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Graubünden gegen Olympische Winterspiele

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Sep 242013
 
Zuletzt geändert am 24.09.2013 @ 14:30

24.9.2013

Seit Frühjahr 2012 werkelt in München die Stadtverwaltung und die „Tourismus Initiative München“ (TIM) an der Unterstützung der Bewerbung München 2022: Die TIM ist ein Zusammenschluss aller Münchner Brauereien, dem Hotel Bayerischer Hof, dem Feinkostladen Dallmayr, der BMW-Welt, der Industrie- und Handelskammer München und Oberbayern etc. In Garmisch-Partenkirchen gibt es seit der Bewerbung München 2018 eine OlympiJa-2022-Gruppe. Für den Landkreis Traunstein hat sich Mitte September 2013 eine Initiative „Olympija2022 gegründet.
Die Chancen für „München 2022“ sind trotzdem äußerst gering:

1 DOSB entscheidet am 30.9.2013
Am 30.9.2013 werden die DOSB-Mitgliederorganisationen gnädig entscheiden, wie DOSB-Generaldirektor Vesper mitteilte, „ob wir mit dieser Bewerbung ins Rennen gehen wollen“ (sueddeutsche.de 17.9.3013). Falls dies nicht gewünscht wird, haben sich die bisherigen Bemühungen von TIM erübrigt. Dann wären 1,5 Millionen Euro von der Landeshauptstadt München und 1,5 Millionen Euro von TIM vergebens für den Propagandafeldzug eingesammelt worden.

2 Vier Bürgerentscheide
Falls sich der DOSB am 30.9.2013 für eine Bewerbung München 2022 entscheidet, müssen erst einmal am 10.11.2013 vier Bürgerentscheide in München, Garmisch-Partenkirchen, Landkreis Traunstein und Landkreis Berchtesgaden gewonnen werden.

3 Zwanzig weitere Monate
Falls alle vier Bürgerbegehren positiv ausgehen, müssen die Fans von München 2022 bis zum Juli 2015 – weitere 20 Monate – begeistert durchhalten, bis nämlich das IOC die Wahl für den Austragungsort der Olympischen Winterspiele 2022 trifft.

4 Umweltverbände machen nicht mit
Die meisten Umweltverbände werden die Bewerbung München 2022 nicht unterstützen: Sie sind ja schon bei der Bewerbung München 2018 frühzeitig ausgestiegen.

5 Verschuldung
„Ein weiterer Mythos ist, dass sich sportliche Großereignisse positiv auf die Gemeindehaushalte der betreffenden Orte auswirkt. Preisfrage: Welche Orte in Bayern beziehungsweise in der Region sind die Orte mit der höchsten Verschuldung? Richtig. Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen, Inzell und Ruhpolding“ (PM Berchtesgaden 3.9.2013).

6 Dreißig bis vierzig Millionen Euro
Für die Bewerbung bis zum Juli 2015 müssten zwischen 30 und 40 Millionen Euro aufgebracht werden – vornehmlich aus Steuergeldern. Mit diesen – verlorenen – Millionen könnte wesentlich Sinnvolleres organisiert und bezahlt werden. Bis heute liegt übrigens keine gültige Abrechnung für München 2018 vor.

7 Bach darf nicht helfen
Thomas Bach hat auch in seinem neuen Amt als IOC-Präsident ein Interesse, dass es mehrere Kandidaten für Olympische Winterspiele 2022 gibt, damit die Prozedur nicht in Peinlichkeit ausartet. Aber er ist zu Neutralität verpflichtet.
Clemens Prokop, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes: „Die Delegierten des IOC werden künftig bei Entscheidungen vermutlich eher darauf achten, dass ein Land nicht zu dominant wird, wenn schon die Führungsposition nach Deutschland geht.“ Als neuer IOC-Präsident sei Bach „zur Neutralität verpflichtet, er hat die Interessen des Gesamtsports zu vertreten“ (sueddeutsche.de 11.9.2013; Hervorhebung WZ).
Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Ski-Verbandes: „Es kann niemand erwarten, dass Thomas Bach mit einer deutschen Fahne durch die Welt läuft“ (spiegelonline 12.9.2013).
Christian Ude, Oberbürgermeister: „Als neuer IOC-Präsident und fairer Sportsmann wird er nun eine mögliche Münchner Bewerbung natürlich nicht mehr vorantreiben können“ (Ebenda).
Der Präsident des Internationalen Ski-Verbandes FIS, Gian-Franco Kasper, äußerte nach der Wahl von Thomas Bach zum IOC-Präsidenten im Interview mit Thomas Kistner folgendes: „Für Deutschland wäre es besser, sich jetzt erst ein oder zwei Jahre ruhig zu verhalten. Danach ist das mit dem deutschen Präsidenten international kein großes Thema mehr“ (Kistner 14.9.2013; Hervorhebung WZ). Und zu Bachs Einfluss auf die Wahl des Austragungsortes: „Ich glaube, dass IOC-Präsidenten nie Einfluss auf Städtewahlen genommen haben” (Ebenda; Hervorhebung WZ).

8 Spielmaterial Bewerbung
Das IOC hat es gerne, wenn es möglichst viele Bewerber um Olympische Spiele gibt. Das signalisiert Interesse und Bedeutung. Und die Bewerber werden umschmeichelt und mit unrealistischen Chancen geködert. Dabei hätte München 2022 kaum Chancen und würde sich vergeblich abstrampeln. Matti Lieske schrieb in der Berliner Zeitung: „Doch dummerweise wird sich auch Oslo bewerben. Und gegen Olympia am Holmenkollen dürfte selbst die runderneuerte Münchner Kandidatur chancenlos sein“ (Lieske 12.9.2013).

9 Kasper für Oslo
Zur Erinnerung: Gian-Franco Kasper, Präsident der FIS, äußerte nach der Ski-WM im Februar 2011 in Garmisch-Partenkirchen eine Woche später bei der Nordischen WM in Oslo: “Wir sind froh, dass wir jetzt wieder zurück im Schnee sind. Bei der letzten WM hatten wir ja nicht viel davon” (Spruch des Tages, Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 24.2.2011; Hervorhebung WZ).
Zu Oslo 2022 äußerte Kasper im September 2013: „… Oslo will ja nun mit einer Kandidatur kommen, das wäre eine starke Bewerbung. … In meinen Augen wäre Oslo der stärkste Kandidat. Man muss nur an den Holmenkollen denken, wenn dort 120.000 Menschen versammelt sind, das ist einfach traumhaft“ (Kistner 14.9.2013; Hervorhebung WZ).
Kasper zu den Olympischen Winterspielen in Lillehammer 1994: „Der Name Lillehammer (.) wirkt immer noch so stark, die Erinnerung lebt fort in dieser Magie an die Winterspiele (…) Da schwärmen sogar welche (IOC-Mitglieder; W.Z.) von Lillehammer, die bei den Spielen damals gar nicht dabei gewesen sind” (Ebenda).

11 Schäden ohne Ende
Und falls wider Erwarten München 2022 am 31.7.2015 doch Austragungsort werden sollte:
Hallo, Fans von München 2022, wissen Sie eigentlich, welche ökologischen, ökonomischen und sozialen Schäden und Folgen auf München, Garmisch-Partenkirchen und die beiden Landkreise Traunstein und Berchtesgaden zukommen würden, an denen Sie dann durch Ihre Unterstützung mit schuld wären? Eine kleine Auswahl:
In allen Austragungsorten würden die Mieten und die Lebenshaltungskosten steigen.
München: Hier würde zum Beispiel das schon für 2018 geplante Olympische Dorf mit hässlichen Hochhäusern entstehen – und dafür müssten 1600 schützenswerte Bäume gefällt werden. Die Nachnutzung wären sicher: Luxuswohnungen.
Garmisch-Partenkirchen, Rückblick auf die Bewerbung 2018: „Der Ort war gespalten und zerstritten, und es gab Jahre des Stillstands im Ort, weil die Verantwortlichen in den Spielen die Lösung aller Probleme sahen. Zuletzt mussten wir für die Bewerbung noch über eine Million nachzahlen, dafür wurden in dieser Zeit über zweihundert Sozialwohnungen verkauft“ (PM Nolympia Garmisch-Partenkirchen, 10.9.2013).
Auch bei der Bewerbung 2022 würde wieder ein Riss durch den Ort gehen: Der Kampf um die Grundstücke beginnt von vorne.
Wo soll in neun Jahren – 2022 – der Schnee und Kunstschnee herkommen: Schon während der WM 2011 war die Kunstschneedecke nur mit größtem Aufwand zu halten – die Wiesen ringsum waren schneefrei. Der Aufwand für Beschneiungsanlagen, Speicherbecken, Kühlanlagen etc. würde weiter zunehmen. Platzbedarf für Sturzräume und Sicherheitsmaßnahmen nehmen zu. Über die technische Ausstattung der Pisten etc entscheiden allein IOC und Verbände nach Unterzeichnung des Host-City-Vertrags – da hat die Gemeinde nichts mehr zu sagen. Der weitere Kandahar-Ausbau ist gewiss.

Berchtesgaden: Hier dürften zum Beispiel neue Hotelbauten und Straßen entstehen, die danach überflüssig wären. Auch dürfte die Bobbahn erneut modernisiert werden müssen.
Ruhpolding: Für die hier geplanten Langlaufloipen müssten starke Eingriffe in Naturschutzgebiete gemacht werden. In Inzell entstünde ein drittes Olympisches Dorf, dessen Verwendung nach 2022 völlig unklar wäre.

12 Energiewende und Schuldenbremse
„Auf zwei neue Aspekte möchten wir noch hinweisen. 2011 wurde das Jahrhundertprojekt Energiewende beschlossen, mittels Volksentscheid am 15. September soll nun eine ‚Schuldenbremse’ in die Bayerische Verfassung aufgenommen werden. Das eine erfordert einen sparsamen Umgang mit Energie, das andere mit Geld. Glaubt man wirklich, Olympische Winterspiele seien damit vereinbar?“ (Verein zum Schutz der Bergwelt, 10.9.2013).
Olympische Winterspiele 2022 und das Projekt, im selben Jahr 2022 die Atomkraftwerke abzuschalten, passen „nachhaltig“ nicht zusammen. Olympische Energieverschwendung im Jahr des definitiven Aufbruchs in eine Epoche „erneuerbarer“ Energien im Zeichen des Energiesparens und des Energieeffizienz sind ein Hohn auf dieses Jahrhundertprojekt!

13 Unbegrenzte Defizitgarantie
Und nicht zu vergessen: Der Austragende muss dem IOC eine unbegrenzte Defizitgarantie ausstellen. Das bedeutet für das austragende Land Verschuldung in Milliardenhöhe – und für das IOC (steuerfreie) Einnahmen in Milliardenhöhe. Dazu kommt die Intransparenz der Bewerbung, vor allem des Host City Vertrages, der juristisch ein Knebelvertrag ist.

14 Hallo München-2022-Fans:
Wollt ihr nicht einfach aufhören?

Keine Winterspiele München 2022! Olympiafreie Alpen.

Quellen:
Bewertung der Bewerbung München 2022, 8.9.2013
Biathlon und Langlauf sollen in Ruhpolding stattfinden, in spiegelonline 12.9.2013
DOSB diskutiert über Olympia-Bewerbung 2022, in sueddeutsche.de 17.9.2013
Huber, Siggi, „OlympiJa2022“ will den ganzen Landkreis mobilisieren, in heimatzeitung.de 16.9.2013
Kistner, Thomas, Interview mit Gian-Franco Kasper, “Oslo ist am stärksten”, in SZ 14.9.2013
Lieske, Matti, Verlorene Sache, in berliner-zeitung.de 12.09.2013
Olympia – Nein Danke, PM KV Bündnis 90/Die Grünen, Berchtesgaden 3.9.2013
Olympia: München 2022: Neuer Schub durch IOC-Chef Bach?, in sueddeutsche.de 11.9.2013
Pressemitteilung Nolympia Garmisch-Partenkirchen, 10.9.2013

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