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Graubünden gegen Olympische Winterspiele

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Mrz 302011
 
Zuletzt geändert am 30.03.2011 @ 16:25

Paul Grafwallner, Bund Naturschutz KG-Berchtesgaden, 29.3.2011

Beim ersten Teil des Umbaus der Kunsteisbahn für Bob, Rodel und Skeleton am Königssee sind Mehrkosten von rund 900.000 Euro entstanden. Das teilte Landrat Georg Grabner am 28.3.2011 auf einer Kreisratssitzung mit. Als Grund nannte er u.a. witterungsbedingte Einflüsse und einen Brand während der Bauarbeiten. Ein Großteil der Mehrkosten würde laut Grabner über Fördermaßnahmen finanziert. Der Landkreis muss 100.000 Euro selbst tragen. Der Kreisrat genehmigte zudem das Maßnahmenpaket B. Für 2,75 Millionen Euro werden weitere Bauarbeiten ausgeführt. Hier würden auch 90 Prozent bezuschusst (bayernwelle.de 28. März 2011).

Ausbau und Sanierung der Kunsteisbahn Schönau / Königssee, 7.11.2

Vom 14. bis 27. Februar 2011 trug man die Weltmeisterschaft für Bob- und Skeleton in Schönau am Königssee aus. In der Nationalparkgemeinde war das vorhandene Zentrum der Bob- und Rodelbahn mit Geldern aus dem Konjunkturförderprogramm II für die WM und mit Blick auf die Olympiabewerbung um- und ausgebaut worden: mit einem neuen Zielhaus, einem neuen Zielbereich mit größerem Radius der Zielkurve und Anpassung der ganzen Strecke für höhere Geschwindigkeiten sowie neuen Startbereichen und Steinschlagschutzmaßnahmen. Insbesondere beim Neubau und der Erweiterung des Rodelstarts wurden Felsen gesprengt, ein Wildbach verbaut und Bergwald (Schutzwald) gerodet. Dazu kamen drei Zuschauertribünen, die ebenfalls im Waldbereich gebaut wurden.

Bei diesem Ausbau hatte man natürlich die Bewerbung „München 2018“ im Blick – Schönau am Königssee soll dabei das „Königssee Sliding Centre“ aufnehmen.

Doch Wolfgang Staudinger, der Cheftrainer des kanadischen Rodel-Verbandes, bezweifelte bereits Anfang Januar 2011, ob die neue Bahn den olympischen Anforderungen genügen könnte: „Für Weltcups und Weltmeisterschaften reicht es, aber für Olympia kann ich sie mir noch nicht vorstellen“ (SZ 7.1.2011).

Die Kosten für die Sanierung der Kunsteisbahn wurden bereits im Jahr 2009 um 40% teurer angegeben als ursprünglich geplant. Aus 22 Millionen Euro wurden über 30 Millionen Euro, so dass die Maßnahme je nach Priorität in die Bauabschnitte A, B und C unterteilt wurde. Allein die zu erneuernde Ammoniak-Fernleitung für die Kühlung der Kunsteisbahn war mit 1,4 Mio Euro kalkuliert worden.

Der erste Bauabschnitt A war mit 22 Millionen Euro ausgelobt worden, wurde im März 2010 begonnen und kurz vor Beginn der WM im Februar 2011 nahezu fertig gestellt. Jetzt teilte der Landrat dem Kreisrat mit, dass in diesem ersten Umbau-Teilabschnitt bereits Mehrkosten von 900.000 Euro entstanden sind (s.o.).

Die Zustimmung des Kreistags hatte man durch das Druckmittel erreicht, man müsse sonst Fördergelder zurück zahlen: Dies stellte sich aber nach einer Bundestagsanfrage als nicht wahrheitsgemäß heraus.

Als Träger der Kunsteisbahn zahlt der Landkreis Berchtesgadener Land 10% der Kosten: Bei einem Investitionsvolumen von etwa 22 Mio Euro des Maßnahmenkatalogs von Abschnitt A sind das über 2 Mio Euro für den Landkreis.

Der Kreisrat genehmigte am 28.3.2011 (s.o.) das Maßnahmenpaket B mit 2,75 Millionen Euro für weitere Bauarbeiten und Ausstattungen. Hier würden auch 90 Prozent bezuschusst

Abschnitt B wurde im Jahr 2009 mit insgesamt 6 bis 8 Millionen Euro veranschlagt: für eine ganzjährig vereiste Trainingsbahn (Energieverbrauch und Klimawandel !) und weitere Nachrüstungen wie Beleuchtung, Beschallung und Videoüberwachungen. Diese Kosten sollen vor allem der Bund und das Land Bayern übernehmen, denn unter den 20 oberbayerischen Landkreisen belegt das Berchtesgadener Land in der Umlagekraft Platz 18 (bis 2009 auf Platz 20). Wie hoch die Gesamtkosten für die Bauabschnitte B und C tatsächlich sein werden, ist noch offen.

Die hohen Baukosten werden mit dem Argument der „Olympiatauglichkeit“ begründet. Wie teuer die Bauanpassung an olympische Normen wirklich werden könnte, steht noch völlig aus.

Außer durch die bautechnische Fehlplanung können sich die Kosten noch durch die besonderen geologischen Bedingungen im Bereich der Bob-/Rodelbahn weiter erhöhen: Diese Bedingungen und mögliche Gefahren werden im geotechnischen Gutachten der Betreiberseite nicht ausreichend berücksichtigt.

Durch die Bau-Eingriffe, die auch jetzt nach der WM noch nicht abgeschlossen sind, wurde das Steinschlagrisiko forciert und die Murengefährdung erhöht. Damit werden weitere Verbauungs-Maßnahmen in direkter Nachbarschaft zum Nationalpark wahrscheinlich.

Das Gelände der Rodelbahn liegt in einer sogenannten geologischen Bruchstaffel mit mehreren großen, parallel verlaufenden Störungen. In der Erdgeschichte können hochmobile Gebirgsbereiche eingelagert worden sein, die heute an und in der Nähe der Rodelbahn liegen.

Bei der geplanten Erweiterung des Rodelstarts 1 wird zwangsläufig gleitungsgefährdetes Gelände angeschnitten. Es könnte damit in naher Zukunft zu Felsausbrüchen, und eventuell zu Hangabgleitungen kommen, die die Rodelbahn gefährden würden. Die Steinschlag-Häufigkeit ist bekannt und könnte zunehmen.

Ein großer Teil des Steinschlags wurde bisher durch den Schutzwald abgefangen, der aber für die Baumaßnahmen teilweise gerodet wurde. Steinschlag ist auch in anderen Hangbereichen zu erwarten, vor allem, wenn es zur Entwurzelung von Bäumen am Steilhang kommt.

Bereits im Jahr 2009 lagen die Schätzungen für die wichtigsten Steinschlagschutzmaßnahmen schon bei 1 Mio Euro – aber das wird bei weitem nicht reichen.

In keinem Gutachten ist bisher eine Schädigung durch Eisabbruch im Winter angesprochen worden.

Außerdem wird die Gefahr einer katastrophalen Murenbildung – Beispiel Gerner Bach-Katastrophe – für den Klingerbach in keinem Gutachten angesprochen: aus dem Einzugsgebietgebiet kann es bei Sturzregenfällen trotz der Verbauungen zur Bildung von Muren kommen, die die Installationen der Bob-/Rodelbahn erheblich beschädigen würden.

Auf jeden Fall liegt hier ein Gebiet mit erhöhtem Georisk-Potential vor.

Resümee: Die Olympischen Winterspiele 2018 sind in den dafür „auserwählten“ Alpengemeinden ohne hohen Natur- und Landschaftsverbrauch und immensen Finanzbedarf nicht zu haben.

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