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Graubünden gegen Olympische Winterspiele

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Jun 182014
 
Zuletzt geändert am 19.06.2014 @ 17:41

Nolympia; www.nolympia.de
Garmisch-Partenkirchen, 16. Juni 2014

Herrn Tilmann Heuser
Landesgeschäftsführer
BUND Berlin e.V.
Crellestr. 35
10827 Berlin

Intro: „Kaum zu glauben, aber wahr: Ein Umweltverband sagt Ja zu Olympia – stellt dafür allerdings Bedingungen. Am Dienstag präsentierte der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ein Papier, in dem er Eckpunkte für ein ökologisches und stadtverträgliches Konzept für Olympia 2024 in Berlin formuliert. Der Verband gibt sich sicher: Nachhaltige Spiele in Berlin sind vorstellbar“ (Bolsinger, Matthias, Ökolympia in Berlin, in taz.de 17.6.2014).

Sehr geehrter Herr Heuser,
da Sie sich nach eigener Aussage bereits beim BN informiert und unsere Seite angeschaut haben, überrascht uns Ihr „Fazit“ zum Thema Bewerbung für Olympische Spiele und Ihre öffentlichen Äußerungen für den BUND Berlin.
Die von Ihnen genannten Eckpunkte sind mit dem IOC nicht verhandelbar.
Die meisten Umwelt- und Naturschutzorganisationen haben aus diesen Gründen schon bei der Bewerbung „München 2018“ frühzeitig die „Umweltkommission“ verlassen und sich eindeutig gegen die Spiele positioniert. Uns wurde leider schnell klar, dass wir die Ausrichtung der Spiele nicht ökologischer gestalten konnten, sondern dazu missbraucht werden sollten, die Bewerbung erfolgreicher zu machen.
Wenn man, ohne Not, als Vertreter eines Umweltverbandes die Ausrichtung von Olympischen Spielen ins Gespräch bringt, bleibt bei den Leuten nur das Signal hängen: „Der BUND ist auch nicht dagegen, also kann es nicht so schlimm sein“. Wir haben hier eine besondere Verantwortung.
Bei den Ski-Weltmeisterschaften 2011 in Garmisch-Partenkirchen haben wir etwas Ähnliches versucht. Wir haben mit den Ausrichtern gesprochen, um eine umweltfreundlichere Lösung des Pistenausbaus u.a. zu suchen. Das ist zunächst in kleinen Ansätzen gelungen. Nach der erfolgreichen Bewerbung wurden aber große Teile der ersten, von uns total abgelehnten Planung aus der Schublade geholt und durchgesetzt – der internationale Skiverband FIS hatte das Sagen. Geblieben ist die Aussage der Ausrichter: „Der BUND Naturschutz war auch dabei, also wurde auf die Umwelt geachtet.“ Diese „Partizipationsfalle“ sollte man unbedingt vermeiden.
Alle Wünsche nach „ökologisch tragfähigen Spielen“, nach „Nutzung bestehender Sportstätten“ etc. sind eben nicht realistisch – auch nicht als „Druckmittel“. Im „Host City Vertrag“ wird klar geregelt, dass das IOC bis zuletzt Art und Anzahl der Sportarten, sowie alle Regeln und Richtlinien ändern kann und sich der Ausrichterort jeder Einrede enthalten muss. Der Host City Vertrag wurde von namhaften Juristen als „sittenwidrig“ bezeichnet (s. das Gutachten von Prof. Manssen auf nolympia.de). Die Bewerbung zu den Spielen wird nur zugelassen, wenn sich der Ausrichterort bereits vorher verpflichtet, den Vertrag zu unterzeichnen.
Das Argument, es sei „fast alles vorhanden“, haben auch wir gehört: Es stimmte nicht. Selbst für den Status quo wäre nicht alles vorhanden. Niemand weiß, welche Sportdisziplinen in zehn Jahren, 2024 stattfinden werden. Am Beginn einer Bewerbung steht immer das Schönreden. Der Katzenjammer und die „Sachzwänge“ kommen dann später.
Auch aus Finanzgründen sollte man die Bewerbung schon im Vorfeld stoppen. Selbst wenn die Spiele woanders hingehen (was als sicher gelten kann), liegen die Bewerbungskosten nach jetziger Schätzung bei 50 – 60 Mio. €. In München wurden ca. 33 Mio. € nur für die Bewerbung „München 2018“ ausgegeben – eine öffentliche Abrechnung liegt bis heute nicht vor. Auch die Vorgabe, das Geld „kommt von Investoren“, stimmte nicht: Den Großteil der Bewerbungskosten zahlte Stadt München aus Steuergeldern oder stadtnahe Unternehmen, wie die Münchner Messegesellschaft und die Flughafen GmbH.
Auch Berlin hat sicher bessere Verwendung für 50-60 Mio. € als eine unsinnige Olympia-Bewerbung.
Das IOC ist ein Milliardenunternehmen, das Geld verdienen will, und schon allein die Hauptsponsoren – u.a. Dow Chemical, Coca Cola und McDonalds – sollten den BUND Berlin davon abhalten, sich in das Spiel um die Spiele zu begeben. Er kann dabei nur verlieren. Mit den Spielen verliert die Natur, da eine Vielzahl von Sachzwänge entsteht, die man vorher nicht abschätzen kann: Dazu gehören z.B. die Garantie einer totalen Sicherheit – das betrifft Naturgüter ebenso wie demokratische Rechte, die quasi außer Kraft gesetzt werden können.
Mit dem IOC und den Olympischen Spielen verlieren aber auch die Menschen, da die Lebenshaltungskosten steigen und die Gentrifizierung ganzer Stadtviertel weiter an Fahrt gewinnt.
Aus unserer Sicht und unseren Erfahrungen raten wir Ihnen deshalb, wenn man sich unbedingt äußern will, die unverhandelbaren Forderungen darzustellen und eine deutliche Kritik am Größenwahn des IOC und heutiger Olympischer Spiele zu formulieren.
Vielleicht hängen wir die Sache etwas hoch, aber wir haben am eigenen Leib erfahren, wie es läuft, wenn man den Bewerbern mit guten Argumenten in die Quere kommt und welche Standhaftigkeit man braucht. Es bringt unendliche Anfeindungen, viel Unfairness, bis hin zu Morddrohungen und man wird vom Geld der Bewerber fast erdrückt. – deshalb:

Nolympia!

Viele Grüße

Axel Doering
Mitbegründer des Netzwerks Nolympia
Sprecher des Arbeitskreises Alpen des Bundes Naturschutz
E-Mail: doering@bn-gap.de

Vergleiche dazu :  Hamburg-Berlin 2024

 

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