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ISL/ISMM

 
Zuletzt geändert am 19.12.2015 @ 18:19

Gründung
Die ISL-Gruppe (International Sports and Leisure) wurde von Horst Dassler (Adidas) 1982 gegründet und residierte im Schweizer Steuerspar-Kanton Zug.
Im Jahr 2000 wurde ISL Tochter der ISMM (International Sports Media & Marketing). ISL/ISMM war zwei Jahrzehnte lang das weltgrößte Unternehmen im Sportmarketing. Bereits 1983 gab Samaranch bekannt, dass die ISL mit dem neuen Finanzierungsprogramm des IOC betraut wurde – keine andere Marketingfirma wurde auch nur kontaktiert.
ISL Marketing erhielt also konkurrenzlos die exklusiven Übertragungs- und Marketingrechte für Veranstaltungen von IOC, FIFA, UEFA, IAAF, CAF, FIBA, OCA, FINA, Cart, ATP, ITF etc. ISL kassierte satte 25 Prozent von allen Leistungen, auch von den Sponsoren.

Bestechung als Geschäftsmodell
„Zu den Geschäftsprinzipien der Gruppe gehörte es, mittels Bestechung an lukrative und teilweise milliardenschwere TV- und Marketingverträge zu gelangen, und zwar mit Sportorganisationen wie dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC), dem Fußball-Weltverband FIFA sowie anderen Verbänden, unter anderem im Bereich Leichtathletik, Schwimmen und Basketball“ (Weinreich 25.6.2010).

„Die ISL-Gruppe ist an diese Verträge nur deshalb gekommen, weil sie über Jahrzehnte die Top-Funktionäre in den Exekutivkomitees mit exorbitanten Summen geschmiert hat, gekauft und bestochen. Mehr als 140 Millionen  Schweizer Franken Schmiergeld sind gerichtsfest dokumentiert“ (Weinreich Blog 6.12.2011). Der Schmiergeld-Bote war Jean Marie Weber, der eisern dichthält. Der frühere ISL-Finanzchef Hans-Jürg Schmid zu diesen „Provisionen“ vulgo Schmiergelder: „Das ist, als wenn man Lohn bezahlen muss. Sonst wird nicht mehr gearbeitet. Ansonsten wären diese Verträge von der anderen Seite nicht unterschrieben worden“ (Weinreich 25.6.2019). Schmiergeldbote war Jean-Marie Weber, der heute noch in Fifa-Kreisen ein- und ausgeht und äußerte, die Namen der Empfänger mit ins Grab zu nehmen.

Die Sport-Goldgrube
ISL und IOC stellten 1985 das olympische Marketingprogramm TOP (The Olympic Partner) vor. ISL warb für sein Projekt so: „Jedes Unternehmen, das Olympia sponsert, nimmt olympische Qualitäten an.“ Bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul und Calgary nahmen an diesem ersten TOP-Programm die Konzerne  Coca-Cola, Visa, Brother, Federal Express, 3M, Time-Life, National Panasonic, Kodak und Philips teil und überwiesen insgesamt 100 Millionen Dollar an das IOC (abzüglich ISL-Provisionen).

„Kaum hatten sich die neun TOP-Sponsoren mit Millionenbeträgen in den elitären olympischen Zirkel eingekauft, waren weitere Investitionen fällig. Sie mussten die Ringe und die Embleme von Seoul und Calgary, dem Austragungsort der Winterspiele 1988, auf den Verpackungen unterbringen und die Werbung umstellen. Visa druckte die Ringe auf seine Kreditkarten und startete eine aggressive Kampagne: Die Olympiastädte, so die Werbebotschaft, seien weltweit die einzigen Orte, wo niemand American Express nimmt“ (Simson/Jennings, S. 140).

Das TOP-Programm lieferte für die Periode 1985–1988 95 Millionen Dollar, 1989–1992 175 Millionen Dollar, 1993–1996 350 Millionen Dollar, 1997–2000 500 Millionen Dollar. Mit etwa hundert Mitarbeitern setzte ISL Anfang der Neunzigerjahre 200 Millionen Dollar um.

Die ISL/ISMM unterhielt bald auch Marketingverträge mit der UEFA, den Weltverbänden für Schwimmen, Basketball, Leichtathletik/IAAF, der Profi-Tennisorganisation ATP. Allein dieser 1999 abgeschlossene Zehn-Jahres-Vertrag kostete ISL unglaubliche 1,1 Milliarden Euro (Kistner 2012, S. 109).
Die ISL hatte die alleinigen Rechte zur Vermarktung von Fußball-Weltmeisterschaft, Leichtathletik-Weltmeisterschaft, Basketball-Weltmeisterschaft. milliardenschweren Rechte an den Fußball-WM 2002 und 2006. So bekam die ISL 1998 für 1,4 Milliarden CHF von der Fifa die Marketing-Rechte für die Fußball-WM 2002 in Südkorea und Japan und 2006 in Deutschland, wobei bei dieser Vergabe die Kirch-Gruppe eine entscheidende Rolle gespielt haben soll.

Konkurs
Aber der Zweck der ISL, nämlich Korruption, bricht ihr schließlich das Genick. „Die ISL muss Schmiergelder in gigantischem Umfang an Sportfunktionäre bezahlen, um die Rechte so günstiug zu erhalten, von der Fifa, dem IOC, dem Leichtathletik-Weltverband IAAF und anderen“ (Kistner 2012, S. 57). „Am 21. Mai fällt der Vorhang, die ISL ist insolvent. Prompt fliegt auf, dass die ISL/ISMM-Gruppe eine Stiftung in Liechtenstein unterhält, ausstaffiert mit zig Millionen Franken, die zum Schmieren auf höchster Sportverbandsebene bestimmt sind“ (A.a.O., S. 112).
Im Frühjahr 2001 ging die Gruppe mit einem Defizit von etwa vier Milliarden Franken in Konkurs (Weinreich 11.3.2008). Im Juli 2008 sprach ein Schweizer Gericht Geldstrafen gegen drei Manager um Jean-Marie Weber aus, da 138 Millionen Franken (90 Millionen Euro) Schmiergelder an hohe Funktionäre des Weltsports gezahlt wurden, die als Kosten für Rechteerwerb, Kommissionszahlungen oder Provisionen deklariert wurden. Der ehemalige Verwaltungsratspräsident Christoph Malms erklärte zum Thema Bestechung: „Diese Praxis war unerlässlich, sie gehörte zum Geschäft.“ Der Ex-Finanzchef ergänzte: „Sonst hätte die andere Seite die Verträge nicht unterschrieben“ (Weinreich 25.6.2010).

Der ISL/ISMM-Liquidator rekonstruierte die heimlichen Zahlungsflüsse und forderte von den zwanzig Begünstigten insgesamt 100 Millionen Franken. Unerklärlicherweise gab er sich mit nur 2,5 Millionen Franken zufrieden, die Jean-Marie Weber zurückbezahlte. Diese Vereinbarung, von Juristen auch „Korruptionsverdunklungsvertrag“ genannt, arbeitete der Züricher Rechtsberater Peter Nobel aus, der gleichzeitig persönlicher Anwalt von Sepp Blatter war. Er erreichte, dass alle geschmierten Funktionäre anonym bleiben konnten. Beteiligte Schweizer Rechtsanwaltkanzleien: Nobel und Hug Rechtsanwälte; Schweiger Advokatur Notariat; Niedermann, Rechtsanwälte (Weinreich 6.12.2011).
Bis heute halten IOC-Rogge und Fifa- Blatter den Deckel drauf. Bevor Joao Havelange am 8.12.2011 vor der Ethikkommission wegen dem ISL-Skandal vernommen werden konnte, trat er „freiwillig“ aus dem IOC aus. Und Rogge erklärte: „Da Herr Havelange kein IOC-Mitglied mehr ist, wird es keine Ermittlungen mehr gegen ihn geben, denn er ist ein privater Bürger“  (Ebenda).
Im November 2005 ließ ein Untersuchungsrichter das Büro von Blatter bei der FIFA im Zusammenhang mit dem ISL/ISMM-Skandal durchsuchen. Im Juni 2010 stellte die Staatsanwaltschaft in Zug gegen Zahlung von 5,5 Millionen Franken die Ermittlungen gegen die korrupten FIFA-Funktionäre ein. Sie kauften sich damit frei und blieben dafür anonym. Die FIFA teilte erfreut mit, der Fall sei nun endgültig abgeschlossen und Blatter freigesprochen.
Im Juli 2008 stellte das Gericht in Zug fest, das ISL-Betrugssystem sei „mit fachkundiger Hilfe von nationalen Steuerbehörden und renommierten Anwaltskanzleien installiert worden. Tatsächlich hatte ISL-Chefmanager Christoph Malms ausgesagt, die Systematik der Schmiergeldzahlungen sei von der KPMG, Züricher Hauskanzleien der Fifa sowie dem Fiskus mit ‚abgesegnet und gut geheißen‘ worden“ (Kistner 2012, S. 176).
Der Europarat legte im April 2012 den Report „Gute Geschäftsführung und Ethik im Sport“ vor. In dem Bericht wird festgehalten, dass sich Spitzenfunktionäre der Fifa in der ISL-Affäre eines „kriminellen Mißmanagements“ schuldig gemacht hätten. „Für den Rechteerwerb wurden jahrzehntelang Sportfunktionäre bestochen, allein von 1989 bis 2001 waren rund 140 Millionen Schweizer Franken geflossen“ (Kistner 25.4.2012). Die Fifa und zwei lateinamerikanische Funktionäre (Havelange und Teixeira) bezahlten 5,5 Millionen Franken, um die Einstellung des Verfahrens zu erreichen. Francois Rochebloine vom Europarat-Ausschuss Kultur, Wissenschaft, Erziehung und Medien hielt fest: „Herr Blatter war Technischer Direktor der Fifa von 1975 bis 1981, Fifa-Generalsekretär von 1981 bis 1998 und ist seither ihr Präsident. Da die Fifa von signifikanten Zahlungen an bestimmte ihrer Offiziellen wusste, ist kaum vorstellbar, dass Blatter nichts davon wusste“ (Ebenda).
Als Nachfolgeorganisation gründete 1996 das IOC die Agentur Meridian, die das Milliardengeschäft übernahm. Chef von Meridian wird Michael Payne, der Schwiegersohn von IOC-Präsident Samaranch (Kistner 2012, S. 76). Blatters FIFA gründete die Sportrechte-Agentur Infront, deren Präsident und CEO der Neffe von Sepp Blatter, Philippe Blatter, ist. Aber auch ein anderer Sohn einer IOC-Größe kam unter: „Der Infront-Konzern ist mit voluminösen Paketen (insgesamt in Milliardenhöhe) etwa mit der FIFA, der FIS, der IIHF oder dem skandalumtosten Rad-Weltverband UCI verkuppelt. Im Infront-Reich, bei der Entertainmentgruppe Infront-Ringier, hat auch Fasels Sohn Pierre eine gut dotierte Anstellung gefunden“ (Weinreich 4.1.2013; Hervorhebung WZ).

Weiterer Fortgang
Infront gehört inzwischen zur Hälfte dem Ringier Verlag, der sich damit auch als Unterstützer der Graubündner Olympia-Bewerbung 2022 Bewerbung outet. Der Schweizer Nationalrat Felix Müri sorgt sich deshalb um die journalistische Unabhängigkeit der Presseorgane von Ringier.
Pikant ist der berufliche Werdegang des Infront-Ringier-Mitarbeiters Sven C. Zehnder. Er hat schon für die vormalige Skandalfirma ISL, einer Sportrechte-Vermarktungsagentur, gearbeitet, war dann Projektleiter für die Olympiakandidatur und ist seit Gründung des Vereins „Olympische  Winterspiele Graubünden“ dessen Generalsekretär. Nationalrat Roland Büchel stellte infrage, „ob man mit einer Agentur zusammenspannen solle, die auch Rechte innehabe, die einst der zusammengebrochenen Sportmarketingfirma ISL gehörten… Schließlich operiere „Infront Ringier“ aus demselben Zuger Büro heraus wie die ISL, die mindestens zwei aktuelle IOC-Mitglieder bestochen hat“ (Tischhauser 12.2.2012).
Einmal ISL, immer ISL.

Nachtrag 1:
Am 29.5.2001 erstattete die Fifa eine Anzeige gegen verantwortliche Manager der ISL. Seit 8. August 2005 führte das Untersuchungsrichteramt Zug eine „Strafuntersuchung gegen Unbekannt wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung zum Nachteil der Fifa“ durch. Bereits 2004 musste der brasilianische Verbandschef Teixeira 2,5 Millionen CHF über einen „Korruptionsverdunklungsvertrag“ an die ISL-Konkursverwalter überweisen (Weinreich 12.7.2012).
Am 11. Mai 2010 erließ die Staatsanwaltschaft des Schweizer Kantons Zug eine „Einstellungsverfügung“. Die Staatsanwaltschaft Zug teilte im Juni 2010 mit: „Ausländische Personen von Fifa-Organen kamen bis ins Jahr 2000 in den Genuss von Provisionen, die von der ISMM/ISL-Gruppe ausgeschüttet wurden… Die Zahlungsadressaten unterließen es, die Gelder an die Fifa weiterzuleiten und verwendeten die  Vermögenswerte für ihre eigenen Zwecke. Die Fifa ihrerseits unterließ es, die ihr zustehenden Vermögenswerte von den Beschuldigten einzufordern. Sie wurden in diesem Umfang geschädigt“ (Ebenda).
Der Schweizer Journalist Jean-Francois Tanda von der Handelszeitung beantragte Einsicht. Gegen die Veröffentlichung der Einstellungsverfügung legten die Fifa selbst sowie zwei Fifa-Funktionäre juristischen Einspruch ein. Am 22.12.2011 urteilte das Kantonsgericht in Zug, dass diese veröffentlicht werden dürfe. Die zwei Beschuldigten zogen daraufhin vor das  Schweizer Bundesgericht.
Dank der juristischen Intervention von Jean Francois Tanda von der Wirtschaftszeitung Handelsblatt und einiger Kollegen konnte die „Einstellungsverfügung vom 11. Mai 2010“ durch ein Urteil des Schweizer Bundesgerichtes vom 3.7.2012 noch doch veröffentlicht werden.
Vergleiche unter „Aktuelles“: Sportfreunde Blatter

„Von den knapp 160 Millionen Franken Schmiergeld der ISL sind bis heute erst rund 16 Millionen zu orten. Wo sind die anderen 145 Millionen gelandet?“ (Hujer, Wulzinger 27.8.2012; Hervorhebung WZ).

Nachtrag 2: Blatter weißgewaschen. Auf neun Seiten bescheinigte Eckert am 30.4.2013 Blatter lediglich, “ungeschickt” gewesen zu sein, als er die versehentlich bei der Fifa gelandete ISL-Schmiergeld-Million an Havelange zurücküberweisen ließ (Kistner, Thomas, Abzockerei auf Kosten des Weltfußballs, in sueddeutsche.de 30.4.2013). Blatter, seit 1975 bei der Fifa, von 1981 bis 1998 Generalsekretär, seit 1998 Fifa-Präsident, hat in den ganzen Jahren von der Schmiergeldfunktion der Sportrechteagentur ISL nichts mitbekommen, die mit seiner Hilfe die Aufträge zugeschanzt bekommen und die Schmiergelder an Havelange, Texeiro, Leoz und andere verteilt hatte…
Die Fifa-Farce wird beim Kongress Ende Mai auf der schönen Insel Mauritius 2013 mit der Total-Rehabilitierung vom Fifa-Paten Blatter enden.
Blatters neue Amtszeit ab 2015 wurde vorbereitet mit Hilfe des Fifa-Chefreformers Pieth, des Fifa-Chefermittlers Michael Garcia und mit dem “Urteil” des Richters Hans Joachim Eckert.

Nachtrag 3: Blatter korrigiert Pieth-Bericht
Am 22.4.2014 gab der Fifa-Chefermittler Mark Pieth, der Korruptionsvorwürfe untersuchte, seinen Abschlussbericht ab. „Knapp zwei Monate zuvor, am 27. Februar, hatte Pieth dem Fifa-Chefjuristen Marco Villiger bereits eine 15 Seiten umfassende vorläufige Version seines Reports nach Zürich geschickt. In dieser Version, die den Vermerk ‚Confidential‘ trug, war Blatter mehrmals im Zusammenhang mit dem Schmiergeldskandal der Fifa rund um die ehemalige Rechteagentur ISL erwähnt worden. Am 13. März schickte Villiger mit Kenntnis Blatters eine bearbeitete Version mit 37 Anmerkungen an Pieth zurück. Der Fifa-Chefjurist strich dabei zwei längere Passagen ersatzlos. In einer ging es um Blatters Führungsverantwortung während der ISL-Affäre, in einer anderen um seine mögliche Mitwisserschaft in dem Skandal. In Pieths Abschlussbericht fehlen exakt diese Blatter-kritischen Passagen“ (Blatter nahm Einfluss auf Reformbericht, in spiegelonline 7.2.2015). Unter anderem wurden folgende Passagen gestrichen: „Zu diesem Problem kam die Tatsache hinzu, dass Fifa-Präsident Blatter in jener Phase, in der die ISL/ISMM Geschäfte mit der Fifa machte und in der die Schmiergelder gezahlt worden sein sollen, die führende Rolle des Generalsekretärs innehatte.“ – „Es muss hinterfragt werden, ob Präsident Blatter über die Jahre vor der Pleite der ISL wusste oder hätte wissen sollen, dass die ISL Zahlungen (Schmiergelder) an Fifa-Offizielle getätigt hat“ (Wulzinger, Michael, „Sauber behandelt“, in Der Spiegel 7/7.2.2015).

Nachtrag 4: USA untersuchen auch ISL-Skandal. Die amerikanischen Behörden kümmern sich laut SZ im Zug der Fifa-Ermittlungen auch um den ISL-Korruptionsskandal. „Das Aufrollen der Vergangenheit bringt neue Qualität in die Ermittlung. Und eine brisante Stoßrichtung. Sie zielt auf die Verbandsspitze um Blatter. Die Schweizer Marketingfirma ISL vermarktete zwei Jahrzehnte lang exklusiv die Rechte von Fifa und anderen Sportverbänden, bis Mitte der Neunzigerjahre auch solche des IOC. Als sie 2001 bankrottging, flog auf, dass die ISL 142 Millionen Schweizer Franken Schmiergeld an Funktionäre gezahlt hatte. ‚Die Korruption war das Geschäftsprinzip‘, erklärten ISL-Manager vor dem Strafgericht in Zug. Ein großer Batzen ging an Fußballfunktionäre, Millionen kassierten Blatters Amtsvorgänger Joao Havelange und sein Schwiegersohn Ricardo Teixeira. 2010 wurden die Ermittlungen nach Schweizer Strafrecht eingestellt – Voraussetzung war, dass die Beschuldigten die Vorwürfe akzeptieren und eine Wiedergutmachung zahlen. Die betrug insgesamt 5,5 Millionen Franken, allein 2,5 Millionen musste die Fifa zahlen. Denn sie war, obwohl Opfer eines Komplotts, im Zug der Ermittlungen in die Beschuldigtenrolle geraten. Ihre Spitzenkräfte hatten mit den Ermittlern nicht recht kooperiert. Auch nicht der Mann, der im Gerichtsdokument als ‚P1’ firmiert: Sepp Blatter, der Präsident“ (Kistner, Thomas, Ein unangenehmer Besuch, in SZ 12.9.2015).

Nachtrag 5: FBI ermittelt gegen Blatter. Die US-Bundespolizei FBI untersucht laut BBC die Rolle des suspendierten Fifa-Präsidenten im gigantischen Bestechungsskandal um die Sportmarketing-Firma ISL.
In den Neunzigerjahren soll die ISL 100 Millionen Dollar an hochrangige Funktionäre des Fußballweltverbands gezahlt haben. Unter den Schmiergeldempfängern waren zwei Brasilianer: der langjährige Fifa-Präsident João Havelange und Ricardo Teixeira, ehemaliges Mitglied der Fifa-Exekutive. Als Gegenleistung bekam die ISL lukrative TV- und Vermarktungsrechte, die sie an Sponsoren und Fernsehsender weiterverkaufte. 2001 meldete das Unternehmen Konkurs an. Blatter soll von den Schmiergeldzahlungen gewusst haben. Das geht laut BBC aus einem Brief hervor, der von Havelange stammen soll. Der Brasilianer soll darin über die Zahlungen schreiben, die er von der ISL erhalten hatte. Blatter habe ‚vollständige Kenntnis von allen Aktivitäten‘ gehabt und sei jederzeit informiert gewesen, berichtet die BBC“ (FBI ermittelt gegen Blatter, in spiegelonline 7.12.2015).

Nachtrag 6: Fifa-Skandal aktualisiert ISL-Skandal (1)
„Die US-Justiz ist offenbar in Besitz eines bisher unbekannten Schreibens, das von Blatters Amtsvorgänger Jõao Havelange stammen soll und seine Kenntnisse der damaligen ISL-Vorgänge in neuem Licht erscheinen lässt. Das Schweizer Bundesamt für Justiz will das Dokument nicht kommentieren, bestätigt nun aber auf Anfrage, dass die US-Behörden schon im März im Zuge eines Rechtshilfeersuchens auch Strafakten aus dem ISL-Verfahren ersucht hätten. Die BBC zitiert einen Vertreter der US-Bundespolizei mit den Worten, sie würden Havelanges Aussagen überprüfen. Der frühere Fifa-Chef, der selbst Gelder von der Agentur erhielt, soll nach SZ-Informationen in dem Dokument bekräftigen, der damalige Generalsekretär Blatter habe uneingeschränkt Kenntnis über sämtliche Aktivitäten im ISL-Kontext gehabt und sei stets informiert gewesen – damit auch über Durchstechereien. Zugleich soll Havelange die an ihn ergangenen Beträge als Provisionen dargestellt haben. Blatter hat stets jede Verfehlung in der ISL-Affäre von sich gewiesen“ (Aumüller, Johannes, Kistner, Thomas, Ärger für P1, in SZ 8.12.2015).

Nachtrag 6: Fifa-Skandal aktualisiert ISL-Skandal (2)
142 Millionen Franken Schmiergelder flossen von der ISL – an bis heute unbekannte Empfänger. „Das will die US-Justiz ändern. Sie ermittelt seit mehr als fünf Jahren im Wirtschaftssumpf um den Fußball-Weltverband Fifa. Dass die ISL als regelrechte Blaupause für jene Korruptionsschemen diente, welche die US-Beamten jüngst in zahlreichen Ländern des amerikanischen Kontinents aushebelten, hatten sie früh erkannt. Allein der Zeitablauf der vergangenen Monate zeigt, wie bedeutend ihnen dieser Komplex ist: Seit März stellten die Amerikaner vier Rechtshilfeersuchen an die Schweizer, schon im ersten baten sie offenbar um Herausgabe der ISL-Strafakten. Eine Weile tat sich nichts. Am 25. September erging dann die Bitte, der Triage in Zug beizuwohnen. Kurz danach fand sie statt. Dass die US-Behörden bereits jetzt Informationen über den Akteninhalt haben und wesentliche Teile der Akten wohl bald auch offiziell erhalten, dürfte ihre Ermittlungen um die Fifa befeuern – insbesondere um Sepp Blatter. Der hat die Fifa seit 1998 als Präsident geführt und zuvor als Generalsekretär bei Bieterverfahren dafür gesorgt, dass die ISL ins Geschäft kam. Inzwischen ermittelt die Berner Bundesanwaltschaft gegen Blatter wegen des Verdachts auf ungetreue Geschäftsbesorgung; allerdings nicht im ISL-Komplex“ (Aumüller, Johannes, Kistner, Thomas,  Fifa-Affäre: Schweiz empfängt diskrete Besucher aus Amerika, in sueddeutsche.de 19.12.2015).

Quellen:
Beim König im Wort, in SZ 11.12.2008
Das perfekte Verbrechen, in nzzonline, 5.4.2008
Hartmann, Peter, Der Mann mit dem Koffer, in Weltwoche 27.3.2008
Herren des Universums, in Berliner Zeitung 11.3.2008
Hujer, Marc, Wulzinger, Michael, Fahnder im Imperium, in Der Spiegel 35/27.8.2012
ISL-Pleite bedroht auch FIFA-Präsident Blatter, in rp-online 21.5.2001
Kistner, Thomas
– Europa-Rat setzt Blatter unter Druck, in SZ 25.4.2012
Fifa Mafia. Die schmutzigen Geschäfte mit dem Weltfußball, München 2012
Kistner, Thomas/Weinreich, Jens, Der olympische Sumpf, München 2000
Stolpert Fifa-Präsident Blatter über Bestechungsskandal?, in spiegelonline 21.5.2001
Tischhauser, Pascal, Harte Kritik am Olympia-Deal mit Ringier, in sonntagszeitung.ch 12.2.2012
Weinreich, Jens
– Korruption in großem Stil, in Berliner Zeitung 3.12.2005
– Das perfekte Verbrechen, in Blick 31.3.2008
– Der Geldkofferträger, in Blick 31.3.2008
– Ohne Treu und Glauben, in SZ 25.11.2008
FIFA-Funktionäre kaufen sich frei, in spiegelonline 25.6.2010
– Wie Jacques Rogge (IOC) und Joseph Blatter (IOC, Fifa) die Öffentlichkeit verarschen, Blog 6.12.2011
– Fifacorruption, die Einstellungsverfügung zum ISL-Korruptionssystem, Blog 12.7.2012
– Olympia 2022 in Graubünden: Paradies für Geber und Nehmer, Blog, 4.1.2013
Wikipedia
Wulzinger, Michael, Easy Rider in Nadelstreifen, in Der Spiegel 15/9.4.2001



Kritisches Olympisches Lexikon - Sach- und Personenregister: (274 Einträge, wird laufend aktualisiert und ergänzt)
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