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Graubünden gegen Olympische Winterspiele

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Mai 102011
 
Zuletzt geändert am 18.06.2011 @ 11:57

Report of the IOC 2018 Evaluation Commission/Bericht der Evaluierungskommission

Wolfgang Zängl 10.5.2011, aktualisiert 15.5.2011, 27.5.2011
Der Bericht der IOC Evaluierungskommission liegt seit 10.5.2011 vor:
http://www.olympic.org/Documents/Commissions_PDFfiles/Evaluation_Commission/FINAL_DRAFT_2018_EV_COM-ENG.pdf (Hervorhebungen und Übersetzung W.Z.)

Widerstand:
Auf S. 33 steht: Die Mehrheit der politischen Parteien auf jeder Regierungsebene haben ihre Unterstützung der Spiele erklärt. Jedoch hat die Grüne Partei auf nationaler und regionaler Ebene Bedenken ausgedrückt.“
Dies war schon im Bid Book von München 2018 falsch dargestellt: Bündnis 90/Die Grünen haben sich explizit auf Bundes-, Landes- und Stadtebene gegen die Spiele ausgesprochen, ebenso Die Linke und die ÖDP.

Grundeigentümer:
„Es gibt örtlichen Widerstand gegen die Bewerbung. Eine Anzahl von Grundeigentümern in Garmisch-Partenkirchen sind nicht bereit, diverse Grundstücke für die Spiele zur Verfügung zu stellen. Die Kommission traf sich mit einigen Vertretern während des Besuches“ (S. 34)
Dazu wusste DOSB-Präsident Thomas Bach: Der Grundstücksstreit spiele im Bericht „keine Rolle“, da es „vorhandene Alternativ-Planungen“ gebe (Münchens Bewerbung: Es wird schwierig, in sueddeutsche.de 10.5.2011).
Das wird interessant, wo die Planer umplanen: Denn dann stoßen sie nur auf andere Grundeigentümer, die nichts hergeben möchten.

Bürgerentscheid:
„Eine Gruppe von Gegnern in Garmisch-Partenkirchen strebt ein Referendum an, um die Legalität des ‚Host City Contract‘ überprüfen zu lassen. Die Bewerbungsgesellschaft bestätigte, dass die Gesetzgebung des Freistaats Bayern das Recht eines Bürgerentscheids erlaubt; sie betonte aber, dass kommunale Verträge gesetzlich bindend seien und nicht rückgängig gemacht werden könnten.“

Olympisches Dorf München:
Zum Olympischen Dorf in München heißt es wenig schmeichelhaft im Bericht: „Plans presented to the Commission were preliminary and lacking in Detail“ (S. 15). (Die der Kommission vorgestellten Pläne waren nur vorläufig, Details fehlten.)

Zu errichtende Sportstätten/Venue construction status

München / Annecy / PyeongChang

Existing (no permanent work required):                                             5 – 0 – 5
Existing (permanent work required):                                                  2 – 6 – 2
Planned (will be constructed whether or not awarded the Games):        0 – 1 – 2
Additional permanent (constructed if awarded the Games):                2 – 5 – 3
Additional temporary (only be constructed if awarded the Games):     4 – 1 – 1
(S. 13, S. 47, S. 81)

In München werden also 6 Sportstätten speziell für die Spiele errichtet (2 dauerhaft, 4 temporär), in PyeongChang nur 4 (3 permanent, 1 temporär).
Die alte Mär des DOSB, der Bewerbungsgesellschaft München 2018 und des Münchner Rathauses, dass „in München sowieso schon alles vorhanden ist”, ist damit sogar vom IOC selbst endgültig widerlegt.

Kosten für Sicherheit:
Als Kosten für die Sicherheit führt die Evaluierungskommission die Zahlen aus dem Bid Book von München 2018 an: 37 Millionen US-Dollar für private Sicherheitskräfte in den Stadien (OCOG-Budget (Durchführungsbudget); im Non-OCOG-Budget (Kosten für Infrastruktur) werden 49 Millionen US-Dollar angegeben (S. 28).
Grandiose Begründung der Bewerbungsgesellschaft: „Munich 2018 explained that the government does not charge for the delivery of security services…“ (S. 39; „München 2018 erklärte dazu, dass die Regierung keine Kosten für Sicherheitsdienste in Rechnung stellt…)
Olympische Milchbubenrechnung: Die realen Zahlen für die Sicherheitskosten von München 2018 sind mindestens um den Faktor 10 zu niedrig. Zum Vergleich: In Vancouver 2010 betrugen die Kosten für Sicherheit rund 670 Millionen US-Dollar!

Finanzen:
„Das OCOG-Budget ist gut ausgestattet und zeigt eine gründliche und umfassende Ausarbeitung“ (S. 40).
Das ist eine grandiose Fehleinschätzung, wenn man an die 465 Millionen Euro denkt, die von nationalen Sponsoren hereinkommen sollen! (Bid Book 1, S. 113)

Unterstützung in der Bevölkerung:
Die öffentliche Umfrage, die das IOC in Auftrag gegeben hatte, erbrachte folgenden Unterstützungsgrad für die Olympischen Winterspiele 2018: München 60 Prozent, Bayern 53 Prozent, deutschlandweit 56 Prozent.

Auf S. 112: Annex B wird die „Summary of IOC Opinion Poll Results“ (Ergebnis der IOC- Meinungsumfrage) vorgestellt:

                                    dafür       neutral       dagegen

München:                       60%            25%            15%
Bayern:                          53%            34%            13%
Deutschland:                  56%            36%            9%

Annecy:                         51%            18%            32%
Rhone-Alpes:                 63%            25%            12%
Frankreich:                     62%            35%            4%

PyeongChang:                92%            7%              2%
Gangwon:                      87%            10%            3%
Südkorea:                      87%            12%            2%

Der Bürgerentscheid vom 8.5.2011 in Garmisch-Partenkirchen – der im Evaluierungsbericht noch nicht aufgenommen werden konnte -, erbrachte dagegen in der Stichfrage bei 12.115 gültigen Stimmen 54 Prozent Pro-Stimmen und 46 Prozent Ablehnung (Bürgermeisterbrief 9.5.2011).

Kommentare:

„Denn die Arbeit der Evaluierungskommission, die diesmal von der Schwedin Gunilla Lindberg geleitet wurde, soll der Weltöffentlichkeit ein faires, sauberes, an technischen Kriterien orientiertes Verfahren suggerieren. Das gibt es aber nicht. Damit ist nicht die Lauterkeit der Kommissionsmitglieder in Frage gestellt, sondern das gesamte Procedere…
Jeder in der Branche weiß, dass die Berichte nicht entscheidend sind, doch kaum jemand gibt das zu, schon gar nicht öffentlich. Alle machen gute Miene zum etwas verlogenen Spiel. Jeder in den Bewerberteams weiß, dass nicht einmal eine perfekte Arbeit an einem bahnbrechenden technischen Konzept einen Sieg garantiert.“ Jens Weinreich, IOC-Prüfbericht nicht entscheidend für Olympiavergabe 2018, in dradio.de 10.5.2011

„Bei München wird besonders die geringe Zustimmung in der Bevölkerung von  nur 60 Prozent in der Stadt und 56 Prozent national kritisiert… Weitere Kritikpunkte in München sind die aus Sicht des IOC bisher nicht ausreichenden Planungen für das Olympische Dorf in München und die Grundstücksprobleme in Garmisch-Partenkirchen.“ Südkorea hat die besten Olympia-Chancen, in spiegelonline.de 10.5.2011

„NOlympia, eine Gruppe, welche sich der Bewerbung von München 2018 widersetzt, teilt mit, dass einige Fehler der Münchner Bewerbung nun offiziell vom IOC bestätigt wurden… NOlympia zitiert Ludwig Hartmann, den Grünen Abgeordneten, dass „sogar das IOC die ständig fallenden Zustimmungsraten festgestellt habe“, die letztes Jahr bei „verheerenden“ 53 Prozent gelegen haben. Hartmann, ein Sprecher von NOlympia, sagte, „der IOC-Bericht beweist, dass wr mit unserer Kritik richtig liegen“. NOlympia says IOC Report Confirms Munich 2018’s Weakness, in gamesbids.com 10.5.2011

„Die noch gestern vom DOSB-Präsidenten herausposaunten Unterstützungswerte von 75% wurden demnach endgültig ins Märchenreich verwiesen. Bayern liegt mit einer Zustimmungsrate von lediglich 53%, noch deutlicher als Deutschland und München mit 55 und 60 Prozent, sogar klar hinter den französischen Konkurrenten: Rhone-Alpes 63%, Frankreich 62%, Pyeongchang 92%, Südkorea 87%.“ Ludwig Hartmann, Olympia-Bewerbung: Schwaches Zeugnis vom IOC, PM 10.5.2011

„Nur 56 Prozent der Deutschen sind für die Spiele – etwa so viele, wie auch am Sonntag beim Garmischer Bürgerentscheid pro Olympia gestimmt haben. Für das IOC ist das ein verheerender Wert, denn rückhaltlose olympische Begeisterung ist Grundvoraussetzung für erfolgreiche Spiele, die vor allem hohe Einschaltquoten und Werbeeinnahmen garantieren sollen.“ Christian Krügel, München leuchtet nicht, in sueddeutsche.de 10.5.2011

„Sie haben ja nun wirklich harte Gegner, die Olympia-Gegner sind gut organisiert und haben mit der Internetseite NOlympia.de sehr viele Argumente aufgefahren, die gegen die Olympischen Winterspiele sprechen.“ Stephan Karkowsky, „25 Jahre würde ich dem Gletscher in dieser Form noch geben“, in dradio.de 10.5.2011

„So berauschend, dass die Bewerbung und die Politik die Gegenbewegung in Zukunft ignorieren können, ist das Ergebnis von Garmisch-Partenkirchen nicht ausgefallen. Im zweiten, von den Olympiakritikern initiierten Bürgerbegehren forderten immerhin 49 Prozent der Wähler, die Verträge mit dem IOC sollten juristisch daraufhin geprüft werden, ob es sich um Knebelverträge handele.Das Ergebnis dieser Analyse wäre vielleicht nicht nur interessant, sondern auch unangenehm für das IOC geworden. 45 Prozent votierten zudem in der – letztlich nicht benötigten – Stichfrage gegen die Spiele.“ Evi Simeoni, Nur ein Etappensieg, in faz.net 10.5.2011

„Kritisch beurteilt das IOC dagegen die im Vergleich zum südkoreanischen Konkurrenten Pyeongchang niedrigen Sympathiewerte in der Bevölkerung – ein klarer Minuspunkt für die bayerische Bewerbung. Und auch der Garmischer Grundstücksstreit ist den Prüfern nicht entgangen. Sie fordern Alternativen ein, falls sich die Streitparteien nicht einigen können.“ Dominik Hutter, Erleichterung über ein ordentliches Zeugnis, in SZ 11.5.011

„Das Rennen ist nun wieder ‚absolut offen‘, jubelte Bewerbungschef Bernhard Schwank. Realistischer erscheint da die Einschätzung von Kati Witt, dem PR-Gesicht der Bewerbung: ‚Mehr und mehr sind wir tatsächlich eine Aternative'“ (Kemnitzer, Sebastian, Festmahl, bezahlt aus leeren Kassen, in taz.de 23.5.2011).

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