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Graubünden gegen Olympische Winterspiele

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Mrz 312010
 
Zuletzt geändert am 26.05.2010 @ 10:11

Vom Leitprojekt zum Leid-Projekt

Die Bewerbungsunterlagen im Mini Bid Book sind abgegeben, und damit ist die „Vision“ von „Grünen Spielen“ geplatzt. Jetzt ist es auch offiziell: Das große ökologische „Leuchtturmprojekt“ des Unesco-Biosphärengebiets für das Werdenfelser Land ist gescheitert. Die Zustimmung in der Region war von Anfang an schleppend. „Wir mussten nun zur Kenntnis nehmen, es geht einfach nicht“, zitiert die SZ am 22.3.2010 Boris Schwartz, den Chef der Fachkommission Umwelt. Man hatte darauf vertraut, die „Magie der fünf Ringe“ würde die Kommunen im Werdenfelser Land, also dort, wo die Schneewettbewerbe und damit der „Winterteil“ der Spiele stattfinden soll, von selbst zur Begeisterung rufen. So hatten die „Planer in München … aber vergessen, draußen mal nachzufragen, ob sich die Menschen dort ein solches Schutzgebiet überhaupt vorstellen können. Konnten sie nicht, was schon Ende 2009 abzusehen war.“ (SZ. 24.3.2010).

Im Münchner Mini Bid Book sind die zuvor hoch gelobten 18 Leitprojekte noch nicht einmal als verbindlicher Bestandteil enthalten. Die 18 „Leitprojekte“ des Umweltkonzeptes haben sich damit eher zu „Leid“-Projekten entwickelt: Das Umwelkonzept wird zum Ballast der Bewerbung.

Eigentlich hätten daraufhin sowohl die Grünen der Münchner Stadtratsfraktion als auch die letzten verbliebenen Umwelt- und Naturschutzverbände ihre Befürwortung der Bewerbung für die Olympischen Winterspiele München 2018 zurückziehen und umgehend die Fachkommission Umwelt verlassen müssen.

Denn diese Fachkommission Umwelt der Bewerbungsgesellschaft sollte das Grüne Image von „München +2“ tragen. Der Bund Naturschutz, der Verein zum Schutz der Bergwelt, Mountain Wilderness und CIPRA Deutschland (als Dachverband vieler Organisationen) hatten die Fachkommission Umwelt bereits im Sommer 2009 verlassen – schon damals war klar, dass den Verbänden nur die Rolle zukommen würde, die Erfolgsaussichten der Bewerbung für die Olympischen Winterspiele 2018 zu verbessern.

Zur Reaktion auf das Scheitern des Biospärenreservats schreibt Heiner Effern in der Süddeutschen Zeitung vom 24.3.2010:
„Der Deutsche Alpenverein (DAV), der als Naturschutzverband und Sportverband eng mit der Bewerbung verbunden ist, drohte deshalb Anfang 2010 auszusteigen, sollte nicht ein Ersatzmodell mit langfristigem Mehrwert für die Natur gefunden werden. Eine Sitzung der Fachkommission Umwelt in dieser brisanten Situation? Fehlanzeige. Als der DAV Anfang März wissen wollte, ob das Biosphärenreservat noch in der Planung ist, musste Geschäftsführer Bernhard Schwank erst mal nachfragen. Die Antwort lautete: nein. Und was ist mit dem von Umweltverbänden geforderten gleichwertigen Ersatz? Nichts. ’Da wir nicht immer nur kritisieren, sondern auch konstruktiv etwas beitragen wollten, haben wir selbst angepackt‘, sagt DAV-Präsident Röhle. Also lud er den Markt Garmisch-Partenkirchen, den Vogelschutzbund und staatliche Umweltschützer ein, um ein neues Projekt anzustoßen. Der Fachkommission Umwelt liegen nun zwei Projekte für die Alpenregion vor, von denen sie keines selbst initiiert hat.“

Zwei Projekte, von denen sie keines initiiert hat! Die Bewerbungsgesellschaft hat sich an ihrem Grünen Image verhoben, und die Bewerbung ist an diesem Punkt hilflos. Wären da nicht – ja wären da nicht die offenbar letzten verbliebenen Verbände „konstruktiv“ unterwegs. Aber was heißt hier konstruktiv? Und wofür? Für ein Umweltkonzept, dass den Erfolg der Bewerbung retten soll? Diese verbliebenen Verbände basteln jetzt an Ersatz-Projekten. Sie dokumentieren damit nur die Ratlosigkeit der Bewerbungsgesellschaft und riskieren den eigenen Ruf.

Denn sie müssen sich fragen lassen: Kann und darf es die Aufgabe eines Umwelt- und Naturschutzverbandes sein, eine Bewerbung und damit vielleicht auch die Durchführung Olympischer Winterspiele 2018 zu retten, die auch mit vielen guten Worten nicht nachhaltig sein kann und die in großem Umfang Landschaft und Natur zerstören wird? Vielleicht hilft den Verbänden der Rat, einen Blick in ihre jeweiligen Vereinssatzungen und Grundsatzprogramme zu werfen.

Denn Nachhaltigkeit lässt sich nicht herbeireden, sondern nur praktizieren! Olympische Winterspiele können diesen Anspruch nicht erfüllen Es gibt per se keine „nachhaltigen“ oder „umweltfreundlichen“ Olympischen Winterspiele.

Deshalb haben wir diese Webseite geschrieben und die Plattform NOlympia mitgegründet.

Dass das Umweltprogramm der Bewerbungsgesellschaft keine Zugkraft entwickelt hat, liegt in der Sache selbst: Die „Grünen Spiele“ und „Fackeln der Nachhaltigkeit“ sind keine echten Ziele, sondern bestenfalls taktische Manöver. Taktik aber beflügelt nicht. Die Bewerbung hat immer schon gelahmt. Begeisterung entsteht eben nicht aus (Selbst-)Täuschung.

Dieser mangelnde Elan wird auch in anderen Entwicklungen der Bewerbung für 2018 deutlich: Richard Adam, einer der drei Geschäftsführer der Bewerbungsgesellschaft, wurde mit sofortiger Wirkung „beurlaubt“. Und dem Bewerbungsbudget fehlen noch immer mehr als zehn Millionen Euro. Der Plan, das Geld ausschließlich von nichtstaatlichen Sponsoren zu bekommen, ist längst gescheitert: Schon jetzt kommt ein Großteil der Bewerbungskosten u. a. von Flughafen München, Sparkassen-Finanzgruppe, Messe München und den Stadtwerken – alle in Öffentlicher Hand.

Ein weiteres Manko: Den Widerstand in Garmisch-Partenkirchen und in Oberammergau hat man nie ernst genommen. Das zeigt sich schon im Umgang mit den beteiligten Grundbesitzern und Landwirten. Auch das Scheitern des Biosphärengebiets hatte die Bewerbungsgesellschaft und der DOSB selbst verschuldet: Immer wieder wurde es vor der Presse als „Leuchtturmprojekt“ und als „grünes“ Symbol der Bewerbung bezeichnet, ohne die beteiligte Bevölkerung einzubeziehen. Über ein Biosphärengebiet entscheidet aber die Weltnaturschutzunion IUCN nach langer Vorarbeit und Diskussionen mit der Bevölkerung vor Ort. Es kann nicht per Verordnung im Rahmen Olympischer Spielen, zum durchschaubaren Zweck von deren “Greenwashing”, einer Region übergestülpt werden. Das hätte man in der Bewerbungsgesellschaft und in deren Fachkommission Umwelt wissen müssen.

Wie geht es weiter? Woran wird gerade gearbeitet? Wir werden weiter informieren.

Bis dahin denken wir an das Lied von Nena: 99 Luftballons.
Nein, nur 18 – „auf dem Weg zum Horizont“ – mit dem Konzept der „Grünen Vision“ für 2018.

Sylvia Hamberger, Axel Doering, Andreas Keller und Wolfgang Zängl

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