscheiden sich von privaten Unternehmen und staatlichen Agenturen. Formal sind sie als nichtkommerzielle Organisationen definiert. Sie sind nicht verpflichtet, detaillierte Jahresberichte vorzulegen, obwohl sie Zugang zu staatlichen Mitteln haben. Ihr besonderer Status macht es möglich, Gelder bei minimaler Aufsicht oder Einmischung zu kontrollieren. (…) Eine Studie von Alexander Sokolow zu den Ausgaben von Olimpstroj hat gezeigt, dass die Aufwendungen für den Bau eines Stadions, einer Straße oder einer Brücke in Russland sehr viel kostspieliger sind als vergleichbare Projekte in anderen Ländern. Seine Untersuchung von sieben zentralen Olympiastätten brachte hervor, dass die russischen Projekte 57,4 % mehr kosten als andere Projekte und legte nahe, dass die Differenzsumme von den Insidern abgezweigt wurden, die die wichtigsten Baufirmen kontrollieren. Während die genaue Verteilung dieser Renten unklar ist, sind wenigstens einige Tatsachen bekannt. Firmen wie ‚Mostotrest’ und ‚Strojgasmontash’ von Arkadij Rotenberg, einem Freund von Putin aus Kindheitstagen, haben Verträge über 7 Milliarden zu Olympiaprojekten erhalten, wie ein Bloomberg-Bericht mitteilt, der sich auf Firmen- und Regierungsberichte beruft. Zu diesen Projekten gehörten der Bau von Straßen und des Medienzentrums“ (Orttung, Robert, Olimpstroj – Wie Olympia in Sotschi auf der grünen Wiese gebaut wird, in bpb.de 6.12.2013).

Der Nordkaukasus. Der Anteil der russischen Bevölkerung ist „durch Auswanderung gesunken – von 32 % im Jahr 1989 auf rund 20 % heute. Im Ostteil des Nordkaukasus, in Dagestan, Tchetschenien und Inguschetien, finden sich nur noch winzige Restbestände russischer Bevölkerung. Unter den ethnischen Russen wächst die Angst vor einer Ausbreitung des „Wahhabismus“. Mit diesem Schlagwort werden radikal-islamistische (salafistische) und militante (jihadistische) Tendenzen im überwiegend muslimischen Nordkaukasus bezeichnet. (…) An prominentester Stelle erklang eine Drohung gegen die Winterolympiade aus dem Mund Doku Umarows. Der Führer des „Kaukasus-Emirats“ hob ein Moratorium für Terroranschläge gegen zivile Ziele in Russland wieder auf, das er im Februar 2012 verkündet hatte, und appellierte an die „Mudschahedin“, die olympischen Spiele „mit allen uns von Allah erlaubten Mitteln zu verhindern“. Die Olympiade veranstalte „satanische Tänze auf den Gebeinen unserer Vorfahren, die gefallen sind und begraben wurden in unserem Land entlang der Küste des Schwarzen Meeres“ – eine Anspielung auf die Niederwerfung des tscherkessischen Widerstandes durch die Armee des Zaren 1864“ (Halbach, Uwe, Analyse: Sotschi und sein kaukasisches Umfeld, in bpb.de 6.12.2013).

Sicherheitsmaßnahmen im Nordkaukasus. „Am 1. September 2013 unterzeichnete Präsident Putin ein Sonderdekret über entsprechende Sicherheitsmaßnahmen. Es sieht für den Zeitraum vom 7. Januar bis zum 21. März 2014 für die Stadt Sotschi und ihre Umgebung eine Sicherheitszone vor, in der unter anderem Demonstrationen verboten werden. Der Demonstrationsbann richtet sich nicht nur gegen regimekritische Kräfte, sondern insbesondere gegen Aktivisten einer tscherkessischen Bewegung, die darauf aufmerksam machen wollen, dass die Olympiade auf dem ursprünglichen Siedlungsgebiet ihrer vor 150 Jahren vertriebenen Volksgruppe stattfindet. Etwa 40.000 Mann werden von den Sicherheitskräften allein in Sotschi (400.000 Einwohner) eingesetzt. Der Luftraum über und das Seegebiet vor der Stadt sollen mit Drohnen und Radar überwacht werden. In der Region Krasnodar, zu der Sotschi gehört, marschieren neben regulären Sicherheitskräften der Polizei, des FSB und des Föderalen Migrationsdienstes neu gegründete Kosakeneinheiten auf, um das olympische Areal vor „verdächtigen Elementen“ zu schützen“ (Ebenda).

Thomas Hahn in der SZ: “Die Spiele in Sotschi zeigen mal wieder, dass die Sportgesellschaft nicht alle Tassen im Schrank hat bzw. das Internationale Olympische Komitee für jede Natursünde zu haben ist, sofern die Kasse stimmt” (Die Mitte von Nirgends, in SZ 6.12.2013).

Sotschi 2014 ohne Gauck. Bundespräsident Joachim Gauck erklärte am 8.12.2013, er werde im Februar 2014 nicht nach Sotschi zu den Olympischen Winterspielen fahren. “Er will die deutschen Olympia-Teilnehmer am 24. Februar bei ihrer Rückkehr in München empfangen” (Gauck boykottiert Olympische Spiele in Sotschi, in spiegelonline 8.12.2013). Die EU-Justizkommissarin Viviane Reding und der französische Präsident Francois Hollande fahren auch nicht… Und 65 Prozent der Deutschen finden laut einer Forsa-Umfrage Gaucks Entscheidung richtig. Zu den Absagen für Sotschi mehr hier

Sport-Journalisten in Sotschi. In der Münchner tz äußerten sich die Sportexperten von ARD und ZDF zu den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi 2014: 240 Stunden ist die Sendezeit!
Rudi Cerne: “Aber ich freu mich auf die Spiele, weil ich weiß, was es für Sportlerinnen und Sportler bedeutet, an Olympischen Spielen teilzunehmen. Da gibt’s nix drüber.”
Kati Wilhelm (Expertin): “Es ist wichtig, sich eine Meinung zur politischen Lage zu bilden, aber in erster Linie bin ich dort, um den Sport zu bewerten.”
Markus Wasmeier (Experte): “Was die politische Situation angeht: Auch in Peking wurden viele Menschen enteignet. Das ist nicht schön, aber so ist es., Während der Spiele wird man davon aber nichts merken.”
Michael Antwerpes: “Aber die Erfahrung zeigt: Sobald die Spiele laufen und die ersten Medaillen vergeben sind, rückt der Sport in den Fokus.”
Dieter Thoma (Experte): “Als Sportler muss jeder für sich entscheiden, wie nah er das an sich heranlässt. Als Athlet ist der Olympiasieg das höchste Ziel, und ich denke, dass sich die meisten darauf konzentrieren werden.”
Peter Schlickenrieder (Experte): “Natürlich sind die Voraussetzungen in Sotschi andere, da dort vorher nicht viel existierte. Aber die Menschen sind sehr gastfreundlich, und die Qualität der Sportstätten wird top sein.”
Marco Büchel: “Wenn wir dort ankommen, werde ich mir sicher meine Gedanken zur Situation machen, sie aber für mich behalten. Mein Job dort ist, den Sport zu bewerten, das steht für mich im Vordergrund.”
(Alle Zitate: Kistner, A., Müller, M., Mit gemischten Gefühlen zu Putins Spielen, in tz 11.12.2013).
Das ist ein Vorgeschmack auf die 240 Stunden Übertragung in den öffentlich-rechtlichen Sportsendern. Die Kritik erfolgt im Vorfeld, und mit zunehmender Nähe zur Eröffnungsfeier hebt der Jubel an.

Olympische Begnadigungen. Wladimir Putin brachte am 19.12.2013 ein Amnestiegesetz in die russische Duma ein und ließ 25.000 Inhaftierte am 19.12.2013 begnadigen. Darunter: die zwei Mitglieder der Frauenband “Pussy Riot”, die Arktic-30 vom Greenpeace-Schiff und Ex-Oligarch Michail Chodorkowski. Die Welt rätselte über Putins Motive. Zugeständnisse an den Westen? An Sotschi 2014? “So wolle Putin kurz vor den Olympischen Winterspielen in Sotschi das eigene, angeschlagene Image aufpolieren” (Thaler, Claudia, Putins Tag der Gnade, in spiegelonline 19.12.2013). – “Die neue Amnestie werten Beobachter als Zugeständnisse des Kreml an den Westen vor den Olympischen Winterspielen, die am 7. Februar in Sotschi eröffnet werden” (Russland verkündet Amnestie für Pussy Riot, in spiegelonline 19.12.2013). – “Im Vorfeld der Olympischen Spiele in Sotschi im Februar hat der Präsident einige Barrieren beiseite geräumt, die die politische Elite des Westens davon abhalten könnte, zu den Spielen zu reisen” (Donath, Klaus-Helge, Gnade wird olympische Disziplin, in taz 19.12.2013).
Der Zar hat es gegeben, der Zar kann es wieder nehmen: nach den Spielen…

top-alt: auto; mso-margin-bottom-alt: auto;">Aus einem Kommentar von Frank Nienhuysen in der SZ:Die Ursache für das vorweihnachtliche Gnadenspektakel dürfte am Fuße des prächtigen Kaukasus-Gebirges liegen, genauer: in Sotschi, wo in wenigen Wochen die Olympischen Winterspiele ausgerichtet werden. Russland hat in den vergangenen Monaten zunehmend gespürt, dass es bei seinen stolzen Spielen nicht nur gewinnen, sondern noch sehr viel mehr auch verlieren kann. Die ganze Kraft, Dynamik, Modernität und Weltgeltung dieses Landes sollten sich in diesen zwei Olympia-Wochen verdichten, das war Moskaus Plan. Stattdessen zeigt sich eine Wucht von ganz anderer Seite, und sie droht Russland zu erdrücken. Debatten über fehlende Demokratie und Rechtstaatlichkeit, über einen autoritären Staat und mangelnde Medienfreiheit, all das hat sich frisch entzündet an einem Anti-Schwulen-Gesetz, das der westlichen Welt all die Unzulänglichkeiten mit einem Mal plastisch gemacht hat. (…)Das Amnestiegesetz, die Begnadigung von Chodorkowskij und freie Pussy-Riot-Frauen bieten Russlands Führung eine elegante Gelegenheit, die negative Dynamik zu stoppen” (Nienhuysen, Frank, Taktische Gnade, in SZ 20.12.2013).

top-alt: auto; mso-margin-bottom-alt: auto;">– Naturzerstörung. Der ursprünglich wilde Fluss Mzymta wurde für Sotschi 2014 begradigt; damit schießt er bei starken Niederschlagen ungebremst in das Tal, wo es nicht ausreichend Abflußmöglichkeiten gibt. Die Abwasserbelastung steigt durch die erwarteten 120.000 Besucher: „Das meiste Abwasser aus den Häusern in Sotschi fließt nicht etwa in die Kanalisation, sondern ins Schwarze Meer. Daran haben auch die Sotschi-Milliarden nichts geändert“ (Tschirky, Luzia, Olympia-Gigantismus provoziert viele Verlierer, in vdi-nachrichten.com 20.12.2013). Über hundert illegale Mülldeponien soll es laut Umweltschützer geben. „Das Komitee Sotschi 2014 spricht dagegen von ‚Zero Waste'“ (Ebenda).

Auch Merkel fährt nicht. Angela Merkel wird nicht nach Sotschi fahren. Dafür fährt der jetzt wieder Bundessport-Innenminister Thomas de Maizière (Focus: Merkel reist nicht zu Olympia nach Sotschi, in zeit.de 22.12.2013).
Vergleiche unter “Aktuelles”: Sotschi ohne Gauck und die anderen

top-alt: auto; mso-margin-bottom-alt: auto;">Die Welt muss Putin-Russland dankbar sein. Das formuliert in etwa der Putin-Freund Marius Vizer, Chef von SportAccord, der Vereinigung von 109 Sportverbänden: “Ich denke, dass Athleten, Politiker, Medien sich nicht nur solidarisch zeigen müssen mit Russlands respektablen Anstrengungen, sondern bei diesem Ereignis auch unterstützen sollten und alle zusammen eine Geste der Solidarität, der Einheit und der Wertschätzung feiern sollten, um ein Beispiel für alle Menschen zu geben” (Hummel, Thomas, Beitzer, Hannah, Putins willkommene Symbolpolitik, in sueddeutsche.de 23.12.2013). Dazu schreiben die SZ-Autoren: “In anderen Worten: Kritik an den Olympia-Gastgebern wegen Umweltzerstörung, dem miserablen Umgang mit den Wanderarbeitern oder Gesetzen, die Homosexuelle diskriminieren, verbietet sich” (Ebenda).

top-alt: auto; mso-margin-bottom-alt: auto;">Protestzonen ohne Protest. Putin soll selbst dafür gesorgt haben, dass in Sotschi Protestzonen ausgewiesen werden, wo protestiert werden könnte. Theoretisch. “Wo diese Zonen liegen sollen, und wer darin seine freie Meinung äußern soll, ist unklar. In Peking traute sich jedenfalls niemand, das Regime dort offen zu kritisieren” (Hummel, Thomas, Beitzer, Hannah, Putins willkommene Symbolpolitik, in sueddeutsche.de 23.12.2013).

top-alt: auto; mso-margin-bottom-alt: auto;">Russische Staats-Milliarden für Sotschi 2014. „2007 war das Jahr vor der Krise: Hohe  Öl- und Gaspreise spülten viel Geld in den russischen Staatshaushalt“ (Veser, Reinhard, Putins Billionenspiel, in faz.net 25.12.2013). Putin nannte die Summe von zwölf Milliarden Dollar als Kosten. Im September  2013 bezifferte er die Kosten nur noch auf sieben Milliarden Dollar. Dagegen nannte die seriöse russische Wirtschaftszeitung Wedomosti im Februar  2013 die Summe von 50 Milliarden Dollar: Sie bezog sich auf Dokumente der staatlichen Kommission zur Vorbereitung der Spiele (Ebenda). Das IOC goutiert die finanzielle Entwicklung. Jean-Claude Killy, das für Sotschi 2014 zuständige IOC-Mitglied: „Das Budget it angemessen, auch im Vergleich mit Vancouver“ (Ebenda). Allein die kombinierte Bahn- und  Straßenverbindung zwischen den Wettkampfstätten am Schwarzen Meer und den alpinen Austragungsorten hat die staatlichen russischen Eisenbahnen 7,4 Milliarden Dollar gekostet. Korruption und Vetternwirtschaft trugen zur Kostensteigerung bei. So stieg der Preis der Skisprungschanze „Russki Gorki“ von 1,2 auf acht Milliarden Rubel (240 Millionen Dollar). „Gebaut wurde die Schanze von einer Firma des damaligen stellvertretenden Präsidenten des russischen Nationalen Olympischen Komitees, Achmed Bilalow, der sich nach der Rüge Putins umgehend zur medizinischen Behandlung ins Ausland begeben hat und seither nicht nach Russland zurückgekehrt ist. In diesem Fall war auch offiziell von Korruptionsverdacht die Rede“ (Ebenda).

top-alt: auto; mso-margin-bottom-alt: auto;">Sotschis White Elephants. „Sotschi wird den eigentlichen Preis für Olympia womöglich erst nach den Spielen im kommenden Februar zahlen: Unterhaltskosten für eine überdimensionierte Infrastruktur, ungenutzte Sportstätten, überschuldete Investoren, Insolvenzen. (…) Kaum etwas von dem, was für die gut zwei Wochen Olympia im Februar nächsten Jahres gebaut wird, hat je Chancen, wirtschaftlich selbsttragend, geschweige denn profitabel zu werden – das gilt für das Skigebiet Rosa Chutor und noch viel mehr für

Jan 012014
 
Zuletzt geändert am 15.02.2014 @ 1:15

31.01.14:
DOH: Kritik der Dopingopfer an Sotschi
SZ: Rederechte in Sotschi: Hinter der Reklame
taz: Proteste vor Sotschi: Helm auf, Klappe zu
3sat, makro: Korruption im Sport
Daily Mail: Russia won the rights to host the 2014 Olympics with the help of one of the world’s biggest heroin traffickers, says former British ambassador to Uzbekistan
FR: Putinsche Dörfer
sid: IOC-Mitglied Kasper: Gewaltige Kosten machen Sport kaputt
Merkur: Minister Herrmann: „Keine Alternative zu den russischen Spielregeln“
SZ: Dopingaffäre im russischen Biathlon: Absturz der Senkrechtstarter

30.01.14:
Tagesspiegel: Die grün gewaschenen Spiele: Olympia in Sotschi – die reinste Umweltkatastrophe
n-tv: Sotschi wird zum Hochsicherheitstrakt
dpa: Plusgrade! Skispringen bei Olympia in Gefahr?
SRF: Wetterlage in Sotschi weiter problematisch
Merkur: Herrmann plant Reise nach Sotschi

29.01.14:
CIPRA: Warum Sotschi nicht in den Alpen liegt
CIPRA: Erfahrungsberichte
CIPRA: Zehn Argumente gegen Olympische Winterspiele in den Alpen
Alpines Museum, München: Die Alpen als Funpark Europas
AFP: Menschenrechtler kritisieren IOC vor Olympischen Spielen
Zeit online: Was kostet Sotschi?
Grüne, Bundestagsfraktion: Grüne Fraktion verzichtet auf Sotschi-Besuch
SZ: Dopingfälle vor Olympia: „Totale Kontrolle“
SpOn: Beckenbauer-Äußerungen zu Katar: Kaiserschmarrn
SpOn, SPAM: WM 2022 in Katar: Beckenbauer relativiert

28.01.14:
Zeit online: Öffentlich-rechtliche Olympiahygiene
arte: Putins Spiele (MDR)
ARD, FAKT: Scharfe Kritik an IOC-Präsident Bach
SpOn: Arbeitsbedingungen in Sotschi: Systematisch ausgebeutet
FAZ: „Es ist kein Tauwetter – es sind die Olympischen Spiele“
FAZ: Modell Sotschi
SZ: Stadionbau in Katar: WM der Sklaven
FAZ: Duplitzer will ins Europaparlament

27.01.14:
nolympia.de: Chronologie der Ereignisse im Dezember 2013
FAZ: Russische Umweltschützer widersprechen Bach
Berliner Zeitung: Wie Putins Botschafter
ARD, Die Story im Ersten: Putins Spiele (WDR)
ARD: Brot und Spiele – Wenn Menschen bei Olympia stören
WDR, sport inside: Verraten und verkauft
SpOn: Sotschi: Putin-Gegner dokumentiert mutmaßliche Korruptionsfälle
FAZ: Olympia auf hoher See
Merkur: König-Ludwig-Lauf: Kraftakt steht bevor

26.01.14:
SpOn: Skifahrerin Gut kritisiert Vergabe an Sotschi scharf
dpa: Thomas Bach kritisiert fernbleibende Politiker
DLF: Olympischer Gigantismus: Immense Sicherheitsvorkehrungen in Sotschi
taz: Olympische Ideologie: Frömmelnde Muskelprotze
DLF: Fußball-WM 2022: „Nur wenn es Blatter ins Kalkül passt“
FAZ: Protest gegen die Fußball-WM: Schwere Krawalle in São Paulo
dpa: Schleswig-Holsteins Innenminister Breitner für Olympia-Bewerbung Hamburgs

25.01.14:
FAZ: Qatar: Noch mehr Tote auf WM-Baustellen
DLF: Putins Sicherheitswahn

24.01.14:
ORF: Klimawandel: Schlechte Aussichten für Winterspiele
newsinenglish.no: Norwegian ‘no’ to OL guarantee
FR: Das ist nicht Olympia

23.01.14:
nolympia.de: Kritisches Olympisches Lexikon: München 2022
Welt: Planungskosten für Rio 2016 steigen um 70 Prozent
Welt: Amnesty International: „Fahren Sie nicht nur als Sportfan nach Sotschi!“
BR, quer: Schnee adé: Winterblues in den bayerischen Bergen
Merkur: Snowboard-Weltcup am Sudelfeld: „Wir ziehen das jetzt durch!“
Tagesspiegel: „Die Leute wollen den Sport nicht entzaubern“

22.01.14:
ludwighartmann.de: Weitere Fragen zum Liquidationsabschluss der Bewerbungsgesellschaft München 2018 GmbH
FR: Willingen trickst Frau Holle aus
insidethegames.biz: Almaty and Beijing each have good chances in 2022 Winter Olympics race, says leading IOC member

21.01.14:
DIE ZEIT: DOSB-Generalsekretär Vesper: „Der Sport kann nicht mehr als die Politik“
Mainpost: Sport in der Glaubwürdigkeitskrise
SpOn: Furcht vor Terror in Sotschi: USA schicken Kriegsschiffe ins Schwarze Meer
ARD, Report München: Ausgebeutete Arbeiter, unmenschliche Bedingungen – Die Schattenseiten von Sotschi
ZDF, Frontal21: Putins Winterspiele – Größenwahn in Sotschi
FAZ: Brasilien: Umsiedlungen für WM und Olympia
Tagesspiegel: Hamburg und Berlin gemeinsam für Olympia?
Merkur: Weltcup-Absagen: Jetzt drohen finanzielle Sorgen
ORF: Schneemangel: Auch künftig weniger Skitage
APA: Der Kampf um die Hausbergkante
Berliner Zeitung: Gigantischer Aufwand für Hahnenkamm-Rennen
Heinrich-Böll-Stiftung: Von Glanz und Risiken – Elitekörper in Deutschland, Schadensbilanz und Zukunftsprognose
DLF: „Verpflichtung gegenüber diesen Opfern“
Berliner Zeitung: Wie beim Affen
Welt: Großes Lob für den Quälgeist mit der Streitaxt

20.01.14:
DLF: Olympische Winterspiele: Umweltzerstörung hat Tradition
AFP: Anschlagsdrohungen vor Winterspielen in Sotschi
FR: Klein, aber fein
Welt: Gemeinsames Olympia in Hamburg und Berlin?
heute.at: Schneeschmelze: Kampf auf Streif spitzt sich zu
bild: 100 000 Euro für Schnee auf der Streif
Merkur: Schnee wär’ schee
SZ: Skisportort Bayrischzell: Was vom Winter bleibt

19.01.14:
phoenix, Internationaler Frühschoppen: Korruption, Doping, Menschenrechte – wer braucht noch Olympia?
DLF: Olympischer Gigantismus: Wie Sotschi sein Gesicht verliert
Welt: Spiel ohne Grenzen
Merkur: Der schlimmste Fall ist eingetreten – Auch Herren-Rennen abgesagt
Tagesspiegel: Hörmann: „An Heiligabend wird auch Blatter nichts ändern“

18.01.14:
dpa: Naturschützer kritisieren Kunstschnee-Einsatz
nolympia.de: Olympische Winterspiele 2022: Rückzüge
insidethegames.biz: Stockholm 2022 had „good concept“ claims Lindberg after withdrawal
GEA: Hörmann: „Wir haben München nicht ausreichend vorbereitet“
DLF: Sotschi: „Situation für Menschen vor Ort extrem misslich“
SpOn: Olympischer Fackellauf: Russischer Demonstrant mit Regenbogenflagge festgenommen
Welt: Ewiger Kommerz
DLF: Beschönigt das Olympia-Museum die NS-Vergangenheit?
DLF: Soll der Sportausschuss wieder öffentlich tagen?

17.01.14:
SpOn: Auch Stockholm verzichtet auf Olympia 2022
AFP: Stockholm drops 2022 Winter Olympics bid
Reuters: Stockholm rejects making bid to hold 2022 Winter Olympics
Svenska Dagbladet: Stockholm säger nej till OS
dpa: Hörmann: Mit Olympia-Bewerbung «erstmal durch»
sid: Auch Finnlands Sportminister Arhinmäki boykottiert Sotschi
suedostschweiz.ch: Putin-Freund schiesst scharf gegen Gian-Franco Kasper
Merkur: Großes Bibbern um Wintersport-Events

16.01.14:
ARD, Beckmann: Olympia in Sotschi – Putins Spiele zwischen Terrorgefahr und Schwulenhass
Welt: Wenn Beamte glückliche Bürger spielen
heise.de: Die olympischen Winderspiele in Sotschi und die Totalüberwachung
APA: Die „Korrumpiade“ von Sotschi
WAZ: Sportausschuss-Vorsitzende Freitag lehnt Olympia-Boykott ab
sid: Deutsche sehen Olympia in Sotschi kritisch
skispringen.com: Wegen Schneemangel: Willingen bestellt Schnee
skispringen-news.de: Damen-Weltcup von Ljubno nach Planica verlegt
FAZ: Sportausschuss: Selbst aus dem Spiel genommen

15.01.14:
taz: Fecht-Europameisterin Imke Duplitzer: Von der Planche ins Parlament
DLF: Sportausschuss: Freitag bleibt Vorsitzende
FAZ: Menschenrechtler beklagen Druck in Sotschi
The Guardian: Seven killed as Russian security forces corner suspected militants in Dagestan
StZ: Südafrika nach der Fußball-WM: Der weiße Elefant aus dem Wintermärchen
Moosacher Anzeiger: Zukunft des Olympiabahnhofs: Stadt plant einen Workshop im Sommer

14.01.14:
SZ: Skifahren in Bayern: „Bis 2050 werden wir nur noch die Zugspitze haben“
Merkur: So grün ist die Weltcup-Piste Kandahar
FAZ: Sotschi: Olympischer Kannibalismus
SZ-Magazin: Geschminkte Wahrheit
ORF: Terrorgefahr und heikle politische Themen

13.01.14:
phoenix, Unter den Linden: Putins Spiele – Fest des Sports oder Propagandashow?
SZ: Wegen Schneemangels: Garmisch sagt Ski-Weltcup ab
Merkur: Ski-Weltcup: Männer-Rennen „noch realistisch“
dpa: Ski-Rennen in Garmisch-Partenkirchen abgesagt
Tagesspiegel: Grüner wird’s noch: Europa leidet unter Schneemangel
Tagesspiegel: Wintersport im Wandel: Wahnsinn am Berg
Tagesspiegel: Umstrittener Kunstschnee: Mit Lanzen und Kanonen
AZ: Schluss-Spurt für die Olympia-Regattaanlage
DW: Perikles Simon: „Jede Sportart ist dopinganfällig“
insidethegames.biz: Swedish Sports Minister to miss Sochi 2014 opening ceremony

12.01.14:
DLF: Olympischer Gigantismus III: Gipfel der Absurdität
DLF: Protestieren in Sotschi?
FAZ: Ist München eine Sportstadt?

11.01.14:
SZ: Die Schneesucher von der Zugspitze
DLF: Olympischer Gigantismus II: Gigantische Ausbeutung von Putins Gnaden
DLF: Sotschi 2014: „Überhaupt nichts Positives“
FAZ: Feier für den IOC-Präsidenten: Bachs Party mit Problemzonen
dpa: DOSB-Chef: Winter-WM hätte «negative Auswirkungen»

10.01.14:
The Guardian: Winter Olympics: one day the worm will turn against these gods of sport
NZZ: Gastkommentar zu Sotschi: Winterspiele der Extreme
Huffington Post: Doping bei Olympia: Experten kritisieren IOC für lasche Kontrollen vor Sotschi
nolympia.de: Kritisches Olympisches Lexikon: Pferde-Sport
TT: Standort Tirol: Kunstschnee hielt Pisten fit, Kritik an massivem Ausbau

09.01.14:
nolympia.de: Sotschi 2014 III: ab 1.1.2014
SpOn: Bausünden bei Olympia: Die rutschenden Häuser von Sotschi
FAZ: Russland: Antiterroreinsatz nach Leichenfunden
SZ: Katar kann die WM noch verlieren
Berliner Zeitung: Sportausschuss ist zu unbedeutend

08.01.14:
BR: DLV-Präsident fordert Vergabe der Spiele an Länder
SRF: Sotschi: Korruption frisst ein Drittel der Gelder
SZ: Putin macht Sotschi zur Festung
si: Snowboardcross-Weltcup in Veysonnaz erst im März
SpOn: Verwirrung um WM-Verlegung: Valcke und das Wintermärchen
si: Wegen WM-Spielort Manaus: Hitzfeld kritisiert Fifa

07.01.14:
SZ: Russland verschärft Sicherheitsvorkehrungen in Sotschi

05.01.14:
DLF: Schnee- und Umwelt-Chaos in Oberhof
SpOn: Olympia in Sotschi: Ski-Star Felix Neureuther kritisiert IOC
Welt: Putin will die totale Kontrolle über sein Reich
taz: Demos in Sotschi: Putins Mogelpackung
FAZ: Legaler Protest in Sotschi: Putins Geste
DLF: Sotschi 2014: Vom Badeort zum Wintersportmekka

04.01.14:
ksta: Warnsignale an das IOC
Tagesspiegel: Winterspiele in Sotschi: Olympias Sklaven machen es möglich
NZZ: Brief aus Sotschi: Brot und Schauspiele
FAZ: Anschläge in Russland: „Es ist der Beginn einer Serie“
taz: Oberhof: Nicht ganz auf der Höh
TA: Warum 375.000 Badewannen Schnee gebunkert werden
Hamburger Abendblatt: Stadien für Olympia sollen 600 Millionen Euro kosten

03.01.14:
LSVD: Sotschi-Freiheitsappell: „In Russland sind wir alle Lesben und Schwule!“
Zeit online: Prominente fordern deutsche Olympiadelegation zum Protest auf
Wiener Zeitung: Felix Gottwald: „Sportler sind bei Olympia Kulisse“
TA: Oberhof will 2020 die Biathlon-WM ausrichten
MDR: Oberhof bewirbt sich erneut um Weltmeisterschaften
sid: Skicross: Weltcup-Rennen in Bischofswiesen abgesagt
MDR: IBU-Cup der Biathleten in Altenberg abgesagt
Merkur: Keine Spur vom Langlauf-Paradies

02.01.14:
nolympia.de: Sotschi 2014: Chronik 2. Halbjahr 2013
FAZ: Sotschi zwischen Wunsch und Wirklichkeit
Die Presse: Umfrage: Mehrheit der Österreicher für Sotschi-Boykott
OVB: Neujahrs-Blabla
ZDF: Auf dem Dach Europas (Teil 3): Gletscherglück und Gipfelstürmer
sid: Snowboard: Weltcup-Parallelslalom am Jauerling verschoben

01.01.14:
WAZ: Bachs Botschaft: Sich mit keinem anlegen
DLF: Die Barbarei des Sports – Der satirische Ausblick auf 2014
Chicago Tribune: A lesson plan to spare the Olympics from Sochi
SZ: Anhaltender Schneemangel: Weitermachen
Tegernseer Stimme: Skibetrieb nur mit großem Aufwand möglich

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Dez 152013
 
Zuletzt geändert am 01.11.2015 @ 16:06

16.12.2013, aktualisiert 17.1.2014

Sotschi 2014 ohne Joachim Gauck, ohne Viviane Reding, ohne Francois Hollande:
1) Bundespräsident Joachim Gauck erklärte am 8.12.2013, er werde im Februar 2014 nicht nach Sotschi zu den Olympischen Winterspielen fahren. “Er will die deutschen Olympia-Teilnehmer am 24. Februar bei ihrer Rückkehr in München empfangen” (Gauck boykottiert Olympische Spiele in Sotschi, in spiegelonline 8.12.2013).
2) Eine Sprecherin des Bundespräsidenten erklärte: “Es gibt keine Regel, dass Bundespräsidenten immer zu Olympischen Winterspielen fahren. (…) Die ‘Washington Post’ und die ‘South China Morning Post’ berichteten, der britische ‘Guardian’ schrieb vom ‘ersten politischen Schwergewicht’, das die Winterspiele in Sotschi boykottiere“ (Hengst, Björn, Gauck erntet Lob und Kritik, in spiegelonline 8.12.2013).
3) Der russische Oppositionspolitiker Boris Nemzow: “Das ist eine edle Tat” (Ebenda).
4) DOSB-Generaldirektor Michael Vesper ließ flugs nur die im Bundespräsidialamt ausgehandelte Zusage Gaucks auf die DOSB-Webseite stellen: dass Gauck die Teilnehmer nach der Rückkehr am 24.2.2014 in München empfangen wird (Hecker, Anno, Ashelm, Michael, Becker, Christoph, Das Gauck-Signal, in faz-net 8.12.2013; Gauck fährt nicht nach Sotschi, in SZ 9.12.2013).
5) Barbara Lochbihler, Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Europäischen Parlament (Grüne): “Das ist ein gutes Signal. Mit seinem Besuch der Spiele in Sotschi würde er das System nur aufwerten” (Ebenda). – “Ich finde, Verbände wie die Fifa oder das Olympische Komitee, die müssten bei der Vergabe ganz klar eine Analyse machen, wie sieht es mit den Menschenrechten aus” (Zagatta, Martin, “Ein klares politisches Signal”, in deutschlandfunk.de 10.12.2013).
6) Eisschnell-Läuferin Jenny Wolf: “Ich hoffe, dass das IOC diese Absage als Aufforderung begreift, Großereignisse auch nach Kriterien wie der Einhaltung der Menschenrechte zu vergeben, damit sich endlich etwas ändert” (Ebenda).
7) Michael Ilgner, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Sporthilfe: “Ich verstehe die Entscheidung des Bundespräsidenten als einen Aufruf an die Verantwortlichen im Sport, die begonnene Diskussion über Großveranstaltungen mutig fortzusetzen” (Ebenda).
8) Toni Hofreiter, Grünen-Fraktionschef im Bundestag: “Sotschi ist hochproblematisch. Die Deutsche Politik sollte die Olympischen Winterspiele in Sotschi boykottieren. Man sollte nicht die Sportler dazu zwingen, es zu boykottieren” (Kempe, Robert, “Deutsche Politik sollte Sotschi boykottieren”, in deutschlandfunk.de 8.12.2013).
9) Oliver Fritsch in der Zeit: “Gaucks Signal richtet sich an Wladimir Putin. Ihm will er die Ehre nicht geben, Menschenrechtler begrüßen das. Aber auch die großen Sportverbände, allen voran das Internationale Olympische Komitee (IOC) und der Weltfußballverband Fifa, sollten die Botschaft nicht überhören: Wie kann man sich derart dem ehemaligen KGB-Agenten, dem Lesben- und Schwulenfeind, dem Ausbeuter von Arbeitern zu Füßen werfen” (Sotschi-Boykott: Bravo Gauck! in zeitonline 9.-12.2013).
10) Julian Hans in der SZ: “Er fragt sich nicht nur, was er mit seinem Handeln bewirken kann, er befragt auch sein Gewissen: Möchte ich bei einer Inszenierung mitspielen, die dazu dient, ein undemokratisches Regime zu stützen und glänzen zu lassen” (Gaucks Gewissen, in SZ 9.12.2013).
11) Robert Schlegel, russischer Duma-Abgeordneter der Kreml-Partei “Einiges Russland: Gaucks Aktion sei “persönlich nachvollziehbar, aber politisch dumm” (Bidder, Benjamin, Kreml-Politiker werfen Gauck politische Dummheit vor, in spiegelonline 9.12.2013).
12) Die EU-Justizkommissarin Viviane Reding schloss sich Gauck an: “Ich werde sicherlich nicht nach Sotschi fahren, solange Minderheiten so behandelt werden wie unter der derzeitigen russischen Gesetzgebung” (Tretbar, Christian, Boykott des Boykotts, in tagesspiegel.de 11.12.2013; EU-Kommissarin schließt sich Gaucks Olympia-Boykott an, in spiegelonline 10.12.2013).
13) Die deutsche Fechterin Imke Duplitzer zum Boykott von Gauck und Reding: “Das ist ein starkes Signal.” Die Sportler “haben ja eigentlich auch eine Organisation, die für die Rahmenbedingungen sorgen sollte. Das IOC versagt allerdings komplett” (Sonnabend, Lisa, Hin- und hergerissen zwischen Gewissen und Medaille, in sueddeutsche.de 10.12.2013).
14) “Sicher ist, dass Joachim Gauck Lob für kraftvolle Gesten genießen dürfte. Sicher ist aber auch, dass seine Sprecherin bei den Nachfragen bemüht ist, die Entscheidung als eine gewöhnliche, weil historisch nicht unübliche zu beschreiben. (…) Man wundert sich deshalb, warum Gauck seine Entscheidung nicht offensiver gemacht hat. Wollte er eine Botschaft versenden, aber den ganz großen Wirbel vermeiden?” (Braun, Stefan, Erst Pflicht, dann Kür, in SZ 10.12.2013).
15) Angela Merkel ist angeblich sauer über Gaucks Alleingang. Angeblich hat das Bundespräsidialamt Merkel nicht informiert, die angeblich Gaucks Entscheidung über die Medien erfahren habe. Bundespräsidialamt: Wir haben doch informiert (Merkel ärgert sich über Gaucks Olympia-Boykott, in spiegelonline 14.12.2013).
16) Auch Francois Hollande fährt nicht: “
Klare Worte gab es wieder nicht, aber die Geste ist unmissverständlich: Auch Frankreichs Präsident François Hollande wird nicht zu den Olympischen Winterspielen nach Sotschi fahren. Es sei nicht vorgesehen, dass hohe Vertreter des Staates anlässlich des Sportereignisses nach Russland reisen, sagte Außenminister Laurent Fabius in einem Interview. Demnach boykottiert die gesamte Riege der französischen Spitzenpolitiker die Spiele im Februar” (Auch Hollande schließt sich Gaucks Olympia-Boykott an, in spiegelonline 15.12.2013; Hervorhebung WZ).
17) Die Russland-Korrespondentin der Welt,
Julia Smirmova, lieferte Joachim Gauck 10 Gründe, nicht nach Sotschi zu fahren: Homosexuellenfeindlichkeit, Gesetze gegen Agenten, Unfreiheit der Presse, Korruption, Schraubzwinge, Nordkaukasus, Oppositionsfeindlichkeit, Chodorkowski, Zustand der Gefängnisse (10 Gründe, nicht nach Sortschi zu fahren, in welt.de 16.12.2013).
18) Der frisch gebackene „Sportler des Jahres“, Diskuswerfer Robert Harting, sah in der Absage von Gauck ein „falsches Signal“ und forderte die Bundeskanzlerin auf, die Olympischen Winterspiele in Sotschi zu besuchen: „Wenn Gauck es nicht macht, muss Bundeskanzlerin Merkel kommen. Das ist einfach eine Wertschätzung den Athleten gegenüber“ (Harting fordert Merkel-Besuch in Sotschi, in spiegelonline 17.12.2013).
19) Zwei Drittel der Deutschen findet Gaucks Absage gut: „Laut einer Forsa-Umfrage vom Dienstag befürworten 65 Prozent der Deutschen die Absage Gaucks. Nur 29 Prozent finden, dass der Präsident eine falsche Entscheidung getroffen hat“ (Mehrheit der Deutschen lobt Gaucks Sotschi-Boykott, in spiegelonline 17.12.2013).

20) Auch der amerikanische Präsident kommt nicht, ebensowenig ein Mitglied aus dem Kabinett. Barack Obama hat eine Überraschung für Sportsfreund Putin: „US-Präsident Barack Obama hat die lesbische Tennislegende und Homosexuellenrechtlerin Billie Jean King in die offizielle Delegation berufen, die zur Eröffnung der Olympischen Winterspiele ins russische Sotschi reisen wird. Auch die homosexuelle Medaillengewinnerin im Eishockey, Caitlin Cahow wird nach Sotschi reisen“ (Obama schickt Homosexuellen-Aktivistin nach Sotschi, in sueddeutsche.de 18.12.2013; Obama schickt lesbische Tennislegende nach Sotschi, in spiegelonline 18.12.2013).
21) Kommentar von Christoph Becker in der FAZ: „Wer nun beklagt, durch die öffentlichkeitswirksamen Absagen und Delegationszusammenstellungen würden die Olympischen Spiele politisiert und missbraucht, erkennt nicht, wer die Ringe genau zu diesem Zweck gekapert hat: Putin war es, 2007. Seitdem war jeder Stein, der in Sotschi bewegt wurde, Teil eines politischen Auftrags. Die Absagen aus Deutschland und Frankreich, die konsequente Auswahl der amerikanischen Delegation durch Barack Obama sind die richtigen Antworten auf Putins Symbolpolitik. (…) Niemand hatte das Internationale Olympische Komitee gezwungen, Putin die Spiele zu schenken. Wer ihre Politisierung verhindern will, muss sich geeignetere Gastgeber auswählen“ (Putins Spielverderber, in faz.net 18.12.2013).
22) Die litauische Staatspräsidentin Dalia Grybauskaite wird aus Protest gegen die Politik Moskaus auch zuhause bleiben (Litauens Präsidentin fährt nicht nach Sotschi, in sueddeutsche.de 20.12.2013).
23) Olympische BegnadigungenWladimir Putin brachte am 19.12.2013 ein Amnestiegesetz in die russische Duma ein und ließ 25.000 Inhaftierte am 19.12.2013 begnadigen. Darunter: die zwei Mitglieder der Frauenband „Pussy Riot“, die Arktic-30 vom Greenpeace-Schiff und Ex-Oligarch Michail Chodorkowski. Die Welt rätselte über Putins Motive. Zugeständnisse an den Westen? An Sotschi 2014? „So wolle Putin kurz vor den Olympischen Winterspielen in Sotschi das eigene, angeschlagene Image aufpolieren“ (Thaler, Claudia, Putins Tag der Gnade, in spiegelonline 19.12.2013). – „Die neue Amnestie werten Beobachter als Zugeständnisse des Kreml an den Westen vor den Olympischen Winterspielen, die am 7. Februar in Sotschi eröffnet werden“ (Russland verkündet Amnestie für Pussy Riot, in spiegelonline 19.12.2013). – “Im Vorfeld der Olympischen Spiele in Sotschi im Februar hat der Präsident einige Barrieren beiseitegeräumt, die die politische Elite des Westens davon abhalten könnte, zu den Spielen zu reisen” (Donath, Klaus-Helge, Gnade wird olympische Disziplin, in taz 19.12.2013).
Der Zar hat es gegeben, der Zar kann es wieder nehmen: nach den Spielen…
24) Aus einem Kommentar von Frank Nienhuysen in der SZ: „Die Absagen beziehungsweise das Nichterscheinen des Bundespräsidenten, der amerikanischen Regierung und von französischen Spitzenpolitikern sowie die absehbaren Proteste gefährden für Russland den Nimbus einer glorreichen Olympia-Sause. Es wurde Zeit für Moskau, dem etwas entgegenzustellen. Das Amnestiegesetz, die Begnadigung von Chodorkowskij und freie Pussy-Riot-Frauen bieten Russlands Führung eine elegante Gelegenheit, die negative Dynamik zu stoppen“ (Nienhuysen, Frank, Taktische Gnade, in SZ 20.12.2013).
25) Auch Merkel fährt nicht. Angela Merkel wird nicht nach Sotschi fahren. Dafür fährt der nunmehr wieder Bundessport-Innenminister Thomas de Maizière (Focus: Merkel reist nicht zu Olympia nach Sotschi, in zeit.de 22.12.2013).
26) Heiner Geißler verteidigte die Entscheidung von Bundespräsident Joachim Gauck, die Einladung zur Eröffnungsfeier der Winterspiele in Sotschi abzulehnen: „Nichts fürchten Diktatoren und autoritäre Herrscher mehr als die Einmischung von außen. Ohne öffentlichen Druck kann stille Hilfe allein in der Regel nicht viel bewirken. Es ist am besten, wenn beides zusammenkommt“ („Charta wird mit Füßen getreten“, in faz.net 28.12.2013).
27)
Finnlands Sportminister Paavo Arhinmäki fährt auch nicht nach Sotschi. “Arhinmäki nannte unter anderem die Verletzung der Menschenrechte in Russland als Grund für sein Fernbleiben. ‘Als Politiker muss ich es nicht unterstützen, wenn Menschenrechte missachtet, die freie Meinungsäußerung gegeißelt und sexuelle Minderheiten verfolgt werden’, sagte der Politiker. Zu den Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2013 in Moskau war Arhinmäki noch gereist, hatte dort aber mit dem Tragen einer Regenbogenfahne gegen die verschärften Homosexuellen-Gesetze von Russlands Staatschef Wladimir Putin protestiert” (Auch Finnlands Sportminister Arhinmäki boykottiert Sotschi, SID in zeitonline 17.1.2014). Damit haben abgesagt: Bundespräsident Joachim Gauck, die EU-Kommissarin , Bundeskanzlerin Angela Merkel (vertreten durch den Bundes-Sportinnenminister Thomas de Maizière), der französische Präsident Francois Hollande, Israels Premier Benjamin Netanjahu, Großbritanniens Premier David Cameron (vertreten durch Sportministerin Helen Grant) (Ebenda).

 

 

 

 

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