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Graubünden gegen Olympische Winterspiele

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Okt 042010
 
Zuletzt geändert am 04.10.2010 @ 14:52

4.10.2010

Sylvia Hamberger und Axel Doering

Unter dem Slogan „Cool down the water“ bietet die Firma ABG „Speziallösungen für Beschneiungsanlagen” an: „Da hat man die schönste Beschneiungsanlage … und trotzdem schafft man nur selten, Schnee in wirklich erstklassiger Qualität zu erzeugen. Der Grund dafür liegt dann meist am Wasser bzw. bei seiner Temperatur“ (www.abg.co.at)

Das „Umwelt- und Nachhaltigkeitskonzept“ der Bewerbung für die Olympischen Winterspiele 2018 nimmt diese Entwicklung auf: „Eine Kühlung des Beschneiwassers ist zur effizienten Schneeerzeugung unabdingbar“.

Garmisch-Partenkirchen
Dieses Problem hat man auch im Garmisch-Partenkirchener Skigebiet erkannt, denn der Wasserverbrauch für die Kunstschnee-Produktion steigt an. Die alten Garmisch-Partenkirchener Trinkwasserquellen und der Hammersbaches hatten für die Beschneiung schon längst nicht mehr ausgereicht. Deshalb wurden zwei große Speicherseen mit einem Wasser-Fassungsvermögen von zusammen ca. 110.000 m3
(einhundertzehntausend Kubikmeter) in den Bergwaldbereich (1250 m ü. NHN und 1350 m ü. NHN) hinein gebaut („Schnee?“). Diese Teiche sollen das Wasser für die Beschneiungen in kurzer Zeit liefern – nicht nur für die WM 2011, sondern auch für 2018.

Für die Olympischen Winterspiele gibt es genaue Vorgaben über die Menge des benötigten Kunstschnees: Mehr als bisher. Nicht nur 30 cm für die Grundbeschneiung erscheinen notwendig, sondern olympische 50 cm – als Nachbeschneiung kommt etwa die gleiche Menge Kunstschnee hinzu.

Schon jetzt wird zur Füllung der Beschneiteiche das Wasser aus dem Tal herauf gepumpt; damit verschlechtert sich die Energiebilanz der Schneekanonen weiter. Trotzdem reicht der Wasserbedarf nicht für die gleichzeitige Beschneiung der Wettkampfpisten und des normalen Skibetrieb aus. Der Gesamtwasserbedarf für die Grund- und Nachbeschneiung beträgt bereits mindestens 170.000 m3 pro Saison.

Es musste entweder ein weiterer Speichersee gebaut oder weiteres Wasser aus dem Tal nachgepumpt werden. Deshalb schloss man Ende 2009 die Beschneiungsanlagen an den Tiefbrunnen an der Degernlahne an: Das fehlende Wasser wird seither aus Garmisch-Partenkirchner Tiefbrunnen entnommen. Zunächst wird es in den unteren Beschneiteich, dann weiter in den oberen gepumpt.

Damit entstand ein neues Problem: Das Beschneiwasser ist zu warm. Man pumpt inzwischen so viel Wasser (Grundwasser) nach, dass die natürliche Kühlung durch niedrige Außentemperaturen an der Teichoberfläche alleine nicht mehr reicht. Auch der Pumpvorgang aus dem Tal erhöht die Temperatur – und verschlechtert wiederum die Energiebilanz!

Bisher wurde das Wasser durch Umwälzung über die Wasseroberfläche gekühlt. Die Außentemperaturen steigen im Durchschnitt aber an – und es ist oft zu warm. Zudem muss in kurzer Zeit mehr Schnee produziert werden, da die möglichen Beschneizeiten von Jahr zu Jahr kürzer werden und immer häufiger bereits produzierter Schnee durch Regen verloren geht.

Die Kunstschnee kann nur mit Wasser um den Gefrierpunkt produziert werden. Deshalb muss eine neue und aufwendige Wasserkühlung her – Kühlanlagen mit je vier Kühltürmen sind am unteren Beschneiteich an der Kandahar in Garmisch-Partenkirchen bereits im Bau. Damit soll das Wasser auf Temperaturen von etwa 1,5° bis 0°C heruntergekühlt werden. Kosten der im Bau befindlichen Anlage: 700.000 Euro. Wieder fallen Bäume, und über die Lärmentwicklung darf man spekulieren. Schon die laufenden Schneekanonen selbst sind im Winter sogar nachts im ganzen Tal zu hören.

Das ist keine Satire!

Nachhaltig? Nein. Nachhaltig kann das nicht sein. Es ist pure Verschwendung von Wasser, Energie und Landschaft in großem Umfang.

In den Bewerbungsunterlagen für die Olympischen Winterspiele „München 2018“ wird diese Nachhaltigkeit umdefiniert. Für Kandahar und Hausberg in Garmisch-Partenkirchen wird dargestellt, daß „im Zuge der Olympiaaustragung keine zusätzlichen Beschneiunganlagen oder Speichermöglichkeiten im Bereich der bestehenden Wettkampfstätten notwendig“ seien. Damit wird der „Bestand“ und alles, was im vorauseilenden Vollzug gebaut wird – wie jetzt die Kühltürme am unteren Beschneiteich -, ökologisch legitimiert. Mit dieser Argumentation kann man aber jede noch so klima- und umweltschädliche Anlage schönreden.

Zudem sind die Angaben unwahrscheinlich, denn acht Jahre (bis 2018) sind im Klimawandel – und im Skisport – eine sehr langer Zeitraum. Da wird noch viel passieren – auch auf dem Sektor „Klima und  Beschneiung“.

Gelände Gut Schwaiganger, August 2010

Schwaiganger
Für das „Nordische Zentrum Schwaiganger“ gilt dies ohnehin nicht: Die Biathlon- und Langlaufanlagen existieren bisher nur auf dem Papier.

Alles müsste hier neu gebaut werden – wie es heißt; „temporär“. Danach soll alles wieder abgerissen werden. Alles?

Schwaiganger liegt noch tiefer als Garmisch-Partenkirchen: „Nur eine fest installierte Beschneiungsanlage ist technisch in der Lage, innerhalb einer vorgegebenen Zeit von 65 h die Strecke mit ausreichend Schnee (50 cm Mächtigkeit) zu belegen“. Die Beschneiung für Schwaiganger wird komplett neu gebaut – Wasser will man aus der Loisach holen. Das gilt bei den Betreibern aus wirtschaftlicher Sicht als „hervorragend.“ Hierzu sind aber noch Genehmigungsverfahren notwendig.

Beschneiungswasser muss Badewasserqualität besitzen. Die Loisach führt gerade im Winter mit größerer Wahrscheinlichkeit Niedrigwasser und da sie auch als Vorfluter für Kläranlagen dient, ist sie somit in dieser Zeit stärker mit Keimen belastet.  Aufgrund der zu hohen mikrobiellen Belastung wäre dann u.U. eine UV-Behandlung notwendig, oder es müsste eine „Bevorratung“ erfolgen, sprich noch ein Speichersee gebaut werden.

Auch in Schwaiganger gilt die Kühlung des Beschneiwassers als unabdingbar. Eine umfangreiche Anlage mit Hauptpumpen, Leitungen und Kühltürmen wäre dafür erforderlich. Der Energieverbrauch für die Grundbeschneiung der Nordischen Loipen mit 50 cm Kunstschnee wird mit ca. 65.000 kWh angesetzt. Hinzu kommt die „Nachbeschneiung“in etwa gleicher Höhe – und dies alles für 17 Tage.

Da das Loipennetz weit verzweigt ist und über 10 Hektar Pistenfläche umfasst, ist die „zeitnahe“ Beschneiung nur über ein fest installiertes Leitungsnetz gewährleistet werden. Das bedeutete: „.. das Leitungsnetz muss ins Erdreich verlegt werden“.

Wie will man das aber mit der Vorgabe des „temporären Wettkampfstandort“ Schwaiganger verbinden?

Die für die Olympischen Winterspiele geplanten Anlagen sind zu groß und weder ökologisch noch nachhaltig. Im „täglichen Betrieb“ nach den Spielen werden sie weit überdimensioniert und deshalb unwirtschaftlich sein. Schon jetzt belastet der Ausbau für die Ski-WM 2011 die Finanzen der Gemeinde Garmisch-Partenkirchen und der Bayerischen Zugspitzbahn über Gebühr. Der Klimawandel verstärkt diese Problematik zusehends.

Trotz all dieser Erkenntnisse feiern die Bewerbungsgesellschaft 2018, das Land Bayern, die Landeshauptstadt München, fast alle Münchner Stadträte und die beteiligte Gemeinde Garmisch-Partenkirchen die Olympischen Winterspiele München 2018 als umweltpolitische Großtat.

Quelle:
Die Bewerbung um die XXIII. Olympischen und die XII. Paralympischen Winterspiele 2018 – Umwelt- und Nachhaltigkeitskonzept – Zitate aus: 4.2 „Technische Beschneiung im Schnee-Park“

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