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Graubünden gegen Olympische Winterspiele

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Belastungen für die ansässige Bevölkerung

 
Zuletzt geändert am 24.10.2013 @ 14:10
© Foto: Gesellschaft für ökologische Forschung

©  Text: Axel Doering,  Gesellschaft für ökologische Forschung

 

 Zweiter Versuch: München 2022? Nein danke!

 Die sozialen Folgen

·         Olympische Winterspiele schaffen keinen bezahlbaren Wohnraum. Die Mieten werden noch stärker ansteigen. In München laufen bereits heute die Mieten den Einkommen der Normalverdiener davon. Der Megaevent der Olympischen Winterspiele wird diese Entwicklung noch einmal beschleunigen.

·         In den Alpen- und Voralpen-Gemeinden kommt es in der Folge von Wintersport-Großveranstaltungen erfahrungsgemäß zu einem massiven Zweitwohnungsboom und zu einem Anstieg der Orts-Mieten. Bereits die Bewerbung für „München 2018″hat dazu beitragen, dass das Wohnen im teuren Garmisch-Partenkirchen nahezu unbezahlbar geworden ist. Soll Garmisch-Partenkirchen durch „München 2022“ ein Ort nur noch für Reiche werden?

·        Zur Finanzierung der Infrastrukturen für Ski-WM, Weltcup und Sprungschanze wurden in Garmisch-Partenkirchen in den letzten Jahren viele gemeindeeigene Immobilien, darunter 200 Sozialwohnungen verkauft. Dabei kostete eine einzelne Schneekanone etwa so viel wie eine Sozialwohnung erbrachte. In die letzten noch verbliebenen Wohnungen wird nichts mehr investiert, um ihren geplanten Verkauf mit schlechter Qualität begründen zu können.

·         Auf diese Weise gehen diese „Events“ zu Lasten der Schwächeren und der Jungen. Schon heute sind die Mieten für „Normalverdiener“ fast unerschwinglich. Damit gibt es bereits heute einen deutlichen Siedlungsdruck auf das Umland, mit der Folge eines enormen Verkehrszuwachses.

·         Es ist zu befürchten, dass jetzt wieder, wie bei der Bewerbung für München 2018, Jahre des Stillstands im Ort herrschen würden. Denn die Erwartung möglicher Spiele, die angeblich alle Probleme lösen sollen, würde jede Weiterentwicklung des Ortes, jenseits von Schnee und Wintersportgroßveranstaltungen lähmen.

 

Die Bewerbung bringt Unfrieden in die Orte

Die Bewerbungen und die massiven Auswirkungen auf die Umwelt und alle Bereiche des Zusammenlebens erzeugen, besonders in den kleineren Orten, heftige Auseinandersetzungen und Streit bis in Familien hinein, spalten die Orte zutiefst und führen zu Unfrieden. Während der Bewerbung „München 2018“ erhielten einzelne Mitglieder von Nolympia und Landwirte in Garmisch-Partenkirchen, die ihren eigenen Grund nicht hergeben wollten, sogar Morddrohungen.

 

Deshalb: NEIN zu „München 2022“

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ab hier Archiv von „München 2018“:

Garmisch-Partenkirchen sollte für die Olympischen und Paralympischen Winterspiele 2018 den sogenannten  „Schnee-Park“ (Snow-Cluster) mit den Alpin-Ski- und Skisprungdisziplinen aufnehmen, Oberammergau wurde wegen “massivem Widerstand”  im Passionsort aus den Planungen für die Olympischen Spiele 2018 genommen: ein Erfolg der Bürgerinitiative und vieler Grundbesitzer, die der olympischen Nutzung – und damit der längerfristigen Zerstörung – ihrer Grundstücke nicht zugestimmt haben. Auch in Garmisch-Partenkirchen haben 167 Grundeigentümer mitgeteilt, dass sie ihre Grundstücke nicht zur Verfügung stellen werden.

Die Biathlon– und Langlauf-Wettbewerbe sind auf dem staatlichen Grund von Gut Schwaiganger bei Ohlstadt geplant – und  Schönau am Königssee erhält laut Bewerbung die Rodel- und Bobwettbewerbe.

Garmisch-Partenkirchen Im Jahr 2005 – vor der WM-Bewerbung für 2011 – lagen die Schulden in Garmisch-Partenkirchen noch bei 46,8 Millionen Euro (1785 €/Einwohner). Mit der jetzigen Verschuldung von 111 Millionen Euro entfällt auf jeden Einwohner ein Minus von 4.200 €.

2009 hatte der Ort laut Landratsamt 111 Millionen Euro Schulden: davon die Gemeinde selbst 41,4 Millionen Euro, die privatisierten Gemeindewerke 46,6 Millionen Euro, die gemeindeeigene Bayerische Zugspitzbahn 23 Millionen Euro. (Effern, Heiner, Garmischer Gratwanderung, in SZ 30.3.2009)

In Garmisch-Partenkirchen werden schon seit Jahren Millionen Euro in den Ausbau der Wintersport- und Ski-Infrastruktur gesteckt: Die Maßnahmen seit 1997 bis 2009 addieren sich auf 82,7 Millionen Euro.

Dagegen muss die Gemeinde bis 2013 67 neue Krippenplätze aufbauen, wofür bis 2012 gerade 11.000 Euro eingeplant sind. Bürgermeister Thomas Schmid (Christlich Soziales Bündnis CBS) behauptet dagegen: „Der Gemeindehaushalt steht auch in Zukunft auf sicheren Beinen.“ (Effern, Heiner, Garmischer Gratwanderung, in SZ 30.3.2009)

Garmisch-Partenkirchen hat bereits in den letzten Jahren  mehr als 200 Sozialwohnungen verkauft, um die Schulden wegen der übermäßigen Investitionen in den Wintersport nicht ins Uferlose steigen zu lassen. Jetzt sollen die Winterspiele wieder Wohnungen, wahrscheinlich der Luxusklasse, produzieren. Wintersportgroßveranstaltungen führen erfahrungsgemäß zu einem massiven Zweitwohnungsboom. Schon die Ski-WM 1978 in Garmisch-Partenkirchen oder die Weltmeisterschaften in St. Moritz und im Oberengadin haben das deutlich gezeigt. Zweitwohnungen wiederum belasten jede Gemeinde, da die Infrastruktur für den „Voll-Lastbetrieb“ ausgelegt werden muss und kaum Einnahmen hereinkommen. Das erhöht den Druck auf den Mietmarkt.

Auf diese Weise gehen die Wintersportgroßveranstaltungen zu Lasten der Schwächeren. Denn die Mieten sind in Garmisch-Partenkirchen schon jetzt für „Normalverdiener“ fast unerschwinglich. Damit gibt es bereits heute einen deutlichen Siedlungsdruck auf das Umland, mit der Folge eines enormen Verkehrszuwachses.

Die finanziellen Garantien von Bundesregierung, Staatsregierung und Stadt München können nicht beruhigen, da sie mit einer Reihe von Klauseln verbunden sind, die das Risiko von Preissteigerungen teilweise bei den Kommunen belässt. Wenn Infrastrukturmaßnahmen im Ort durchgesetzt werden, die ohne die Spiele nicht benötigt würden, bleiben diese Kosten bei den Gemeinden hängen. Die Lebenserfahrung mit der Ausrichtung von Großveranstaltungen zeigt, dass auch viele Projekte und Belastungen dazu kommen, die die Bewerber entweder verschweigen oder ganz einfach vergessen.

Die Bürger von Garmisch-Partenkirchen wurden während des gesamten Bewerbungsprozesses für die Olympischen Winterspiele nie zu ihrer Meinung befragt, genauso wenig wie die betroffenen Grundeigentümer. Kritiker werden immer mehr zu Quertreibern stilisiert, Widerstand soll unterdrückt werden. Trotzdem haben die Staatsregierung in München und die Bundesregierung in Berlin die Bewerbung zur „nationalen Aufgabe“ erklärt.

Ein besonderes Kapitel ist der Umgang mit den benötigten Grundstücken. Hier wurde ge- und verplant, ohne  zu fragen. Die zuerst erstaunten, später dann verärgerten Grundeigentümer wurden immer wieder mit Allgemeinplätzen abgespeist. Erbetene Pläne wurden ihnen nicht vorgelegt. Ihr Brief an den Gemeinderat am Tag des Beschlusses über die Abgabe des „Bid Books“, dass die benötigten Grundstücke nicht zur Verfügung stehen, wurde grob fahrlässig ignoriert, und der Staatskanzleichef, Minister Schneider ließ sich wider besseres Wissen als Olympiaretter feiern. Die Grundstücke standen jedoch nie zur Verfügung! Die Grundeigentümer haben im Dezember 2010 in einem Schreiben an die Bayerische Staatskanzlei die Nutzung ihrer Grundstücke für die Olympischen Winterspiele 2018 “klipp und klar und ohne jedes Wenn und Aber” kategorisch abgelehnt. Als „Antwort“ hat OB Ude von München aus mit Enteignungen gedroht. So einfach dürfte das aber nicht sein!

Es geht längst nicht mehr um einzelne Grundstücke. Inzwischen ist den Grundeigentümern und mit ihnen immer mehr Bürgern in Garmisch-Partenkirchen klar geworden, dass nur durch die Verhinderung der Spiele die Identität des Ortes und ihre Heimat erhalten werden kann.

Schönau am Königssee

Für Schönau am Königssee ist die Münchner Olympiabewerbung 2018 bereits der vierte Olympia-Anlauf. Nach dem Scheitern der Berchtesgadener Bewerbung für die Winterspiele 1992 und zuletzt den erfolglosen Versuchen Salzburgs (2010 und 2014), bei denen Schönau am Königssee einbezogen war, will die Gemeinde nun endlich „Olympia-Flair“ an die Bob- und Rodelbahn bringen.

Der  Nationalpark Berchtesgaden, der sich inzwischen wirklich als Tourismusmagnet etabliert hat, wurde von vielen Schönauer Lokalpolitikern dagegen über Jahrzehnte – und zum Teil auch heute noch – mit Argwohn betrachtet. Die Entscheidungsträger setzten dafür auf den Massentourismus. Die Übernahme der Mehrheitsanteile (für 1,8 Mio. Euro) der Jennerbahn AG vom RWE Konzern war sicher nicht die letzte Fehlentscheidung dieser Nationalparkgemeinde.

Finanziell steht die Gemeinde nicht ganz so schlecht da, wie die Bewerberpartner Garmisch Partenkirchen und Oberammergau. Das ist allerdings nicht auf besonders erfolgreiche touristische Konzepte – die sich von denen der übrigen Alpenregion kaum unterscheiden – zurückzuführen, sondern primär auf den Parkplatz am Königssee. Dort werden jährlich zwischen 700.000 und 800.000 Euro Parkgebühreneinnahmen erzielt (Vergleichszahlen 2008: Gewerbesteuer: ca. 1 Mio. Euro, Einkommensteuerbeteiligung ca. 1,8 Mio. Euro, Grundsteuer B ca. 0,8 Mio. Euro).

So fällt derzeit auf jeden der etwa 5.300 Einwohner ein Schuldenstand von „nur“ ca. 2.170 Euro (2008). Allerdings kommt auch die Gemeinde Schönau am Königssee nicht daran vorbei, ihr Tafelsilber zu verkaufen, um nicht in die endlose Schuldenfalle zu tappen.

Der „Triftplatz“, ein seit vielen Jahrzehnten kulturell genutztes, unverbautes Gelände, wird derzeit vermarktet (meistbietende Interessenten: Discounter) und die Kommune erhofft sich Erlöse von 4 bis 5 Mio. Euro, um beispielsweise die dringende Sanierung des örtlichen Freizeitbades zu ermöglichen  und Finanzlöcher bei der erworbenen Jennerbahn AG zu stopfen.

Die erwähnten Einnahmen der Parkgebühren am Königsseer Parkplatz sind ein Indiz dafür, welche geringe Rolle die Nachhaltigkeit spielte. Noch in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, also vor 50 Jahren, konnten die Besucher von Königssee und Bartholomä noch mit der Bahn bis Königssee anreisen. Starke politische Kräfte sorgten dann jedoch schnell für den Abbau der Gleise im Jahr 1966, den sprunghaften Anstieg des Auto- und Busverkehrs und damit verbunden der Parkeinnahmen.

Die Gemeinde befindet sich im Prinzip in einem Zustand der Dauerbewerbung für Olympische Winterspiele – bislang mit Verlierer-Image. Der Bevölkerung wurde seit Jahrzehnten ein mit der Bewerbung angeblich verbundener wirtschaftlicher Aufschwung und steigende Touristikzahlen versprochen.

Die Zahlen zeigen allerdings das Gegenteil:

Übernachtungszahlen Gemeinde Schönau am Königssee:

1988:   910.824 (vor dem Mauerfall)
1992:   1.111.138 (Effekt Mauerfall)
1997:   952.224
2002:   937.141
2008:   873.483

Die wissenschaftlichen Analysen von Touristikexperten, dass Olympische Spiele keine nachhaltigen positiven Auswirkungen auf den Tourismus haben, untermauern die Schönauer Übernachtungszahlen der letzten Jahrzehnte.

Es stellt sich die Frage, wem die Veranstaltung Olympischer Winterspiele nützt – und wem sie Schaden zufügt. Die Bevölkerung wird wohl eher mit den Pleiten und den Problemen der Winterspiele und der Zeit danach konfrontiert werden, als mit kommerziellen Möglichkeiten. ( Bisherige Erfahrungen mit Olympischen Winterspielen).

Die jetzige Bewerbung „München 2018“ hat als negative Folge bereits zu einer tiefen Spaltung der Bevölkerung in den Gemeinden, insbesondere im Fall von Garmisch-Partenkirchen geführt.

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