Wolfgang Zängl 13.9.2013, aktualisiert 2.8.2017
Intro
Im Zusammenhang mit der Wahl von Thomas Bach zum IOC-Präsidenten am 10.9.2013 tauchte immer wieder der Name Al-Sabah auf (Schreibweise vereinheitlicht nach www.olympic.org). Er wird von der Presse als Königsmacher des IOC und auch als „Schattenmann“ bezeichnet. Wer ist Ahmed Al-Fahad Al-Sabah?
Politische Karriere
Ahmed Al-Fahad Al Ahmed Al-Sabah (*1963) wurde in Kuwait u. a. Minister für Information 2001 bis 2003, Minister für Energie von 2003 bis 2006, Minister für Nationale Sicherheit 2006 bis 2009, Minister für Wirtschaft und Haushalt von 2009 bis 2011dazu OPEC-Vorsitzender von 2004 bis 2006 (OCA CV).
Sport-Karriere
Präsident des NOK Kuwait 1990 – 2001, IOC-Mitglied seit 1992, Präsident des Olympic Council of Asia (OCA) seit 1991, Präsident der Asian Handball Federation seit 1992, Vizepräsident der International Handball Association seit 1992 (Präsident: Hassan Moustafa), Vize-Präsident der Vereinigung der Association of National Olympic Committees (ANOC), seit April 2012 ANOC-Präsident, Vorsitzender der „Olympic Solidarity“ seit Mai 2012 u. a. (Wikipedia; OCA CV).
Kuriosität aus dem Jahr 2012: „Kuwaits Olympisches Komitee ist derzeit als einziges NOK wegen staatlicher Einmischung in die Autonomie des Sports vom IOC suspendiert“ (kurier.at 13.4.2012).
Der Sport-Pate, chronologisch
April 2012: Die Neubesetzung der ANOC
Das IOC-Mitglied Mario Vazquez Rana war 30 Jahre lang Präsident der Weltvereinigung aller NOKs (ANOC). Im April 2012 trat er zurück. „In einem offenen Brief warf er hohen Funktionären vor, gegen ihn intrigiert zu haben, allen voran dachte er dabei an Scheich Ahmed Al-Fahad Al-Sabah aus Kuwait“ (SZ 17.6.2013). Ranas Nachfolger wurde: Al-Sabah. Dieser „nutzte das Treffen jedenfalls, um sich in Position zu bringen Die ANOC bekommt vom IOC künftig mehr Geld, neun Millionen Euro allgemein für bestimmte Entwicklungen und Pläne sowie 5 Millionen Euro für die neue Zentrale in Lausanne“ (Ebenda).
„Al-Sabah, ehemals Opec-Chef und Energieminister des Golfstaats, hat seinen Herrschaftsbereich systematisch ausgebaut, zahlreiche Korruptionsaffären überstanden und zieht nun als Anoc-Chef satzungsgemäß ins IOK-Exekutivkomitee ein. Der Präsident der asiatischen Olympiaföderation OCA hat im Mai in Quebec City bereits geholfen, den Italiener Francesco Ricci-Bitti, Präsident des Tennis-Weltverbandes ITF, zum Chef der Vereinigung aller olympischen Sommersportarten zu küren (Asoif). Man muss derlei Beziehungsgeflechte und Verbandsrochaden verstehen, um die Stimmungslagen und Machtverhältnisse auszuloten. Al-Sabah ist traditionell eng mit dem IOK-Vizepräsidenten Thomas Bach verbunden. Bach hat als Lobbyist einiger Konzerne (etwa Siemens) in Kuwait und der Golfregion etliche Geschäfte angebahnt und ist seit Jahren auch als Präsident der arabisch-deutschen Handelskammer Ghorfa tätig. Man sagt, dass derjenige IOK-Präsident werde, der von Al-Sabah unterstützt werde. (…) Vazquez Rana hat übrigens behauptet, Rogges Nachfolger stehe längst fest. Nur wer das sein sollte, hat er nicht gesagt“ (Weinreich 26.7.2012).
Al-Sabah bekam dann unter Jacques Rogge auch noch die Leitung der IOC-Kommission „Olympische Solidarität“: Damit kann er rund 435 Millionen US-Dollar „Entwicklungshilfe“ relativ freihändig verteilen. „Und Rogge setzte ausgerechnet ihn an die Spitze jener IOC-Kommission, die mehr als 400 Millionen Dollar aus einem Topf für Entwicklungshilfe verteilt. Dabei wurde Al-Sabah in Kuwait schon 2011 von Parlamentsabgeordneten vorgeworfen, er solle Geld aus einem Investitionsprogramm für das asiatische Olympiakomitee OCA, dem er ebenfalls vorsteht, zweckentfremdet haben“ (Weinreich 3.9.2013).
Mai 2013: Asiatischer Fifa-Verband wird besetzt
Scheich Salman Bin Ibrahim Al Khalifa (aus der Herrscherfamilie von Bahrain) wird Präsident des Fifa-Verbandes von Asien AFC. Aus der Nolympia-Chronologie, Mai 2013: Der AFC der Fifa brauchte einen neuen Chef, da der vorige, Mohamed Bin Hammam, gegen Sepp Blatter als Präsident kandidieren wollte und von diesem 2011 abserviert wurde. Hier kam Blatter-Freund Scheich Salman Bin Ibrahim Al Khalifa aus Bahrain ins Spiel. Blatter ließ Kuwait in einem Brief drohen, im Fall der weiteren Unterstützung von Bin Hammam auch die Fußball-WM 2022 wieder zu thematisieren. Kuwait machte den Brief an Katar öffentlich, und Salman wurde mit 33 von 46 Stimmen zum AFC-Chef gewählt und zog in das Fifa-Exekutivkomitee ein. „Sofort trompetete der zwielichtig beleumundete Salman, er werde für Blatters fünfte Fifa-Amtszeit ab 2015 votieren“ (Kistner 6.5.2013). – „Nun hat der AFC einen Boss, der von globalen Aktivisten als Folterer bezichtigt wird. Schon vor der AFC-Wahl hatte das Zentrum für Menschenrechte in Bahrain bei der Fifa interveniert: ‘Scheich Salman ist über sein Amt und seine Helfer in Menschenrechtsverletzungen gegen Spieler, Offizielle und Klubs verstrickt, die an den Protesten für Demokratie im Februar 2011 teilnahmen’. Salman ist Cousin des Herrschers von Bahrain, der die Demonstrationen blutig niederschlagen ließ“ (Ebenda).
Thomas Kistner schrieb dazu in der SZ: „Der operative Sieger der jüngsten Wahl-Farce aber ist Scheich Al-Sabah. Nicht zum ersten Mal, des Kuwaitis Verwicklung in Weltsportaffären ist legendär. Der zwielichtige Handball-Weltpräsident Hassan Moustafa (Ägypten) hängt von ihm ab, es gab gar schon gekaufte Olympia-Qualifikationsspiele. (…) Insider verweisen in dem Zusammenhang auf die nächste große Kür: Die IOC-Präsidentenwahl im Herbst. Hier gilt der deutsche Sportchef Thomas Bach als Favorit. Wer auf Bachs exzellente Drähte zu Al Sabah verweist, verrät kein Geheimnis. Der Wirtschaftsanwalt arbeitet im arabischen Raum, präsidiert einer deutsch-arabischen Handelskammer und pflegt eine vielschichtige Liaison mit Kuwait. Im Zuge der Siemens-Affäre wurde 2008 publik, wie Konzernberater Bach sein Bemühen, Kuwait als Großinvestor für ein Projekt zu gewinnen, an ‚Freund und Kollege, Energieminister Scheich Ahmed Al-Sabah’ band. Bach verweist stets auf die Trennung von Job und Ehrenamt. Trotzdem, sagen kundige Beobachter, dürfte die AFC-Wahl kein schlechtes Omen sein aus Sicht eines deutschen Schattenkandidaten“ (Kistner SZ 6.5.2013).
„Bach hat den Königsmacher im Weltsport hinter sich: Scheich Al-Sabah aus Kuwait, eine zwielichtige Figur. Mit ihm und Kuwait ist Bach seit langem vernetzt“ (Kistner 10.5.2013b).
9.5.2013: Bach kündigt IOC-Kandidatur an
DOSB-Präsident Thomas Bach kündigt an, für das Amt des IOC-Präsidenten kandidieren zu wollen. „Zu Bachs ersten Gratulanten aus hohen Sportkreisen zählte Joseph Blatter“ (Kistner 10.5.2013b).
31.5.2013: SportAccord-Kongress, St. Petersburg
Marius Vizer, Multimillionär und Präsident des Judo-Weltverbandes IJF, der Wladimir Putin zum IJF-Ehrenpräsidenten ernannt hatte, wurde mit Al-Sabahs Hilfe und 52 Stimmen Präsident von SportAccord, der Vereinigung der 107 olympischen und nichtolympischen Sport-Weltverbände. Husain Al-Musallam, Generalsekretär der OCA (Präsident: Al-Sabah), „hat heute etlichen Leuten erzählt, dass er schon GESTERN die 52 Stimmen für Vizer vorhergesagt habe“ (Weinreich 31.5.2013a). – „Husain Al-Musallam war stolz auf dessen Wahlsieg: ‚Habe ich es nicht gestern gesagt, Vizer bekommt 52 Stimmen!’ Bis weit nach Mitternacht hatten Sabah, Musallam und ihre Helfer im Hotel Sokos gearbeitet und die letzten Zweifelnden überzeugt. (…) So wurde Vizer am Freitagmorgen also mit exakt jenen 52 Stimmen zum Sportaccord-Präsidenten gewählt“ (Weinreich 31.52013c).
Zur Karriere von Vizer liefert Grit Hartmann Neues in ihrem Artikel „Ein schwarzes Loch – Der undurchsichtige Geschäftsmann Marius Vizer zieht die Fäden im olympischen Sport“.
Was Weinreich weiter beobachtete: „Ich sollte nun endlich sagen, dass Al-Sabah gefeiert wurde, als hätte er und nicht Vizer die Wahl gewonnen. Kürzlich in Kuala Lumpur war das ähnlich, als Al-Sabah den Scheich Salman aus Bahrain zu Asiens Fußballchef machte und ins Fifa-Exekutivkomitee torpedierte…“ (Weinreich 31.5.2013a). – „Als Vizer sprach, nahm draußen, hinter einem raumhohen schwarzen Vorhang, jemand Glückwünsche entgegen, der gar nicht zur Wahl gestanden hatte. Ein guter alter Bekannter: Scheich Ahmad Al-Sabah aus Kuwait, wichtigster Wahlhelfer für Thomas Bach auf dem Weg zum IOC-Thron“ (Ebenda). – „Gut 20 Minuten dauerte der Aufmarsch“ (Weinreich 31.5.2013b).
„Dem wegen offenbar verschwundener Verbands-Millionen gerade in die Schlagzeilen geratenen Gewichtheber-Präsidenten Aján raunte er zu: ‚Wenn du Hilfe brauchst, melde dich!’ Sabahs rechte Hand Husain Al-Musallam fügte an: ‚Melde dich, was immer du brauchst!’“ (Weinreich 31.5.2013b). Und noch ein Zusammentreffen bei SportAccord: „ISL-Schmiergeldbote Jean-Marie Weber hat den Scheich ebenfalls geherzt. In zwei Wochen in Lausanne werden sie sich treffen und Projekte besprechen“ (Weinreich 31.5.2012a). Weber wurde als Geldbote für mindestens 141 Millionen Schweizer Franken aus dem ISL-Skandal berühmt.
Wenn man sich die Fotos von Jens Weinreich vom SportAccord-Kongress ansieht, ist man verwundert, dass hohe Herren der Sportfunktionärsszene heutzutage oft nach Rotlichtmilieu aussehen.
Juni 2013: Ein Sport-Palast
„In zwei Wochen lädt der Scheich, selbst Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), zur Vollversammlung der Vereinigung aller 204 nationalen Olympiakomitees. In Lausanne wird dann auch der neue mondäne ANOC-Sitz eingeweiht“ (Weinreich 31.5.2013b). – „Der Scheich hat’s, und er zeigt jedem gern, dass er über unendliche finanzielle Mittel verfügt“ (Weinreich 31.5.20013c).
Wenige Kritiker
„IOC-Mitglieder, Verbandspräsidenten, einflussreiche NOK-Vertreter, Spindoktoren und Lobbyisten flüstern sich grinsend und beinahe konspirativ ein Kürzel zu: ‚ABB’ (Weinreich 25.6.2013) – Anyone but Bach. „Seine unverhohlene Unterstützung für Thomas Bach ärgert vor allem die Schweizer IOC-Mitglieder. Aus ihren Reihen, so sagt man, kommt der Slogan: Anyone but Bach. Jeder außer Bach“ (Osang 2.9.2013). Ein Grund für die Unterstützung: „Der Scheich weiß, dass sie ihn nicht wählen würden. (…) Der Scheich braucht jemanden, der vorzeigbar ist, jemand, auf den er sich verlassen kann. Ein Deutscher ist nicht schlecht, ein deutscher Olympiasieger noch besser“ (Ebenda). – „Alles außer Bach? Der Favorit ist auf der Hut. Er weiß: Das Blatt kann sich schnell wenden“ (Weinreich 25.6.2013).
Juni 2013: Der Schweizer IOC-Kandidat Denis Oswald äußerte zur offenen Unterstützung von Al-Sabah für Bach: „Wenn es stimmt, ist das nicht unbedingt das, was ich unter Demokratie verstehe“ (Aumüller, Kistner 2.9.2013).
29.8.2013: In der WDR-Sendung „Monitor“ wird ein Interview mit Al-Sabah ausgestrahlt, in dem dieser erklärt: „Wir werden an unserer Vision, unserem Fahrplan festhalten, und wir haben eine Verabredung seit 12 Jahren. Daher werde ich offen sein: Ich bin Unterstützer von Thomas Bach“ (Gehrmann 10.9.2013).
Die Frage ist, worin diese „Verabredung besteht: zum Beispiel Olympische Spiele in ein arabisches Land? Man wird sehen! „Dass aber der Wahlhelfer all seine Voten allein über freundliche Fürbitten herbeizaubern konnte, darf ins Reich der Fabel verwiesen werden. Der Weltsport ist kein Micky-Maus-Film, schon gar nicht der Kampf um die Macht im Milliardenkonzern IOC“ (Kistner 12.9.2013a).
Auf Nachfrage erklärte ein Sprecher Bachs: „Hierbei handelt es sich um ein Interview, das Scheich Al-Sabah unseres Wissens nach zurückgezogen hat. Dementsprechend werden wir ein solches Interview nicht kommentieren“ (Aumüller, Kistner 2.9.2013b). – „Was Scheich Ahmad mit seiner Aussage ausdrücken wollte, ist uns nicht bekannt“ (Kistner, Gertz 9.9.2013). – „Der WDR wiederum erklärte, es sei ‚schlichtweg falsch’ zu behaupten, dass das Interview zurückgezogen worden sei“ (Ebenda).
Die Fechtmannschaft von Bach bei der Feinarbeit…
Angeblich wurde die IOC-Ethikkommission damit befasst. Weiter bekannt wird nichts, und konkrete Auswirkungen auf den Kampf um die IOC-Präsidentschaft hatte dies nicht. „Scheich Ahmad Al-Sabah trommelt seit Monaten nicht nur in Hinterzimmern für Bach. Mehr als einen Hinweis der Ethikkommission gab es laut IOC-Auskunft dafür nicht“ (Kistner 10.9.2013). Dazu schrieb Andrea Böhm in der Zeit: „“All das, so glaubt, Jens Sejer Andersen, Direktor der IOC- und Fifa-kritischen Initiative ‚Play The Game‘, sei Teil ‚eines Masterplans des Scheichs‘, die Sommerspiele 2024 oder 2028 in ein arabisches Land zu holen“ (Böhm 6.8.2015).
Prophet Al Sabah
Thomas Kistner zu den prophetischen Fähigkeiten von Al-Sabah: „Und dass er bisher äußerst planvoll verfuhr, hat Al-Sabah ja schon jüngst gezeigt, als er Buenos Aires, Schauplatz dieser IOC-Session, die Jungendspiele prophezeite – und die Stadt prompt gewählt wurde. (…) Indem er offenbart, was er vorhat, bietet er dem Publikum die historische Möglichkeit, hinter die Kulissen eines Sportbetriebes zu blicken, wo Ranküne, Deals und Vetternwirtschaft alles sind. Wobei sich der staunende Beobachter die letzten aller Fragen – warum einer wie Al-Sabah so rätselhaft viele Gefälligkeiten der Kollegen auf sich zu lenken versteht – am Ende selbst erklären kann“ (Kistner 7.9.2013).
Jens Weinreich dazu: „Als der Scheich im Mai in St. Petersburg seinen Alliierten Marius Vizer aus Österreich zum Chef der Vereinigung aller Weltsportverbände gemacht und das Wahlergebnis exakt vorhergesagt hatte, nahm er anschließend wie ein Pate die Huldigungen seiner Jünger entgegen. Einige Delegierte flüsterten ihm zu, das sei nur der erste Streich gewesen, der zweite und wichtigste werde im Herbst folgen. Morgen also, am 10. September“ (Weinreich 9.9.2013).
Grit Hartmann: „Doch Bach ist mehr als ein Spiele-Lieferant. Seine Wahl ist Teil eines größeren Personalumbaus im Weltsport. Im Mai schaffte es Judo-Präsident Marius Vizer an die Spitze von Sportaccord, der Vereinigung aller Weltverbände. Der Scheich empfing danach ungeniert Gratulationen. Dies sei nur der erste Streich gewesen, raunten seine Anhänger. Der zweite folge ‚im September’, bei der Wahl des IOC-Präsidenten“ (Hartmann 11.9.2013).
Juli 2013: Vergabe der Olympischen Jugendspiele 2018 – Gewinner ist Buenos Aires, Argentinien. „Das war auch der Favorit des kuwaitischen Scheichs Sabah“ (Osang 2.9.2013).
Buenos Aires, 125. IOC-Session
Vom 4. bis 10.9.2013 fand in Buenos Aires die 125. IOC-Session statt – mit der Wahl eines neuen Präsidenten. Was kommt nach Jacques Rogge? „Dieses IOC ist anfälliger denn je für die Mächte, die auf die Kommandobrücke streben: Ölscheichs wie der Kuwaiti Al-Sabah, Oligarchen von Putins Gnaden wie Arkady Rotenberg und sein Judo-Kumpel Marius Vizer, die über den Einfluss aller Sport-Weltverbände (SportAccord) immer mehr Einfluss ausüben“ (Weinreich 7.9.2013b; Hervorhebung WZ).
À propos Rotenberg: „Vizer holte den Oligarchen Arkady Rotenberg in die Exekutive, einen Jugend- und Judofreund von Putin. Rotenberg verdient gerade kräftig am olympischen Umbau von Sotschi. Dort, wo jeder zweite Rubel für Korruption draufgeht, hat er Aufträge über 7,9 Milliarden Dollar zugeschanzt bekommen – mehr als das Gesamtbudget der Spiele von Vancouver“ (Hartmann 11.9.2013).
Von der Samaranch-Ära über die Rogge-Ära zur Nach-Samaranch-Ära…
Bei der Wahl des Austragungsortes der Olympischen Sommerspiele 2020 soll Al-Sabah angeblich erst für Madrid, dann für Istanbul gewesen sein. Das war falsch, wie Denis Oswald anmerkte: „Er war für Tokio, den Sieger. Aber er taktiert manchmal“ (Gehrmann 10.9.2013). – „Der Scheich half also, Tokio zur Olympiastadt zu machen, wobei ihm die perfekte Finte gelang, indem er eine Unterstützung für Madrid vortäuschte“ (Weinreich 10.9.2013).
Sein Schweizer Konkurrent Denis Oswald griff Bach kurz vor der Wahl scharf an: „Ich möchte einen unabhängigen Kandidaten, der nicht auf bestimmte Allianzen angewiesen ist und der seine Position für nichts anderes nutzt als zum Wohle des Sports“ (spiegelonline 9.9.2013). IOC-Kandidat Ser Miang Ng äußerte in diesem Zusammenhang: Wir brauchen „einen Präsidenten von höchster Integrität, der unabhängig ist, frei von jeglichem Einfluss von außen und frei von Vorwürfen“ (Aumüller, Kistner 2.9.2013a).
Bach wurde Anfang September 2013 im Spiegel als der “Strohmann” von IOC-Mitglied Al-Sabah, Scheich aus Kuwait, bezeichnet (Osang2.9.2013).
Strohmann (Plural Strohleute oder Strohmänner; weiblich Strohfrau) werden allgemein Personen genannt, die für Dritte auftreten, die selbst nicht in Erscheinung treten wollen oder dürfen (Wikipedia).
Stimmen zählen
„Die Zwischenzählung, vermeldet ein Untergebener des Scheichs am Tag der Sessions-Eröffnung, ergebe 48 Stimmen für den Wunschkandidaten. Das wären also 48 Stimmen für Thomas Bach“ (Kistner, Gertz 9.9.2013). Al-Sabah schien fleißig gewesen zu sein: „Scheich Al-Sabah hatte unentwegt IOC-Mitglieder in seinen Suiten im Hilton Hotel und im exklusiven Faena-Hotel gleich nebenan zu Gast“ (Weinreich 10.9.2013a).
„Die Kür lief für den Deutschen letztlich so, wie es Brauch ist im undurchsichtigen Weltsportgeschäft: Mit internem Druck, den sportpolitische Seilschaften offenkundig vor der Wahl ausübten, sowie dann in der Wahl mit soliden Stimmpaketen aus der Dritten Welt. Noch tags zuvor hatte ja in Buenos Aires eines der zwölf afrikanischen IOC-Mitglieder bestätigt, was zum Basiswissen für viele Mitbewerber gehörte: Dass der Scheich das Dutzend Kollegen vom afrikanischen Kontinent spätestens bei deren Erdteil-Konvent im Juni auf Bach eingeschworen habe“ (Kistner 10.9.2013 ).
10.9.2013: Thomas Bach wird mit Hilfe von Al-Sabah und in keinster Weise überraschend mit 49 Stimmen zum IOC-Präsident gewählt. Wladimir Putin gratulierte umgehend.
Al-Sabah äußerte bescheiden zu seinen Möglichkeiten: „Allein kann ich niemand zum Präsidenten machen. Ihr Journalisten habt mir diese Rolle zugeschrieben. (…) Ob er sich wie ein zweifacher Goldmedaillengewinner von Buenos Aires fühle, wurde Sabah gefragt. ‚Ach wissen Sie’, sagte er, ‚das war hier kein Spiel, das war nur ein Meeting“ (Ebenda).
Stefan Osterhaus schrieb in der NZZ nach der Wahl über Al-Sabah: „Vielleicht ist er ja nicht nur der Königsmacher, sondern der eigentliche König. Wenn auch einer, der aus dem Schatten heraus regiert“ (Osterhaus 11.9.2013).
Wie die Regie von Al-Sabah funktionierte, zeigte sich bei der Wahl des IOC-Exekutivkomitees. Der kritische Geist Richard Pound fiel überraschend durch, gewählt wurde die unkritische Amerikanerin Anita DeFrantz. Diese hatte Denis Oswald vor der Wahl bereits von einer Anfrage aus dem Umfeld von Scheich Al-Sabah berichtet, ob sie denn in die Exekutive wolle – und so geschah es dann auch.
Ein Ausblick auf die kommende Sportdemokratur unter Scheich Al-Sabah…
„Der Königsmacher aus Kuwait ist bestens aufgestellt; seine Figuren wirken wie auf einem Spielbrett angeordnet“ (Kistner 12.9.2013a). Der Scheich hatte also ein beeindruckendes Sportjahr 2013 hingelegt: im Mai 2013 machte er den Scheich aus der Herrscherfamilie von Bahrain zum Präsidenten des asiatischen Fußballverbandes, Ende Mai wurde Marius Vizer Chef von SportAccord – und nun ist Bach IOC-Präsident von Al-Sabahs Gnaden.
Al-Sabah ist es egal, wer unter ihm IOC-Präsident ist: Hauptsache, der Strohmann spurt…
Bach leistete sich übrigens bei der ersten Pressekonferenz in Buenos Aires gleich den erste politischen Fauxpas. Hier fand 1977 unter der damaligen Militärjunta die Fecht-WM statt. Bach berichtete von „guten Erinnerungen“; die Sportler wurden „wie heute, extrem warmherzig willkommen geheißen von unseren argentinischen Freunden und Gastgebern“.
Dazu Thomas Kistner: „Warme Erinnerungen an Argentinien 1977, an Buenos Aires’ Gastgeber zu Zeiten der blutigen Militärjunta, an ein Land, das zwischen 1976 und 1978 den Höhepunkt des Staatsterrors mit zahlreichen Folteropfern und 30.000 Verschwundenen beklagte und wo bis heute die Mütter der Vermissten zur Plaza de Mayo ziehen“ (Kistner 12.9.2013b).
Aber eine Militärjunta, ein totalitäres Regime hat die Sport-Machthaber noch nie gestört: siehe Seoul 1988, Peking 2008, Eishockey-WM 2014 in Weißrussland, Sotschi 2014…
Fazit
Das IOC und der ganze Weltsport befinden sich in der Hand weniger Männer wie Al-Sabah, Bach, Vizer, aber auch Putin und andere totalitäre Herrscher und Scheichs aus Erdölländern. Die Herren sind alle in dem Fünfzigern und können ihr Geschäft mit dem Sport noch lange weiter betreiben.
Das IOC selbst ist in seiner Befindlichkeit dem Endstadium der Samaranch-Ära ähnlich. Eine „Befreiung“ des Sports aus dieser Unmündigkeit ist durch die Wahl Bachs zum IOC-Präsidenten noch unwahrscheinlicher geworden: Dadurch wurden die oligarchischen Machtstrukturen noch weiter zementiert. Bach ist, wie der Spiegel Anfang September 2013 titelte, „der Strohmann“.
Kurz: Wer von hehren Werten im Sport redet, weiß nicht, wovon er redet. Es geht noch wilder zu als unter Samaranch, auch weil die in Umlauf befindlichen Millionensummen noch wesentlich gewachsen sind. Pekunia non olet…
Nachtrag 1: „Das geht ja schön los“
Jens Weinreich hatte sich am 10.9..2013 zur von Al-Sabah inszenierten Inthronisationsfeier von Bach ins Faena-Hotel begeben. Al-Sabah nahm Weinreich dessen Kamera ab und ließ ihn von vier Security-Kräften abführen, welche die Fotos auf dem Chip löschten. Al-Sabahs rechte Hand Husain Al-Musallam, Generalsekretär im asiatischen OCA und Vizepräsident des Internationalen Schwimmverbades Fina: „Es interessiert mich einen Scheiß, was im SPIEGEL steht. Es interessiert mich einen Scheiß, was deutsche Medien berichten. Das kümmert uns nicht. Ich scheiße auf sie“ (Weinreich 16.9..2013). Weinreich: „Ein IOC-Präsidentschaftskandidat, dem ich später davon erzählte, sagte: ‚Das geht ja schön los. Unglaublich. Das ist genau, was wir befürchtet haben'“ (Ebenda).
Sport-Proleten an der Macht – und Bach mittendrin.
Nachtrag 2: Der Scheich und Sotschi 2014
„Dass die Spiele von Sotschi insgesamt 50 Milliarden Dollar kosteten, hat aber selbst den kuweitischen Scheich Ahmad Al-Sabah zwischendurch ‚ein bisschen nervös‘ gemacht. Der Präsident aller Nationalen Olympischen Komitees gab an, er habe dann erkannt, dass diese Summe auch die Kosten für Infrastrukturmaßnahmen enthalte. Plus Korruption – das erwähnte der Scheich aber nicht“ (Simeoni, Evi, Plötzlich ist Leben in der Bude, in faz.net 5.2.2014).
Nachtrag 3: Katar-Kritiker sind „Rassisten“
Al-Sabah, hat die Bestechungsvorwürfe im Fall der WM-Vergabe 2022 an Katar im Juni 2014 kritisiert: „Wir werden uns diesen anhaltenden rassistischen Anschlägen und Attacken stellen und an der Seite Katars stehen. Niemand wird Katar die WM 2022 wegnehmen“(SID/DPA, Gauck nimmt Fifa und IOC in die Pflicht, 7.6.2014).
Nachtrag 4: Katar und Dubai bereit
Al-Sabah kam im September 2014 auf die „Abmachung“ mit Thomas Bach zurück: „“Wir sind im Mittleren Osten in vielen Städten fähig, Olympische Spiele auszurichten – Dubai ist bereit, Doha ist bereit“ (Middle East ready ‚to host Olympics‘, in gulf-daily-news.com 19.9.2014).
Wetten, dass die Spiele während der 2. Amtszeit von Bach dorthin gehen werden…
Nachtrag 5: Al Sabah und Blatter
„Auch der einflussreiche Scheich Ahmad Al Fahad Al Sabah, Präsident des asiatischen Olympia-Rates OCA, hat Blatter seine volle Unterstützung zugesichert. Er unterstütze eine weitere Kandidatur Blatters an der Spitze des Fußball-Weltverbandes, sagte Scheich Ahmad am Rande eines Besuches der indonesischen Hauptstadt Jakarta. ‚Ich spreche für Kuwait. Wir werden Blatter nach Kräften unterstützen und es niemandem erlauben, Blatter herauszufordern'“ (Blatter sammelt seine Truppen, in spiegelonline 7.1.2015).
Nachtrag 6: Al-Sabah auf Blatters Spuren
Johannes Aumüller in der SZ zu Parallelen zwischen IOC und Fifa: „Aber es gibt diverse Parallelen, etwa starke personelle Verflechtungen: Fifa-Chef Blatter sitzt auch im IOC, das mächtige IOC-Mitglied Al-Sabah drängt in den Fifa-Vorstand“ (Aumüller, Johannes, Angst vor dem Nein, in sueddeutsche.de 16.3.2015).
Nachtrag 7: FIS-Präsident Gian-Franco Kasper über Al-Sabah
„Ich mag ihn. Er liebt den Sport, und er ist auch sehr wohlhabend. Daneben aber gefällt es ihm offensichtlich, die Fäden zu ziehen und die kleinen Intrigen zu beobachten, die dadurch entstehen. Er amüsiert sich köstlich… Ich traue ihm zu, das IOK und die Fifa zusammen zu führen. Und falls er das will, kann er sich auch die nötigen Stimmen verschaffen. Er ist clever und hervorragend vernetzt. Seine Gefahr lauert eher in der eigenen Heimat. Ich weiss nicht, ob es die Königsfamilie zulässt, dass ein Spross, der nicht aus ihrem Hause stammt, so gross wird“ (Germann, Daniel, „Der Schock von Sotschi sitzt noch immer tief“, in nzz.ch 27.6.2015).
Nachtrag 8: Bestimmt Al-Sabah den Fifa-Präsidenten?
„Und deshalb wird über Blatters Nachfolger jetzt auch nicht in Paris, Nyon oder Frankfurt entschieden. Sondern vor allem in Kuwait, wo der mächtigste Mann des Weltsports den Daumen senkt oder hebt: Scheich Ahmad Al-Sabah. Der 51-Jährige mit dem markanten Pferdeschwanz, einst Propagandaminister des Emirats, sitzt der Vereinigung aller Nationaler Olympischen Komitees vor, er ist der mächtigste Sportfunktionär Asiens und auch in Afrika gut vernetzt, außerdem verwaltet er den Solidarfonds des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). Will man die Machtverhältnisse auf einen Nenner bringen, kann man es so formulieren: Präsident wird, wer Al-Sabah nützlich ist. Mit der Hilfe des Scheichs wurde der Deutsche Thomas Bach 2013 IOC-Präsident, und Al-Sabah gab sogar offen zu, dass er dafür eine Gegenleistung von Bachs IOC erwarte“ (Catuogno, Claudio, Entscheidung in Kuwait, in SZ 22.7.2015).
Nachtrag 9: Klaus Hoeltzenbein zur Kandidatur von Michel Platini um das Amt des Fifa-Präsidenten
„Ein wichtiger Verbündeter des Emirs, der kuwaitische Scheich Ahmad Al-Fahad Al-Sabah, nimmt bei der WM-Rettungsaktion eine noch entscheidendere Position ein. Er ist ebenfalls IOC-Mitglied, dazu Chef der Vereinigung aller 205 Nationalen Olympischen Komitees (Anoc) und seit einem Vierteljahrhundert Präsident des Olympic Council of Asia, dem Oca. Seit Mai gehört der 51-Jährige auch dem Fifa-Exekutivkomitee an, wie einst sein Vater. Al-Sabah ist der gerissenste Stimmen- und Machtdealer des olympischen Weltsports. 2013 hat er nachweislich den Deutschen Thomas Bach mit auf den IOC-Thron gehievt. In asiatischen und in olympischen Weltverbänden soll er viele Dutzend wichtige Wahlen in seinem Sinne entschieden haben. Er gebietet über den mit fast einer halben Milliarde Dollar gefüllten Entwicklungshilfetopf des IOC. (…) Der Einfluss von Scheich Ahmad und Husain Al-Musallam dringt damit in die Fina, in den Handball-Weltverband IHF, wo dem ägyptischen Präsidenten Hassan Mustafa ebenfalls eine Marionettenrolle nachgesagt wird – und in die Fifa. Demnächst wollen die beiden Männer auch noch im Leichtathletik-Weltverband Iaaf mitentscheiden: Dort kämpfen die Olympiasieger Sebastian Coe und Sergej Bubka aus der Ukraine um die Nachfolge des Senegalesen Lamine Diack. Der Brite Coe zählt über seine Firma CMS, die derzeit die asiatischen Hallenspiele und einen gigantischen Sportkomplex in Turkmenistan plant, zu den Geschäftspartnern des Oca-Präsidenten Scheich Ahmad“ (Weinreich, Jens, Platini und der Strippenzieher, in spiegelonline 30.7.2015).
Nachtrag 10: Auch die Schwimmer bei Al-Sabah
Der Präsident des Internationalen Schwimmverbandes FINA, Julio César Maglione (*1935) aus Uruguay, hat gerade die Amtszeitbeschränkung ändern lassen, damit er 2017 ein drittes Mal gewählt werden kann.
„Und 2019 wrd dann Hussein al Mussalam gewählt, einer der engsten Freunde von Scheich Ahmad al Sabah“ (Becker, Christoph, “Ich sehe, wie unser Sport unter die Räder kommt”, in faz.net 3.8.2015).
Nachtrag 11: Evi Simeoni und Michael Ashelm in faz.net zum Strippenzieher Al-Sabah
„Seit neuestem heißt es, der Kuwaiter werde den Franzosen Michel Platini zum nächsten Präsidenten des Internationalen Fußball-Verbandes (Fifa) küren. Dass Platini mit seinen Ambitionen an die Öffentlichkeit gegangen ist, wird darauf zurückgeführt, dass er sich endlich Ahmads Unterstützung hat sichern können (…) Aber Scheich Ahmad könnte wenigstens sicher sein, dass der neue Fifa-Präsident die Fußball-WM 2022 bei seinen arabischen Brüdern in Qatar nicht in Frage stellt. Platini hat schließlich selbst für den Wüstenstaat gestimmt – seine fruchtbaren Verbindungen mit Qatar sind hinreichend bekannt. (…) Der Scheich kann eine umfangreiche Ämterklaviatur bedienen. Bereits seit 23 Jahren ist er Mitglied des IOC. Außerdem ist er Präsident des Olympischen Rats von Asien, seit 2012 Präsident der Vereinigung der Nationalen Olympischen Komitees und damit Chef der Olympischen Solidarität, die im Vier-Jahres-Rhythmus fast eine halbe Milliarde Dollar an die Mitgliedsnationen verteilt. Und seit kurzem hat er auch im Fußball Nägel mit Köpfen gemacht – im Mai wurde er in die Fifa-Exekutive aufgenommen und hat sich rasch zum Wortführer aufgeschwungen, ohne Drang zu Reformen“ (Simeoni, Evi, Ashelm, Michael, Wenn der Scheich die Strippen zieht, in faz.net 4.8.2015).
Nachtrag 12: aus einem Beitrag von Jens Weinreich in der Stuttgarter Zeitung
„Eine Allianz der Altvorderen verhindert weiterhin entscheidende Statutenänderungen, allen voran Scheich Ahmad Al-Fahad Al-Sabah aus Kuwait, der vor zwei Jahren schon bei der Inthronisierung des Tauberbischofsheimers Thomas Bach im IOC eine Hauptrolle gespielt hat. Scheich Ahmads Hobby ist es, die Posten in kontinentalen und in Weltverbänden mit seinen Leuten zu besetzen. Seine Günstlinge sitzen in etlichen Weltverbänden, etwa im Handball (IHF), wo der Ägypter Hassan Moustafa sein Unwesen treibt. Oder im Schwimm-Weltverband Fina, wo die Präsidentschaft bald an Husain Al-Musallam übergehen wird. Er ist der Adlatus von Scheich Ahmad, sein Strippenzieher in zahlreichen Funktionen, ob im asiatischen Olympiacouncil (OCA) oder im Weltverband der NOK (ANOC). Wo der Scheich ist, das ist auch Husain“ (Weinreich, Jens, Empört Euch! in stuttgarter-zeitung.de 15.11.2015).
Nachtrag 13: Fifa-Reform-Gegner Al-Sabah
„Am 26. Februar wählt die Fifa den neuen Präsidenten. Der alte, Sepp Blatter, wird in Kürze endgültig aus dem Fußball verbannt. Doch die neuen Thronbewerber stehen dem alten Blatter-System sehr nahe – oder aber dem neuen starken Mann im Fifa-Vorstand, Ahmad Al-Sabah. Der Scheich aus Kuwait fiel in der Fifa-Reformkommission bisher nur als Bremser auf. (…) Während Interimspräsident Issa Hayatou (Kamerun) nach Zeugenberichten mit dem Schlaf kämpfte, winkte das Gremium die Vorschläge der neuen Reformkommission durch (siehe Meldung). Die stammten weniger aus dem Gremium, dessen Mitglied Ahmad Al-Sabah (Kuwait) die Reformen sogar bis zuletzt hintertrieb, als aus der Feder von Domenico Scala. Der Fifa-Compliance-Chef hatte das schillernd besetzte Grüppchen wiederholt offen kritisiert“ (Kistner, Thomas, Durch die Tiefgarage, in SZ 4.12.2015).
Nachtrag 15: Nach der Sperre von Sepp Blatter und Michel Blattini
Aus einem Kommentar von Christian Teevs in spiegelonline: „Wer nach der Sperre einen tiefgreifenden Wandel der Fifa erwartet und auf neue, unbelastete Figuren an der Verbandsspitze hofft, muss sich nur aktuelle Zitate vom obersten Fifa-Strippenzieher Ahmad Al-Fahad Al-Sabah anschauen. Der 52-jährige Scheich aus Kuwait sagte dem ZDF, natürlich werde es auch bei der Wahl des Blatter-Nachfolgers im Februar geheime Absprachen geben: ‚Wenn du in einer Krise bist, musst du eng beieinanderstehen und starke Bündnisse schaffen. Es muss doch alles in der Familie bleiben. Wir können keinen Einfluss von außen gebrauchen'“ (Teevs, Christian, Zwei sind raus, die Strippenzieher blleiben, in spiegelonline 21.12.2015).
Nachtrag 16: Fazit der Sport-Ereignisse 2015
Peter Ahrens schrieb dazu in spiegelonline: „Jetzt gibt es die Gelegenheit für die Verbände, zu zeigen, dass sie es ernst meinen mit ihren schönen Worten von Ethik, von Werten, von Ehrlichkeit. Den Boden haben die Ereignisse dieses Jahres bereitet. Signale, dass der Einfluss bei IOC und Fifa durch Strippenzieher wie den kuwaitischen Scheich Ahmed Al-Sabah künftig eher noch größer wird, machen allerdings wenig Hoffnung. Dass alles dafür spricht, dass 2018 in Russland und 2022 in Katar wie geplant WM-Fußball gespielt wird, auch. Und die Macht der Sponsoren wird ohnehin nicht angetastet. Sie hätten die Chance auf einen wirklichen Neuanfang. Die Chance ist so groß wie nie. Die Aussicht, dass sie es wieder vermasseln, ist allerdings noch größer“ (Ahrens, Peter, Patenlos, in spiegelonline 30.12.2015).
Nachtrag 17: Kuwaitische Regierung verklagt Al-Sabah
Januar 2016: „Die kuwaitische Regierung verklagt den Scheich, der Exekutivmitglied des Fußball-Weltverbandes Fifa und einer der mächtigsten Sportfunktionäre der Welt ist, auf eine Entschädigungszahlung von 1,2 Milliarden Euro. (…) Die Regierung argumentiert, dass Al-Sabah, 52, als einflussreiches Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) und Vorsitzender des Olympischen Rates von Asien nicht genügend gegen die durch das IOC verhängte Suspendierung Kuwaits unternommen zu haben.Sollte die Suspendierung nicht aufgehoben werden, darf das Scheichtum im August nicht an den Olympischen Spielen in Rio teilnehmen. Grund für die Sperre war unzulässige Einmischung der Regierung in sportliche Belange. 17 internationale Verbände, darunter die Fifa, haben sich der Suspendierung angeschlossen.Ebenfalls verklagt werden sollen Scheich Talal al-Fahad, Ahmads Bruder und Präsident des Nationalen Olympischen Komitees Kuwaits (KOC), sowie 13 KOC-Mitglieder“ (SID, Regierung verklagt Al-Sabah, in SZ 14.1.2016).
Nachtrag 18: Al-Sabah will auch neuen Fifa-Präsidenten inthronisieren
Al-Sabah ist inzwischen der mächtigste Sportfunktionär der Welt. Seit 1992 ist Al-Sabah IOC-Mitglied, Präsident des Olympic Council of Asia, Präsident der Vereinigung der Nationalen Olympischen Komitees (ANOC), Verwalter des IOC-Entwicklungshilfefonds und seit April 2015 auch noch Mitglied des Fifa-Exekutivkomitees.
Al-Sabah inthronisierte Al Khalifa 2013 als Präsident der asiatischen Fußballkonföderation AFC – und Thomas Bach bei seiner Kandidatur um das IOC-Präsidentenamt. Wenig überraschend wurde Bach dann im September 2013 IOC-Präsident.
Am 15.10.2015 kündigte Salman Al Khalifa seine Kandidatur um das Amt des Fifa-Präsidenten bei der Wahl als Blatters Nachfolger am 26.2.2016 an: „Protegiert von einem der einflussreichsten Männer im internationalen Sport: dem Kuwaiter Sheikh Ahmad Al-Fahad Al-Sabah, der schon als wichtiger Wahlhelfer für Thomas Bach auf dem IOC-Parkett unterwegs war“ (Kalwa, Jürgen, Der Umstrittene: Scheich Salman, in deutschlandfunk.de 25.10.2015). – „… außerdem wirbelt für ihn der kuwaitische Scheich Al-Sabah, der schon wichtigster Wahlhelfer von Thomas Bach im Internationalen Olympischen Komitee war und auch im Fußball großen Einfluss hat“ (Kägi, Ueli, Fifa-Wahl: Ein Trio startet aus der ersten Reihe, in tagesanzeiger.de 27.10.2015). – „Scheich Salman bin Ibrahim al Khalifa aus Bahrain, asiatischer Fußballchef, wird ganz offen vom mächtigen Multifunktionär Scheich Ahmad al Sabah (Kuweit) ins Wahlrennen geschickt“ (Ashelm, Michael, Züricher Puppenkiste, in faz.net 27.10.2015).
Al Khalifa kann also mit Fug und Recht als Produkt von Al-Sabah gelten, der im Erfolgsfall die beiden Spitzenposten im Weltsport bei IOC und Fifa mit seinen Parteigängern Thomas Bach und Salman Al Khalifa besetzt hätte. Al-Sabah ließ auch den Putin-Freund Marius Vizer im Mai 2013 zum Präsident von SportAccord wählen, dem Zusammenschluss aller Sportverbände.In diesem Fall scheiterte der Versuch: Vizer musste nach Ausfällen gegen das IOC und Thomas Bach im Mai 2015 zurücktreten.
Nachtrag 19: Al-Sabah vor der Wahl vom 26.2.2016
Bei der Verleihung des „Ballon d’Or“ – Auszeichnung Fußballer des Jahres in Zürich: „Das IOC-Mitglied Ahmad Al-Fahad Al-Sabah verschwindet gleich nach der Ankunft in einem Konferenzraum. Der Mann aus Kuwait ist ein Unterhändler von Scheich Salman bin Ebrahim Al Khalifa aus Bahrain. Al-Sabah sammelt für Scheich Salman Stimmen, der Ballon d’Or ist eine gute Gelegenheit, den einen oder anderen Verbandsvertreter zu bearbeiten. (…) Ein paar Tage nach der Verleihung des Ballon d’Or gibt es Neuigkeiten von Scheich Salman, es sickert durch, wo er sich aufgehalten hat, während sein Konkurrent Infantino in Zürich Champagner schlürfte. Der Scheich weilte auf Jamaika, er traf sich dort mit Vertretern karibischer Verbände, um sich deren Stimmen zu sichern. So hat es Blatter auch immer gehalten“ Pfeil, Gerhard, Wulzinger, Michael, Halleluja, in Der Spiegel 7/13.2.2016).
Nachtrag 20: Al-Sabah will Al Khalifa
„So wird auch die Rolle von Domenico Scala zu einem der tragenden Flüsterthemen bei den Zürcher Zusammenkünften. Der Schweizer Manager führt seit Längerem die Wahl- sowie die Auditkommission und galt zuletzt als treibende Kraft hinter den Reformen. (…) In Kandidaten- und anderen Kreisen wird auch diskutiert, dass sich Scala vor kurzem in privatem Rahmen mit Scheich Achmad al-Sabah ausgetauscht habe. Der Fifa-Vorstand, dessen Kuwait-Verband derzeit gesperrt ist, ist sehr umstritten. Bei vielen Wahlen in der Sportwelt, zuletzt im Internationalen Olympischen Komitee, war Al-Sabah der Königsmacher; es gilt als offenes Geheimnis, dass er seinen Scheich-Kollegen Salman gern als Fifa-Chef sähe. In dem Kontext fällt nun auf, dass der von Scalas Kommission bei allen Bewerbern durchgeführte sogenannte Integritätscheck bei Salman zu keinen Beanstandungen geführt hatte, obwohl Menschenrechtsorganisationen seit Jahren dessen Rolle bei der Niederschlagung der bahrainischen Protestbewegung 2011 anprangern. Salman weist die Vorwürfe von sich, doch sogar Sportler belasten ihn“ (Aumüller, Johannes, Kistner, Thomas, Streit um die Glaskabine, in SZ 24.2.2016).
Nachtrag 21: Al-Sabah in Bachs „Olympic Summit“
Im Juni 2016 mussten die russischen Sportler trotz des hinlänglich bewiesenen russischen Staats-Doping zu den Olympischen Sommerspielen 2016 nach Rio gebracht werden. „Für den 21. Juni hat IOC-Präsident Thomas Bach zum so genannten Olympic Summit nach Lausanne geladen. (…) Der Olympic Summit in Lausanne hat keinerlei Beschlussrecht und wird im IOC-Grundgesetz, der Olympischen Charta, nicht einmal erwähnt. Bach hat diese Treffen im Herbst 2013 nach seiner Amtsübernahme eingeführt und legt die bislang wechselnde Teilnehmerschaft selbst fest. Neben einigen Top-Vertretern des IOC, etwa die vier Vizepräsidenten sowie die Athletensprecherin Claudia Bokel (Deutschland), sind stets auch die Präsidenten der Vereinigungen aller Nationalen Olympischen Komitees (NOK) und der Dachorganisationen der olympischen Sportverbände dabei, also beispielsweise Bachs Wahlhelfer Scheich Ahmad Al-Fahad Al-Sabah aus Kuwait. Stammgäste sind zudem die NOK-Präsidenten aus den USA (Larry Probst) und aus Russland (Alexander Schukow). (…) Schukow ist Präsidiumsmitglied in Putins Partei Vereinigtes Russland und stellvertretender Vorsitzender der Duma. Er wurde 2010 nach dem desaströsen Abschneiden Russlands bei den Winterspielen in Vancouver installiert – vier Jahre später belegte Russland Rang eins der Nationenwertung bei den Heimspielen in Sotschi“ (Weinreich, Jens, Gesamtes russisches Olympia-Team soll auf den Prüfstand, in spiegelonline 18.6.2016; Hervorhebung WZ). Dazu Jens Weinreich in spiegelonline: „Die Zusammensetzung dieses Olympic Summits, der in der Olympischen Charta nicht auftaucht und folglich keinerlei Beschlussrecht hat, wurde vom IOC zuvor nicht bekanntgegeben. „Diese handverlesene Runde von 18 Personen (Maglione war telefonisch zugeschaltet) beriet nun also die Frage der Zulassung für die Olympischen Spiele 2016 – und entschied angeblich einstimmig, obwohl der Summit keinerlei Beschlussrecht hat. Bach verkündete anschließend eine sogenannte Deklaration von fünf Punkten. Russland wird demnach in Rio ein Team stellen“ (Weinreich, Jens, Ein fauler Kompromiss, in spiegelonline 21.6.2016).
Nachtrag 22: Cas sperrt russische Leichtathleten – und Kuwait
„Denn ganz unabhängig von der Leichtathletik-Frage ermächtigt die Olympische Charta unter Kapitel 6, Punkt 59.1.4 (Maßnahmen und Sanktionen) die IOC-Exekutive zur ‚Suspendierung oder vorläufigen Aberkennung‘ von NOKs; damit auch zur Suspendierung des russischen ROC. Dessen Verwicklung in die Staatsaffäre hat der McLaren-Report ebenfalls dargelegt. Ins Blickfeld rücken nun vergleichbare Umstände – das IOC macht ja im Falle anderer, sportlich unbedeutender Nationen gern regen Gebrauch von seinem Ausschlussrecht. Aktuell trifft dieser olympische Bann die Sportler Kuwaits. Von dort stammt Scheich Ahmed Al-Sabah, der einflussreichste Stimmenbeschaffer im Weltsport mit besten Drähten nach Russland und China. Al-Sabah half Bach auf den Thron, er ist Chef aller NOKs dieser Welt und sitzt im Vorstand des Fußball-Weltverbands Fifa. Korruptionsverdacht umgab ihn häufiger; zumal, seit Wikileaks den Mailverkehr des US-Außenministeriums publizierte. In einem vertraulichen Eintrag der US-Botschaft in Kuwait hieß es 2008, Scheich Ahmed sei ‚clever, ehrgeizig und (. . .) gilt außerdem als korrupt‘. Derzeit hat der Neffe des regierenden Emirs im eigenen Land, dem liberalsten im Golf, massive politische Probleme. Wiederholt griff die Regierung in den von Al-Sabah regierten Sport ein. Daraufhin suspendierte das IOC Kuwait wegen politischer Einmischungen. Sportler des Landes könnten in Rio nur unter olympischer Flagge starten“ (Kistner, Thomas, Von jetzt an im Hinterzimmer, in SZ 22.7.2016).
Nachtrag 23: Al-Sabah lässt Kuwait in Rio nicht antreten“
„Nicht am Start ist auch Kuwaits Team. Kuwaits Athleten haben nichts ausgefressen. Sie büßen dafür, dass ihre Regierung ein Gesetz verabschiedet hat, das angeblich die Autonomie des Sports untergräbt. Kuwaits Sportautonomie hat einen Namen: Ahmad Al-Sabah. Dem Scheich nutzt der Ausschluss seiner Schützlinge, das erhöht den innenpolitischen Druck auf seine Feinde in der Königsfamilie. Warum er das tut? Weil er’s kann. Er war die stärkste Kraft hinter Bachs Thronkür 2013, er regiert die 206 nationalen Olympiakomitees Welt, er sitzt im Vorstand des Weltfußballverbandes Fifa. Gehört nicht schon so eine Ämterfülle beschnitten?“ (Kistner, Thomas, Gegen den Ringe-Clan, in SZ 5.8.2016).
Nachtrag 24: Al-Sabah zahlt Kaution für Hickey
Hickey wurde im August in Rio de Janeiro verhaftet, „weil er für den illegalen Handel mit Olympia-Tickets eine kriminelle Vereinigung gegründet haben soll. Der dubiose kuwaitische Scheich Ahmad Al-Sabah, ein Fixpunkt in Bachs Netzwerk, hat soeben als Präsident der Weltvereinigung aller NOK, ANOC genannt, 410.000 Euro als Kaution für Hickey aus einem Etat zur Verfügung gestellt, der eigentlich der Sportförderung zu Gute kommen soll. Die ÖOC-Führung hält ebenfalls solidarisch zu ihrem Freund Hickey, auf dem Jahrestreffen der europäischen NOK jüngst in Minsk unterstützte man eine Resolution“ (Weinreich, Jens, Der Überlebenskampf: Olympische Winterspiele, in jensweinreich.de, Blog, 2.1.2017). – „Hickey wurde während der Rio-Spiele im IOC-Hotel verhaftet. Kurz vor Weihnachten durfte er nach Dublin zurückkehren, nachdem eine Kaution von 410.000 Dollar gezahlt wurde – von Scheich Sabah aus Mitteln der Olympiavereinigung ANOC. Die halbe Million sei aus ‚humanitären Gründen‘ hinterlegt worden, hieß es damals. Hickey habe das Geld, das eigentlich in die Sportförderung fließen muss, lediglich als Darlehen erhalten. Über die Konditionen der angeblichen Rückzahlung wurde, wie immer in der Sportfamilie, Stillschweigen vereinbart“ (Weinreich, Jens, Gesucht wird „Mitverschwörer ‚2“, in spiegelonline 2.5.2017).
Nachtrag 25: Al-Sabah-Dämmerung
Am 27.4.2017 gab das Department of Justice in New York bekannt, dass der US-Bürger aus Guam, Richard K. Lai, der seit 2007 Fifa-Vorstandsmitglied ist, zugegeben hat, 100.000 $ Schmiergeld erhalten zu haben, um bei der Fifa-Präsidentenwahl 2011 den Gegenkandidaten von Sepp Blatter, Mohamed Bin Hammam, zu unterstützen. „Helles Entsetzen herrscht daher im asiatischen Verband AFC. Lai, Vorstandsmitglied seit 2007, hat Bundesrichterin Pamela K. Chen im New Yorker Stadtteil Brooklyn gebeichtet, seit 2009 Bestechungsgelder kassiert und eingesetzt zu haben. Dies teilte das US-Justizministerium mit. Lais Geständnis überrumpelt die Branche, bisher waren Ermittlungen gegen ihn nicht bekannt gewesen – das FBI konnte unauffällig arbeiten, weil Guam US-Territorium und Lai US-Bürger ist. Jetzt gestand er, im Jahr 2011 habe er 100 000 US-Dollar erhalten, um für einen Fifa-Thronkandidaten aus Asien zu stimmen. (…) Brisanter noch ist Lais weiteres Geständnis: Mehr als 850 000 Dollar Schmiergeld erhielt er zwischen 2009 und 2014 von einer Fraktion innerhalb des Asien-Verbandes AFC. Laut US-Berichten und einer SZ-Quelle soll daran ein Vertreter des Fußballverbandes von Kuwait beteiligt gewesen sein. (…) Bezahlt worden sei er, damit er Einfluss im AFC zugunsten der Fraktion um den Kuwaiter ausübte. Zudem sollte er bestechungsanfällige AFC-Funktionäre für den Auftraggeber identifizieren. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, bringen sie die komplette Sportwelt ins Wanken. Denn unumschränkter Fußballchef Kuwaits ist Scheich Ahmad Al-Sabah, der 2015 ins Fifa-Council einrückte – und generell im Ruf eines Königsmachers im Sport steht. Der Multi-Funktionär ist Chef des Olympia-Rates von Asien (OCA), schon seit 1992 sitzt er im Internationalen Olympischen Komitee. Dort verwaltet er den begehrten Entwicklungshilfefonds. Bei der Kür von Thomas Bach zum IOC-Chef 2013 galt der Scheich als wichtigster Wahlhelfer des Deutschen; Al-Sabah bekannte sich selbst offen dazu. (…) Überdies gehörte Lai seit 2013 dem Audit & Compliance-Komitee der Fifa an. Dies überwacht die Fifa-Finanzen und legt auch die Saläre von Infantino und Spitzenleuten fest“ (Kistner, Thomas, Ein Geständnis und eine Spur nach Kuwait, in SZ 29.4.2017).
Dazu Jens Weinreich in spiegelonline: „Scheich Ahmad Al-Fahad Al-Sabah, einer der mächtigsten Sportfunktionäre der Welt, muss sich gegen den Vorwurf der Schmiergeldzahlung verantworten, nicht zum ersten Mal, doch nie waren die Vorwürfe so gut dokumentiert. (…) Lai bekannte sich am vergangenen Donnerstag vor dem US-Distriktgericht in Brooklyn in allen Anklagepunkten schuldig. Er hat insgesamt eine knappe Million Dollar Schmiergeld kassiert: 100.000 vom inzwischen lebenslang suspendierten Mohamed Bin Hammam aus Katar – und zwischen 2009 und 2014 auch 850.000 Dollar aus diversen Schatullen eines ‚Mitverschwörers #2‘ aus Kuwait. Vieles deutet darauf hin, dass es sich dabei um Scheich Ahmad handelt. Der wichtigste Wahlhelfer des deutschen IOC-Präsidenten Thomas Bach pocht zwar auf seine Unschuld, trat dennoch umgehend von seinen Ämtern im Fußball-Business zurück. Er wird auf dem Fifa-Kongress kommende Woche in Bahrain nicht erneut für einen Sitz im Council des Weltverbands kandidieren. (…) Der Fall Sabah löst nun ein Beben aus in der olympischen Welt, die Aufregung ist gewaltig. Denn der 53 Jahre alte Scheich fungiert zugleich als Präsident der Weltvereinigung aller nationalen Olympiakomitees (ANOC), verwaltet das mit mehr als einer halben Milliarde Dollar gefüllte Entwicklungshilfe-Budget des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) und gebietet seit beinahe drei Jahrzehnten mit eiserner Hand über das Olympic Council of Asia (OCA)“ (Weinreich, Jens, Gesucht wird „Mitverschwörer ‚2“, in spiegelonline 2.5.2017). Mit dem Rücktritt will Al-Sabah seine IOC-Mitgliedschaft und die einflussreichen Posten an den diversen finanziellen IOC-Pfründen retten.
Und Thomas Kistner in der SZ: „Ahmad al-Fahad al-Sabah reagierte flott an seinem schwarzen Wochenende. Hatte der Kuwaiter die Nachricht, dass er in der jüngsten US-Anklage zum Fifa-Korruptionskomplex als mutmaßlicher ‚Mitverschwörer‘ beschrieben werde, am Samstag noch scharf zurückgewiesen, gab er anderntags das Vorstandsamt im Fußball-Weltverband ab. Ein kluger Schritt: Denn die Klageschrift gegen den hohen Fifa-Funktionär Richard Lai, in der al-Sabah umschrieben wird, war schon unterwegs zu Miguel Poiares Maduro – und der Chef des Governance-Stabs der Fifa hätte al-Sabahs Pläne, seinen Sitz im Fifa-Council beim Kongress nächste Woche in Bahrain zu verteidigen, ohnehin torpediert. Denn Maduro führt die Integritätschecks durch; wie rigoros, hat jüngst Russlands Fußballboss Witali Mutko erlebt, der nun seinen Sitz im Fifa-Rat verliert“ (Kistner, Thomas, Die Globalisierung der Fifa-Affäre, in SZ 2.5.2017). Kistner verwies in diesem Zusammenhang auf die engen Beziehungen von Fifa und IOC: „Die Affäre um al-Sabah birgt Sprengstoff weit über den Fußball hinaus. Insbesondere für das Internationale Olympische Komitee (IOC), in dem der Strippenzieher seit 1992 immensen Einfluss ausübt. Wie eng die Verflechtung von Fifa und IOC ist, zeigt sich immer wieder. Etwa Mitte 2015, nachdem das FBI in Zürich allerlei Fußball-Granden verhaftet und die Fifa eilig ein Reformkomitee gegründet hatte: Als Chef wurde der affärengestählte, frühere IOC-Generaldirektor Francois Carrard beauftragt, und der olympische Quereinsteiger berief in seinen Fifa-Reformstab drei Transparenzverfechter aus dem Fifa-Vorstand: Einen aus dem Kongo, einen aus Ägypten sowie den Scheich aus Kuwait. Die Fifa und das IOC – auch in den Ticket-Affären um beide Organisationen tauchen dieselben Geschäftsmuster, sogar die selben Firmen und Strohmänner auf“ (Ebenda). Die Identifizierung von Al-Sabah als „Mitverschwörer #2“ geriet einfach: „In Lais Bekenntnis taucht al-Sabahs Name nicht auf, die Anklageschrift zielt aber unmissverständlich auf den Kuwaiter als einen von vier ‚Mitverschwörern‘, die Lai zwischen 2009 und 2014 insgesamt eine knappe Million Dollar Schmiergeld zugeschanzt haben sollen. Das Papier beziffert Geldflüsse, die über Banken auch in Kuwait, Katar und den USA liefen, und hält fest: ‚Zu verschiedenen Zeitpunkten war Mitverschwörer Nummer zwei ein hoher Funktionär der Fifa, des Fußballverbands von Kuwait und in Asiens Olympischem Rat (OCA)’“ (Ebenda). Gianni Infantino begrüßte (offiziell) den Rückzug von Al-Sabah, gerät jedoch selbst unter Druck: Lai „saß im Audit-und- Compliance-Komitee. Das überwacht den korrekten Umgang mit den Finanzen sowie die Bezahlung Infantinos und der Spitzenleute. Am strikt sauberen Finanzgebaren hängt die Existenzfrage der Fifa, denn die US-Justiz ermittelt unter dem Anti-Mafia-Gesetz Rico: Kann die Fifa ihren Opferstatus wahren – oder wird sie noch zum Täter? Die Frage ist delikat. Erst recht, weil in der Fifa Planspiele laufen, das Salär für Infantino und das von 25 auf 35 Insassen aufgeblähte neue Council um bis zu 50 Prozent zu erhöhen. Zugleich sind die Einnahmeverluste dramatisch, reihenweise stiegen Sponsoren nach der WM 2014 in Brasilien aus, darunter Schwerkaliber wie Sony und Emirates. Drängelten sich um Brasilien noch 20 spendable Werbepartner, sind es für Russland 2018 bisher nur zehn Firmen. Diesen Imageverlust, der jetzt fortschreiten dürfte, hat Infantino nie bremsen können. Der Schweizer entstammt alten Funktionärszirkeln und pflegt den intransparenten Herrschaftsstil des Vorgängers Sepp Blatter – obwohl seine Zuständigkeiten per Reform beschnitten wurden“ (Ebenda).
– Al-Sabah: heimatlos
„In seiner Heimat Kuwait lässt er, der einst mehrere Ministerposten innehatte, sich nicht mehr sehen, nachdem er als Lügner enttarnt wurde. Er musste sich öffentlich dafür entschuldigen, dass er einen Staatsstreich herbeifabuliert hatte, um die Gunst seines Onkels, des Emirs, zu erlangen und seinen Widersachern aus der weitverzweigten Al-Sabah Dynastie zu schaden. Zeitweise hielt sich der Scheich vorzugsweise in London und in der Schweiz auf, die Rede ist von anderen mondänen Anwesen in asiatischen Ländern. Die Schweiz, Hauptsitz von IOC, Fifa, ANOC und FINA, meidet Scheich Sabah nun zunehmend, weil er eine Verhaftung fürchten muss. Sollte Sabah im IOC-System stürzen, könnte ein über viele Jahrzehnte ausgeprägtes System des Gebens und Nehmens freigelegt werden – die Postenvergabe in Dutzenden Weltverbänden, die Entscheidungen über Olympische Spiele, Asienspiele und andere Mega-Events, bis hin zur Frage, mit welchen Mitteln Scheich Ahmad 2013 die erfolgreiche Kandidatur von Thomas Bach zum IOC-Präsidenten unterstützte und Stimmen beschaffte“ (Weinreich, Jens, Gesucht wird „Mitverschwörer ‚2“, in spiegelonline 2.5.2017).
– Al-Sabah-Zögling Husain al-Musallam vor dem Fall?
„Der Schwimm-Weltverband Fina wird wenige Tage vor der Präsidentschaftswahl in Budapest von einem neuen Skandal erschüttert. Wieder einmal steht Husain Al-Musallam, Adlatus des mächtigen IOC-Scheichs Ahmad Al-Fahad Al-Sabah und Erster Vizepräsident der Fina, im Zentrum einer Affäre. Der Multifunktionär Al-Musallam hat als Generaldirektor des Olympischen Rats Asiens (OCA) offenbar von einer Geschäftspartnerin Zahlungen verlangt, die auf Privatkonten fließen sollte. Dies legt ein 20-minütiger Audio-Mitschnitt des Treffens nahe, den der SPIEGEL und die Londoner ‚Times‘ exklusiv ausgewertet haben. ‚Zehn Prozent geht an uns, acht Prozent an sie‘, sagt Al-Musallam in dem Gespräch und gibt einer chinesischen Vermittlerin genaue Ratschläge, wie die abgezweigten Summen verbucht werden könnten, die ‚Kommissionen‘ genannt werden. Sie sollte dafür eine Firma in Hongkong gründen. Eine weitere Pauschale sollte als sogenannte Bürogebühr abgezweigt werden. Al-Musallam bezifferte den Wert der Sponsorenverträge mit dem Verband OCA, der unter anderem das Mega-Event Asienspiele austrägt, auf mindestens ’40 bis 50 Millionen Dollar‘. Alles darunter habe ‚keinen Wert‘. (…) Das Potenzial der in dem Gespräch skizzierten ‚Kommissions‘-Zahlung ist gewaltig, denn Al-Musallam hat über Jahre viele Dutzend große Sponsoring-Verträge für OCA und verschiedenste Großveranstaltungen verhandelt. Sollten dabei tatsächlich zehn Prozent abgezweigt worden sein, würde sich das auf einen hohen Millionenbetrag summieren. (…) Präsident des Olympic Council of Asia (OCA) ist Scheich Ahmad Al-Fahad Al-Sabah, der wie Al-Musallam aus Kuwait stammt. (…) Ende April 2017 wurden Scheich Ahmad und sein Helfer Al-Musallam in einer Anklageschrift der US-Justiz im Rahmen des Fifa-Verfahrens als Mitverschwörer geführt. Sie sollen dem Fußballfunktionär Richard Lai insgesamt 850.000 Dollar Schmiergeld gezahlt haben, um Wahlen in der Fifa und im asiatischen Fußballverband AFC zu beeinflussen. Lai hat vollumfänglich gestanden und erwartet eine lange Haftstrafe. Die mutmaßlichen Schmiergeldzahlungen sind dokumentiert. Scheich Ahmad und Al-Musallam beteuern ihre Unschuld, haben sich inhaltlich indes nie dazu geäußert und auch die jüngsten umfangreichen Anfragen des SPIEGEL nicht beantwortet. (…) Husain Al-Musallam gab bis Dienstagabend keine persönliche Erklärung ab. Wohl aber traf er sich mit dem amtierenden Fina-Präsidenten Julio Maglione aus Uruguay und Fina-Generaldirektor Cornel Marculescu am Dienstagnachmittag im Four Seasons Hotel in Budapest zu einer Krisensitzung. Die Stimmung sei äußerst angespannt gewesen, berichten Beobachter. Maglione tritt am Samstag beim Fina-Kongress im Hotel Intercontinental zur Wiederwahl an und hat mit dem Italiener Paolo Barelli einen energischen Herausforderer. Barelli, ebenfalls ein langjähriger Fina-Funktionär und Präsident des europäischen Verbandes LEN, hat der Kuwait-Fraktion den Kampf angesagt und ist deshalb vergeblich auch vor den Welt-Sportgerichtshof Cas gezogen. Vor zwei Jahren hatte die Fina für die Wiederwahl des inzwischen 81-jährigen Maglione die Regeln geändert. Maglione kann die Präsidentschaft jederzeit an seinen Ersten Vizepräsidenten Al-Musallam übergeben, so ist es geplant. (…) Die Kommunikationsabteilung des IOC erklärte, man habe umgehend die IOC-Ethikkommission über die neuen Vorwürfe informiert. Vom OCA ist allerdings keine Aufklärung zu erwarten. Denn gemäß Reglement bestimmt nur eine Person die Zusammensetzung der sogenannten OCA-Ethikkommission: Scheich Ahmad, der OCA-Präsident, Boss und engster Mitstreiter von Husain Al-Musallam“ (Weinreich, Jens, Vizepräsident unter Korruptionsverdacht, in spiegelonline 19.7.2017).
„Al-Sabah und al-Mussalam haben in der olympischen Welt wenig zu befürchten. Sie siedeln auf der höchsten Stufe der Sportmacht, in Rufweite von IOC-Boss Thomas Bach – dessen Thronkür das Duo aus Kuwait massiv befördert hatte. Scheich al-Sabah gilt als der Königsmacher schlechthin im Sport, der OCA-Chef ist auch Herr über alle Nationalen Olympischen Komitees dieser Welt (Anoc) sowie über den begehrten, eine halbe Milliarde Dollar schweren IOC-Entwicklungstopf. Auch in dieser Geldverteiler-Kommission sitzt sein Getreuer al-Musallam. Doppelt hält besser. (…) Maglione sitzt im IOC. Dort braucht es Figuren wie ihn, der Wladimir Putin 2014 den Fina-Orden umhängte, für dessen ‚Beitrag zur Brüderlichkeit zwischen den Nationen‘. Und wenn solche Granden abtreten? Dann wird trickreich die Kontinuität gesichert. Um den umstrittenen al-Mussalam auf den Thron zu hieven, bedarf es einer weiteren Amtszeit des alten Mannes aus Uruguay – der dafür mal kurz die Satzung ändern ließ. Kein Problem für sein Stimmvolk, Verbände Afrikas und Asiens. Gegen die Lex Maglione klagte der Herausforderer Paolo Barelli, Chef des Europaverbandes LEN. Aber der Italiener scheiterte vorm Sportgerichtshof Cas“ (Kistner, Thomas, Kernkompetenz: dubios, in SZ 20.7.2017).
Zur Erinnerung: Jens Weinreich hatte sich am 10.9..2013 zur von Al-Sabah inszenierten Inthronisationsfeier von Bach ins Faena-Hotel begeben. Al-Sabah nahm Weinreich dessen Kamera ab und ließ ihn von vier Security-Kräften abführen, welche die Fotos auf dem Chip löschten. Al-Sabahs rechte Hand Husain Al-Musallam, Generalsekretär im asiatischen OCA und Vizepräsident des Internationalen Schwimmverbandes Fina: „Es interessiert mich einen Scheiß, was im SPIEGEL steht. Es interessiert mich einen Scheiß, was deutsche Medien berichten. Das kümmert uns nicht. Ich scheiße auf sie“ (Weinreich, Jens, „Interessiert mich einen Scheiß, was im Spiegel steht“, in spiegelonline 16.9..2013). Weinreich: „Ein IOC-Präsidentschaftskandidat, dem ich später davon erzählte, sagte: ‚Das geht ja schön los. Unglaublich. Das ist genau, was wir befürchtet haben’“ (Ebenda).
– Fina: Alles wie gehabt – und Bach und Al-Sabah inkognito
„Die Chronik absurder Sportkongresse ist um eine bizarre Episode reicher. Auf dem teils chaotischen Wahlkongress des Welt-Schwimmverbands Fina wurde der bereits 81 Jahre alte Präsident Julio César Maglione aus Uruguay erwartungsgemäß mit 258 zu 77 Stimmen im Amt bestätigt. Sein italienischer Herausforderer Paolo Barelli, der gegen gewisse Machenschaften in der Fina sogar v