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Olympische Winterspiele Vancouver 2010

 
Zuletzt geändert am 13.11.2016 @ 16:07
© Foto: Gesellschaft für ökologische Forschung

© Wolfgang Zängl, Gesellschaft für ökologische Forschung

Fazit Vancouver: Nach den Spielen
Olympische Fröhlichkeit war angesagt: bunte Fernsehbilder und perfekte Übertragungen, feiernde Menschen in Partyzonen. Nun ist der Olympische Traum ausgeträumt, der Olympische Jubel vorbei, der Olympische Rausch verflogen. Lkws und Hubschrauber für den Schneetransport werden nicht mehr benötigt. Allein der Schneetransport an den Cypress Mountain für Snowboard- und Freistilwettbewerbe hatte fünf Millionen Dolllar gekostet (Braune 28.12.2010).
Der Kunstschnee kann also in Ruhe abtauen. Auf der Bobbahn verunglückt niemand mehr, und keiner weiß, ob sie überhaupt noch einmal in Betrieb gehen wird. Die Rennstrecken sind leer. Auf dem neuen Sea-to-Sky-Highway fahren nur wenige Autos. Die Überwachungsdrohnen sind wieder am Boden. Die seit Januar 2010 vom kanadischen Premierminister in Zwangsurlaub geschickten Parlamentarier haben ihre Arbeit wieder aufgenommen. Die Baufirma des Olympischen Dorfes ist pleite.
Jetzt kommt der nacholympische Alltag. Jetzt kommt der Zahltag. Sechs Milliarden kanadische Dollar wurden in die Winterspiele und die Infrastruktur investiert: Kapital, das nun für wichtige Aufgaben fehlt. Als erstes wurden in Vancouver die Kultur-Subventionen um 90 Prozent gekürzt. Das Defizit beträgt nach Auskunft des Finanzministers von British Columbia 925 Mill. kanadische Dollar (rund 713 Mill. €), die die Stadt über Jahrzehnte zurückbezahlen muss – 17 Jahre Schuldendienst für 17 Feier-Tage (Fong 9.7.2010). Ähnlich war es in Nagano 1998, in Salt Lake City 2002 und in Turin 2006. (s.  „Erfahrungen“) Und Sotschi wird es noch übler treffen als Vancouver.

Warum wollen München und die beteiligten bayerischen Alpengemeinden die Winterspiele 2018? Denn nur eines ist sicher: The winner takes it all. And the winner is: IOC.

„Grüne Spiele“
Die Regierung von Vancouver hatte bei ihrer Bewerbung die „grünsten Olympischen Spiele, die es je gab“, angekündigt – ähnlich wie es die Münchner Bewerbung 2018 propagiert.

Es kam anders. Für die olympischen Bauten wurden wertvolle Biotope vernichtet und für den Ausbau der olympischen Sportstätten 100.0000 Bäume gefällt. Die Eisbahn des Whistler Sliding Center wurde in den vormaligen Lebensraum von mehreren Dutzend Schwarzbären gebaut.

Und obwohl der Oberste Kanadische Gerichtshof die Gültigkeit des indigenen Landrechtes 1997 bestätigte, fanden die Olympischen Winterspiele 2010 in Vancouver auf indianischem Boden statt, der nie abgetreten, sondern von der Regierung einfach bebaut wurde. (Siehe auch > Punkt Sicherheit)

Widerstand gegen Olympische Ausbauten
Bereits vor der Vergabe gegen die Ausrichtung der Winterspiele auf ihren Gebieten protestierten Angehörige der First Nations, wie die indianischen Ureinwohner in Kanada genannt werden und forderten den Boykott der Olympischen Winterspiele 2010. Die Indigenen blockierten die Ausbaupläne in Zusammenhang mit den Winterspielen am Melvin Creek und in Sun Peaks. Im Frühjahr 2006 blockierten sie eine Straße bei D’Arcy, um 85 Hektar von einem der ältesten  Urwälder zu schützen.

Gegen den vierspurigen Ausbau der Straße zwischen Vancouver und Whistler, dem so genannten „Sea-to-Sky-Highway“ gab es seit Beginn des Ausbaus 2006 zahlreiche Proteste und Blockaden durch Indigene und Umweltschützer. Die Autobahn führt nun durch indianisches Gebiet, das ebenfalls nie abgetreten wurde, dazu durch das Naturschutzgebiet Eagleridge Bluffs mit Weißkopfadlern, das sie zerstörte. Selbst ein Gutachten des Verkehrsministeriums hatte bereits im Planungsstadium konstatiert, es handele sich hier um „extrem seltene, einzigartige Feuchtgebiete, die sehr anfällig sind gegenüber Störungen.“ Doch der Highway wurde dennoch durchgesetzt. (siehe auch “ No Olympics On Stolen Land. Winterolympiade in Vancouver verletzt indigene Rechte„)

Der „Sea-to-Sky-Highway“ trieb die Immobilienpreise im Austragungsort Wistler in die Höhe, sodass dort fast nur noch Auswärtige dort Häuser und Wohnungen erwerben können: Die ansässige Bevölkerung und ihre Kinder können sich jetzt kaum noch eine Behausung leisten. (Eine durchgehende Autobahnverbindung von München nach Garmisch-Partenkirchen würde auch dort die derzeit schon schwierige Immobiliensituation weiter verschärfen.)

Die Initiativen „No Games 2010“ und „2010 Watch“ dokumentierten von Anfang an die Entwicklung und organisierten Proteste. (Siehe Links am Ende)

Wirtschaftsentwicklung
Soziale Probleme von Vancouver sind unter anderem Drogen, Arbeitslosigkeit, Armut und das Fehlen von billigem Wohnraum. Keines dieser Probleme wurde durch die Olympischen Winterspiele gelöst, sie wurden im Gegenteil noch verschärft. Im Gefolge der Olympischen Spiele 2010 wurden die Single Room Occupancy-Hotels abgerissen, in denen Obdachlose günstig wohnen konnten: Die Streetsleepers wurden dann vor Beginn der Spiele aus der Stadt gebracht, und die Sportler wohnen während der Spiele „ökologisch nachhaltig“ im Olympischen Dorf, dessen Wohnungen nach den Spielen verkauft werden. Statt dem günstigen Wohnraum, der ursprünglich geplant war, entstanden hier Luxusimmobilien. Die zuvor schon hohen Mieten und Immobilienpreise stiegen noch weiter.

Die Olympischen Aufträge gingen zum größten Teil an in- und ausländische Großkonzerne: Olympische Gewinner sind immer Immobilienfirmen und Banken. Sponsoren sind neben den üblichen wie Coca-Cola und McDonald’s auch PetroCanada, Hudson’s Bay Company und BC Hydro and Power Authority, die viel Übung darin haben, unter Missachtung der Landrechte indigenes Land zu zerstören.

Für die Fernsehrechte im kanadischen Vancouver wurden von den Sendern in Amerika und Europa über eine Milliarde Dollar bezahlt; davon geht ein großer Teil an das IOC (International Olympic Committee).

Die Wirtschaftsprüfer von PriceWaterhouse Coopers kamen bei der Untersuchung der Spiele von Vancouver auf ein Wachstum des Bruttoinlandsproduktes um maximal 0,1 Prozent; um denselben Prozentsatz sinkt bestenfalls die Arbeitslosenquote.

Die Kosten
Die Olympischen Winterspiele sollten nach VANOC (Vancouver Organizing Committee) zwei Milliarden Dollar kosten und 51 Millionen kanadische Dollar Gewinn bringen. Dazu sind in alter IOC-Tradition die gesamte Infrastruktur wie Sea-to-Sky-Highway, Canada Skytrain etc. und die Kosten für Sicherheit (sie stiegen von anfangs 117 Millionen Dollar auf derzeit 712 Millionen Dollar, siehe Link „Sicherheit“) nicht enthalten – genau wie in der Münchner Bewerbung. Die offiziellen Gesamtkosten liegen nach Auskunft des Finanzministers von British Columbia bei sieben bis acht Milliarden kanadischer Dollar. Die endgültigen Kosten durch den Bankrott der Baufirma des Olympischen Dorfes sind noch nicht absehbar, siehe unten.

In einem Zwischenbericht werden Gesamtkosten von 6,6 Milliarden Euro angegeben. Allein die Kosten für Sicherheit betrugen über 700 Millionen Euro. Der Sea-to-Sky-Highway kostete 600 Millionen Dollar, die S-Bahn vom Flughafen in die Innenstadt zwei Milliarden Dollar und das Kongresszentrum fast 900 Millionen Dollar. Diese Zahlen tauchen in den Olympia-Kosten gar nicht auf: das übliche Spiel mit dem OCOG-Budget und dem Non-OCOG-Budget. Die sozialdemokratische Abgeordnete der Opposition, Kathy Corrigan kritisierte: „Wir werden niemals die Antwort bekommen, wie teuer die Spiele für den Steuerzahler wirklich waren“ (Braune 8.8.2010).Der Finanzminister der kanadischen Provinz British Columbia teilte im Juli 2010 mit, dass sich das Defizit, also die Kosten für den Steuerzahler, von der ursprünglichen Schätzung von 600 Millionen kanadische Dollar auf 925 Millionen (etwa 713 Millionen Euro) erhöht hat (Fong 9.7.2010).

Professor Kennedy Stewart von der Simon-Fraser-University in Vancouver analysierte die Fluggastzahlen und stellte fest, dass 100.000 Besucher weniger am Flughafen in Vancouver im Jahr 2010 ankamen als 2008. Er sieht die Gefahr, dass „die Bewohner British Columbias sechs Milliarden Dollar ausgegeben (haben), um eine gigantische Party für sich zu veranstalten – und damit ausländische Touristen und ihre dringend benötigten Urlaubs-Dollar abgeschreckt“. (Braune 8.8.2010)

Vor den Spielen
Der Olympische Fackellauf begann am 30.10.2009 unter Protesten von indigenen Völkern, da er ungefragt 450 Kilometer über indianisches Gebiet führen sollte: Deswegen musste der Verlauf geändert werden. Er wurde der längste in der olympischen Geschichte: 12.000 Läufer trugen die Fackel. Er dauerte bis zur Eröffnung der Winterspiele am 12.2.2010 und kostete 25 Millionen Dollar.

80 teilnehmende Nationen, 2632 Sportler und 86 Wettbewerbe machten die Olympischen Spiele 2010 wie üblich noch größer als die vorangegangenen in Turin 2006.

Im 125 Kilometer von Vancouver entfernten Whistler werden alpine und nordische Skiwettbewerbe ausgetragen, Bob-, Rodel- und Skeletonanlagen wurden neu gebaut. Einem Teil des olympischen Wintersportgebietes droht noch während der Winterspiele im Februar 2010 die Zwangsversteigerung, da die Betreibergesellschaft Intrawest die aufgenommenen 1,7 Milliarden Dollar nicht bedienen kann und von den Banken das Zwangsvollstreckungsverfahren eingeleitet wurde.

Die Sprungschanzen in Whistler für die Olympischen Winterspiele in Vancouver 2010 wurden zuerst in den Berg gesprengt: Nun, Anfang 2011, wurden sie schon wieder abgerissen und existieren nicht mehr (Der Anfang vom Ende der olympischen Träume, in wienerzeitung.at 22.2.2011)

Die Spiele
Die Spiele fanden vom 12. bis 28. Februar 2010 statt. Bei der Eröffnungszeremonie, die 27 Millionen Euro kostete, durften die vier offiziellen „Host Nations“ mit einmarschieren: Sie repräsentierten nur 6000 von insgesamt etwa 600.000 Indigenen und wurden von der Regierung mit Millionen Dollar für diese peinliche Rolle geködert, während andere Indianerstämme bis zuletzt Widerstand gegen die Spiele leisteten.

Der Slogan für die Spiele in Vancouver hieß „With glowing hearts“. Damit ist nicht die warme Witterung am Cypress Mountain gemeint. Um die dortigen Wettbewerbe zu ermöglichen, musste Schnee für die Snowboard- und Freestyle-Wettbewerbe aus 150 Kilometer Entfernung angefahren und Rohre mit Trockeneis unter den Pisten verlegt werden, damit die Schneedecke liegen blieb.

Das Olympisches Motto „Citius, altius, fortius“ (schneller, höher, stärker) hatte auch das Risiko steigen lassen: Der Eiskanal von Whistler (Baukosten 75 Millionen Euro) wurde bewusst riskanter als seine Vorgänger angelegt. Mit 20 Prozent Gefälle wurden 150 km/h erreicht. Das forderte seinen Preis: Bei den Probeläufen starb ein georgischer Rennrodler im Bobkanal. Der Bob-Weltverband FITB kam umgehend zur nahe liegenden Diagnose, dass der Rodler individuelle Fahrfehler begangen habe. Als weitere Bobfahrer verunglückten und sich verletzten, verfügte der Verband, dass Trainer und Fahrer sich nicht über die Bahn äußern durften. Einige Sportler reisten aufgrund dieser Bedingungen ab. Sogar während der Fernsehübertragungen fragten sich betroffene Journalisten, ob diese Olympischen Winterspiele noch den ethischen Grundsätzen der Olympischen Charta genügen.
Die kanadischen Behörden legten die Angelegenheit als „unvorhersehbaren Unglücksfall“ zu den Akten (Kreisl 27.11.2010).
Auch bei den Alpin-Wettkämpfen kam es zu schweren Stürzen. Es war viel zu warm und unbeständig mit abwechselnden Regen- und Schneeschauern oder Nebel. Viele Ski-Alpin-Wettbewerbe mussten wegen unbefahrbarer Pisten verschoben werden.

Beim Abfahrtslauf der Herren lagen die Laufzeiten der 64 Rennläufer bei jeweils um die zwei Minuten. Nach weniger als zwei Stunden war diese Fernsehübertragung vorbei – nur die Besten durften auf den Bildschirm. Es wäre noch schneller gegangen, wenn es keine Stürze gegeben hätte. Einige Fernsehkameras filmten das Rennen vom Hubschrauber aus.

Wegen der hohen Geschwindigkeitenwurden Schneisen von mehr als 100 Meter Breite in den Bergwald geschlagen, um bei Unfällen genügend Sturz- und Auslaufdistanzen zu schaffen. Für diese zweieinhalb Stunden Spektakel wurden tausende Bäume gefällt. Ob die Strecke jemals wieder genutzt wird, ist nicht bekannt. „White Elephants“ nennt man ungenutzte Olympische Bauten, von denen es an allen bisherigen Austragungsorten mehr als genug gibt.

Olympisches Dorf
In The Province stand Mitte November 2010 eine hübsche Chronologie:
Im November 2002 unterzeichnete die Stadt Vancouver den Vertrag mit dem „Vancouver Olympic Bid Committee“ über den Bau des Olympischen Dorfes. Im Juli 2003 erhielt Vancouver mit Whistler die Olympischen Winterspiele 2010. Im April 2006 überbot die Millenium Group die Firmen Concord Pacific und Wall Finance und bezahlte den Rekordpreis von 193 Million C$ für das der Stadt gehörende 2,6 Hektar große Baugrundstück False Creek. Millenium spekulierte auf 750 Millionen C$ vom Wall Street-Konzern Fortress Investment Group für den Bau  von 1100 Wohnungen, davon 200 Mietwohnungen und 250 Sozialwohnungen.

Im September 2010 schuldete Millenium der Stadt Vancouver 740 Millionen C$ und hatte 259 Eigentumswohnungen verkauft: 500 konnten bislang nicht verkauft werden. Im Oktober 2010 hatte Millenium nur 192 Millionen C$ an Vancouver zurückgezahlt und war mit 200 Millionen C$ im Rückstand.
Im November 2010 war Millenium bankrott. Die gesamten Projektkosten betrugen eine Milliarde C$. „Wer aber heute, neun Monate nach den Winterspielen, durch das olympische Viertel spaziert, fühlt sich wie in einer Geisterstadt… Die 252 subventionierten Sozialwohnungen stehen leer, genauso wie viele der Luxus-Apartments, die Millionen kosten“ (Calonego 20.11.2010). Von 1108 Wohnungseinheiten „sollten nach den Spielen 856 als Eigentumswohnungen verkauft werden, einige davon für mehr als fünf Millionen Dollar… Die Siedlung ist, wie die Zeitung Vancouver Province schrieb, eine Geisterstadt. Nur 35 Prozent der 856 Einheiten, die verkauft werden sollten, haben einen neuen Eigentümer gefunden“ (Braune 28.12.2010).
Derzeit wird mit einer Milliarde kanadischer Dollar Verlust gerechnet. Bereits im Januar 2009 musste die Regierung von British Columbia ein Notstandsgesetz verabschieden, damit Vancouver 458 Millionen Dollar Kredit aufnehmen konnte – um das Olympische Dorf zu finanzieren. Insgesamt musste Vancouver umgerechnet 677 Millionen Euro Darlehensgarantien geben. Die Stadt muss zusammenstreichen, was noch zu streichen ist – aufgrund riesiger Fehlinvestitionen für 17 Tage.
So würde es in München 2018 auch laufen: 880 Mietwohnungen sind derzeit eingeplant, die aufgrund der olympischen Verschuldung als Eigentumswohnungen verkauft werden müssten.

Zustimmung
2002 waren 63,5 Prozent der Bürger Vancouvers für die Spiele, mittlerweile ist der Anteil der Befürworter auf unter 50 Prozent gefallen und wird noch weiter absinken. Christopher Shaw ärgert sich vor allem, dass die selbstbewusste Stadt Vancouver dem IOC auf den Leim gegangen ist.

Olympische Spiele und vor allem Winterspiele beginnen mit großer Euphorie und hinterlassen ein verhängnisvolles Erbe. Die betroffenen Austragungsorte müssen jahrzehntelang den ökologischen und ökonomischen Preis für ihre Fehleinschätzung bezahlen. So war es in Nagano 1998, in Salt Lake City 2002 und in Turin 2006. So ist es nun in Vancouver 2010. So wird es in Sotschi 2014 sein.  Und so würde es auch in München und den beteiligten Alpenorten 2018 enden.

David Cadman, Mitglied des Stadtparlaments von Vancouver, sagte in der Monitorsendung Mitte November 2010: „Wissen Sie, die Sportfunktionäre vom Internationalen Olympischen Komitee kommen zur Party. Sie genießen es. Sie lieben es, in der Stadt eigens reservierte Fahrspuren zu haben. Sie lieben es, bei den Events ihre reservierten Plätze zu haben. Sie leben wie kleine Könige. Nur: Am Ende zahlt der Steuerzahler für Ihre Herrlichkeit.“ (Monitor 18.11.2010; Übersetzung Monitor)

Nachtrag Oktober 2013: Waren die Olympischen Winterspiele sieben Milliarden kanadische Dollar wert?
Das fragte Forbes angesichts einer Studie von Prof. Bob Van Wynsberghe von der Universität British Columbia. In Vancouver  und Whistler profitierte der Studie zufolge die Infrastruktur, aber der Rest des Landes profitierte nicht (Were The Vancouver Olympics Worth $ 7 Billion? in forbes.com 25.10.2013). Versprochen worden waren Milliarden Dollar Gewinne, ein Tourismus-Boom, Ein Plus für den Bekanntheitsgrad von Vancouver, eine Viertelmillion neue Jobs. Der damalige Premier Gordon Campbell versprach: “Die Spiele werden sich selbst finanzieren” (Palmer, Vaughn, Main Olympic benefit was to morale: study, in vancouversun.com 26.10.2013). Aber: Es kamen nicht mehr Besucher, und sie blieben nicht länger oder gaben mehr aus. Die Wissenschaftler konnten auch nicht feststellen, dass der Bekanntheitsgrad von Vancouver erhöht worden sei. Die ökonomische Situation für British Columbia war vernachlässigbar. Auch die Zahl der geschaffenen Jobs bewegte sich nur im Rahmen zwischen 38.530 und 51.510. Als Vorteile wurden bezeichnet: Der ausgebaute Sea to Sky Highway, die Verkehrsanbindung an den Flughafen und das Konferenzzentrum an der Vancouver-Pazifikküste.
Fazit: “Vancouver hatte keinen Vorteil durch die Olympischen Spiele während des Austragungsjahres oder danach” (Ebenda). Der einzige nachweisbare Gewinn war der “feel-good factor”, der aus dem Medaillen-Gewinn und dem Austragen der internationalen Wettbewerbe herrührte (Ebenda).
War das sieben Milliarden kanadische Dollar (rund fünf Milliarden Euro) wert?
Nein, das war es nicht wert. Denn hinzu kommt die Situation des Olympischen Dorfes. Hier standen früher Sozialwohnungen, die abgerissen wurden. Dann ging der Bauträger Millenium pleite, und die Stadt Vancouver musste  einspringen. Die 1100 Wohnungen sollten in einer Mischung aus Eigentumswohnungen, Mietwohnungen und Sozialwohnungen weitergenutzt werden. Nun werden alle verkauft: Den steuerzahler trifft das Desaster immer noch mit umgerechnet 200 Millionen Euro (Calonego, Bernadette, Belebung am False Creek, in SZ 2.11.2013).

Nachtrag August 2016: Whistler verkauft
Der olympische Austragungsort von Vancouver 2010, Whistler mit 32 Quadtratmeter Fläche über 14 Täler und drei Gletschern, wurde vom Unternehmen Vail Ressorts aus Colorado/USA für 1,4 Milliarden kanadische Dollar (960 Millionen Euro)  gekauft (AFP, Skigebiet Whistler verkauft, in SZ 10.8.2016).

Zwischenbericht zu Umweltschäden und soziale Schäden durch Vancouver 2010 in 3sat am 22.2.2010:http://www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=17062

Ausgewählte Quellen
Ahrens, Peter, Bobs auf der Kippe, in spiegelonline 19.2.2010
Becker, Lars, Cramer, Steve, Teil Whistlers droht Verkauf, n-tv.deBritische Polizei will Bürger mit Drohnen überwachen, in spiegelonline 24.1.2010
Braune, Gerd
– Ein gemischtes Vermächtnis, in Frankfurter Rundschau 8.8.2010
– Nullsummenspiel in Vancuver, in Frankfurter Rundschau 28.12.2010
Calonego, Bernadette
– „Kanadas Sizilien“ in SZ 5.3.2009
– Vancouver, in SZ 20.11.2010
Carrigg, David, Countdown to Olympic Village bankrupcy, in The Province 18.11.2010
Der Anfang
vom Ende der olympischen Träume, in wienerzeitung.at 22.2.2011
Fong,Petti, B.C. Taxpayer’s Olympic Costs 925 Million, in olympics.thestar.com 9.7.2010
Gertz, Holger, Die Kakerlake als Maskottchen, in SZ 8.2.2010
Gödecke, Christian, Todesschatten im Eiskanal, in spiegelonline 13.2.2010
Häntzschel, Jörg, Stadt aus Glas, in SZ 9.2.2010
Hasardeure im Eiskanal, in Der Spiegel 7/13.2.2010, S. 117
Jakobs, Hans-Jürgen, Die Armee des Friedens beklagt einen Gefallenen, in sueddeutsche.de 13.2.2010
Kostenfalle Olympia: Wie die Winterspiele Kommunen ruinieren, Monitor 18.11.2010
Kreisl, Volker, Sotschi macht Sorgen, in SZ 27.11.2010
Kuske, Tobias, Angst vor Milliardendefizit in Vancouver, in Sponsors  28.1.2010
Leiren-Young, Mark, Betty Krawczyk, Proud Fanatic, in The Tyee 1.6.2009
McMartin, Pete, A torch to throw light on a dark memory, in Vancouver Sun.com, 11.2.2010
Nyberg, Helga, Schwarzbauer, Peter, Von Olympischen Ringen geknebelt, in Coyote 83/Herbst 2009
Olympia-Gegner randalieren in Vancouvers Innenstadt, in spiegelonline 14.2.2010
Pfeiffer, Frieder, Olympische Spiele 2014 – Winterspiele unter Palmen? spiegelonline 3.7.2007
Podbregar, Nadja, Lohmann, Dieter, Vancouver 2010 – Wie sauber sind die Winterspiele, in  Scinexx.de
Schneemangel eine „gewaltiger Herausforderung“, in spiegelonline 3.2.2010
Shaw, Christopher, Five Ring Circus, Gabriola Island 2008
Seiller, Ludwig, Immobilienhaie in Sun Peaks, www.sunpeaks.de/news
Seiller, Monika, Ungebrochener Widerstand, Coyote 3/2004; No Olympics on Stolen Land! Sonderheft Coyote, Januar 2010
Supreme Court of British Columbia, Gerichtsurteil gegen Millenium Southeast False Creek Properties, 17.11.2010
Widerstand am Cypress Mountain, in SZ 6.2.2010
Völker, Markus, Dr. No und der Marktstalinismus, in taz 3.2.2010
Weissenborn, Stefan Robert, Vancouvers dunkle Seite, in taz 19.1.2010
Wikipedia, Olympische Winterspiele 2010

 

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