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Jan 302012
 
Zuletzt geändert am 30.01.2012 @ 17:11

30-1-2012

Der Organisator der teuren Ski-WM 2011 in Garmisch-Partenkirchen, Peter Fischer, hat sich für eine neue WM-Bewerbung des Ortes für 2021 oder 2023 ausgesprochen: “Sonst fallen wir infrastrukturell wieder in ein Loch wie nach 1978″ (Fellner, Christian, Fischer fordert neue WM-Bewerbung, in Münchner Merkur 21.1.2012). Außerdem, so Fischer, der auch 1. Vorsitzender des Skiclub Garmisch ist, sei Garmisch-Partenkirchen  “jetzt ein anderer Ort als vor der WM, viel selbstbewusster” (Ebenda).

Am 25.1.2012, nur wenige Tage vor den vier Weltcup-Rennen in Garmisch-Partenkirchen, stellte der Präsident des deutschen Skiverbandes (DSV), Alfons Hörmann, die erneute Bewerbung für eine Alpine Ski-WM in Frage und äußerte dazu, der DSV müsse “sehr grundsätzlich diskutieren, ob wir als DSV dauerhaft in Garmisch-Partenkirchen gut aufgehoben sind” (Holzapfel, Matthias, Verliert Garmisch-Partenkirchenden Ski-Weltcup? in Münchner Merkur 25.1.2012).

Er nannte auch schon andere Austragungsorte: „Wir haben uns klar zum Ausbau des Jenner bekannt, wir haben Oberjoch und prüfen ein, zwei weitere Alternativen.“ Auch Zwiesel mit dem Arber-Skigebiet im Bayerischen Wald ist wieder im Gespräch. Denn man könne sich auf Garmisch-Partenkirchen „nicht mehr verlassen. Der Ort müsse “in Wort und Taten dokumentieren, dass er unabdingbar hinter dem Spitzensport” stehe.

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Peter Fischer (OK) und dem Garmisch-Partenkirchner Bürgermeister Thomas Schmid sollten die Wogen geglättet werden.  Schmid äußerte: Der Weltcup „hat sich rentiert und wird sich weiter rentieren“ (Ebenda).

Fragt sich nur – für wen eigentlich?

Das Geld

Als Kritikpunkt nannte Hörmann, dass die Bayerische Zugspitzbahn AG vom Organisationskomitee 30.000 Euro für Tickets der Helfer und Sportler und 50.000 Euro für Parkgebühren und weitere Leistungen der BZB berechnen würde. “Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie sich die Frage der Finanzierung zunehmend auf unsere Seite verschiebt” (Holzapfel, Matthias, Verliert Garmisch-Partenkirchen den Ski-Weltcup? in Münchner Merkur 25.1.2012).

Da die Kommune Garmisch-Partenkirchen zur Entlastung ihres Haushalts ihre Schneekanonen und den Pistendienst an ihre Tochter Bayerische Zugspitzbahn AG verkauft hat, ist diese nun zuständig, muss aber als Aktiengesellschaft schwarze Zahlen schreiben. „Es sei nicht vordringliche Aufgabe einer AG, mit Gratis-Leistungen für Weltcuprennen das Vermögen des bestens ausgestatteten Skiclubs Garmisch als Ausrichterverein noch zu vermehren“ wird der BZB-Vorstand Peter Huber dazu zitiert (Effern, Heiner, Neudecker, Michael, „Das macht die Leute mürben“ in SZ, 301.2012).

Zur Erinnerung: Die WM 2011 erbrachte ein positives finanzielles Ergebnis von mindestens 5 Millionen Euro, die trotz hoher Unkosten nicht der Gemeinde- oder der Staatskasse zugute kamen, sondern dem WM-OK als 100-prozentiger Tochter des Deutschen Skiverbands. Der Chef des Deutschen Skiverbandes wurde 2011 dazu zitiert: „Wir haben den Beweis erbracht. Das Vorurteil, dass Großsportveranstaltungen nur Geld kosten, stimmt nicht“ (Effern, Heiner „Garmisch beschert dem Skiverband einen Millionengewinn“, in SZ 18.4.2011).

Die WM selbst kostete mindestens 31 Millionen Euro – fast ausschließlich aus Steuergeldern, sowie 1,5 Millionen Euro von der Bundesregierung für das “Kulturprogramm” (ursprünglich war dieses Geld für den Breitensport in den neuen Bundesländern eingeplant!) – und wurde fast vollständig in für das opulente Eröffnungsspektakel der WM 2011 ausgegeben.

Allein der Ausbau des Gudibergs für die WM kostete 6,1 Millionen Euro – davon zahlten Bund und Land 4,1 Millionen Euro. Die Pisten wurden auf 15 Meter verbreitert; neben der Piste wurden Strom- und Wasserleitungen und die Beschneiungsanlagen installiert.

Bürgermeister Schmid betonte bei der Pressekonferenz mit Hörmann, durch die WM 2011 habe der Ort das hohe Einnahmeniveau aus dem Jahr 2010 halten können. Kein Wunder: Die Zeche zahlt jetzt vor allem die Zugspitzbahn.

Die bayerische Zugspitzbahn (BZB) als Betreiberin des Skigebiets, fuhr bereits mit der WM ins Minus. In der WM-Zeit fuhren so gut wie keine Skifahrer auf der Zugspitze, obwohl die Gemeinde schon früh informiert hatte, dass der normale Skibetrieb dort von der WM nicht betroffen sei (SZ 7.2.2011). Der kaufmännische Vorstand der Bayerischen Zugspitzbahn, Peter Theimer, sagte: “Allein auf der Zugspitze haben wir im Vergleich zum Vorjahr die Hälfte der Gäste verloren. Die Leute haben den Ort während der WM gemieden” (Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 19.3.2011).

Die Gemeinde muss für den Weltcup 2012 nach eigenen Angaben etwa 400.000 Euro zahlen, der DSV steuert angeblich einen ähnlichen Betrag bei. Die Bayerische Zugspitzbahn geht aber von deutlich höheren Unkosten aus (Höb, Christian, Neudecker, Michael, „Sie wollen uns hier einfach nicht haben“, in SZ, 28.1.2012). Nach Hintergrundinformationen dürften die bisher bekannten Kosten nur die Spitze des finanziellen Eisberges sein.

Der Klimawandel

Als weiteren Grund seiner Kritik an Garmisch-Partenkirchen nannte DSV-Chef Hörmann den Pisten-Zustand. Eine Fokussierung auf den Touristenskilauf, die die BZB beabsichtigt, hält er für problematisch. Nicht den normalen Skifahrern sollen die Hänge zugute kommen. Denn man müsse sehen, dass der gute Zustand des Skigebietes erst durch den Leistungssport ermöglicht worden ist. Nach den getätigten Investitionen in Millionenhöhe – na, wer hats gezahlt? – sei „das Skigebiet ja nicht wiederzuerkennen gewesen“ (Effern, Heiner, Neudecker, Michael, „Das macht die Leute mürben“ in SZ, 301.2012).

Wie wahr: Über den brachialen Ausbau der Kandahar haben wir eine Fotodokumentation mit der Vorgeschichte der Kandahar veröffentlicht.

Die Kritik am Zustand der Pisten durch DSV-Präsident Hörmann geht offenbar in die falsche Richtung. Der Pistenzustand hat globale Gründe – den Klimawandel:

„Es war zu warm in Garmisch, noch in der vergangenen Woche war die Piste grün. Dann schlug das Wetter um, es wurden Schneekanonen eingesetzt, doch dann spülte der Regen Teile des Kunstschnees wieder weg. Auch deshalb werden die Rennen nicht auf dem für die WM neu gebauten Abschnitt mit dem spektakulären „Freien Fall“ ausgetragen, sondern auf der alten Strecke“ (Höb, Christian, Neudecker, Michael, „Sie wollen uns hier einfach nicht haben“, in SZ, 281.2012). Mit einem Gefälle von 90 % ist der sogenannte „Freie Fall“ die steilste Stelle im gesamten Weltcup. Für diesen Pistenabschnitt wurde sogar gesetzlich ausgewiesener Schutzwald gerodet. Aber nicht nur Skifahrer kommen hier schnell runter. Auch der Hang selbst ist rutschgefährdet.

Die schnellen Wechsel zwischen Starkschneefällen und Tauwetter sind bereits Folgen des Klimawandels. Diese Folgen werden sich von Jahr zu Jahr verstärken. Der IPCC-„Sonderbericht Extremwetter“ 2011 (www.ipcc.ch) sagt eine deutliche weitere Zunahme extremer Wetterlagen voraus.

Kein Ski- und Ski-WM-Gebiet bleibt davon verschont.

Das sollte sich Herr Hörmann klarmachen, bevor er auch am Jenner und anderen Berghängen der Mittelgebirge und Alpen den WM-tauglichen Ausbau mit massiven ökologischen und ökonomischen Schäden fordert.

 

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