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Graubünden gegen Olympische Winterspiele

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Nov 202014
 
Zuletzt geändert am 19.09.2017 @ 13:40

20.11.2014, aktualisiert 19.9.2017

Intro
Auslöser für diese „Reform“ war unter anderem der Rückgang der Bewerber für Olympische Winterspiele. Von ursprünglich neun wurden in Graubünden, München und Krakau die Bewerbungen 2022 abgewählt. Barcelona, Stockholm, Lviv/Lemberg und Oslo zogen zurück. Übriggeblieben sind zwei Diktaturen: Kasachstan mit Almaty und China mit Peking. Dazu kommt die abschreckende 50-Milliarden-Dollar-Party in Sotschi: Das IOC „hat wegen ihres Gebarens ein miserables Image, ihr Premiumprodukt Olympische Spiele ist spätestens seit der Schwarzmeer-Sause von Wladimir Putin in Sotschi im Februar schwer angeknockt“ (Aumüller, Kistner 19.11.2014). – „Bach braucht Olympia-Begeisterung in demokratischen Ländern, nachdem er die hehren olympischen Werte im vergangenen Winter in Sotschi Wladimir Putin zur Verwahrung gegeben hatte – und sie ziemlich ramponiert zurückbekam“ (Catuogno 19.11.2914). – „Seit den Winterspielen 2014 ist das Image des IOC auf dem Tiefpunkt, denn ein Gesetz gegen Homosexuelle oder die Annexion der Krim – all das hat zur Kritik in der Öffentlichkeit geführt, weil sich die olympische Bewegung davon nicht distanziert hat“ (Kreuzer 23.11.2014).
Nicht nur in Sotschi finden Sport-Großereignisse statt – siehe im Kritischen Olympischen Lexikon: Totalitärer Sport-Terminkalender

Die „Reform“
Am 18.11.2014 stellte das IOC seine „Olympic Agenda 2020“ vor. Das in unzähligen Exemplaren gestreute Werk zeigt auf der Titelseite ein Kind mit farbig geschminkten fünf olympischen Ringen: sicher das Werk eines Maskenbildners. Dies soll wohl ein Symbol sein für Jugend, Sauberkeit, Ideale, Ethik – also alles, wofür das IOC gerade nicht steht.
Am 8. und 9. Dezember 2014 hat das IOC auf der 127. Session in Monaco seine 40 Empfehlungen jeweils einstimmig verabschiedet. Die großspurig als „Reform“ angekündigten 40 Punkte erweisen sich bei näherem Hinsehen nicht wie vom IOC angekündigt als demokratisch oder liberal, transparent oder reformistisch, sondern als mehr oder weniger gut getarnter Schritt, das eigene globale Sportgeschäft zu erweitern und noch mehr Einfluss auf Staaten und Organisationen zu gewinnen. Ansonsten ist es ein streng IOC-konformes Papier – was auch sonst.
IOC-Präsident Thomas Bach drückte die Immanenz dieses Reförmchens so aus: „Das Bild, die Vision dahinter ist ein IOC, das die Einzigartigkeit der Olympischen Spiele sichert und den Sport in der Gesellschaft stärkt“ (Simeoni 19.11.2014).
Genau so ist es: Das IOC absichern und den Sport stärken. Und natürlich nichts wirklich ändern oder verbessern.
Vertreter von Hamburg  und Berlin, den beiden Bewerberstädten für Olympische Sommerspiele 2024, nutzten sogleich die Gelegenheit, sich beim IOC lieb Kind zu machen – und gaben sich reichlich unrealistisch. Hamburgs Sportsenator Michael Neumann: „Bach hat Wort gehalten. die Vorschläge zeigen, dass das IOC es mit Reformen wirklich ernst meint“ (Winterfeldt 18.11.2014). Und der Berliner MdB Frank Steffel: „Die geplanten neuen Vergabekriterien machen Hoffnung darauf, dass in Zukunft der olympische Geist wichtiger ist als wirtschaftliche Machtspiele“ (Ebenda). Und Bachs Nachfolger als DOSB-Präsident, Alfons Hörmann, lobhudelte gleich mit: „Wir gratulieren dem IOC und Thomas Bach zu diesen Vorschlägen. Sie sind ein großer, wichtiger und richtiger Schritt in die olympische Zukunft“ (Catuogno 19.11.0214).

Olympic Agenda 2020: Die 20+20 „Empfehlungen“
Ich möchte hier nur einige Punkte abhandeln (Anmerkungen kursiv).

1: Bidding process…
Der Bewerbungsprozess soll billiger, sozialer und umweltfreundlicher werden.
Das Wort „sustainable“ (nachhaltig) wird ständig eingesetzt, ohne dass ein globales Sport-Größtereignis wie olympische Spiele deswegen nachhaltig werden könnten.
Der Host City Contract soll öffentlich gemacht werden.
Das ist wiederum eines der vielen Placebos. Der Host City Contract ist inzwischen so öffentlich, dass seine Veröffentlichung keinen Schritt in Richtung wirklicher Transparenz bedeutet. (Wir haben z. B. den HCC 2018 und den HCC 2022 auf unserer Webseite.)
Das IOC will sich an den Ausgaben des OCOG (Durchführungskomitees) beteiligen.
Diese Ausgaben sind so extraordinär hoch dass eine IOC-Beteiligung als Bonbon wirkt.

2: Evaluate bid cities…
Die Spiele sollen günstiger, sozial und umweltfreundlich werden, indem bestehende Anlagen genutzt und temporäre und demontierbare Sportanlagen eingesetzt werden.
Das IOC versucht, den Begriff „temporär“ und „demontierbar“ als umweltfreundlich zu verkaufen: Das ist ein Widerspruch in sich.

3: Reduce the cost of bidding…
Das IOC übernimmt einige Reisekosten. Das Bid Book wird nicht mehr gedruckt (ca. 5 Millionen Euro Kosten), sondern es reicht die elektronische Version. Die Berater und Lobbyisten müssen den Code of Conduct und den IOC-Ethikcode akzeptieren, bevor sie zugelassen werden.

3: Olympic Channel19: Launch an Olympic Channel
Der Olympische Fernsehkanal soll auch der Vorstellung der Bewerberstädte dienen. (19) „Das IOC wird einen olympischen Fernsehkanal starten.“ Dazu IOC-Präsident Bach: „Dieser Kanal stellt sicher, dass 365 Tage im Jahr olympischer Sport der Weltöffentlichkeit zugänglich gemacht wird“ (Sulzer 19.11.2014). – „Das kann die Welt der olympischen Sportarten wirklich verändern -allerdings in Richtung weniger Transparenz. Die oberste Sport-Institution verstärkt die Hoheit über die Bilder, die von ihr und ihrem Sport in die Welt gehen“ (Aumüller, Kistner 19.11.2014). Thomas Bach am 2.1.2015 in einem Gastbeitrag: „Des Weiteren freue ich mich sehr über den Beschluss zur Schaffung eines olympischen Fernsehkanals. Wir müssen unseren Athletinnen und Athleten und ihren Sportarten auch zwischen den Olympischen Spielen die weltweite Medienpräsenz geben, die sie verdienen und die sie mit ihren Fans und ihre Fans wiederum mit dem Sport verbindet – 365 Tage im Jahr“ (dosb.de 5.1.2015).
Der IOC-Fernsehsender wird ein weiteres Geschäftsfeld: Er ist als Einnahmequelle konzipiert – und als weiteres Medium zur Sport-Aufbereitung: Brot und Spiele 365 Tage im IOC-TV. Die Sport-Durchdringung des öffentlichen Lebens wird noch permanenter und penetranter.

4: Include sustainability…
Auf S. 7 kommt das Wort sustainable neunmal vor. Das olympische Erbe soll gesichert werden, die besten Nachhaltigkeits-Standards sollen erfüllt werden.
Letztlich ist auch dies ökologisches IOC-Blabla: Man denke an die olympischen Bauten von Athen (2004), Turin (2006), Peking (2008) oder Sotschi (2014), die nach wenigen Jahren schon weitgehend ungenutzt und dem Verfall preisgegeben sind. Mit Rio 2016 wird es nicht anders aussehen.

9: Set a framework…
Olympische Sommerspiele: Die Zahl der Athleten wird auf 10.500 begrenzt, die der Trainer und Helfer auf 5.000, die der Wettbewerbe auf 310. Olympische Winterspiele: 2.900 Athleten, 100 Wettbewerbe.
Das ist z. T. mehr als die bisherigen Höchstzahlen! Vancouver 2010 hatte 86, Sotschi 2014 schon 98 Wettbewerbe. Und jeder weiß, was diese Massenveranstaltung – mit dazu noch 10-20.000 Journalisten – bedeutet.

10: From Sport to Event
„Move from a sport-based to an event-based programme“ – Sich von einem Sport-basierten hin zu einem Event-basiertem Programm bewegen…
Das ist sehr erhellend: Der Sport selbst gerät in den Hintergrund, das (geldbringende, weil TV-gängige) Event rückt in den Vordergrund.

14: Strengthen the 6th Fundamental…
„Das IOC möchte die Nichtdiskriminierung durch sexuelle Orientierung im 6. Grundsatz-Prinzip des Olympismus aufnehmen.“
Das steht so in jeder halbwegs demokratischen Staatsverfassung und sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Zum Anschauungsunterricht über Olympismus siehe die Diffamierung von Homosexuellen in Russland anlässlich Sotschi 2014 – und die absolute Untätigkeit des IOC:
„Als Menschenrechtsbeauftragte rund um die Spiele von Sotschi verschiedentlich auf den Umgang mit Homosexuellen und die diskriminierende russische Gesetzgebung hinwiesen, focht das das IOC nicht an – Thomas Bach stand treu an der Seite von Wladimir Putin“ (Aumüller, Kistner 19.11.2014).

15: „clean athletes“
„Das endgültige Ziel des IOC ist es, saubere Athleten zu schützen.
Angesichts der bisher ausgeübten Praxis eher unwahrscheinlich! Das Dopinglabor für Rio 2016 wurde geschlossen – jede Probe wird nach Lausanne geflogen. Und das IOC veröffentlicht äußerst selten positive Befunde.
Dazu kam der kurz voir der IOC-Sondersession in Monaco zur Agenda 2020 ausgestrahlte WDR-Film „Geheimsache Doping – Wie Russland seine Sieger macht“. IOC-Präsident Thomas Bach zeigte sich an der Bewältigung der jüngsten russischen Doping-Vergangenheit uninteressiert und ignorant: „Das eine Thema hat mit dem anderen nichts zu tun. Wir schauen hier in Monaco in die Zukunft, die Vorfälle in Russland fanden in der Vergangenheit statt“ (Kistner 6.12.2014: Hervorhebung WZ).
Zur aktuellen Situation veregleiche: Doping Russland

16: 20 Millionen USD to protect clean athletes
10 Millionen USD sollen gegen Manipulationen eingesetzt werden, 10 Millionen für neue wissenschaftliche Ansätze beim Anti-Doping.
Das soll den Anschein erwecken, dass der Kampf gegen Doping noch nicht verloren ist: Das ist er aber, unter anderem durch die im Spiel befindlichen hohen Geldsummen.

22: Spread Olympic values-based education
Das IOC will seine Partnerschaft mit der UNESCO verstärken und seine Werte in den schulischen Lehrplänen weltweit ausweiten.
Zuerst machte das IOC der UNO Avancen: Nun soll die UNESCO dem globalen Sportkonzern IOC zu Diensten sein. Die Welt hat derzeit eine Menge von Problemen – Kriege, religiöse Fanatiker, Seuchen, Armut, Klimaerwärmung, um nur einige zu benennen: Es braucht keine spätmittelalterliche Gladiatorenspiele mehr.
Das IOC will eine elektronische Plattform entwickeln, um die auf olympischen Werten basierende Erziehung zu verbreiten.
Die „olympischen Werte“ sind ziemlich wertlos, wenn man sich das IOC in den letzten Jahrzehnten ansieht: Es handelt sich eher um Allmachtsphantasien. Und um einen um sich selbst kreisenden globalen Sport-Konzern, dessen Hauptaugenmerk auf gut gefüllten Bankkonten liegt.

25: Youth Olympic Games
Das IOC will die Olympischen Jugendspiele auf nichtolympische Jahre verlegen.
Damit ist jedes Jahr olympisch: Sommerspiele, Winterspiele, Olympische Jugend-Sommerspiele, Olympische Jugend-Winterspiele… Auch das ist ein Geschäftsmodell.

29: Increase Transparency
Auf welchem tatsächlichem Weg der Instransparenz sich das IOC und sein Bewerbungsprozess befindet, zeigt am besten der Fall der Bewerbung Boston 2024, wo sich ein Baukonzern seine Bewerbung zurechtbastelte, ohne dass irgendwelche Pläne offengelegt wurden oder demokratische Koordinierungen erfolgten. Vergleiche unter Aktuelles: Boston 2024: Privatbewerbung eines Baukonzerns

33: „Olympism in Action“
Das IOC will die „Olympismus-in-Aktion’-Programme modernisieren mittels einiger zentraler Bestandteile, an die sich Sponsoren beteiligen können und die die zentrale Vision verbreiten, „eine bessere Welt durch Sport“ zu errichten.
Diese „bessere Welt“ sieht eher nach Drogen, Korruption, Schiebung aus – von eitlen älteren Sportfunktionären gestaltet, die ihr eigenes Wohlergehen in Fünf-Sterne-Hotels und Erste-Klasse-Flügen an die schönsten Orte der Welt im Blick haben. Wenn IOC-Funktionäre von einer „besseren Welt“ sprechen, sind sie ganz nah bei der Welt von Fifa-Blatter.

35: TOP sponsor’s engagement
Das IOC will seine TOP-Sponsoren-Aktivitäten noch mehr ausweiten. Für nationale olympische Komitees sollen IOC-Marketing-Seminare geschaffen werden.
Solange die TOP-Sponsoren McDonald’s, Coca-Cola oder Dow Chemical heißen, sieht es mit der hehren IOC-Welt eher düster aus.

37: IOC membership age limit
Das Limit soll bei 70 Jahren liegen; die betreffenden IOC-Mitglieder dürfen aber einen Antrag auf vier Jahre Verlängerung stellen.
Da wird eine Regelung in Richtung früherer IOC-Präsident Juan Antonio Samaranch aufgeweicht, die sein Nachfolger Jacques Rogge mühsam eingeführt hatte, um das IOC vom Image des Altherren-Klubs zu befreien.

Fazit
Das IOC erweitert mit seinen „40 Empfehlungen“ sein Geschäftsfeld auf zusätzliche gesellschaftliche Felder. Die „Reform“ ist keine, da keine grundsätzlich dringend notwendigen Änderungen vorgenommen werden. Der IOC-Sport soll die gesellschaftlichen Felder der Welt weiter erobern.
Wie das IOC in der Realität mit der Umwelt aussieht, zeigt der Beitrag: Olympisches Abholzen für Pyeongchang 2018

Pressestimmen:
Tobias Oelmaier in dw.de: „Und einen Aspekt hat man offenbar ganz vergessen, der dazu beitragen würde, den Olympischen Geist wiederzubeleben: Sich selbst zu hinterfragen, die Glaubwürdigkeit der IOC-Mitglieder. Zwar wird künftig – auch das geht aus den Reformplänen hervor – allen Organisationen, die mit der Olympischen Bewegung in Zusammenhang stehen, abverlangt, die Prinzipien der „Good Governance“ zu akzeptieren. Eine explizite Bestärkung, dass dieses Bestreben auch für die eigenen Mitglieder gilt, fehlt aber“ (Oelmaier 18.11.2014).
Jens Weinreich in spiegelonline: „Extrem dünn sind die Aussagen über die Komposition des IOC. Offenbar bleibt es bei maximal 115 Mitgliedern, eine automatische Mitgliedschaft für alle 35 Fachverbandspräsidenten wird es nicht geben. Die Altersgrenze bleibt bei 70 Jahren (alle Mitglieder, die bis 1999 aufgenommen wurden, dürfen bis 80 dabei bleiben). Einmalig darf man sich nach dem 70. Geburtstag für eine vierjährige Verlängerung bewerben. Dieser Passus wird vor allem ein in Zürich lebendes IOC-Mitglied enttäuschen: Joseph Blatter, der in seiner Eigenschaft als Fifa-Präsident ex officio dem IOC angehört, vollendet im März 2016 sein achtes Lebensjahrzehnt. Spätestens dann muss er das IOC verlassen“ (Weinreich 18.11.2014).
Jörg Winterfeldt in der Berliner Zeitung: „Bei der näheren Betrachtung des strategischen Zukunftsplans der olympischen Bewegung wächst der Verdacht, dass nach Abzug der ganz großen Propagandawelle nicht allzu viel übrig bleibt, um die Spiele auf einen optimistischeren Kurs zu setzen. Und Bach selbst muss erst einmal den Verdacht ausräumen, sich vor allem selbst ein Vermächtnis mit dem Projekt setzen zu wollen. So rang er schon bei der Vorstellung gestern um die Deutungshoheit bei seinem Reformprogramm. Als befände sich das Bewerbungsverfahren um Olympische Spiele nicht gerade in der schwersten Krise seit 40 Jahren, verblüffte Bach mit seiner Sicht: „Während des vergangenen Jahres haben mich viele Menschen gefragt, warum das Verlangen bestehe, Veränderungen durchzuführen“, ließ er sich zitieren, „eigentlich, sagen sie, haben die Olympischen Spiele, das IOC und die olympische Bewegung viele Erfolge genossen und wir sind in einer guten Position“ (Winterfeldt 18.11.2014).
Benedigt Voigt im Tagesspiegel: „Darüber hinaus formuliert das IOC das Ziel nachhaltigerer, billigerer und flexiblerer Olympischer Spiele. Es reagiert damit auf die politisch höchst umstrittenen, 50,8 Milliarden Dollar teuren Winterspiele 2014 in Sotschi sowie den Rückzug aller demokratischen Bewerberstädte für die Winterspiele 2022 – nur noch Almaty (Kasachstan) und Peking (China) stellen sich zur Wahl“ (Voigt 19.11.2014).
Marc Hagedorn im Weser-Kurier: „Das IOC hat ein Problem: Olympia ist toll, Olympia sorgt für weltweite Einschaltquoten, mit Olympia kann man viel Geld verdienen. Das Dumme nur: Es gibt im Grunde keine seriösen Ausrichter mehr, die diese Mammutveranstaltung noch schultern könnten. In Zeiten von sozialen Problemen, schwächelnden Volkswirtschaften und hoher Arbeitslosigkeit sind aberwitzige Millionenausgaben und rigide IOC-Vorgaben für die Ausrichtung solcher Spiele in den meisten westlichen Demokratien kaum mehr zu rechtfertigen(Hagedorn 19.11.2014).
Gabriele Hiller, NOlympia Berlin: „Doch der große Wurf für die ausrichtenden Städte ist bisher nicht erkennbar. Unser Konsens bleibt, dass wir eine Olympiabewerbung verhindern wollen“ (SID 20.11.2014).
Markus Weise, Hockey-Bundestrainer: „Es geht nur noch um Events. Und nebenbei machen wir den Sport kaputt“ (Armbrecht, Anne, Penders, Peter, Schneller, höher, schlanker, in FAZ 12.12.2014).
Evi Simeoni in der FAZ zum Wandel vom Sport hin zum Event: „Nach den Sommerspielen in Rio 2016 werden die Hauptamtlichen im IOC, angeführt von Olympia-Direktor Christophe Dubi, jeden einzelnen der 306 Wettbewerbe unter die Lupe nehmen. War die Show auch wirklich gut? Haben sich genügend Zuschauer dafür interessiert? Dieser Umstand dürfte auch erklären, warum kein Weltverband sich darüber beschwert hat, dass der Zeitplan der Wettkämpfe ohne viel Federlesens an die Fernseh-Primetime der Länder mit dem größten Interesse angepasst wurden“ (Simeoni, Evi, Was wird aus Olympia, in FAZ 14.12.2014).
Noch mehr Brot und Spiele – und noch mehr IOC- TV. Noch mehr Einnahmen. Noch mehr IOC-Diktat. Noch weniger Mitbestimmung – die Quote regiert. (Der genannte Christophe Dubi zeichnete sich übrigens durch seine verächtlichen Bemerkungen zur Ablehnung von Oslo 2022 aus.)
Alfons Hörmann, DOSB-Präsident: „Manche Sportarten werden sich noch wundern. Die Agenda 2000 lässt mehr zu, als es manchem sympathisch ist“ (Ebenda).
Man denke an Punkt 10: vom Sport-basiertem zum Event-basiertem Programm… Damit kann das IOC viele althergebrachte Sportdisziplinen killen – zugunsten Event, Extrem-Sport, etc., die man anderen Organisationen wie ESPN oder X-Games abspenstig macht.
Jochen Klingovsky in den Stuttgarter Nachrichten zur unzureichenden IOC-Agenda 2020: „Denn so lange das IOC zum Beispiel auch künftig Steuererleichterungen von Olympiastädten fordert, wird es den Makel der Profitgier so schnell nicht los. Und das Dopingproblem, siehe Russland, scheint eher größer als kleiner zu werden. Einen Zirkus aber, der nur aufs Geld schaut und in dem Artisten auch noch als Betrüger überführt werden, wird die Gunst des Publikums nicht gewinnen“ (Spiele in Berlin? Die Skepsis bleibt, in stuttgarter-nachrichten.de 9.12.2014).
Thomas Kistner in der SZ zum Thema Abstimmungserhalten: „Nicht eine Gegenstimme gab es am Montag, als am Nachmittag manchem Vertreter schon der Sekundenschlaf zusetzte, brachten Bach und Mitstreiter auch flott ihr Herzensprojekt durch: einen olympischen TV-Kanal. In rauen Zeiten ist auch mediale Kontrolle ein hohes Gut“ (Kistner, Thomas, Konzertierte Verdrängung, in SZ 9.12.2014).

Nachtrag 1: Bachs Agenda 2020 – noch mehr Wettbewerbe. Der unermüdliche olympische weltreisende IOC-Präsident Thomas Bach besuchte die USA. „Seine US-Tour hat ihn zunächst zum Super Bowl nach Glendale/Arizona geführt, dann hat er einen Abstecher zur alpinen Skiweltmeisterschaft nach Vail und Beaver Creek gemacht. Auch in Boston hat er vorbeigeschaut, dort würde man gern die Olympischen Sommerspiele 2024 sehen. (…) In Colorado aber kündete der IOC-Boss, einen weiteren alpinen Bewerb durchaus als Olympia-tauglich zu sehen. Es handelt sich dabei um den Teambewerb, der beim Publikum jetzt nicht gerade der große Straßenfeger ist. Und es gibt genug Athleten, die einen großen Bogen um diesen Mannschaftsbewerb (Nations Team Event) machen. Aber Bach gefällt’s, der Internationale Ski-Verband (FIS) hat seine Freude. (…) „Eine Entscheidung soll noch vor dem nächsten IOC-Kongress im Juli 2015 in Kuala Lumpur fallen. Wobei die olympische Bewegung gut beraten wäre, das Programm nicht noch zusätzlich aufzublasen. Sondern endlich einmal zu straffen“ (Wiederstein, Wolfgang, Olympia droht zu explodieren, in diepresse.com 7.2.2015).

Nachtrag 2: Gian-Franco Kasper zweifelt an der Agenda 2020
Fis-Präsident Kasper ist bezüglich der IOC-Agenda 2020 mehr als skeptisch: „Ob das den Gigantismus zurückholt, das bezweifele ich. Es wird eher noch größer, weil man zusätzliche Städte mit einbaut… Das wird eine gefährliche Gratwanderung, das durchzusetzen“ (Angriff auf die “Götter”, in faz.net 10.2.2015).

Nachtrag 3: Die wahre IOC-Agenda 2020 (I) = Naturzerstörung
Das Naturschutzreservat Marapendi in Rios Stadtteil Barra war eines der letzten in Rio de Janeiro. Hier lebten unter anderem Wasserschweine, Dreibindengürteltiere und Breitschnauzenkaimane. Lebten. Denn jetzt ist hier eine Großbaustelle: Hierher kommt der Olympische Golfplatz 2016. Dagegen leisten seit Ende letzten Jahres 40 Protestierende von „Ocupa Golfe“ im Dreischichtbetrieb Widerstand. Der Biologe Marcello Mello sagte: „Man hält sich hier nicht lange mit der Umsiedlung dieser Tiere auf, die werden einfach erschossen“ (Herrmann, Boris, Schmutziges Grün, in SZ 5.3.2015). Dagegen der Chefplaner von Rio 2016, Joaquim Monteiro: „Das Gebiet des Golfplatzes war ein absolut verlassenes Gelände, da war gar nichts. Jetzt wird alles schön grün“ (Ebenda).
Für Mello ist der Golfplatz nur eine „Zwischennutzung“, nur die Möglichkeit, ein geschütztes Biotop in Bauland zu verwandeln: „Aus meiner Sicht ist dieser Golfplatz nicht für die Olympischen Spiele gebaut worden, sondern für die Interessen einiger privater Unternehmer, die eng mit der Lokalpolitik verbandelt sind“ (Ebenda). Die Staatsanwaltschaft in Rio ermittelt gegen Rios Bürgermeister Eduardo Paes. Ihm wird vorgeworfen, dass sein Wahlkampf von Pasquale Mauro finanziert wurde, dem halb Barra und neuerdings auch der Golfplatz gehören. Die Staatsanwaltschaft will von Paes wissen, ob er an der Umwandlung des Naturschutzgebietes Marapendi in Baugelände beteiligt war und ob Mauro den Grund zum Spottpreis von umgerechnet 20 Millionen Euro erhalten hat. „Als Bauland dürfte das knapp 100 Hektar große Gelände, auf dem auch Luxuswohnungen entstehen sollen, aber ein Vielfaches davon wert sein“ (Ebenda). Der Biologie Mello: „Wir haben es hier mit zwei offensichtlichen Verbrechen zu tun, mit einem an der Umwelt und einem am Steuerzahler“ (Ebenda). Dazu erlebt Rio gerade eine  gravierende Trockenperiode: Die Aktivisten gegen den Golfplatz berichten von täglich 1,5 Millionen Litern, die zur Pflege des Golfplatzes nötig sind. 20 Autominuten vom Olympischen Dorf liegt übrigens der Golfclub Itanhangá: Er zählt gemäß „Golf Digest“ zu den hundert besten außerhalb der USA (Ebenda).

Nachtrag 4: Die wahre IOC-Agenda 2020 (II) – Zensur
Der Dokumentarfilmer Alexander Gentelev hatte 2014 den kritischen Beitrag „Putins Spiele“ über Sotschi 2014 gedreht. Anfang 2015 kam seine zweite Dokumentation „Putins Spiele – Ein Jahr danach“ heraus. Das IOC verweigerte Gentelev in Kenntnis des kritischen ersten Beitrags sämtliche offiziellen Filmaufnahmen. „Die Juristen des MDR rieten auch dazu, das Wort ‚Olympia‘ zu streichen. (…) In Deutschland regelt das ein eigenes Gesetz, das Olympiaschutzgesetz (OlympSchG), das 2004 erlassen wurde, weil Leipzig sich für die Spiele 2012 bewarb. Danach dürfen Begriffe wie ‚Olympia‘ oder olympische Symbole nicht kommerziell genutzt werden. Kritiker halten das Gesetz für verfassungswidrig“ (Schneider, Martin, Offenbar politisch, in SZ 6.3.2015). Der DOSB hatte kürzlich Air Berlin abgemahnt: Die Fluglinie ist zwar Unterstützer der Bewerbung Berlin 2024, aber kein offizieller Partner des DOSB und musste deshalb auf dem Berlin-2024-Logo ihrer Flugzeuge das Wort „Olympia“ streichen.
Die betreuende MDR-Redakteurin Katja Wildermuth berichtete außerdem, dass alle Protagonisten, die sich im ersten Film kritisch geäußert hatten, „Besuch bekamen“ (Ebenda). – „Im zweiten Film kommt unter anderem Oppositionspolitiker Boris Nemzow zu Wort. Der Nemzow, der vergangenen Freitag in Moskau erschossen wurde“ (Ebenda).

Nachtrag 5: Interview mit Walther Tröger in der Berliner Zeitung
Wolfgang Hettfleisch fragte das langjährige IOC-Mitglied Walther Tröger, wie viele der Vorschläge der Agenda 2020 ihm denn bekannt vorgekommen sind. Tröger: „So gut wie alle. Und ich habe meiner Kollegin Claudia Bokel auch zunächst gesagt, dass ich vom Ergebnis enttäuscht war, worüber sie wiederum enttäuscht war“ (Hettfleisch, Wolfgang, „Die Präsentation Berlins war die beste aller Zeiten“, in berliner-zeitung.de 9.3.2015).

Nachtrag 6: Verwandlung in eine Gastgeberstadt
Christopher Gaffney, Geograph, der sich u. a. mit den Auswirkungen der Fußball-WM 2014 in Brasilien beschäftigt hat: „In der ‚Agenda 2020’ steht nichts, was das Geschäftsmodell in Frage stellt. Es besteht darin, die Stadt kurzfristig in eine Gastgeberstadt zu verwandeln. Öffentlicher Raum wird privatisiert, viel Geld für Veranstaltungen und Sicherheit ausgegeben, und es werden keine Einschränkungen bei der Immobilienspekulation oder beim Verkehr akzeptiert. Dann macht sich das IOC aus dem Staub, ohne Rechenschaft dafür zu geben, was mit der Stadt passiert“ (Knödler, Gernot, „Stadien werden zerstört“, in taz.de 17.6.2015).

Nachtrag 7: Notpapier Agenda 2020
Thomas Hahn schrieb in der SZ zur Agenda 2020 im Zusammenhang mit der Bewerbung Hamburg 2024: „Die Debatten um Menschenrechtsfragen in den nicht-demokratischen Olympia-Ländern China und Russland führte das IOC nicht neutral, sondern im Sinne seiner Gastgeber. Und bei den Urproblemen des Sports, Korruption und Doping, reagierten die Verbände meistens erst, wenn Behörden oder Medien die Autonomie des Sports durchbrachen. Der Doping-Zustand der russischen Leichtathletik, auf den der Weltverband IAAF jetzt mit Sperren und Zetern reagiert, kam auch erst durch Recherchen der ARD auf. Angeblich besinnt sich das IOC. Gerade in Hamburg verweist man ständig auf dessen Agenda 2020, die den Spiele-Gigantismus eingedampft habe. Aber erstens ist das Papier der 40 Empfehlungen auch erst aus der Not geboren, nachdem ein europäischer Winterolympia-Bewerber nach dem anderen an der Bevölkerung gescheitert war. Zweitens sind die Spiele dadurch nicht kleiner geworden. Die Agenda kommt einem fast vor wie eine PR-Maßnahme, mit der das IOC davon ablenken kann, dass es seinen Spiele-Ballon in Wirklichkeit gar nicht richtig verändern will“ (Hahn, Thomas, Streiche gegen die Skepsis, in SZ 28.11.2015).

Nachtrag 8: Tokio 2020 und die Agenda 2020
„Tokio hatte den Zuschlag für vernünftige, kostengünstige, ökologische Spiele erhalten: Sie sollten insgesamt 768 Milliarden Yen kosten, rund 6,7 Milliarden Euro. Dabei war Hadids Stadion in dieser Rechnung nicht einmal enthalten, da es nicht von der Stadt, sondern der Zentralregierung gebaut wird. In den Bewerbungs-Unterlagen hatte Tokio behauptet, fast alle Wettkampfstätten würden bereits bestehen, sie müssten nur erneuert werden. Kaum hatte Tokio den Zuschlag, wurden die Spar-Vorsätze jedoch dem Hang zum Größenwahn geopfert. Jede Einrichtung sollte die beste der Welt sein. Und weil in Japan bei der Vergabe von öffentlichen Bau-Aufträgen Seilschaften wichtiger sind als der Wettbewerb, werden die Projekte zwangsläufig teuer. Und im Laufe der Bauzeit noch teurer. Schon für die Sommerspiele 1964 in Tokio explodierten die Kosten, die Korruption war gigantisch, die Verschwendung auch. Tokio 1964 waren bis dahin die teuersten Olympischen Spiele. Tokio 2020 ist auf dem besten Weg, das zu wiederholen. (…)  Bürgermeisterin Koike war mit dem Versprechen zur Wahl angetreten, sie werde mit dem Filz in der Stadtregierung aufräumen. (…) Die Kommission, die sie einberufen hat, um die Kosten von Olympia zu durchleuchten, argumentiert, mit ‚Tatsumi‘ verfüge Tokio über eine olympiawürdige Schwimmhalle unweit vom geplanten Neubau; sie müsste bloß renoviert werden. Das Volleyball-Turnier könne in die ‚Super-Arena‘ des Vororts Saitama verlegt werden, wo 2006 die Basketball-WM stattfand. Fürs Rudern wurde bereits 1964 ein Becken ausgehoben, zudem verfüge Japan über gute Ruderseen. Als Kronzeugen gegen diese Einsparungsvorschläge führen Mori (Yoshiro Mori ist Präsident des Japanischen Olympischen Komitees; WZ) und sein Organisationskomitee das IOC und die internationalen Fachverbände an – die seien damit nicht einverstanden. John Coates, der Verbindungsmann des IOC, hat in der Tat bereits Bedenken angemeldet. Das fällt dem IOC und den Fachverbänden leicht, sie zahlen ja nichts für die Spiele. Und geben wie Yoshiro Mori das Geld anderer Leute großzügig aus: Nach den IOC-Regeln wird die Stadt Tokio, also deren Steuerzahler, 97,5 Prozent der Kosten tragen“ (Neidhart, Christoph, Mit dem Geld anderer Leute, in SZ 6.10.2016).
Im Sommer 2016 – also vier Jahre vor den Spielen – liegen die Kosten von Tokio 2020 bereits bei 30 Milliarden Dollar.

Nachtrag 9: IAAF überholt die IOC Agenda 2020
Im Dezember 2016 will der Internationale Leichtathletikverband IAAF unter seinem im August 2015 gewählten Präsidenten Sebastian Coe die Skandal-Ära des früheren Präsidenten Lamine Diack überwinden und Reformen beschließen. „Coe ist seit 13 Jahren im Council der IAAF vernetzt, einer Art Regierung der Leichtathletik, er will vom mafiösen Treiben aber nie etwas mitbekommen haben. Diese Konstellation allein treibt tiefe Beulen in seine Reputation. Umso wichtiger ist für ihn nun das Vorhaben, die Satzung umzubauen, eine Mauer hochzuziehen zwischen damals und heute. Und die Bausteine seiner Reform sind sogar recht solide. Der Präsident soll künftig höchstens zwölf Jahre im Amt bleiben. Er kümmert sich mit seinem Council nur noch um den Sport, der Rest wird einer neuen Exekutivkammer und dem Geschäftsführer zugeschoben. Eine unabhängige Kommission soll alle Mitarbeiter durchleuchten, die künftig in die IAAF rücken. Externe Buchprüfer sollen zudem die Geschäftsbilanzen ausleuchten – alles, damit sich nie wieder eine Schattenregierung einnisten kann. (…) Coes Reformen bergen zudem Belastungen fürs innenpolitische Klima. Er will ja schon ordentlich durchlüften, zwei große Fenster öffnen, durch die externe Prüfer bald in die Hinterzimmer des Sports schauen können: bei der Buchprüfung und der Einlasskontrolle der Integritätsprüfer. Das steht bloß im scharfen Kontrast zu dem, was dem organisierten Sport behagt, vor allem der Oberaufsicht vom Internationalen Olympischen Komitee und seinem Chef Thomas Bach: Der predigt gerne Autonomie und Selbstkontrolle. Dass Coe, Hüter der olympischen Kernsportart, nun ein mutigeres Reformpapier vorlegt als Bachs Agenda 2020, ist kein Zufall. Coe hat sich vom IOC-Chef emanzipiert, das Verhältnis ist zerrüttet, sagen Beobachter. Die IAAF hatte Russlands Leichtathleten kollektiv von Bachs Leistungsmesse in Rio ausgesperrt, wegen tiefwurzelnden Dopings. Am Freitag hielt sie die Sperre aufrecht, eine Resozialisierung zur WM 2017 wird unwahrscheinlicher. Dieser Kurs lässt Bach bis heute miserabel aussehen; das IOC hatte sich vor Rio ja gegen einen Ausschluss Russlands gestemmt, trotz erdrückender Indizien“ (Knuth, Johannes, Lüften bitte! in SZ 3.12.2016).

Nachtrag 9: Illegales Tropenholz bei Tokio 2020
„Eine breite internationale Koalition aus der Zivilgesellschaft fordert, dass für die Olympischen Spiele in Tokio 2020 kein Tropenholz aus illegalem Holzschlag oder mit Menschenrechtsverletzungen verbunden für Bauten verwendet wird. Der Bruno Manser Fonds übergab heute in Lausanne dem Olympischen Komitee im Namen von 40 Organisationen einen entsprechenden Brief. Es besteht ein beträchtliches Risiko, dass für das neue Olympische Stadion für die Spiele 2020 in Japan illegales Holz aus den bedrohten Regenwäldern Malaysias und Indonesiens verwendet werden wird. Japan ist weltweit der grösste Importeur von Sperrholz, welches während den Bauarbeiten Verwendung findet. Die japanischen Gesetze sind ungenügend und verhindert nicht, dass Tropenholz aus illegalem Holzschlag oder im Kontext von Menschenrechtsverletzungen geschlagen auf die Baustellen gelangt.
Die Hälfte vom nach Japan importierten Sperrholz stammt aus Sarawak, einem malaysischen Bundesstaat auf der Insel Borneo. Sarawak hat eine der höchsten Abholzungsraten der Welt und kämpft auch mit hohen Raten illegaler Abholzung. ‚Sarawaks Abholzungsfirmen zerstören unsere Wälder, verschmutzen unser Trinkwasser und missachten unsere Rechte. Die Abholzungsfirmen und Politiker werden reich, während sie uns unserer Lebensgrundlage berauben‘, sagt Nicholas Mujah von der indigenen Organisation SADIA. Unabhängige Untersuchungen verbinden das Sperrholz der Taisei Corporation, welche das neue Olympische Stadion in Japan baut, direkt mit der malaysischen Abholzungsfirma Shin Yang. Shin Yang ist bekannt für ihre unhaltbare Abholzungspraxis und die systematische Verletzung der Rechte der lokalen Bevölkerung, insbesondere der ansässigen Penan“ (Medienmitteilung des Bruno Manser Fonds: Zivilgesellschaft warnt Olympisches Komitee vor Tropenholzgebrauch für Spiele 2020, Basel 6.12.2016).

Nachtrag 10: Reihenweise Absagen von Austragungsorten – trotz Agenda 2020
Seit 2013 Abwahl Olympischer Spiele in: Graubünden (2013 und 2017); München (2013), Hamburg (2015), Wien (2013), Budapest (2017). Dazu Einstellung der Bewerbungen für Rom (2020 und 2024), Stockholm, Oslo, Boston. „In Budapest haben die Bürger jetzt kistenweise Unterschriften gegen Olympia auf die Straßen gepflanzt. Wenige Tage zuvor haben die Bürger im Schweizer Graubünden abgewunken. Hohe Kosten, Zweifel an Integrität und Nachhaltigkeit der Spiele, dazu die Hybris schillernder Funktionäre, die zunehmend in den Fokus von Strafbehörden rund um den Globus rücken. Da braucht es keine Fensterreden mehr und auch keine wachsweiche Agenda 2020, die sich Bachs IOC selbst gebastelt hat. Was es braucht, ist ein Kulturwechsel in der Sportführung – im IOC wie auch im anderen Affärenverband, der Fifa. Da wie dort können nur Leute aufsteigen, die alle Schichten dieses Milieus durchwatet haben und bis oben durchgereicht wurden. Eine Art freiwillige Selbstkontrolle der internationalen Sportkameradschaft. Wird diese Systematik nicht durchbrochen, ist keine Wende in Sicht“ (Kistner, Thomas, Keine Wende in Sicht, in SZ 24.2.2017). – „Dabei ist die Agenda 2020 im Kern gescheitert. Es hat kosmetische Eingriffe am Vergabeprozess gegeben. Das IOC ist aber nicht bereit, die Geschäftsgrundlagen zu ändern. Olympia bleibt ein Franchiseprodukt: Der Franchisegeber und alleinige Besitzer der Spiele, das IOC, kassiert den Profit aus der Olympiavermarktung und reicht nur einen Teil an die Ausrichter weiter. Die Franchisenehmer, die Olympiagastgeber also, tragen das volle wirtschaftliche Risiko und stellen das IOC von unkalkulierbaren Belastungen frei. (…) Die Fotos aus Rio de Janeiro, wo schon ein halbes Jahr nach den Spielen 2016 Sportarenen wie das legendäre Maracana zu Ruinen verkommen, und die Horrormeldungen aus Tokio verstärken das Dilemma“ (Weinreich, Jens, Blasse Ringe, in Der Spiegel 9/25.2.2017).

Nachtrag 11: Stockholm sagt ab – wegen Agenda 2020
Schwedens Hauptstadt Stockholm zog am 26.4.2017 die Bewerbung für Olympische Winterspiele 2026 zurück: „Es gebe keine politische Mehrheit für eine Bewerbung, erklärte die sozialdemokratische Bürgermeisterin Kerstin Wanngard. Die Zeit für eine angemessene Analyse sei zu kurz, weil zu viele Unsicherheiten über die finanziellen Rahmenbedingungen bestünden. Schuld daran sei die vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) ausgerufene Agenda 2020. Deren Details zu den Regularien für Gastgeberstädte würden frühestens im November 2017 bekannt gegeben“ (Stockholm verwirft Plan für Bewerbung, in spiegelonline 26.4.2017).

Nachtrag 12: Tokio 2020 sowas von nachhaltig
„Es soll Kandidaten künftig leichter gemacht werden, im Winter und im Sommer. Doch sollte man sich von den blumigen Versprechen nicht täuschen lassen: Olympia bleibt ein Riesen-Event und ein riskantes Projekt. Da geraten auch Mega-Cities ins Straucheln, wie derzeit in Tokio zu beobachten ist. Das Gastgeber 2020 ächzt unter enormen Lasten, die Kosten hatten sich zunächst auf 20 Milliarden Dollar vervielfacht und wurden nun auf knapp 13 Milliarden gestutzt. Die Zahlen bleiben volatil. Das IOC hat die Zahl der Sportarten für Tokio von 28 auf 33 und die Entscheidungen von 306 auf 341 erweitert. Ohne eine Reduzierung von Sportarten und eine deutliche Änderung des Programms wird es bei Sommerspielen aber kaum gehen. Dagegen sperren sich die olympischen Kernsportarten mit aller Macht. Doch das war kein Thema in Lausanne. Das IOC folgte der Maxime seines Präsidenten Thomas Bach, wonach es nur Sieger, aber keine Verlierer geben sollte. Im richtigen Leben, eigentlich auch im Sport, ist das allerdings anders“ (Weinreich, Jens,  Monopolympia, in spiegelonline 12.7.2017).

Nachtrag 13:
„Allerdings hat die ‚Agenda 2020‘, die IOC-Präsident Thomas Bach 2014 auf den Weg gebracht hat, eines ihrer Hauptziele verfehlt: Wieder mehr Bewerberstädte für Olympische Spiele zu begeistern. Zunächst schien der Plan aufzugehen, weil sich westliche Metropolen für 2024 bewarben. Doch gleich vier Kandidaten zogen sich zurück: Boston, Hamburg, Rom und Budapest. Angst vor zu hohen Kosten spielte überall eine Rolle. Blieben noch Paris und das für Boston nachgerückte Los Angeles. Das IOC überzeugte die Amerikaner, sich mit den Spielen 2028 zu begnügen, brachte die Doppelvergabe auf den Weg – und entledigte sich damit für viele Jahre dem Problem, namhafte Bewerber finden zu müssen. Das Prestigeobjekt Olympia blieb also trotz der Reformen ein Ladenhüter.Die Agenda 2020 hat komplett versagt‘, sagt der Stadtsoziologe Christopher Gaffney. Der Stadtsoziologe ist einer der führenden Wissenschaftler, die seit langem zu den Auswirkungen von Sportgroßveranstaltungen forschen. ‚Es wird immer wieder der gleiche Fehler gemacht – und das liegt am Vertrag des IOC mit den Städten. Die Städte zahlen, wenn die Kosten explodieren. Dabei hat das IOC noch nie mehr Geld eingenommen als heute. Bei jeden Spielen machen sie mehr. Und die Städte zahlen immer mehr für die Spiele'“ (WDR, Der einzige Gewinner – das ungezügelte Geschäft des IOC mit Olympia, Ankündigung des Films von Robert Kempe und Joachim Leufgens, sportinside 10.9.2017).

Quellen:
Aumüller, Johannes, Kistner, Thomas, Puzzle mit Stubenfliege, in SZ 19.11.2014
Catuogno, Claudio, Spiele auf Schalke, in SZ 19.11.2014
dpa, NOlympia-Bewegung zu IOC: „Die ‚Reform‘ ist keine“, in sueddeutsche.de 20.1.2014
Hagedorn, Marc, Gut fürs Image, in weser-kurier.de 19.11.2014
IOC, Olympic Agenda 2020, 20 + 20 Recommendations, Lausanne 18.11.2014
Kistner, Thomas, Russische Vergangenheit, in SZ 6.12.2014
Kreuzer, Hans-Peter, Nur Kosmetik oder ein Befreiungsschlag, in deutschlandfunk.de 23.11.2014
Oelmaier, Tobias, Kommentar: Wichtigen Punkt vergessen, in www.dw.de 18.11.2014
Reform des IOC: Olympia-Städte sollen mehr Geld bekommen, in spiegelonline 18.11.2014
SID, Kein großer Wurf, in SZ 20.11.2014
Simeoni, Evi, „Wir wollen mehr Vielfalt“, in faz.net 19.11.2014
Sulzer, Thomas, Bach: Bürgerbegehren für Olympia nötig, in bild.de 19.11.2014
Voigt, Benedikt, Thomas Bach stellt seine IOC-Reformen vor, in www.tagesspiegel.de 19.11.2014
Vrenegor, Nicole, Viel heiße Luft: Keine IOC-Reform in Sicht, nolympia-hamburg.de 20.11.2014
Weinreich, Jens, Weniger Kosten, weniger Wettbewerbe, in spiegelonline 18.11.2014
Winterfeldt, Jörg, Im Zeichen der Krise, in berliner-zeitung.de 18.11.2014

Nov 162014
 
Zuletzt geändert am 22.11.2014 @ 11:24

16.11.2014, aktualisiert 23.11.2014

Die Fifa-Ethikkommission war nicht unabhängig
Die Fifa-Ethikkommission mit dem deutschen Vorsitzenden Hans Joachim Eckert (im Zivilberuf Richter am Landgericht) kam am 13.11.2014 zu dem Schluss, dass bei der Vergabe der Fußball-WM 2022 an Katar keine Korruption im Spiel war (Statement of the Chairman of the Adjudicatory Chamber of the FIFA Ethic Committee, 13.11.2014). „Es gab keine rechtsstaatlichen Ermittlungen, sondern nur Recherchen eines von der Fifa beauftragten und bezahlten Teams. Sechs Millionen Dollar sollen die Ermittlungen von Garcias Truppe gekostet haben“ (Weinreich, Jens, Ein peinliches Papier, in spiegelonline 13.11.2014). Nur bei der Vergabe 2018 an Russland gab es Merkwürdigkeiten: „Eckert schließt sich auch Garcias Einschätzung an, dass es ‚keine ausreichenden Belege für Fehlverhalten des russischen Bewerberteams‘ gebe. Aus Eckerts Richterspruch geht allerdings auch hervor, dass die Organisatoren der russischen WM-Bewerbung 2018 Fifa-Chefermittler Garcia bei seinen Untersuchungen nur bedingt unterstützten. So hätten die Russen „nur eine begrenzte Menge von Dokumenten zugänglich“ gemacht. Ihre Begründung: Die Computer, die sie während der WM-Kampagne benutzten, seien ‚geleast‘ gewesen. ‚Der Besitzer hat bestätigt, dass die Computer mittlerweile vernichtet sind‘, heißt es in Eckerts Resümee“ (Wulzinger, Michael, Fifa spricht Russland und Katar vom Vorwurf der Korruption frei, in spiegelonline 113.11.2014; siehe unten). – „Für Verärgerung bei den Ermittlern sorgte die Tatsache, dass das russische Organisationskomitee Kontakte mit stimmberechtigten Mitgliedern des Fifa-Exekutivkomites teilweise verspätet oder gar nicht meldete“ (Röhn, Tim, „Ich wünschte, die Fifa würde aufgelöst“, in welt.de 3.11.2014) – auch dies kein Problem für Richter Eckert.
Die Fifa macht nach dem Eckert-Report umso erfreuter weiter und freut sich, „die Vorbereitungen für Russland 2018 und Katar 2022 fortzusetzen, die bereits weit fortgeschritten sind“ (Röhn, Tim, „Ich wünschte, die Fifa würde aufgelöst“, in welt.de 3.11.2014).

Der Eckert-Report
Ich habe mir die nicht nur umfänglich, sondern auch inhaltlich dünnen 42 Seiten angesehen. Es steht nichts, aber wirklich gar nichts darin, was nicht schon vorher in der Presse veröffentlicht worden war. Die ersten zwölf Seiten sind Fifa-Standard. Der absolut verunglückten Bewerbung von England für die Fußball-WM 2018 (mit zwei Stimmen in der ersten Runde ausgeschieden) werden drei Seiten gewidmet; die der USA (verlor in Runde 4 gegen Katar mit 14 : 8) ähnlich wenig. Die umstrittenste Bewerbung Katar 2022 wird auf kaum mehr als zwei Seiten abgehandelt, ebenso wie die von Russland 2018. Hier besonders bemerkenswert ist – wie oben erwähnt – die dreiste russische Erklärung im Eckert-Report: „Das russische 2018-Bewerbungskomitee stellte nur eine begrenzte Anzahl von Dokumenten zur Verfügung, was damit erklärt wurde, dass die damals benutzten Computer des Komitees geleast waren und dann nach der Bewerbung an ihren Eigentümer zurückgegeben wurden. Der Eigentümer hat bestätigt, dass die Computer zwischenzeitlich zerstört wurden“ (S. 30; die Abstimmung war am 2.12.2010 – vor nicht einmal vier Jahren!). Auch der russische Email-Verkehr auf Google-Gmail war nicht mehr auffindbar, weil angeblich Google USA eine Anfrage nicht beantwortet hat.
Angeklagt werden ausführlich jene Fifa-Funktionäre wie Mohamed Bin Hammam aus Katar oder Jack Warner aus der Karibik, die Blatter sowieso längst ausgemustert hat. (Bin Hammam hatte laut Report nicht im Auftrag von Katar bestochen, sondern nur, weil er Fifa-Präsident werden wollte.) Am Ende kommt der totale Freispruch für Russland 2018 und Katar 2022 – und ein dickes und peinliches Lob für den Fifa-„Reformpräsidenten“ Blatter. Fazit vom Vorsitzenden Eckert u. a.: – Die Bewerbungen 2018 und 2022 sind für die Fifa-Ethikkommission abgeschlossen. – Eckert bestätigt den Bewerbungen die volle Übereinstimmung mit den Fifa-Ethik-Codes.
Zwei Jahre Ermittlungen sind im Sinn der Fifa und des Fußball-Paten Sepp Blatter erfolgreich im Sand verlaufen – für sechs Millionen Dollar. Und die Kosten für Gefälligkeiten? Und hat wer das Eckert-Papier vorformuliert? Hat da vielleicht Blatters Rechtsanwalt Peter Nobel, Zürich, ein Händchen geführt? Und aus welcher Motivation heraus ruiniert der Jurist Eckert am Ende seiner beruflichen Laufbahn dieselbe?

– Stimmen zum Eckert-Report:
Jens Weinreich
dazu in spiegelonline: „Aber auf nur vier der 42 Seiten geht es um Katar. Kein Detail wird erwähnt, das nicht schon bekannt gewesen wäre. Die Bestechungszahlungen des ehemaligen katarischen Fifa-Exekutivmitglieds Mohamed Bin Hammam werden genannt, die von der ‚Sunday Times‘ im Juni 2014 enthüllt und belegt worden sind. Dies habe nichts mit dem WM-Bewerbungskomitee zu tun, behauptet Richter Eckert. Glaubt man seinen Darlegungen, dann hat in Katar nichts und niemand mit dem WM-Bewerbungs- und jetzigen Organisationskomitee zu tun, keine Staatsfirma, keine der vielen Stiftungen, die den Weltsport aufkaufen, nicht einmal der Emir. An diesen Stellen ist Eckerts Bericht geradezu lächerlich. Wie alles in Katar war auch die WM-Bewerbung Chefsache. Emir Hamad, der im Juni 2013 die Macht an seinen Sohn Tamim übergeben hat, ließ drei seiner Söhne die Bewerbung leiten: Mohammed, Jassim und Tamim (der übrigens seit 2002 auch dem Internationalen Olympischen Komitee angehört). (…) Ähnlich peinlich sind die Ausführungen zu Russland, das sich den Ermittlern im Grunde verweigert hat. Die Ausreden der Russen werden zu den Akten genommen: Die für die Bewerbung geleasten Computer seien zurückgegeben worden und nicht mehr verfügbar“ (Weinreich, Jens, Ein peinliches Papier, in spiegelonline 13.11.2014).
Gary Lineker, früherer englischer Nationalspieler: „Wenn ich für den Fußball einen Wunsch frei hätte, wäre es, dass die Fifa aufgelöst und von einem transparenten Dachverband ersetzt würde, die den Sport an die  erste Stelle rückt“ (Röhn, Tim, „Ich wünschte, die Fifa würde aufgelöst“, in welt.de 3.11.2014).
n-tv: „Ausdrücklich freigesprochen von jedem Verdacht der Bestechlichkeit oder irregulärer Einflussnahme wurde Fifa-Präsident Joseph Blatter“ (Ein bisschen Korruption, kein bisschen Strafe, in n-tv.de 13.11.2014).
Thomas Kistner in der SZ: „Der Report zu den WM-Vergaben 2018/2022, die ja ein beißender Korruptionsdunst umhüllt, ist an Banalität nicht zu unterbieten. Zeitungsleser sind zum Thema seit Monaten besser informiert, Fachleute lachen, die Fußballgemeinde stöhnt, aber die Fifa frohlockt und verweist auf die Reputation der Juristen, die sie für ihre Selbstbeschau angeheuert hat. (…) Jeff Thompson, damals Englands Vertreter im Fifa-Vorstand, behauptet, Blatter habe die Wahlleute gegen die Bewerber eingeschworen, weil man im Fall der Vergabe die britische Presse jahrelang am Hals habe. England flog raus in Runde eins (…) Diese Fifa braucht keine Ethik-Kommission“ (Kistner, Thomas, Farce mit Stempel, in SZ 14.11.2014).
Thomas Kistner zum Eckert-Report in der SZ: „Ein Drehbuchautor bekäme so einen Unfug um die Ohren gehauen… Eckert fand keine gravierenden Verstöße bei deren WM-Vergaben… Dass etwa in Katar kurz vor der WM-Kür noch flott ein Geisterspiel der Fußballgroßmächte Brasilien und Argentinien stattfand, für das den Verbänden zweier stark umwitterter Fifa-Kapos Millionen bezahlt wurden? Das hatte gemäß Fifa-Report gar nichts mit der WM-Bewerbung zu tun… Und dass Katar vorm Votum den Kongress des Afrika-Verbandes Caf mit 1,8 Millionen Dollar sponserte und im Gegenzug exklusiv unter Ausschluss aller Rivalen hinter verschlossenen Türen präsentieren durfte? (…) Bekannt ist trotzdem viel Fragwürdiges, das im Bericht fehlt. Etwa, dass Wladimir Putin mehr als ein Drittel der Wahlleute persönlich traf, und dass ein Fifa-Vorstand dem Gremium drei Monate nach der Kür Servus sagte und umsattelte auf Reklamefigur: Franz Beckenbauer wurde Sportbotschafter der russischen Gas- und Erdölindustrie“ (Kistner, Thomas, Stimmungstöter aus New York, in SZ 14.11.2014).
Bonita Mersiades, ehemalige Direktorin der Bewerbung Australien 2022 und Whistleblowerin: „Die Fifa kommt in dem Bericht von Hans-Joachim Eckert gut weg, die Entscheidung für Katar und Russland soll richtig gewesen sein, und Sepp Blatter wird gelobt. Das ist eine große Komödie“ (Informantin nennt Fifa-Bericht eine „große Komödie“, in spiegelonline 15.11.2014).
Phaedra Almajid, ehemalige Pressechefin für die Bewerbung Katar 2022, quittierte desillusioniert Anfang 2010: „Was die Fifa betrifft, sei vorbereitet, dass du gekreuzigt wirst – nicht einmal oder zweimal, sondern immer wieder. Sei darauf vorbereitet, zu leiden und für deine Handlungen zu bezahlen. Sei darauf vorbereitet, dich nie sicher zu fühlen und nie jemand trauen zu können. Und am wichtigsten: Sei darauf vorbereitet, dass du betrogen wirst von denen, die dir Schutz versprochen haben“ (Harris, Nick, Whistleblowers break their silence, in Mail on Sunday 15.11.2014). 
(Mersiades und Almadji sagten bei Michael Garcia aus und wurden im Eckert-Report bloßgestellt und identifizierbar gemacht: siehe unten.)
Gazzetta dello Sport: „Sogar ein Kind würde verstehen, dass da was nicht stimmt. Es bleibt berechtigter Zweifel: Ist wirklich sicher, dass alles sauber war?“ (Kistner, Thomas, Und jetzt das FBI, in SZ 15.11.2014).
Thomas Kistner in der SZ zum Eckert-Ergebnis: „Grundsätzlich seien die WM-Vergaben sauber gewesen. Ende des Verfahrens. Seither lacht die Welt über eine weitere Fifa-Scharade“ (Ebenda).
Reinhard Rauball, Ligapräsident der Deutschen Fußball-Liga (DFL) zum Eckert-Urteil: „Der Freispruch von Korruptionsvorwürfen zur WM-Vergabe 2018 und 2022 sei „der kommunikative Super-GAU und erschüttert die Grundfesten der  Fifa in einer weise, wie ich es noch nicht erlebt habe… Wenn diese Krise nicht glaubwürdig gelöst wird, muss man sich auch über die Frage unterhallten, ob man in der Fifa überhaupt noch guit aufgehoben ist. Eine option, über die  ernsthaft nachgedacht werden müsste, ist sicherlich, dass die Uefa sich von der Fifa löst“ (dpa, Raus aus der Fifa? in SZ 15.11.2014).
Leider ist Blattinis Uefa auf so ziemlich den selben Weg der Fifa
Claudio Catuogno in der SZ: „Der Name Eckert hat bisher in Justizkreisen einen ausgezeichneten Klang. Aber nun gilt ausgerechnet Eckert als der größte Sepp-Blatter-Versteher auf diesem Planeten. (…) Kollegen fragen sich: Ist ausgerechnet Eckert zu naiv, um zu erkennen, wie das Fifa-Business läuft?“ (Catuogno, Claudio, Profil: Hans-Joachim Eckert, in SZ 17.11.2014).

Fifa-Ermittler Garcia will gegen Eckerts Bericht vorgehen
Der Fifa-Sonderermittler Michael Garcia will gegen den Abschlussbericht der Fifa zur WM-Vergabe 2018 und 2022 vorgehen. „In einem Statement bemängelte der frühere FBI-Direktor mehreren Medien zufolge ‚zahlreiche unvollständige und fehlerhafte Darstellungen der Tatsachen und Schlussfolgerungen‘ und kündigte eine Berufung an“ (Eigener Ermittler will gegen Fifa vorgehen, in spiegelonline 13.11.2014). Garcia „will offenbar nicht derjenige sein, der der Fifa eine Art Persilschein in Sachen WM-Vergabe ausgestellt hat“ (Kistner, Thomas, Stimmungstöter aus New York, in SZ 14.11.2014). Garcia hat zum Beispiel mit Phaedra Almajid gesprochen, eine ehemalige Werberin für Katar, die schon 2011 über konkrete Korruption berichtet hat. „Ihre Vorwürfe zog sie aber plötzlich mit einer eidesstattlichen Versicherung zurück – was schon damals bizarr wirkte. Nun war die Amerikanerin eine zentrale Zeugin Garcias, den sie mit Belegen für angebliches Fehlverhalten Katars gefüttert hat. Eckert indes zweifelt an Almajids Glaubwürdigkeit: Die habe schon einmal Vorwürfe gegen Fifa-Vorstände zurückgezogen. Sah das auch Garcia so? Almajid hält dem Vorwurf nun das Geständnis dagegen, sie habe damals eine falsche Eidesversicherung abgegeben unter angeblichem Druck aus Doha – und liefert plausible Gründe: Es habe eine Schweigeklausel mit Arbeitgeber Katar gegeben, die sie mit ihrer damaligen Aussage verletzte. Katar habe sie dann mit Millionen-Schadensersatzdrohungen zu dem Widerruf gezwungen – sonst wäre sie als alleinerziehende Mutter zweier Kinder, eines davon behindert, ruiniert gewesen“ (Kistner, Thomas, Immer mehr Widersprüche, in SZ 17.11.2014).
Bonita Mersiades, die für die Bewerbung Australien 2022 arbeitete, berichtete über einige deutsche Ungereimtheiten: „In dem erfahrenen Beraterduo Fedor Radmann und Andreas Abold, die bei der Deutschland-WM 2006 stark involviert waren und zum Kreis Franz Beckenbauers zählten, seien Schlüsselmitarbeiter verpflichtet worden, deren Arbeit die Bewerber insgesamt umgerechnet zirka rund neun Millionen Euro gekostet hätte“ (Kistner, Thomas, „Erzähl mir von den Deutschen“, in SZ 18.11.2014).
Der offizielle Einspruch von Garcia ist inzwischen fristgerecht bei der Fifa eingegangen. „Sollte die Fifa-Berufungskommission Garcias Einspruch zurückweisen, könnte der US-Amerikaner den Internationalen Sportgerichtshof CAS anrufen“ (Zwanziger will Veröffentlichung von Garcia-Report, in spiegelonline 15.11.2014). Mersiades und Almajid reichten inzwischen ebenfalls Klage bei Chefermittler Garcia ein (Kistner 18.11.2014).
Keine gute Adresse für Gerechtigkeit und Aufklärung: Deshalb wurde der CAS ja gegründet.
Außerdem wird das FBI selbst ermitteln: Da bei der WM-Bewerbung 2022 in Runde 4 Katar 14 und die USA 8 Stimmen erhielten, steht zu vermuten, dass sich das FBI für das Schicksal öffentlicher US-Gelder interessiert (nicht nur deshalb, weil Garcia ehemaliger FBI-Agent war und seine Frau aktive FBI-Agentin ist).

– Der nächste Blatter-Herausforderer wird abserviert
Der Chilene Harold Mayne-Nicholls „war damals Chef der Fifa-Prüfungskommission: der Mann, der Russland und Katar als jeweils schwächste Kandidaten eingestuft hatte und dem Fifa-Vorstand vor dessen Votum am 2. Dezember 2010 harte Fakten auf den Tisch gelegt hatte. Darunter ein K.o.-Kriterium: Katars Sommerhitze von bis zu 50 Grad sei gesundheitsgefährend für die Spieler“ (Kistner, Thomas, Ermittlung gegen den Herausforderer, in SZ 13.11.2014). Als sich Mayne-Nicholls nun am 30.10.2014 als Gegenkandidat von Sepp Blatter meldete, „erhielt der potenzielle Kandidat Post von den als unabhängig firmierenden Fifa-Ethikern. Eine Ermittlung sei eröffnet worden. Nach erstem Anschein habe er gegen sechs Regeln des Ethikcodes verstoße“ (Ebenda).

– Wird die EU aktiv? Der EU-Sportkommissar Tibor Navracsics sagte der Financial Times: „Es ist an der Zeit, dass die Fifa alle Karten auf den Tisch legt und alle Zweifel an den Ergebnissen des Berichts ausräumt“ (Informantin nennt Fifa-Bericht eine „große Komödie“, in spiegelonline 15.11.2014). Er forderte – wie das  deutsche Mitglied der Fifa-Exekutivkomitees Theo Zwanziger – die Veröffentlichung der Garcia-Ermittlungen. „Für die Fifa ist ein gutes Verhältnis zur EU finanziell von großer Bedeutung. Ohne Einverständnis der EU ist der Verkauf von TV-Rechten auch für WM-Turniere in seiner derzeitigen Form nicht möglich“ (Ebenda)

 

Nov 012014
 
Zuletzt geändert am 03.12.2014 @ 13:43

30.11.14:
SZ: Korruption bei WM-Vergaben: Kunstschätze für die feinen Herren
SpOn: Fußball-WM 2022: Niersbach will Ultimatum für Katar
Welt: Erst kommt der Fußball, dann die Politik

29.11.14:
nolympia-hamburg.de: Hamburger Olympia-Bewerbung: Feuer & Flamme wird recycled

28.11.14:
nolympia.de: Olympisches Abholzen für Pyeongchang 2018
sid: Japans NOK-Präsident reagiert zurückhaltend auf Sapporo 2026
WZ: Olympia-Reform: Durchbruch oder Rohrkrepierer?
SZ: Gedenkort im Olympiadorf: Ein guter Kompromiss
China Daily: Ski resort boss buys 35 aircraft

27.11.14:
sid: Sapporo will Winterspiele 2026
AP: U.S. cities aim to keep bid costs down
sport1.de: Wirbel um DOSB-Stiftung
FAZ: Fifa-Korruptionsskandal: Ermittlungen gegen Beckenbauer
SZ: Radrennen in München: Auf den letzten Metern gescheitert
FAZ: Anti-Doping-Gesetz: Der Sport hat nichts zu sagen
dpa: Drei positive Dopingtests im Biathlon
cn: Vinokourov suspends Astana Continental team

26.11.14:
Grüne, Abgeordnetenhausfraktion Berlin: Olympiabewerbung – Beteiligung ist keine Werbeveranstaltung
rbb: Berlins Olympia-Bewerbung: Das Heer der Ringe
rbb: Hallervorden & Co. sollen es richten
rbb: Sollte sich Berlin für Olympia 2024 bewerben?
taz: Berliner Olympia-Bewerbung: Opa erzählt vom Spirit
Tagesspiegel: Klaus Wowereit präsentiert sein Olympia-Team
ND: Los Angeles als Vorbild
NZZ: Ken Livingstone: «Olympische Spiele in der Schweiz schwer zu rechtfertigen»
cctvcambridge.org: Five reasons why hosting the Olympics is a terrible idea
Tagesspiegel: Handball: Wilde Praktiken vor der WM in Katar

25.11.14:
Tagesspiegel: Berliner Bewerbung für Olympia 2024 oder 2028: Höher, weiter, sauberer?
Berliner Zeitung: Senat beschließt Kampagne für Olympia-Bewerbung
rbb: Berliner Senat trommelt für Olympia
Jamaica Plain Gazette: JP activists hold anti-Olympics protest meeting
Augsburger Allgemeine: Das Wahrzeichen droht zu bröckeln: Was wird aus dem Olympiapark?
dpa: Zu wenig Schnee: Snowboardcrosser-Saisonstart verschoben
APA: Kein Wintereinbruch in Sicht: Salzburgs Seilbahner warten auf Schnee
SZ: Sudelfeld: Bereit für den Kunstwinter
Grüne, Landtagsfraktion: Zweifel an Rentabilitätsstudie der Liftbetreiber
dpa: Generalsekretär Valcke: Fifa-Image auf Jahre hinaus beschädigt
FAZ: Drechsler und Koch fanden es gut in der DDR

24.11.14:
Berliner Zeitung: Obskure Parallelwirtschaft beim DOSB
WDR, sport inside: Stiftung Deutscher Sport: Geheimes Vermögen
nolympia-berlin.de: Olympischer Widerstand: München-Hamburg-Berlin – gemeinsam gegen Olympischen Größenwahn
dpa: Hörmann: „Größte Gefahr ist Gleichgültigkeit“
sportschau.de: Die Skisprung-Zukunft – von Klingenthal Richtung Osten
FR: Beschämend

23.11.14:
DLF: Olympia-Reform: Nur Kosmetik oder ein Befreiungsschlag?
DLF: Korruptions-Debatte im Fußball: Eine Frau gegen die Fifa

22.11.14:
gamesmonitor.org.uk: They went and did it! 500-year-old primeval forest at Mount Gariwang unlawfully destroyed for 2018 Pyeongchang Winter Olympics
FAZ: Ecclestone und Blatter: Bis der Tod uns scheidet

21.11.14:
jensweinreich.de: “Macht, Moneten, Marionetten: ein Wegweiser durch die olympische Parallelgesellschaft”
nolympia-hamburg.de: Bürgerbegehren? Muss nicht sein! Thomas Bachs Demokratieverständnis
dpa: Olympia-Finals der Schwimmer 2016 kurz vor Mitternacht?
SZ: Kritik an Hall of Fame der Leichathletik: „Leugnerinnen des eigenen Dopings“

20.11.14:
nolympia.de: „Agenda 2020“ – Wie das IOC sein Geschäftsmodell erweitern will
SZ: Bach contra Bürgerbegehren: Olympias Problem mit der Demokratie
bild: Bach: „Bürgerbegehren für Olympia nötig?“
bmgev.de: Olympische Spiele weder 2024 noch 2028 – Ein zweites Bündnis gegen Berlins Olympia-Bewerbung formiert sich
dpa: NOlympia-Bewegung zu IOC: «Die ‚Reform‘ ist keine»
jW: »Profit für Großkonzerne und das IOC«
nolympia-hamburg.de: Olympia-Kosten: Bisher schon 81.000 Euro (Stand: 31.10.14)
katrin-lompscher.de: STADTgespräch Nr. 2: Olympisches Gold in Charlottenburg?!
skiclub.co.uk: Where now for the Winter Olympics?
sid: Olympia 2020: Tokio muss bei den Sportstätten sparen
SN: Die Macht im Sport ist globalisiert
FAZ: Leichtathletik-WM in der Wüste: Hauptsache, die Kasse klingelt
Welt: Geld ist eben doch alles – Katar ist im Austragungswahn
insidethegames.biz: IAAF claim Doha’s million offer in 2019 World Championships bid was legal and within guidelines
sid: Politiker sehen deutsche Olympia-Bewerbung bedroht
Zeit online: So geht die Fifa mit Whistleblowerinnen um
SZ: Fifa-Ethikbericht zur WM-Vergabe: „Die Anzeige zielt bewusst ins Ungewisse“

19.11.14:
Berliner Zeitung: Weltcup der Skispringer in Klingenthal: Künstliche Natur
sid: „NOlympia“ nach Bach-Reform: „Wollen Olympia weiter verhindern“
Tagesspiegel: Thomas Bach stellt seine IOC-Reformen vor
Weser-Kurier: Gut fürs Image
Tagesspiegel: Noch sind die Berliner Olympia-Muffel
imgur.com: Post-Olympics, Sochi already looks like an eerie ‚wasteland‘
sid: Leichtathletik: Human Rights Watch kritisiert WM-Vergabe nach Katar
SZ: Strafanzeige der Fifa: Im Dunkeln mit Sepp
BR: Dopingmittel verbreitet? – Ehemaliger Olympia-Arzt unter Verdacht

18.11.14:
SpOn: Thomas Bachs Olympia-Reform: Weniger Kosten, mehr Wettbewerbe
Berliner Zeitung: IOC-Reform: Im Zeichen der Krise
DW: Wichtigen Punkt vergessen
SpOn: „Reform“ des IOC: Olympia-Städte sollen mehr Geld bekommen
dpa: Hörmann gegen gemeinsame Bewerbung von Berlin und Hamburg
t-online.de: „Bürger haben Schnauze voll“: Harsche Kritik an der deutschen Olympia-Bewerbung
Welt: Hafenwirtschaft: Bedroht die Olympia-Bewerbung Investitionen?
nolympia-hamburg.de: Hafenwirtschaft gegen Olympia
nolympia-berlin.de: NOlympic-City überall: Rückblick und Ausblick zu NOlympiakampagnen damals 1993 in Berlin und heute
Boston Globe: What are the costs and benefits of a Boston Olympics?
nolympia.de: Kritisches Olympisches Lexikon: Totalitärer Sport-Terminkalender
FAZ: Leichtathletik-WM in Qatar: „Das Einzige, was sie dort haben, ist Geld“
IAAF: Doha to host the 2019 IAAF World Championships
nolympia.de: Kritisches Olympisches Lexikon: Hayatou, Issa
ND: Skandal im Volleyballparadies: Nach Schmiergeldvorwürfen wird die polnische Verbandsführung verhaftet
Merkur: Spaenle beharrt auf neuem Denkmal-Standort

17.11.14:
NW: Olympiabewerbung für 50 Millionen Euro
Der Standard: Das IOC spielt eine riskante Partie
WDR, sport inside: Reiz der Coolness
WDR, sport inside: Einfach nur lächerlich
FAZ: WM-Korruption: Uefa ist nicht die bessere Fifa
SZ: Größter Sepp-Blatter-Versteher auf dem Planeten
FAZ: Informantinnen fordern Ermittlung gegen Fifa-Richter
Welt: Katar greift jetzt auch nach der Leichtathletik-WM
Merkur: Skigebiete rüsten sich für den Klimawandel

16.11.14:
Welt: Olympias Fluch
rbb: Senat lässt sich Zeit mit genauer Kostenrechnung für Olympia
dpa: Piraten: Olympia in Berlin nur unter Bedingungen
nolympia.de: Fifa spricht sich frei
SZ: Perfekte Fifa-Farce
jensweinreich.de: “The FIFA files”
Welt: Eine Katar-Reise wird zum Problem für Beckenbauer
DLF: WM 2022: Auf dem Rücken der Gastarbeiter?
DLF: Sportförderung: „Mehr Geld auch ohne neue Konzepte“

15.11.14:
ARD, Sportschau: 42 Seiten Schlamassel
sid: Geldsegen für den deutschen Sport

14.11.14:
taz: Kiel und Lübeck kämpfen um Olympia
KN: Die Intrige von München
mondialblog.tumblr.com: FIFA’s treatment of whistleblowers begs more questions than answers
SZ: Olympiadorf gegen Gedenkort: Verdrängen und weiterfeiern
Merkur: Herrmann: Tunnel darf auch teurer werden
dpa: Reiter: Ausstieg aus S-Bahn-Tunnelprojekt?

13.11.14:
FAZ: Haushaltsausschuss: 15 Millionen Euro mehr für Spitzensport
sid: Sportförderung: Politik zahlt im kommenden Jahr 15 Millionen Euro mehr
NDR: Kein Halt am „Olympiastadion“ während Olympia
SpOn: Fifa-Bericht zur WM-Vergabe: Ein peinliches Papier
SZ: Fifa-Ermittlung zur WM-Vergabe: Stimmungstöter aus New York
Welt: „Ich wünschte, die Fifa würde aufgelöst“
SpOn: WM-Vergabe nach Russland und Katar: Eigener Ermittler will gegen Fifa vorgehen
SZ: Wahl zum Fifa-Präsidenten: Schikanen für Sepps Gegenspieler
dpa: Nur noch sechs Länder wollen Ryder Cup 2022
BR: Olympia-Attentat: Neuer Vorschlag für Gedenkstätte in München
dpa: Zweiter S-Bahn-Tunnel: Planung zieht sich

12.11.14:
BR, BürgerForum live: Skizirkus und Schneekanonen – Gefahr für Bayerns Bergwelt?
ND: Berlin: Neue Debatte zu Olympia-Befragung
Tagesspiegel: Gegner wollen nicht mit DOSB zusammenarbeiten
rbb: Mögliche Doppel-Bewerbung ist für DOSB-Chef kein Problem
nolympia-hamburg.de: Anonymer Hinweis: Enorme Kosten für Olympia Hamburg
NDR: Hamburg: Pläne für U-Bahn-Ausbau werden konkreter
SpOn: WM-Ausrichter Katar: Amnesty kritisiert anhaltende Ausbeutung von Fremdarbeitern
insidethegames.biz: Sochi 2014 construction giant accused of withholding wages from workers
DLF: Perikles Simon: „Gesetz wird Doping reduzieren“
FAZ: Anti-Doping-Gesetz: Hörmann muss Farbe bekennen
BadZ: Freiburg: Uni darf Doping-Aufklärer nicht auf der Zielgeraden stoppen

11.11.14:
nolympia-berlin.de: Zwei Welten begegnen sich: NOlympia-Bündnis trifft auf DOSB
dpa: NOlympia und DOSB nach Treffen: „Es wird keine Zusammenarbeit geben“
gamesbids.com: Only twenty per cent support Paris 2024 bid
Merkur: Radstadion wird abgerissen: Neue Halle für FC Bayern Basketballer
SZ: Anti-Doping-Gesetz: Durchbrecht die Schweigebündnisse

10.11.14:
nolympia-berlin.de: Olympischer Widerstand beim DOSB
WDR, sport inside: Ein Mann, der früher eine Frau war
holmesreport.com: Beijing hires Weber Shandwick for 2022 Olympic bid
dpa: BGH-Urteil: Werben mit «Olympia-Rabatt» erlaubt
rechtslupe.de: Olympia-Rabatt

09.11.14:
nolympia.de: Kritisches Olympisches Lexikon: Timtschenko, Gennadij Nikolajewitsch
SZ: Neue Halle im Olympiapark: München will Weg für Red Bull freimachen
FAZ: Hüben wie drüben: Nur Medaillen zählen

08.11.14:
nolympia-hamburg.de: Lasst uns nicht von Luftverschmutzung reden: Olympia bringt 3,4 Millionen Tonnen CO2
Tagesspiegel: Berliner SPD-Basis entscheidet sich für Olympia-Bewerbung
DLF: FBI-Informant: Wie Blazer sich vor dem Gefängnis rettete
SpOn: Zwangsarbeit in Katar: Nordkoreaner schuften als Staats-Sklaven auf Baustellen

07.11.14:
SWP: Olympia-Pläne: Letzte Chance
sid: Pariser Bürgermeisterin bremst Hollande: Entscheidung über Olympiabewerbung erst 2015
sid: Ines Geipel: „Sportler werden weggeworfen“
Merkur: Olympiastadion: 76 Millionen für Münchens Rock-Arena

06.11.14:
dpa: DSV-Präsident Steinle: «IOC muss zu normalen Maßstäben zurückkehren»
insidethegames.biz: Working Group set up to analyse European reluctance to bid for Olympics
nolympia-hamburg.de: Traditionsverein St. Pauli diskutiert NOlympia – Designierter Präsident nimmt Stellung
Merkur: Stadion-Atmosphäre beim Ski-Weltcup
dpa: Parallelslalom am Olympiaberg: Schneedepot soll für Sicherheit sorgen
Handelszeitung: Wie das globale Kapital den Sport erobert

05.11.14:
nolympia.de: Chronologie der Ereignisse im Oktober 2014
SpOn: Sportjahr 2024: EM-Entscheidung fällt erst nach Olympia-Vergabe
insidethegames.biz: South Africa’s Gauteng Province set to make 2024 Olympic bid if IOC change rules
Deutscher Bundestag, Sportausschuss: Volkswirtschaftliche Bedeutung von Sportgroßveranstaltungen
Sportbild: Curling-Vizeweltmeister Kapp klagt DOSB an: „Das ist Gutsherrnart“
Blick: Swiss Olympic verbietet Bauern-Olympiade
FAZ: Fifa: Korruptions-Experte warnt vor Partnerschaft mit Qatar Airways
SZ: Sicherheit bei Derbys: Stadt steckt 2,5 Millionen ins Sechzgerstadion

04.11.14:
Tagesspiegel: Der olympische Zirkus hinterlässt nur Bauruinen
Augsburger Allgemeine: Olympia in Deutschland: Die Gegner formieren sich schon
detektor.fm: „Haben wir überhaupt den Hauch einer Chance?“
nolympia-hamburg.de: Lasst uns nicht über die Kosten reden
dpa: Frankreich will mit TV-Show Geld für Olympia-Bewerbung 2024 sammeln
AP: Beijing emerges as 2022 Winter Olympics favorite
eturbonews.com: Post-Sochi Winter Olympics leaves Russian tourism out in the cold
insidethegames.biz: IOC member votes should be made public to add credibility, claims badminton chief Høyer
20min.ch: Vortrag von Fifa-Boss: Demonstranten stürmen ETH-Gebäude

03.11.14:
SZ: Fifa und Uefa: Liaison mit dem Kreml
SZ: FBI belauschte Fifa-Funktionäre
WDR, sport inside: Schatten auf dem Eis
Nouvel Observateur: Jeux Olympiques 2024: Paris candidat? La France a 4 faiblesses… et quelques atouts
Merkur: Der Olympiapark hat einen neuen Chef
FAZ: Offenbach: Ermittlungen wegen „Mission Olympic“ eingestellt

02.11.14:
junge Welt: »Berlin braucht viel, aber nicht Olympia«
Welt: Kosten für Olympische Spiele sind noch völlig offen
Welt: Offene Rechnung
Welt: Olaf Scholz: „Nicht in Größenwahn verfallen“
DLF: DDR-Doping: „Wir haben keine Zeit mehr“
DER SPIEGEL: Fifa verliert Sony und Emirates als Top-Sponsoren
DLF: FIFA: Schlechtes Image vergrault Sponsor

01.11.14:
DLF: Olympia 2024: Bewerbung im Doppelpack
FAZ: Deutscher Eishockeybund: Dem kranken Patienten droht die Insolvenz

weiter zur Presseschau für Oktober 2014

Okt 122014
 
Zuletzt geändert am 15.10.2014 @ 16:23

12.10.2014, aktualisiert 15.10.2014

Vergleiche auch im Kritischen Olympischen Lexikon: Motor-Sport

Das „Erbe“ der Olympischen Spiele Sotschi 2014
Christoph Geiler zieht in der Schweizer TagesWoche Bilanz: „Kaum war das Olympische Feuer erloschen, da konnten und wollten sich die Sportler, Funktionäre und vor allem auch die russischen Olympia-Verantwortlichen nicht mehr für weitere Wettkämpfe in Sotschi erwärmen. Schon im Jahr eins nach den Winterspielen bleiben die meisten olympischen Sportstätten verwaist. (…) Skifahrer, Biathleten, Skispringer, Snowboarder, Langläufer, Freestyler, Eisschnellläufer, sie alle machen mit ihren Weltcups einen weiten Bogen um die Olympiastadt. Und es deutet auch nichts darauf hin, dass Sotschi in naher Zukunft Aufnahme in die Weltcupkalender finden sollte“ (Geiler 11.10.2014; Hervorhebung WZ). Die Biathlon-Loipe: außer Betrieb, da das eigentliche russische Biathlon-Zentrum im sibirischen Khanty Mansiysk liegt. „Noch weniger Zukunft haben nur mehr die olympischen Sprungschanzen von RuSki Gorki. Leicht möglich, dass sich schon bald überhaupt kein Skispringer mehr über die sündteuren Bakken (250 Millionen Franken) wagt. Denn die Gegend rund um Esto Sadok, wo die Anlage aus dem Berg gesprengt wurde, ist ein schlechter Boden für Sprungschanzen.
Der gesamte Hang hat sich in den letzten Jahren schon um mehrere Zentimeter verschoben, weshalb Gian-Franco Kasper, wortgewaltiger Präsident des Internationalen Skiverbandes (FIS) bereits unkt. ‚Ich sage immer scherzhaft: Die Schanzen werden in zehn Jahren nicht mehr oben am Berg stehen, sondern unten am Meer’“ (Ebenda; Hervorhebung WZ).

Sotschi Formel-1: Die Kosten
Fünfzig Millionen Dollar soll Russland als Veranstalter des Rennens im Auftrag von Präsident Wladimir Putin für die Vergabe des Rennens 2014 nach Sotschi an Ecclestone bezahlt haben: Putin ließ es sich natürlich auch nicht nehmen, höchstpersönlich das Autorennen am 12.10.2014 zu besuchen und die Siegerehrung vorzunehmen, siehe unten. Die 50 Millionen werden insgesamt siebenmal fällig, denn bis mindestens 2020 soll jährlich ein Formel-1-Rennen hier stattfinden (Aumüller 11.10.2014). Macht summasumarum 350 Millionen Dollar – für Ecclestone.
Hermann Tilke, Ecclestones Hausarchitekt für Formel-1-Rennstrecken, schwärmte von der langgezogenen Kurve in Form eines Hufeisens – die spektakulärste Stelle der neuen Rennstrecke. „Die Piloten fahren mit rund 120 Stundenkilometern in die Kurve und kommen an deren Ende auf fast 300“ (Hamann 10.10.2014). Tilke: „Die Kurve wird voll durchbeschleunigt, das wird die Reifen richtig stressen. So etwas gibt es nirgendwo anders“ (Ebenda).
Der neue Kurs soll 260 Millionen Euro gekostet haben (Brümmer 9.10.2014). Bezahlen muss – wie bei den Olympischen Winterspielen Sotschi 2014 – der russische Staat bzw. die Region Krasnodar. Deren Vize-Gouverneur Alexander Saurin bemerkte dazu: „Es war unsere Hauptaufgabe, das olympische Erbe weiterzuentwickeln“ (Aumüller 11.10.2014). Johannes Aumüller bemerkt dazu in der SZ: „Ausgerechnet eine Motorsport-Veranstaltung soll ein Beispiel für nachhaltiges Wirtschaften sein“ (Ebenda). – „Deren Verantwortliche pflegen das olympische Erbe aber zugleich noch auf eine andere Weise. So etwa die Erinnerung daran, wie neben manchem Putin-Gefolgsmann auch enge Familienmitglieder von Regionsgouverneur Alexander Tkatschow von den gewaltigen staatlichen Investitionen in Sotschi profitierten. Sein Schwiegersohn war für den Bau einer Vergnügungsstätte namens ‚Sotschi Park‘ zuständig – und soll nach Recherchen einer Nichtregierungsorganisation dafür Kredite mit sehr niedrigen Zinsen von staatlichen Banken erhalten haben. Sie taxiert den Profit der Familie auf zirka 250 Millionen Dollar“ (Aumüller 11.10.2014).

Widerstand
Besonders beschämend in diesem Zusammenhang: Der Umweltschützer und Kritiker von Sotschi 2014, Jewgeni Witischko von der „Ökologischen Wacht Nordkaukasus“, wurde vor den Olympischen Winterspielen ins Gefängnis geworfen, weil er angeblich einen Zaun um einen illegal von Gouverneur Tkatschow in Beschlag genommenen Strand beschädigt habe. „Das Marschland in der Imeretinskajabucht war einst Naturschutzgebiet. (…) Der Umweltschützer Jewgeni Witischko, der gegen den Bau der Olympiastätten in einzigartiger Ökosphäre protestiert hatte, war während der Olympischen Spiele unter dem Vorwand, er habe in der Öffentlichkeit geflucht, verhaftet worden und muss seither eine zuvor gegen Bewährung ausgesetzte dreijährige Lagerhaft verbüßen. Witischko saß in einer Gefangenenkolonie in der Oblast Tambow ein, vor zwei Wochen wurde ein weiterer Einspruch mit der Begründung verworfen, er habe seine Nahrungsmittel nicht ordnungsgemäß gelagert und zu verbotenen Zeiten auf seinem Bett gesessen, schreibt ein Mitglied von Witischkos Organisation „Ökologische Wacht im Nordkaukasus“. Am Mittwoch twitterte EWNC, dass Witischko verlegt werde – in eine noch striktere Strafkolonie“ (Becker 9.10.2014).
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Rückblick aus Putin-Russland – Lupenreine Diktatur (9):
Rechtzeitig zum Beginn von Sotschi 2014 wurde der Geologe Jewgeni Witischko von der Umweltwacht Nordkaukasus verhaftet. “Im Jahr 2011 hatte er sich mit Aleksandr Tkatschow angelegt, dem mächtigen Gouverneur der Region Krasnodar, zu der auch Sotschi gehört. Tkatschow ist der größte Grundbesitzer und ein wichtiger Verbündeter des Kremls bei der Kontrolle über die Olympia-Milliarden. Weil Witischko mit seinen Anhängern dagegen protestierte, dass sich der Gouverneur ein schönes Stück Strand zu seiner Datscha einverleibte, wurde der Öko-Aktivist zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Im Dezember 2013 aber wandelte ein Gericht die Bewährungsstrafe in drei Jahre Lagerhaft um – Jewgeni Witischko hatte angeblich gegen die Bewährungsauflagen verstoßen” (Heimann, Doris, Mehr Fluch als Segen, in schwaebische.de 7.2.2014).
Ein russisches Gericht hat das Urteil gegen den Geologen nun bestätigt. “Nach Auffassung der Richter hatte Witischko Zerstörungen durch die Winterspiele in Sotschi angeprangert. Sie sahen es als erwiesen an, dass der Ökologe an einer Villa des Gouverneurs der Olympia-Region Krasnodar Protestplakate angebracht hat, weil das Gebäude ohne gesetzliche Grundlage errichtet worden sein soll. Er wurde deshalb wegen vorsätzlicher Beschädigung fremden Eigentums für schuldig gesprochen und verurteilt. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch nannte den Richterspruch ‘politisch motiviert’. Die russischen Behörden würden Aktivisten im Umfeld von Olympia mit Druck ‘kaltstellen’ wollen, sagte die Sprecherin Julia Gorbunowa. Witischkos Anwalt Alexander Popkow meinte: ‘Jewgeni soll gezielt isoliert werden’” (Kritiker zu Lagerhaft verurteilt, in tagesschau.de 12.2.2014).
Witischkos Ökowacht-Mitstreiter Suren Gasarjan, mit dem er gegen Gouverneur Alexander Tkatschow protestierte, musste nach Estland fliehen. Witischko hat auch persönliche Konsequenzen gezogen: “Leute, die ihn gut kennen, berichten, dass er sich sogar scheiden ließ, damit die Frau und die Kinder nicht bedroht werden” (Aumüller, Johannes, Olympischer Gefangener, in SZ 13.2.2014). Witischko: “Das, was in unserem Land, in Sotschi, passiert, darf nicht sein, aber es passiert. Wir dürfen die Wahrheit darüber, wie sich diese Region nach Olympia weiterentwickeln wird, nicht sagen” (Ebenda). Die Umweltwacht Nordkaukasus stellte Mitte Februar 2014 einen 81-seitigen Report vor, in dem die Umweltschäden dokumentiert wurden (Aumüller, Johannes, Erst einmal nachfragen, in SZ 14.2.2014).
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Globaler Formel-1-Zirkus
Der Formel-1-Kalender 2014:  16. März: Melbourne/Australien; 30. März: Sepang/Malaysia; 6. April: Manama/Bahrain; 20. April: Shanghai/China; 11. Mai: Barcelona/Spanien; 25. Mai: Monte Carlo/Monaco; 8. Juni: Montréal/Kanada; 22. Juni: Spielberg/Österreich; 6. Juli: Silverstone/Großbritannien; 20. Juli Hockenheimring/Deutschland; 27. Juli: Budapest/Ungarn; 24. August: Spa/Belgien; 7. September: Monza/Italien; 21. September: Singapur; 5.10. Suzuka/Japan; 12. Oktober: Sotschi/Russland; 2.11. Austin/Texas; 9.11. Sao Paulo/Brasilien; 23. November: Abu Dhabi.
Das bedeutet den Transport der Formel 1 mit sechs Jumbojets nach: Australien-Malaysia-Bahrain-China-Spanien-Monaco-Kanada-Österreich-England-Deutschland-Ungarn-Belgien-Italien-Singapur-Japan-Russland-USA-Brasilien-Abu Dhabi.
Und das in Zeiten der globalen Klimaerwärmung: globaler Transport des Formel-1-Zirkus in sechs Jumbo-Jets (siehe unten), mit hohem Sprit- und Ressourcenverbrauch im Kreis rasen… Es ist wirklich traurig, dass es gegen Ecclestones Formel-1-Spektakel, die perverseste Entwicklung des „Sports“ nicht mehr globalen Widerstand gibt.

Kritik am Formel-1-Rennen in Sotschi
„Auf einmal scheint vieles vergessen: Die Annektierung der Krim durch Putin, prorussische Rebellen im Osten der Ukraine, die der Präsident mit Waffen unterstützte, der Abschuss eines Verkehrsflugzeuges der Malaysian Airlines, woraufhin 298 Menschen ihr Leben ließen“ (Wittershagen 8.10.2014).
„An eine Absage aufgrund der Ukraine-Krise wurde in Formel-1-Kreisen nie gedacht… (Brümmer 9.10.2014).
Der Grünen-Politiker Özcan Mutlu kritisierte im Vorfeld die Formel 1: „Die Formel 1 hätte ein deutliches Signal setzen können, wenn sie nächste Woche anderswo gefahren wäre. Die Winterspiele in Sotschi haben doch deutlich gezeigt, wie sehr Putin solche Events zur Eigen-PR missbraucht. Seitdem müssten eigentlich alle Verbände wissen, dass Russland derzeit als Gastgeber für große Sportereignisse absolut ungeeignet ist. (…) Es liegt an Sendern wie RTL und Sky, die Hintergründe dieses Rennens für ihre Zuschauer zu entlarven: PR für Putin“ (Pausch 8.10.2014).
Putin muss den Motorsport nicht missbrauchen: Der Motorsport mit Ecclestones Formel 1 ist der Missbrauch. Ecclestones Formel 1 gastiert inzwischen bevorzugt in Diktaturen wie Russland, Bahrain, Abu Dhabi, China, Aserbaidschan…
Die Automobilvereinigung FIA steht zu Sotschi: „Lediglich Ari Vatanen, der ehemalige Rallyefahrer und ehemalige FIA-Präsidentschaftskandidat, blieb bei seiner Boykottdrohung“ (Brümmer 9.10.2014).
À propos Aserbaidschan: In der Hauptstadt Baku gastiert der Formel-1-Zirkus im Jahr 2016 auf einem brandneuen Kurs. Architekt: natürlich Hermann Tilke. Der Sportminister Aserbaidschans dazu: „Die Jugendlichen in der Stadt werden so beeindruckt sein von der Formel 1 vor ihrer Haustüre, dass sie von nun an vom Weltmeistertitel träumen“ (Ebenda).
Und die Diktatur vergessen, in der sie leben müssen: Das ist ja der Sinn.

Putin-Russland feiert sich
Natürlich benutzte Putin-Regime das Formel-1-Spektakel zur Selbstdarstellung – dafür wurden ja 260 Millionen Euro in Baukosten und 350 Millionen Euro von 2014 bis 2020 in „Antrittsgebühren“ investiert. „Vize-Premier Dmitri Kosak drückte den Startknopf. Gut eineinhalb Stunden beendete ein anderer Politiker die Veranstaltung: Präsident Wladimir Putin kürte Sieger Lewis Hamilton, nachdem er von Formel-1-Vermarkter Bernie Ecclestone bereits in den Raum geführt worden war, in dem die schnellsten Drei vor der Siegerehrung ansonsten unter sich bleiben dürfen. (…) Schöne Bilder zu produzieren: Darum war es den Veranstaltern bei der umstrittenen Show gegangen. Putin bekam sie. Die Schlussphase des Großen Preises hatte er auf der Ehrentribüne neben Ecclestone und dem König von Bahrain verfolgt“ (Hofmann 13.10.2014). – Die Formel 1 tritt „als nächste große Attraktion auf Putins Bühne auf. Vermarkter Bernie Ecclestone verweist auf bindende Verträge, der Automobilweltverband will nicht zuständig sein, die Teams schweigen…“ (Hofmann 11.10.2014).
Vergleiche dazu: Motorsport in der Bahrain-Diktatur
Fazit von Christoph Becker in der FAZ: „Am Wochenende des Grand Prix von Russland wurde bekannt, dass die russischen Behörden die Menschenrechtsorganisation Memorial aus Moskau lahmlegen wollen. (…) Im November soll ein Prozess gegen Memorial in Moskau geführt werden. Zugleich wurden wie zu Olympia während des Formel-1-Auftritts kritische, selbstbewusste Bürger Sotschis von Geheimdienst und Polizei rundum überwacht. Weder zur Unterdrückung der Bürgerrechte in Russland noch zum Krieg in der Ukraine hat von den Teamchefs öffentlich einer ein Wort der Kritik gefunden. (…) Deshalb ist der Große Preis von Russland in Sotschi ein Skandal. Aber von Bernie Ecclestone und seiner Formel 1 war nichts anderes zu erwarten“ (Becker 13.10.2014). – Christoph Becker konstatierte: „Nach Sotschi hat das Interesse an Winterspielen weltweit abgenommen“ und sieht ein ähnliches Imageproblem für die Formel 1 (Küpper 12.10.2014).

Zitate der Motorsport-Fans und -Demagogen:
Jenson Button gab das Sprachrohr für seine Kollegen auf dem Pressepodium. Zu politischen Dingen in Russland, sagte der McLaren-Pilot, werde man sich nicht äußern, das sei, wenn überhaupt, Aufgabe der Teamchefs, Punkt. Sebastian Vettel, Fernando Alonso, Felipe Massa, Adrian Sutil und Daniil Kwjat nickten mehrfach und waren offensichtlich erleichtert, nichts zum Ukraine-Konflikt sagen zu müssen, wie es sich ein Kollege von der ‚New York Times‘ gewünscht hatte“ (Hamann 10.10.2014).
Ecclestones Sprechpuppen.
Formel-1-Chef Bernie Ecclestone zum Rennen in Sotschi in Putin-Russland: „Wir werden unseren Vertrag zu 100 Prozent einhalten. Ich sehe kein Problem, wir haben mit Politik nichts zu tun“ (Brümmer 9.10.2014). – „Es wird ein Rennen auf Weltklasse-Niveau“ (Wittershagen 8.10.2014).
Hermann Tilke, Bauingenieur und Rennstreckenbauer aus Aachen: „Ich freue mich tierisch drauf“ (Becker 9.10.2014).
Claire Williams, stellvertretende Chefin des Williams-Teams: „Wir haben immer gesagt, dass wir uns davon distanzieren wollen, Dinge politisch zu betrachten“ (Hamann 10.10.2014).
WM-Spitzenreiter Lewis Hamilton: „Ich bin begeistert, die Infrastruktur ist hervorragend“ (Ebenda).
Der amtierende Weltmeister Sebastian Vettel: „Der Olympische Park und die Rennstrecke mittendrin, das ist einzigartig auf der Welt“ (Ebenda).
Monisha Kaltenborn, Teamchefin des Sauber-Rennstalls: „Wir betrachten es als Rennen wie jedes andere“ (Brümmer 9.10.2014).
Franz Tost, Teamchef von Toro Rosso: „Ich muss mich bei Putin und Bernie Ecclestone sehr bedanken. Russland ist ein Land für die Zukunft“ (Becker 13.10.2014).
Christian Horner, der Teamchef von Red Bull, Ende Juli 2014: „Wir konzentrieren uns nur auf Negatives, und es muss mal gesagt werden, dass das langweilig wird für uns, hier zu sitzen und diese Fragen beantworten zu müssen“ (Wittershagen 8.10.2014). – „Der Rennkalender kommt immer im Herbst heraus, dann hat jeder die Chance zu sagen, ob er mitmacht oder nicht. Das macht man entweder, weil man mit Leidenschaft dabei ist – oder so sein Geld verdient“ (Brümmer 9.10.2014).
Toto Wolff, Motorsportchef des derzeitigen Branchenprimus Mercedes, Anfang September: „Es ist immer gefährlich, die Nachrichten zu lesen und sich eine Meinung zu bilden, weil diese Meinung in Bezug auf das, was wirklich passiert, falsch sein kann“ (Wittershagen 8.10.2014).
Also Rennfahrer, Fans, Motorsportenthusiasten: bloß keine Zeitung lesen! Und vor allem keine kritischen Artikel von Journalisten! Sondern immer schön im Kreis herumfahren und in Ecclestones Milliardenzirkus Millionen kassieren.
Vielleicht sollte jemand auch Toto Wolff daran erinnern, dass er nicht für Lada arbeitet, sondern Motorsportchef von Mercedes ist, einem Autokonzern aus einem demokratischen Land.

Quellen:
Aumüller, Johannes, Rummelplatz Olympiapark, in SZ 11.10.2014
Becker, Christoph
– Die Formel 1 am Hof des Zaren, in faz.net 9.10.2014).
– Der Skandal von Sotschi, in faz.net 13.10.2014
Brümmer, Elmar
– Rennpiste am Eisstadion, in SZ 9.10.2014
– Im Osten viel Neues, in sueddeutsche.de 9.10.2014
– Rummelplatz Olympiapark, in SZ 11.10.2014
Geiler, Christoph, Sotschi – Aus den Augen, aus dem Sinn, in tageswoche.ch 11.10.2014
Hamann, Birger, Mit 300 Sachen durch Putins Olympiapark, in spiegelonline 10.10.2014
Hofmann, René
– Attraktion auf Putins Bühne, in SZ 11.0.2014
– Putin gratuliert, in SZ 13.10.2014
Küpper, Moritz, „Es droht ein Imageproblem“, in deutschlandfunk.de 12.10.2014
Pausch, Simon, „Der Sport lässt sich von Putin missbrauchen“, in welt.de 8.10.2014
Sotschi – aus den Augen, aus dem Sinn, in tageswoche.ch 11.10.2014
Vladimirow, Froll, Sotschi im Schatten der Krim, in nzz.ch 10.10.2014
Wittershagen, Michael, Putins Rennen, in faz.net 8.10.2014
Wolfer, Thomas, Der teure Irrsinn geht weiter, in neues-deutschland.de 11.10.2014

Okt 022014
 
Zuletzt geändert am 03.11.2014 @ 12:38

2.10.2014, aktualisiert 3.11.2014

Der Rückzug
Am 1.10.2014 zog die norwegische Premierministerin Erna Solberg (Konservative Partei) dann die Bewerbung um Olympische Winterspiele 2022 zurück. Solberg sagte: „Die Unterstützung im Volk war einfach zu gering“ (Oslos Bewerbung ist gescheitert, in spiegelonline 1.10.2014). – „Am Mittwoch entschied sich die Regierung um Ministerpräsidentin Erna Solberg dagegen, die für eine Bewerbung nötige Summe an Staatsgarantien von mindestens 24,9 Milliarden Kronen (3,04 Milliarden Euro) bereitzustellen“ (Aus für Oslo, in sueddeutsche.de 1.10.2014). Und das, obwohl im Vorfeld der geplanten Abstimmung über die Defizitgarantie in der zweiten Oktoberhälfte das Budget der Bewerbung um Olympische Winterspiele in Oslo 2022 bereits um eine Milliarde Euro verringert und auf (völlig unrealistische) Kosten von 2,13 Milliarden Euro gesenkt (Reinke, Emanuel, Olympische Winterspiele 2022 gesenkt worden war; Oslo sagt „Nein“, in SID, 2.10.2014).
Anmerkung: Die Summe hätte dem IOC nicht gereicht – wie in Graubünden und in Bayern zuvor wollte man auch in Norwegen die Öffentlichkeit zunächst hinters Licht führen. Denn: Das IOC verlangt von jedem Bewerber um Olympische Spiele eine unbegrenzte Defizitgarantie. In der „Olympischen Charta“ steht: „Das NOK, das OK (Organisationskomitee) und die Gastgeberstadt haften gesamtschuldnerisch für alle Verpflichtungen … mit Ausnahme der finanziellen Haftung für Ausrichtung und Durchführung dieser Spiele, die vollständig die Gastgeberstadt und das OK gesamtschuldnerisch trifft … Das IOC übernimmt keinerlei finanzielle Haftung hinsichtlich Ausrichtung und Durchführung der Olympischen Spiele“ (Olympische Charta S. 38; Hervorhebung WZ).

Ablehnung wuchs kontinuierlich
Es hatte sich schon länger angedeutet. Die Umfrageergebnisse für Oslo 2022 sanken beständig – und nicht nur in den Landesteilen, sondern auch in Oslo selbst. Auch der Last-Minute-Sparvorschlag mit der (unrealistischen) Kostenreduzierung von einer Milliarde Euro – im Vergleich zum angfänglichen Kostenansatz von sechs Milliarden Euro – änderte nichts mehr.
Anders Todal Jenssen, Professor in Trondheim, sah ein hohes Risiko für Solbergs Konservative Partei, falls diese die mehrheitliche Volksmeinung missachten sollte. Jenssen wies auf den enormen Druck durchLobbyisten von Sport, Geschäftswelt und Arbeitswelt hin, die auf  die vom IOC verlangte Staatsgarantie drängten. Aber auch innerhalb der Konservativen Partei formierten sich Gegner wie zum Beispiel der populäre Bürgermeister von Tromso, Jens Johan Hjort, der zuerst für Oslo 2022 war und nun öffentlich verkündete, seine Meinung geändert zu haben (Berglund, Nina, Solberg caught in Olympic battle, in newsinenglish.no 30.9.2014).

Gründe für die Absage
Auf über 7.000 Seiten lieferte das IOC den Rahmen, in dem die Vorgaben der Spiele präzisiert wurden. Dazu gehörte u. a.:
– Ein Treffen der IOC-Bosse mit König Harald von Norwegen vor der Eröffnungsfeier mit Cocktails (Bezahlung entweder durch den Königspalast oder das Oslo Organisationskomitee). “Erst sollte der IOC-Präsident sprechen, dann der König” (Luft, Linda, Olympia: Der Forderungskatalog des IOC, in ndr.de 14.10.2014). Dazu die Synchronisation der Ampelschaltung mit dem IOCVerkehr in der Hauptstadt: Für die Norweger war der nationale Stolz und gesunder Menschenverstand wichtiger als die Olympischen Spiele (Kucera, Joshua, In Kazakhstan, Hope and Scepticism About Hosting 2022 Olympics, in thediplomat.com 9.10.2014).
feierliche Begrüßungszeremonie für den IOC-Präsidenten auf dem Rollfeld; eigenes Eingangsgate für ihn am Flughafen;
– Olympic Lanes auf den Autobahnen exklusiv für die IOC-Autos, Ampelschaltung für den olympischen Verkehr, damit die olympischen Teilnehmer Vorfahrt gegenüber allen anderen haben;
– ein neues Samsung-Telephon für alle IOC-Mitglieder mit norwegischer SIM-Karte;
– eine Flotte von Autos mit Fahrern für jeden IOC-Boss, jedes IOC-Mitglied und allen, die das IOC für würdig hält, ein eigenes Auto mit Fahrer für die Dauer der Spiele zu beanspruchen;
– des weiteren Steuerbefreiungen, diverse Hoteldienste inklusive Butler und Wäscherei, „High-Quality“-Verpflegung und Drinks zu jeder Tageszeit. Dazu die volle Kontrolle über die Werbung in der Stadt während der gesamten Dauer der Spiele, um sicher zu gehen, dass nur die olympischen Sponsoren gefördert werden. Exakte Meetingroom-Temperatur von 20 Grad Celsius – und alle IOC-Mitglieder müssen mit einem Lächeln empfangen werden, wenn sie in ihr Hotel einchecken (Berglund, Nina, IOC blamed for killing OL spirit, in newsinenglish.no 2.10.2014).
– Die Minibars in den IOC-Hotels müssen ausschließlich mit Produkten von Coca-Cola befülllt werden (Gertsch, Christoph, Auf einen Apero mit dem König, in nzz.ch 3.10.2014).
Für Nolympia-Aktive gegen München 2018 und 2022 ist das nichts wirklich Neues. Aber für die norwegischen Parlamentarier, denen die 7.000 Seiten zum Lesen gegeben wurden, war das sicher harte olympische Kost.
IOC-Präsident Thomas Bach warf Nebelkerzen: „Es handle sich bei dem Katalog lediglich um Empfehlungen, nicht um Forderungen“ (Luft, Linda, Olympia: Der Forderungskatalog des IOC, in ndr.de 14.10.2014).
Zur Aufstellung der Stadt Oslo von den Original-IOC-Dokumenten mit 7.000 Seiten: hier. Das IOC erklärte verblüffenderweise zehn Tage nach der Absage Oslos, es handele sich keineswegs um einen „Forderungskatalog“, sondern um ein „technisches Manual“: „Die sogenannten ‚Forderungen‘ aus den technischen Menüs sind nichts dergleichen. Sie sind (…) lediglich Vorschläge und Empfehlungen auf Grundlage von Erfahrungen der Organisatoren vorheriger Spiele“ (IOC widerspricht: Keine „Forderungen“ an Olympiabewerber, Übersetzung DOSB, dosb.de 10.10.2014).
Reine Irreführung und Desinformation des IOC.

Wer will noch Olympische Winterspiele?
Damit wurden aus neun Bewerbern für Olympische Winterspiele 2022 letztlich nur zwei: Barcelona 2022 wurde von Thomas Bach persönlich aufgefordert, zurückzuziehen. Vorreiter des weiteren olympischen Desasters war die Abwahl von Graubünden 2022 Anfang März 2013 (mit den Aktiven vom Olympiakritischen Komitee Graubünden). Dann kam die vierfache Abwahl von München 2022. Dann zogen Stockholm 2022 und Lviv/Lemberg 2022 zurück; Krakau 2022 wurde zu 70 Prozent abgewählt. Und nun zog Oslo 2022 zurück. Es verbleiben für 2022 von neun Bewerbern nur noch zwei Bewerber aus lupenreinen Diktaturen: Almaty/Kasachstan und Peking/China.

IOC: unveränderte Arroganz und Ignoranz
Den Rückzug von Oslo kommentierte das IOC mit eigenwilliger Ignoranz und Arroganz.
Christophe Dubi, Exekutiv-Direktor der Olympischen Spiele beim IOC, schrieb in der Pressemitteilung: „Das ist eine verpasste Gelegenheit für die Stadt Oslo und für die norwegische Bevölkerung… Und es ist eine verpasste Gelegenheit für die herausragenden norwegischen Sportler, die nun nicht mehr in der Lage sind, neue olympische Höhen in ihrem Heimatland zu erreichen“ (IOC Statement on Oslo 2022, olympic.org 1.10.2014).
– Dubi verwies auf die Oslo entgangenen 880 Millionen US-Dollar: Dass diese Summe angesichts der Milliarden-Ausgaben ein Danaer-Geschenk wären, war den Oslo-Bewerbern am Ende sehr wohl klar.
– Dubi verstieg sich auch noch zu folgender Aussage, dass die letzten Olympischen Winterspiele wie zum Beispiel Vancouver 2010 und Sotschi 2014 entweder eine schwarze Null schrieben oder Gewinn machten. (Die russischen olympischen Kunstrechner behaupteten in der Tat, bei Ausgaben von 50 Milliarden US-Dollar beim Durchführungsbudget (OCOG-Budget) einige Millionen US-Dollar Gewinn gemacht zu haben – ein buchhalterisches Kunststück.)
– Dubi verwies auf ein IOC-Meeting für die drei Bewerberstädte, an dem bedauerlicherweise die Oslo-Vertreter nicht teilgenommen hätten: „Aus diesem Grund konnten ranghohe norwegische Politiker nicht entsprechend auf den Bewerbungsprozess vorbereitet werden und mussten ihre Entscheidungen auf der Basis von Halbwahrheiten und sachlichen Ungenauigkeiten treffen“ (Ebenda). Daraufhin antwortete Trond Helleland, einer der „senior politicians“, ärgerlich: „Das Problem besteht darin, dass das IOC eine Organisation ist, die sehr wenig Reaktion auf Signale zeigt“ (Berglund 2.10.2014). Norwegens ranghohe Politiker wären sehr wohl in der Lage, eine Entscheidung ohne „Halbwahrheiten“ und „sachlichen Ungenauigkeiten“ zu treffen. Das norwegische Volk hätte seinen Widerstand gegen das IOC und die olympischen Kosten manifestiert, und die Politiker hätten zugehört. Helleland zum IOC: „Sie müssen mit dem Finger auf sich selbst zeigen. Deutschland, Schweden, die Schweiz, Polen und Norwegen haben nun alle ’nein‘ gesagt, sich um Olympische Spiele zu bewerben. Nur zwei Länder sind bereit, die beide extrem undemokratisch sind. Das IOC muss endlich damit beginnen, interne Veränderungen durchzuführen, anstatt mit dem Finger auf andere zu zeigen“ (Ebenda). Als die Forderungen des IOC bei den Olympischen Winterspielen in Lillehammer 1994 diskutiert wurden, stellten einige Kommentatoren sogar infrage, ob norwegische Sportler überhaupt bei künftigen Spielen teilnehmen sollten, um dem IOC so Widerstand zu leisten (Ebenda). 

Fazit
– Aus der Tatsache, dass sich das Bewerberfeld für 2022 von neun auf zwei reduzierte, zieht das IOC bewusst keine Schlüsse.
– Die vom IOC geplante Agenda 2020 wird hier keine großen Ergebnisse oder Verbesserungen bringen.
– Die Arroganz und Ignoranz der IOC-Pressemitteilung auf den Rückzug von Oslo 2022 beweisen, dass das IOC lernunwillig und kritikunfähig ist.

Siehe auch: Oslo 2022-Bewerbung

Stimmen zur Absage:
spiegelonline: „Die Kandidatenwahl für den Olympia-Gastgeber von 2022 entwickelt sich für das Internationale Olympische Komitee (IOC) und dessen deutschen Präsidenten Thomas Bach zu einem Desaster: Nachdem bereits die Schweizer Region Graubünden, München und Stockholm im Vorfeld wegen der hohen Kosten zurückgezogen hatten, war Oslo der einzige Vertreter eines traditionellen Wintersportortes. Bereits für die Winterspiele in Sotschi/Russland (2014) und Pyeongchang/Südkorea (2018) wurden und werden enorme Kosten aufgewendet, um neue Wintersportgebiete zu entwickeln“ (Oslos Bewerbung ist gescheitert, in spiegelonline 1.10.2014).
Carsten Eberts in sueddeutsche.de: „Zu hoch die Kosten, zu gering der Rückhalt in der Bevölkerung. Zu gering auch die Lust, sich die korrupte und prunksüchtige IOC-Entourage ins Land zu holen“ (Westen wendet sich von Olympia ab, in sueddeutsche.de 2.10.2014).
Jarle Aabo, Reputationsexperte: „Das IOC ist nun in der Situation, wo alles schief gehen kann. Wenn demokratische, reiche Länder wie Norwegen ‚Nein‘ zur Bewerbung um Olympische Spiele sagen aufgrund der Korruption und Aufgeblasenheit des IOC, wirkt das wie eine Bombe auf den Rumpf der Organisation“ (Oslo 2022: Reaction to the ’no‘ vote, in thelocalno 2.10.2014). 
Christoph Wolf in n-tv: „Mit Oslos endgültiger Absage zu einer Bewerbung für die Winterspiele 2022 ist der  schlimmste olympische Alptraum des IOC wahrgeworden. (….) Oslos Ohrfeige schmerzt nicht nur ihn (Bach; WZ) und seine Olympier. Sie macht die olympische Akzeptanzkrise der ganzen Welt überdeutlich. Und sie zeigt endgültig, wie dem Größenwahn der internationalen Sportverbände in Demokratien begegnet werden muss: Mit einem selbstbewussten Nein statt devoter Unterwerfung. Die Norweger haben sich strenggenommen nicht gegen eine Bewerbung entschieden, sondern gegen die Spiele selbst votiert. (…) Nach der Schweiz (Graubünden), Deutschland (München) und Schweden (Stockholm) hat mit Norwegen nun auch das letzte traditionelle Wintersportland entschieden: Olympia 2022? NOlympia!“ (Wolf, Christoph, Thomas Bachs IOC muss endlich aufwachen, in n-tv 2.10.2014).
Kjersti Buass, norwegischer Snowboarder und viermaliger Teilnehmer an Olympischen Spielen, der auch in Sotschi dabei war: „Wir sind eine Wintersport-Nation, aber der Ausstieg zeigt, dass wir auch ein Hirn haben und größere Zusammenhänge sehen, und ich denke, die norwegische Bevölkerung sollte stolz darauf sein. Ich sehe das nicht  als versäumte Gelegenheit an. Ich sehe es eher als Gelegenheit, gegen eine große, große Organisation Widerstand zu leisten, gegen die nicht viele Leute Widerstand leisten. Und das ist die einzige Möglichkeit, Dinge zu verändern“ (Clarey, Christopher, A Winter Games Few Care to Host, in nytimes.com 2.10.2014).
Kommentar in bluewin.ch: „‚Die Winterspiele sind nach wie vor ein Hochglanzprodukt, wahrscheinlich mehr denn je‘. Alleine die Tatsache, dass ein IOC-Präsident (Bach; WZ) das Wort Hochglanzprodukt‘ im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen verwendet, sagt eigentlich alles“ (Auch Oslo will nicht – Was ist bloß aus den Winterspielen geworden? in bluewin.ch 2.10.2014).
Dan Roan in bbc.com: „Die 7.000 erstaunlichen Seiten an IOC-Forderungen – einschließlich Treffen mit dem König, VIP Cocktail Parties und olympische Fahrspuren – kamen nicht gut an in Norwegen. (…) Klar ist, dass westliche Länder zunehmend besorgt sind über die Kosten der Olympischen Spiele. Sotschi hat schlicht viele verschreckt“ (Winter Olympics: What now for 2022 after Norway pulls out, in bbc.com 2.10.2014).
Dan Wetzel in Yahoo Sports: „Wesentlich ist, dass die einzigen Orte, welche die Olympischen Spiele 2022 austragen wollen, Länder sind, wo derzeit die Bevölkerung nichts mitzubestimmen hat – das kommunistische China und Kasachstan, eine präsidentiale Republik, die rein zufällig einen einzigen Präsidenten hat, seitdem es von der alten UDSSR 1989 abgespalten wurde. Wesentlich ist, dass die gesamte Welt dem IOC mitgeteilt hat, dass dieses ein korrupter Witz ist. (…) Wer denkt, das sei eine Krise für das IOC, der kennt das IOC nicht. (…) Es ist eine Riesengaunerei. Nur die Fifa treibt es noch ärger“ (Wetzel, Dan, Why no one wants to host the 2022 Olympics, in sportsyahoo.com 2.10.2014). Und zum Ausgang des Rennens Almaty 2022 gegen Peking 2022: „Eine glückliche Nation wird gewinnen. Die andere bekommt die Olympischen Spiele 2022“ (Ebenda).
Die Herausgeber von Bloomberg: „Bravo, Norweger, dass ihr die Bewerbung für die Olympischen Winterspiele 2022 in Oslo zurückgezogen habt. Nichts illustriert besser den schlechten Ruf, den die Spiele inzwischen haben, oder die Notwendigkeit, wie drastisch das ganze Procedere verändert werden muss“ (An Olympic Gold Medal for Norway, in bloombergview.com 3.10.2014).
Per Olaf Lundteigen von der norwegischen Central Party: „Wir haben schlicht die Verantwortung übernommen, diese Tyrannei zu stoppen. Sie gehört nicht mehr zu unserem Zeitalter“ (‚Norway should boycott 2022 Olympics“: MP, in thelocal.no 3.10.2014).
Peter Gerber Plech, Chefredakteur von skionline.ch: „Das Olympische Feuer lodert nur noch auf Sparflamme, die Marke ‚Olympische  Spiele‘ hat ihren Glanz verloren. (…) Wenn IOC-Präsident Thomas Bach im Nachgang zu Münchens Rückzieher von ‚fehlendem Mut‘ gesprochen hat, so ist das nicht angebracht. Richtig wäre von ‚fehlendem  Übermut‘ zu sprechen“ (Plech, Peter Gerber, Olympia hat ein Problem, in skionline.ch 3.10.2014).
Thomas Kistner in der SZ: „Jetzt muss also, wer sich für die als Olympia getarnten Asien-Spiele interessiert, den Globus gar nicht mehr drehen. 2018 lockt Südkoreas Pyeongchang, 2020 geht’s nach Tokio rüber und 2022 ein Stück nach Norden. Siegt Peking, haben Chinas Sportkader nach 2008 schon beide Varianten durch, Sommer- und Winterspiele. Hohe politische Reize birgt auch die Diktatur in Almaty, die Menschenrechte nicht überbewertet: 2022 kann nun ein Sportjahr werden, das die Besten der Welt erst nach Kasachstan (Olympia) und dann nach Katar (Fußball-WM) ruft. Dass zudem die WM 2018 in Putins russischem Reich stattfindet, offenbart dramatisch die Richtung, die der Weltsport nimmt: In Demokraturen und Rohstoffländer“ (Kistner, Thomas, Getarnte Asien-Spiele, in SZ 4.10.2014).
John Leicester in firstpost.com: „Wie macht man aus einem höchst bezaubernden Sportereignis einen unansprechenden Brei? Indem das IOC das Management übernimmt. (…) Die Liste der Erfordernisse, die das IOC erwartet, ist auf tausende Seiten angewachsen, bis in kleinste und belangloseste Details. Sogar die Blumen für die Medaillengewinner müssen eine vom IOC vorgeschriebene Größe und nicht zu viele Pollen haben“ (Leicester, John, With 2022 games, IOC turns magic into mush, in firstpost.com 5.10.2014).
Thomas Kistner in der SZ: „Es herrscht eine gewisse Erleichterung in Oslo nach dem Rückzug aus dem Bewerb um Olympische Winterspiele 2022. Und eine große Hilfe war die Reaktion des Internationalen Olympischen Komitees. Das IOC belehrte die Norweger in einem wütenden Statement über all die Millionen und all die Milliarden und all die sportlichen Erbschaften fürs Volk, die ihnen mit dem Ausstieg angeblich flöten gingen und attestierten den Regierungspolitikern eklatante Unfähigkeit… Oslos Regionalchef Stian Berger Røsland erklärte nun also, der Wutbrief des IOC ’spricht für sich selbst‘. (…) Røsland hielt hinsichtlich der IOC-Forderung nach einem Cocktailempfang beim König fest, man lade sich nicht selbst ins Schloss ein, allenfalls werde man eingeladen“ (Kistner, Thomas/SID, Beim König lädt man sich nicht ein, in SZ 6.10.2014).
Trond Helleland, Konservative Partei: „Das IOC muss zeigen, dass es sich um das kümmert, worum es wirklich geht, nämlich den Sport. Und nicht nur um Hätschelei und Snobismus“ (Luft, Linda, Olympia: Der Forderungskatalog des IOC, in ndr.de 14.10.2014).
Eirik Bergesen in huffingtonpost.co.uk: „Das IOVC hätte wenigstens versuchen können, seinen potentiellen Trophäen-Partner zu verführen. Aber seine 7.000 Seiten Forderungen besiegelten den Pakt gegen eine gemeinsame Zukunft. Wer fragt nach eigenen Verkehrsspuren? Das UDSSR-Politbüro? Und einen Cocktail mit dem norwegischen König, den er zu bezahlen hat? Hallo: Wir sind eine konstitutionelle Monarchie – Norwegens Politiker entscheiden, wann und mit wem der König Cocktail trinkt! (Bergesen, Eirik, The End of Winter Olympics, in huffingtonpost.co.uk 6.10.2014).
Stefan Grass vom Olympiakritischen Komitee Graubünden: „Keine vernünftige Demokratie lässt sich noch freiwillig auf die Knebelverträge des IOCs ein. (…) In einer Diktatur hingegen hat ein Großprojekt wie Olympia beste Chancen, und die Machthaber können ihrem Volk erst noch gigantische Spiele präsentieren“ (Cattani, Andrea, Findet Olympia nur noch in Regimes statt? in blick.ch 6.10.2014).
IOC-Präsident Thomas Bach äußerte zum Rückzug Oslos und den zwei letzten Kandidaten für 2022 aus den Diktaturen China und Kasachstan: „Niemand muss sich Sorgen um die Olympischen Spiele machen“ (Ebenda).
Keine Angst, Herr Bach, wir vom Netzwerk Nolympia machen uns da sicher keine Sorgen und denken in diesem Zusammenhang an den Vierzeiler von Robert Gernhardt:
„Der Herr der sprach zum Knecht:
Heut geht’s mir aber schlecht.

Drauf sprach der Knecht zum Herrn:
Das hörn wir aber gern.“

(Übersetzungen und damit für Fehler verantwortlich: WZ)

Vergleiche auch im Kritischen Olympischen Lexikon: Oslo 2022 – Bewerben oder Nichtbewerben
Siehe auch in Report NDR, Linda Luft, 14.10.2014: Der Forderungskatalog des IOC. Dazu die Aufstellung der 7.000 Seiten mit Original-Dokumenten: hier

Okt 012014
 
Zuletzt geändert am 03.12.2014 @ 13:32

31.10.14:
FAZ: Proteste gegen Golf in Rio: Lieber Tiere als Tiger Woods
NBC: Norway sports organization proposes Norway-Sweden 2026 Olympics
SZ: Ministerin setzt Uni Freiburg unter Druck
Tagesspiegel: Rätselraten nach Rauswurf des Stadionchefs

30.10.14:
SZ: Träume in der Parallelwelt
Zeit online: Olympia-Bewerbung: Geschäft statt Geschenk
nolympia-hamburg.de: L’Allemagne 0 points – warum Deutschland 2024 chancenlos ist
TA: Gegenwind für Olympia
rbb: Berlins Sportbund-Chef Böger fordert Transparenz vom IOC
dpa: Berlins Sportchef räumt «Vorbehalte gegenüber IOC» ein
FAZ: Fifa: Unter Beschuss aus Brüssel
FAZ: Macht ohne Verantwortung – Blatters Spiel
DIE ZEIT: Verschleppt und sabotiert
Evaluierungskommission Freiburger Sportmedizin: Universität Freiburg gefährdet Aufklärung der eigenen Doping-Vergangenheit
DLF: Anti-Doping: Nachhilfestunde mit US-Chefermittler Tygart

29.10.14:
FR: Wer will schon Olympia?
nolympia-berlin.de: Jetzt erst recht! Gemeinsam gegen Olympischen Größenwahn! Für eine lebenswerte Stadt!
SpOn: Olympia-Gegner schimpfen auf Olympia-Funktionäre
sid: Bewerbung ins Nichts
Tagesspiegel: Bürgerbeteiligung in Berlin soll Anfang 2015 losgehen
Berliner Zeitung: Olympia braucht Transparenz
dpa: Hamburger Hafenwirtschaft knüpft Olympia-Unterstützung an Bedingungen
FNP: Das wird spannend
Tagesspiegel: Platzverweis für Chef des Berliner Olympiastadions
ND: Senat hält Olympia-Hallen-Verträge geheim
StZ: Tokio 2020: Erst die Bausünde, dann Olympia

28.10.14:
DOSB: DOSB-Präsidium für Olympiabewerbung 2024
DOSB: Beschluss des DOSB-Präsidiums zur Olympiabewerbung
nolympia-hamburg.de: Hamburg oder Berlin? DOSB entscheidet’s erst am 21.3.15
taz: Olympiafans zittern länger
Berliner Zeitung: Unergründliche Entscheidungen
Berliner Zeitung: So denken die Berliner über Olympia in der Hauptstadt
Welt: Ski-Boss Kasper über die Zukunft von Olympia
FP: Klingenthal trotzt Plusgraden – Schneeproduktion startet
bild: Berliner Olympiastadion-Affäre weitet sich aus
SZ: Fifa – der Film: Heißer Stoff, riesiger Flop

27.10.14:
Welt: Was den deutschen Olympia-Entscheid verzögert
nolympia-hamburg.de: Keine Spiele – Kein Volksentscheid
nolympia-hamburg.de: All is lost? Apropos Olympia”begeisterung” in Hamburg
taz: Mangel an Begeisterung
dpa: Berlin oder Hamburg? Hörmann warnt vor Schnellschuss
rbb: Portal BUND und Landessportbund: Online-Befragung zeigt Mehrheit für Olympia-Bewerbung
WDR, sport inside: Athen 2004: Noch mehr Ruinen
NZZ: Zittern im Winterwunderland: Der Skiweltcup vor grossen Herausforderungen

26.10.14:
Merkur: Mehr Schneekanonen für Skigebiet in Garmisch

25.10.14:
Grüne Jugend Hamburg: Olympia? Wir sind da doch sehr skeptisch
nolympia-hamburg.de: 60,7 Prozent der Hamburger hegen massive Vorbehalte gegen Olympia
SZ: Selbstgewisser Sport, reglose Politik
WSJ: Neues Stadion in Tokio vor Baubeginn umstritten
boston.com: How ‘No Boston Olympics’ could try to block the 2024 Games

24.10.14:
theconversation.com: Chasing glory: why hosting the Olympics rarely pays off
sid: Wegen WM 2022: Ski-Präsident Kasper erneuert Kritik an FIFA
SZ: Doping-Aufklärung in Freiburg: Hilferuf an die Politik
FAZ: Freiburger Uniklinik: Was soll da verschwiegen werden?
Tagesspiegel: Streit um Dienstwagen in Berlin: Das dicke Auto des Stadionchefs

23.10.14:
Schwäbisches Tagblatt: DOSB-Präsident Alfons Hörmann nimmt Stellung zur Zukunft von sportlichen Großveranstaltungen
sid: sid-Umfrage: Olympia-Begeisterung in Deutschland schwindet
FAZ: Bachs IOC-Reformen: 40 Vorschläge für Monaco
NaturFreunde Berlin: Mythos Olympia – Traum oder Alptraum
DLF: Fussball-EM 2016: Die 20-Millionen-Euro-Geste der UEFA

22.10.14:
youtube.com: Bau eines „Natur“speichersees für die Alpine Ski-WM 2017 in St. Moritz
suedostschweiz.ch: Olympia 2026 kommt jetzt auf den Tisch
dpa: USA erwägen Bewerbung für Olympische Spiele 2024

21.10.14:
sid: Hörmann schließt Bewerbung um Winterspiele 2026 nicht aus
dpa: Hörmann sieht keine Alternative zu Olympia-Bewerbungen
taz: „Hamburg übernimmt sich“
Tagesspiegel: Scholz über Hamburgs Olympia-Bewerbung: „Hamburg ist schon lange eine Weltmetropole“
sid: Oberstdorf will nordische Ski-WM 2021 – Hörmann: „Deutliches Signal“
Blick: Idee ist definitiv tot – Bündner Olympia adé
Welt: Gras, die unnatürliche Vegetation – Der Streit um den Golfplatz der Olympischen Spiele
DOH: Zum Tod von DDR-Gewichtheber Gerd Bonk: “Von der DDR verheizt, von Deutschland vergessen”
SZ: „Verheizt von der DDR, vergessen vom vereinten Deutschland“
FAZ: Gerd Bonk: Opfer des DDR-Systems
NZZ: Ostalgie und Schrott
SZ: Doping-Vorgänge in Freiburg: Dann wird alles gelöscht

20.10.14:
PNN: Olympische Regattastrecke in Berlin: Völlig aus dem Ruder
AP: Wanted: Cities interested in hosting 2024 Olympics
taz: Diskriminierung im Tennis: Mehr als ein schlechter Scherz
FAZ: Doping-Aufarbeitung: Omertà in Freiburg?
FAZ: Debatte um Rolf Beilschmidt: „Ich habe mich verraten gefühlt“

19.10.14:
DLF: Doping in der DDR: Dopingmittel sogar in der Schokolade

18.10.14:
FAZ: 25 Jahre nach dem Mauerfall: Doping von gestern, Schmerz von heute

17.10.14:
Rhein-Zeitung: DOSB entdeckt den Dialog mit dem Bürger
sid: Bach: Oslo-Aus keine Enttäuschung für mich
dpa: Madrid begräbt seinen Olympia-Traum
StZ: Ines Geipel über DDR-Doping: „Die Todesliste ist mittlerweile lang“
FAZ: DDR-Staatsdoping: Die Opferliste – ein Auszug
FAZ: Fifa-Spitzen gegen Blatter

16.10.14:
SZ: Olympia 2024: Romantik zieht nicht mehr
Berliner Zeitung: SPD, CDU und Piraten sagen „Ja“ zu Olympia
taz: Berliner Parlament legt sich fest: Abgeordnete für Olympia
DW: Olympisches Vorgeplänkel
SZ: Gedenkort für Olympia-Attentat: Siegesfeier auf dem Rodelhügel
DLF: Der Sportausschuss auf Tour

15.10.14:
dpa: Wanderarbeiter in Katar: «Katastrophale Lage»
sid: Neues Anti-Doping-Gesetz: Vesper befürchtet teure Klagen
ND: Wenn Sport zum Produkt wird
DOSB: Sendelizenz für Sportdeutschland.TV
SpOn: Finanzmisere beim Eishockey-Verband: „Der DEB ist in der Krise“
SZ: Neues Jahn-Stadion: 53 Millionen für die dritte Liga
Merkur: Gemeinderat Garmisch-Partenkirchen: Weichenstellung für Hotels und Gewerbegebiet

14.10.14:
FR: Deutsche Olympia-Bewerbung: Der Sack bleibt zu
NDR: Der Forderungskatalog des IOC
NDR: Hamburgs Olympia-Pläne brauchen Sicherheit
FAZ: Neue Stasi-Vorwürfe: Kein Gegenwind für Spitzel Beilschmidt?
NZZ: Mangel an Transparenz und Führung: Chefermittler Garcia kritisiert die Fifa
FAZ: WM-Stadion im Dschungel: Wer will die Arena in Manaus?

13.10.14:
dpa: Scholz möchte Hamburger Olympia-Abstimmung erst nach DOSB-Entscheid
Berliner Zeitung: Berliner Senat verärgert über Olympia-Hängepartie
FAZ: Entscheidung zwischen Berlin und Hamburg erst 2015
taz: Olympiabewerbung steht Kopf
Tagesspiegel: Berlin oder Hamburg? Bürgerentscheid vor der Nominierung
rbb: Olympia-Entscheidung fällt voraussichtlich später
FAZ: Formel 1 im Putin-Land: Der Skandal von Sotschi
WDR, sport inside: Volleyballfunktionär Mario Goijman: Geächteter Whistleblower
bundestag.de: Klare Zuständigkeiten für Spitzensport gefordert

12.10.14:
nolympia.de: Sotschi: Formel-1-Rennen in Putin-Russland
SZ: Formel 1 in Sotschi: Angst ums olympische Erbe
DLF: Formel 1: „Es droht ein Imageproblem“
Welt: Sommermärchen 2006: Hat DFB-Manager 52.000 WM-Tickets verschoben?
Zeit online: WM 2006: DFB-Manager soll sich mit WM-Tickets um Millionen bereichert haben

11.10.14:
nolympia.de: Chronologie der Ereignisse im September 2014
rbb: Grüne wollen mehr Bürgerbeteiligung
Berliner Zeitung: Grüne noch ohne Position zu Olympia
Tagesspiegel: Landesparteitag der Berliner Grünen: Kein klares Ja zu Olympia
TagesWoche: Sotschi – aus den Augen, aus dem Sinn
ND: Sotschi: Der teure Irrsinn geht weiter
DLF: DDR-Aufarbeitung: Schwere Vorwürfe gegen Rolf Beilschmidt

10.10.14:
taz: Landesparteitag der Berliner Grünen: „Kein einfaches Ja zu Olympia“
sid: DOSB-Präsident Hörmann: Richtiger Zeitpunkt für Olympia-Bewerbung
parlament-berlin.de: Plenarprotokoll des Berliner Abgeordnetenhauses vom 2. Oktober 2014
Play the Game: Vancouver Olympics did not increase sports participation in Canada
Merkur: Kostenexplosion bei der Schanze: Freispruch für alle
SZ: Olympiapark-Chef muss wohl gehen
Merkur: Olympiapark-Chef soll abgesetzt werden
SpOn: Mit 300 Sachen durch Putins Olympiapark

09.10.14:
SZ: Formel 1 in Sotschi: Im Osten viel Neues
FAZ: Die Formel 1 am Hof des Zaren
Welt: Sotschi tut einfach so, als sei immer noch Olympia
Welt: Neu, modern, leer – Putins Geisterstadt
thediplomat.com: In Kazakhstan, hope and skepticism about hosting 2022 Olympics
SPD Eimsbüttel: Podiumsdiskussion zum Thema „Olympia in Hamburg: Chancen und Risiken“
SWP: Foltervorwürfe gegen Prinz von Bahrain
DLF: WM-Quartiere 2018: Fragwürdige Ausschreibung
SZ: Skitourismus und Klimawandel: Schnee von morgen

08.10.14:
taz: Vieles spricht für 2028
ND: Bitte alle Mal bei Olympia 
mitdiskutieren
DLF: Bewerben oder nicht bewerben?
bundestag.de: Berlin und Hamburg bereit für Olympia
Bundestag, Sportausschuss: TOP 2: Analyse der Gründe für das Scheitern von Olympiabewerbungen und neue Konzepte für künftige Bewerbungen
Deseret News: Utahns should take note of why Norway dropped its Olympic bid
insidethegames.biz: IOC targets billion from TOP programme by 2024
Welt: Formel 1 in Sotschi: „Der Sport lässt sich von Putin missbrauchen“
FAZ: Formel 1 in Sotschi: Putins Rennen
correctiv.org: Für einen transparenten Sport
Offenbach-Post: „Mission Olympic“ am Pranger der Steuerzahler – Offenbach landet im Schwarzbuch
Bund der Steuerzahler: Schwarzbuch 2014: Kosten für Breitensport-Event außer Kontrolle

07.10.14:
www.olympia-diskutieren.de
rbb: Noch mehr Fragen an die Bürger zur Olympia-Bewerbung
Tagesspiegel: Meinungen zu Olympia in Berlin: BUND und LSB starten Diskussionsforum
ND: Recht auf Stadt statt Olympia-Gigantismus
BUKO Arbeitsschwerpunkt StadtRaum Hamburg: Sportgroßevents, städtische Umstrukturierung und Widerstand
ZDF: Vor dem historischen Ende?
Tages-Anzeiger: Es braucht dringend einen Imagewandel
insidethegames.biz: Oslo’s slap in the face for „out of touch“ IOC
Washington Business Journal: Why Washington 2024 should be paying attention to Oslo
metro.us: 2024 Games? No Boston Olympics says ‘no thanks’
Die Südostschweiz: Kasper rüffelt die Gewerbler
Cicero: Gunter Gebauer: „So wie es eine Energiewende gibt, fordere ich eine Sportwende“

06.10.14:
nolympia.de: Oslo 2022 abgesagt
Huffington Post: The end of Winter Olympics
sportsgrid.com: John Oliver has a radical plan to save the 2022 Winter Olympics
YouTube: Last Week Tonight with John Oliver: Winter Olympics 2022
olympia-nein.ch: Entwarnung: Es gibt keine zweite Olympiakandidatur
suedostschweiz.ch: Neue Olympiagelüste: «Eine Eintagsfliege»
MDR: Deutscher Fernsehpreis für „Putins Spiele“
dpa: Athener Olympia-Immobilien beschäftigen die Justiz
sid: WADA-Chef Howman: 25 Prozent des Welt-Sports kriminell verseucht
insidethegames.biz: WADA director general claims 25 per cent of sport controlled by organised crime
FAZ: Platinis späte Rückgabe: Da hilft die teuerste Uhr nichts
Tages-Anzeiger: Lobet den Gottsepp

05.10.14:
AP: With 2022 games, IOC turns magic into mush
Die Südostschweiz: An reelle Chancen für Olympia 2022 glaubt fast keiner
junge Welt: Nolympia: Unerwünschte Mitstreiter

04.10.14:
OVB: Nur Rotation hilft
Forbes: IOC must change selection criteria when choosing Olympic host cities
Bündner Tagblatt: Ein olympisches Dilemma
Engadiner Post: Umfrage: Zweite Chance für Olympia?
Abgeordnetenhaus Berlin: SPD/CDU-Antrag auf Annahme einer Entschließung „Olympische Sommerspiele 2024 oder 2028 in Berlin“
ND: Berlin: Der ewige Streit um Olympia
Berliner Morgenpost: Abgeordnetenhaus vertagt Bekenntnis zu Olympia
taz: Europa-Spiele in Aserbaidschan: Im Reich des Überflusses

03.10.14:
skionline.ch: Olympia hat ein Problem
DLF: Gian-Franco Kasper: „Wir müssen bescheidener werden“
NZZ: Auf einen Apéro mit dem König
Kurier: Olympische Spiele sind nicht mehr erwünscht
Bloomberg View: An Olympic gold medal for Norway
thelocal.no: ‚Norway should boycott 2022 Olympics‘: MP
suedostschweiz.ch: Zweiter Anlauf für Olympia in Graubünden
Berliner Zeitung: Alle bewegen sich auf Olympia zu
SZ: Anti-Doping-Gesetz in Deutschland: Querstellen unmöglich

02.10.14:
n-tv: Oslos Olympische Ohrfeige: Thomas Bachs IOC muss endlich aufwachen
SZ: Westen wendet sich von Olympia ab
bluewin.ch: Auch Oslo will nicht – Was ist bloss aus den Winterspielen geworden?
Wiener Zeitung: Auf nach Absurdistan
Der Standard: Demokratie und Olympia, ein Widerspruch
NYT: A Winter Games few care to host
newsinenglish.no: IOC blamed for killing OL spirit
National Post: Is it time for the International Olympic Committee to bid farewell to finding new host cities?
sid: Bach nach Oslo-Rückzug: „Niemand muss sich Sorgen um die Olympischen Spiele machen“
AP: IOC won’t reopen 2022 bid race
thelocal.no: Oslo 2022: Reaction to the ’no‘ vote
BBC: What now for 2022 after Norway pulls out?
Yahoo Sports: Why no one wants to host the 2022 Olympics
anja-schillhaneck.de: Eine Berliner Bewerbung um Olympische und Paralympische Spiele 2024?
rbb: Henkel lehnt „Lex Olympia“ ab
Tagesspiegel: Olympia und die Bürgerbeteiligung: Vorteil für die Koalition
Merkur: Sudelfeld: Speichersee soll ab Mitte Oktober volllaufen

01.10.14:
IOC: IOC statement on Oslo 2022 from Christophe Dubi, IOC Executive Director of the Olympic Games
newsinenglish.no: Ruling party says ‘NO’ to Olympics
dpa: Oslos Bewerbung um Olympia 2022 vom Tisch
Eurosport: Oslo sagt „Nein“
SpOn: Winterspiele 2022: Oslos Bewerbung ist gescheitert
NYT: Oslo withdraws bid to host 2022 Winter Games, citing cost
Tagesspiegel: Sagt Oslo Nein, sagt Berlin vielleicht Ja
taz: Gesucht: Sommermärchen Nr. 2
Welt: Linksfraktion: Olympia mit Bedingungen
Tagesspiegel: Auch die Piraten ringen um Olympia
NDR: Hamburgs Olympia-Pläne: Um jeden Preis bescheiden
Cicero: Menschenrechtler Koenigs: „Rote Karte für Russland und Katar“
OVB: Anti-Doping-Gesetz: Der erste Schritt, endlich
FAZ: Ingo Steuer: Medaillen sind nicht alles

weiter zur Presseschau für September 2014

Sep 302014
 
Zuletzt geändert am 01.10.2014 @ 11:50

30.9.2014

Geringfügige Änderungen
Am 16.9.2014 schrieben Christophe Dubi, Olympic Games Executive Director und Howard Stupp, Director of Legal Affairs, an die drei Bewerber um die Olympischen Winterspiele 2022 (Oslo, Almaty und Peking) einen Brief, indem sie die Vertragsänderungen im Host City Contract (HCC) priesen. Wenn man den Host City Contract 2022 mit dem Host City Contract 2018 vergleicht, bleibt aber bis auf wenige kleine Änderungen kaum etwas übrig von den versprochenen Verbesserungen für die Austragungsorte:
– Die Präambel beinhaltet nun den Satz: „Jede Form von Diskriminierung eines Landes oder einer Person aufgrund von Rasse, Religion, Politik, Geschlecht oder aus anderen Gründen ist mit der Zugehörigkeit zur Olympischen Bewegung unvereinbar.“ Das steht so in etwa in jeder Verfassung und in den Grundrechten von demokratischen Staaten. Das explizite Verbot von Diskriminierung ist eine Reaktion auf die Vorfälle bei Sotschi 2014: Diskriminierung von Homosexualität, Verhaftung von Umweltschützern und Kreml-Gegnern, Verbot von Oppositionsgruppen etc.
– Das IOC setzt die Vergütung für das Olympische Organisationskomitee (OCOG)  auf 880.000 $ fest (§ 14).
– In § 14 wird Selbstverständliches betont: Schutz der Umwelt, Beachtung von Gesundheits- und Sicherheitsrichtlinien und Arbeitsschutz.
– Das IOC setzt die Zahl der unterzubringenden Personen nunmehr auf 4.900 fest (§ 29).
– Es verpflichtet sich nunmehr im § 33, nach Vertragsunterzeichnung nur im Einvernehmen mit den Ausrichterstädten die Zahl der Sportdisziplinen zu verändern. (Dies war eine der vielen juristisch äußerst anrüchigen Punkte, siehe das in unserem Auftrag erstellte Gutachten von Prof. Gerrit Manssen.)
– Die vom IOC durchgesetzten Steuerbefreiungen sollen nur im Austragungsland geltend gemacht werden (§ 50).
Der Rest der Änderungen erstreckt sich auf Beliebigkeiten wie: Bekämpfung von Manipulation (§ 60), Verhältnis zu Paralympics (§ 62), Veröffentlichungsmöglichkeit des Host City Contracts durch Austragungsort, Nationales Olympisches Komitee und OCOG (§ 85).

Knebelvertrag bleibt Knebelvertrag
Grundsätzlich bleiben alle anderen Knebel in den IOC-Knebelverträgen erhalten: weitgehende Steuerbefreiung, Haftungsfreistellung des IOC, keine Einladung des Ausrichterlandes ohne Zustimmung des IOC möglich, grenzenlose medizinische Versorgung der „Olympischen Familie“, Schweizer Recht gilt, Werbeverbot – selbst im Luftraum (dafür Werbung für die umstrittenen IOC-TOP-Sponsoren wie Dow Chemical) etc.
Und dann gibt es natürlich noch neben vielen anderen Verträgen und Handbüchern die „Olympische Charta“ – da steht zum Beispiel drin: „Das NOK, das OK (Organisationskomitee) und die Gastgeberstadt haften gesamtschuldnerisch für alle Verpflichtungen … mit Ausnahme der finanziellen Haftung für Ausrichtung und Durchführung dieser Spiele, die vollständig die Gastgeberstadt und das OK gesamtschuldnerisch trifft … Das IOC übernimmt keinerlei finanzielle Haftung hinsichtlich Ausrichtung und Durchführung der Olympischen Spiele“ (Olympische Charta S. 38; Hervorhebung WZ).
IOC-Knebelverträge bleiben IOC-Knebelverträge, da helfen auch kleine Auflockerungen nicht. Die Kosten für Olympische Sommer- und Winterspiele schrauben sich seit geraumer Zeit auf zweistellige Milliardenbeträge hoch. Das IOC bleibt das IOC – eine Riege älterer Herren entscheidet. Das IOC, nie vergessen, hat den gesamten Weltsport vertikal durchorganisiert. In Deutschland hat dies der ehemalige DOSB-Präsident Thomas Bach besorgt: im jetzigen Job IOC-Präsident seit September 2013.
Dazu kommt ein zunehmend größerer Einfluss von IOC-Mitgliedern aus totalitären Staaten. So hat Russland inzwischen vier Mitglieder, China drei, Kuba zwei – und sogar Simbabwe, Syrien und Nordkorea haben ein IOC-Mitglied (Wikipedia). Wobei auch einige Vertreter aus demokratischen Ländern keine Garanten für Demokratie sind, siehe zum Beispiel den Schweizer René Fasel, Präsident des Internationalen Eishockeyverbandes und enger Verbündeter des weißrussischen Diktators Alexander Lukaschenko.
Vergleiche: IOC und Diktaturen; Internationale Sportverbände und Diktaturen

Und schließlich fördert das IOC – genau wie die Fußballverbände Fifa und Uefa – das globale Spektakel Brot und Spiele. Die Welt hat angesichts der aktuellen Geschehnisse – Terror, Kriege, Flüchtlinge, Klimaerwärmung, um nur einige zu nennen – andere Probleme als archaische Gladiatorenspiele.

Pressestimmen
Nick Butler in insidethegames.biz sieht die IOC-Änderungen vor allem im Hinblick auf die Bewerbung Oslo 2022: „Die Änderungen sind Teil eines Versuches, die Planungen für Bewerberstädte leichter zu machen und zusätzliche Kosten zu verhindern, die mit neuen Disziplinen verbunden sind. Sie kommen in einer Zeit, wo sich eine vielfältige Opposition in Städten gebildet hat, vor allem in Westeuropa.- Dies ist besonders im Fall von Stockholm, Krakau und Lviv/Lemberg der Fall, die sich Anfang des Jahres aus dem Bieterwettbewerb um Olympische Spiele zurückgezogen haben (plus Graubünden und München; WZ). Die Oslo-2022-Offiziellen behaupten nun, die IOC-Zusicherungen gäben ihnen mehr Sicherheit bezüglich der Kosten und beließen die Spiele innerhalb des Kostenansatzes“ (Butler, Nick, Oslo 2022 claim IOC changes to Host City contract „well-received“, in insidethegames.biz 23.9.2014).
 
Heinz-Peter Kreuzer
im Deutschlandfunk: „… das IOC will die Organisatoren jetzt auch auf Selbstverständlichkeiten verpflichten. Bei allen olympiabezogenen Projekten sollen in Bezug auf Planung, Bau, Umweltschutz, Gesundheit, Sicherheit und Arbeitsrecht lokale, regionale und nationale Gesetzgebung sowie internationale Abkommen berücksichtigt werden“ (Kreuzer, Heinz-Peter, IOC ändert Regelungen für Winterspiele, in deutschlandfunk.der 23.9.2014). – „Das Osloer Bewerbungskomitee für die Winterspiele 2022 hat die Host City Verträge öffentlich gemacht. Denn im Gegensatz zu den Konkurrenten Peking und Almaty müssen die Norweger sich einer kritischen Öffentlichkeit stellen. Ed Hula, Gründer und Chefredakteur des Olympia-Branchendienstes Around The Rings sieht in den Änderungen eine Schützenhilfe für die Skandinavier. ‚Oslo ist die einzige der drei Bewerberstädte, von der wir wissen, dass sie Schwierigkeiten mit dem Host City Contract hat. Für Almaty und Peking ist dieser Vertrag kein Problem. (…) Es ist offensichtlich, dass das IOC sicherstellen will, dass sich jede Stadt um Olympische Spiele bewerben kann. Es ist besorgt, dass noch ein Bewerber aus dem Rennen um die Winterspiele 2022 aussteigt. Mehrere Städte haben sich schon zurückgezogen und das IOC will die Situation vermeiden, dass sich nur zwei Städte bewerben“ (Kreuzer, Heinz-Peter, Schützenhilfe für Oslo, in deutschlandfunk.de 28.9.2014).

Christoph Becker in der FAZ: „Nun sollte man annehmen dürfen, dass sich der Ausrichter der Spiele ohnehin mit den Grundprinzipien der Veranstaltung identifiziert, aber die Praxis in Sotschi vergangenen Winter sah ja so aus: Homosexuellendiskriminierung. Kritische Umweltschützer, die während der Spiele zu drei Jahren Lagerhaft verurteilt wurden. Kosakische Hilfspolizisten, die pferdepeitscheschwingend für ihre Vorstellung von Recht und Ordnung sorgen… Kein Wunder, dass Dubi schreibt, die Anpassung sei auch als Ergebnis ihrer Erfahrungen mit den vergangenen Spielen zu verstehen. Eine zusätzliche Verpflichtung auf Werte der Olympischen Charta kann nicht schaden. Tatsächlich aber hatte ja der Protest der Umweltschützer in Sotschi nach Auskunft des IOC nichts mit Olympia zu tun. Und wer für Homosexuelle oder andere Unterdrückte unter Putins Regime hätte demonstrieren wollen, durfte, Antrag und Genehmigung vorausgesetzt, in einer Protestzone ein Plätzchen finden. So ähnlich war es 2008 in Peking schon“ (Becker, Christoph, Partner gesucht, in faz.net 24.9.2014).

Johannes Aumüller in der SZ zum neuen Antidiskrimierungs-Satz in der Präambel: „So war das Gesetz, mit dem Russlands Regierung die ‚Propaganda von nicht-traditionellen sexuellen Beziehungen‘ verbot, eines der Kernthemen vor Wladimir Putins Prestigeprojekt an der Schwarzmeerküste. Die Welt empörte sich nachdrücklich darüber. Nicht so das IOC. (…) ‚In mehr als 70 Ländern dieser Welt ist Homosexualität verboten – im Gegensatz zu Russland. Und da sind einige dabei, mit denen die westliche Welt exzellente Beziehungen unterhält‘, verteidigte sich IOC-Präsident Thomas Bach in einem Interview kurz vor Spiele-Beginn“ (Aumüller, Johannes, Ein Satz bringt noch nicht viel, in SZ 26.9.2014).

 

Sep 212014
 
Zuletzt geändert am 19.03.2015 @ 16:57

21.9.2014, aktualisiert 19.3.2015

1 Vorgeschichte: Fußball-EM 2024
Auf dem DFB-Bundestag am 24. Oktober 2013 in Nürnberg gab DFB-Präsident Wolfgang Niersbach bekannt, dass sich der DFB um die Fußball-EM 2024 bewerben wird. Uefa-Präsident Michel Platini war anwesend und sagte: „Ich habe die Botschaft verstanden. Aber ich bin wie der IOC-Präsident neutral“ (Ashelm 24.10.2013). „Zufällig“ war auch IOC-Präsident Thomas Bach anwesend und wünschte dem DFB „viel Erfolg“ für die EM 2024 (Ebenda; Hervorhebung WZ).
Am 19.9.2014 äußerte der Präsident des englischen Fußball-Verbandes, Greg Dykenun, in einem Interview: „Ich denke, wenn wir das Finale 2020 erhalten, ist es unwahrscheinlich, dass uns auch 2024 zugeteilt würde“ (dpa 19.9.2014). Vor der Abstimmung am 19.9.2014 zog der DFB dann erwartungsgemäß die Bewerbung um das Fußball-EM-Endspiel 2020 zurück und wird sich um die Fußball-EM 2024 bewerben. DFB-Präsident Wolfgang Niersbach: „Ich habe in der Exekutivsitzung unsere Bewerbung für das Finale zurückgezogen, sodass es keine Kampfabstimmung gab und wir unser Ziel erreicht haben, auch wenn die heutige Entscheidung noch nicht den Zuschlag für die ganze EM 2024 bedeutet” (spiegelonline 19.9.2014). – „Niersbach taktiert. Er überlässt England den prestigeträchtigsten Teil der EM 2020 und baut gleichzeitig auf deren Unterstützung, damit Deutschland die Endrunde vier Jahre später ausrichten kann“ (Zimmermann 19.9.2014). – „Tatsächlich sind die Engländer ja nun ruhig gestellt und der Weg praktisch frei für ein EM-Turnier 2024 in Deutschland“ (Kistner 20.9.2014). – „Da es sonst keine ernstzunehmenden Konkurrenten gibt, die das nun auf 24 Teilnehmer aufgeblähte Turnier organisieren können, ist die Sache schon so gut wie gebongt“ (Kopp 19.9.2014).
Allerdings könnte hier noch Putin-Russland ins Spiel kommen: Die Fußball-WM 2018 sorgt ja für die Renovierung der russischen Stadien. 

2 Zeitabläufe
Olympische Sommerspiele 2020 in Tokio:
Auslosung der Reihenfolge der Präsentation: 8.12.2011; Kandidaten-Festlegung: Mai 2012; Wahl Tokio 2020: September 2013
Olympische Sommerspiele 2024:
Auslosung Reihenfolge der Präsentation: Dezember 2015; Kandidaten-Festlegung Mai 2016; Wahl des Austragungsortes 2024: Herbst 2017
Ebenfalls im Jahr 2017 erfolgt die Wahl des Austragungsortes der Fußball-EM 2024. Hier gibt es also hinreichende Terminüberschneidungen.

3) Keine Parallel-Bewerbung um Fußball-EM und Olympische Spiele
Nun sind aber zwei Sport-Großereignisse innerhalb eines Jahres nach Olympischer Charta § 35 und Ausführungsbestimmung nicht zulässig: “Die Ausrichtung, der Ablauf und die Medienberichterstattung der Olympischen Spiele dürfen in keiner Weise von einem anderen Ereignis beeinträchtigt werden, das in der Gastgeberstadt oder in ihrer Umgebung oder an anderen Wettkampfstätten oder Austragungsorten stattfindet” (Durchführungsbestimmung 2 zu Regel 35, Olympische Charta; Hervorhebung WZ). Interessanterweise ist diese Version der Olympischen Charta auf der DOSB-Webseite zu finden (hier) – und müsste der DOSB-Spitze mit Präsident Alfons Hörmann und Generaldirektor Michael Vesper nur zu gut bekannt sein.
Und auch die folgende Aussage des früheren IOC-Präsidenten Jacques Rogge müssten Hörmann und Vesper kennen: „Die IOC-Regeln gestatten nicht, dass ein Olympiabewerber im gleichen Jahr auch Gastgeber eines weiteren Sportereignisses ist“ (focus.de 9.5.2012). Deshalb erklärte Rogge der Nachrichtenagentur AFP, „das Land müsse seine Bewerbung um die Fußball-EM 2020 zurückziehen, wenn sich Istanbul um die Olympischen Sommerspiele im gleichen Jahr bewerben wolle“ (Ebenda.). So geschah es, und im September 2013 unterlag Istanbul Tokio um die Olympischen Sommerspiele 2020 .
„Parallel hatten die Türken mit Istanbul um Olympische Sommerspiele 2020 geworben, worüber im Herbst 2013 befunden wurde (den Zuschlag bekam Tokio); IOC-Präsident Jacques Rogge hatte den Türken vorab mit Hinweis auf die Olympische Charta signalisiert, zwei Sportevents von globaler Bedeutung in wenigen Wochen im selben Land seien inakzeptabel. Weshalb, nebenbei, die Kür von Genf und ihre Folgen für 2024 vernünftigerweise auch jede deutsche Olympia-Ambition mit Hamburg oder Berlin beenden müsste“ (Kistner 20.9.2014; vgl. auch Aumüller, Kistner 19.9.2014).
Auch ein deutscher IOC-Präsident Bach wird nicht an Rogges Verdikt vorbeikommen: „Aber Bach wird kaum auf Kollisionskurs gehen zu Vorgänger Jacques Rogge, der die IOC-Charta so interpretierte, wie sie mit gesundem Menschenverstand zu lesen ist: dass es im Spiele-Veranstalterland kein ähnlich großes Event geben soll, dass mit dem Ringefest konkurrieren könnte“ (Kistner 19.9.2014).
Der Grund ist profan: maximale Aufmerksamkeit für den IOC-Sport und seine Sponsoren – und doppelte Ausgaben für den Staat: “Viel Geld für die Modernisierung der Stadien und gleichzeitig viel Geld für die teure Infrastruktur wird sich in diesen Zeiten keine Regierung aufhalsen wollen” (Ebenda).

4) DOSB-Spitze bleibt dabei
Die deutsche DOSB-Spitze setzt dagegen auf – unrealistische – Terminspiele. „Die Veranstaltungen müssten entzerrt werden, wie selbst die Supersommer-Euphoriker einräumen. Von fünf bis sechs Wochen sprach Alfons Hörmann“ (Aumüller, Kistner 19.9.2014).
Und ohne Reflexion der Realität und wider besseres Wissen äußerte DOSB-Generaldirektor Michael Vesper zu einem irrealen Ereignis EM und Olympische Spiele 2024 in Deutschland: „Wäre das nicht eine tolle Vorstellung? Im Juni die Fußball-EM nach dem Sommermärchen von 2006 in existierenden Stadien, sechs Wochen später Olympische Spiele in Hamburg oder Berlin und schließlich die Paralympics – das könnte ganz Deutschland voranbringen“ (Beils 20.9.2014). Auf den Einwand, dass die Vergabepraxis der internationalen Sportverbände ein großes Fußballturnier und Olympische Spiele im selben Jahr nicht vorsehen, entgegnete Vesper ignorant: „Wenn ein Land zwei solch große Sportereignisse in einem Jahr schultern kann, dann ist das Deutschland“ (Ebenda).
Und weil der DOSB-Generaldirektor Vesper so hervorragend arbeitet, wird er wohl auf der DOSB-Mitgliederversammlung am 6.12.2014 einen weiterten Machtzuwachs verzeichnen können: „Geplant ist eine Satzungsänderung, mit der die hauptamtlichen Direktoren um ihren Chef Michael Vesper zum Vorstand aufdrücken und somit noch stärker als bisher das Tagesgeschäft steuern. Das ehrenamtliche Präsidium soll dann als eine Art Aufsichtsrat fungieren“ (SZ  24.9.2014).
Und damit ist Vesper endgültig der Chef – und sein Jahresgehalt von 270.000-Euro gerettet.

5) Das Ende der Bewerbung Hamburg und Berlin 2024
Aus einem Kommentar von Peter Ahrens in spiegelonline: “Denn ein Ja für die Heim-EM 2024 in Deutschland ist praktisch gleichbedeutend mit einem Nein für Olympia 2024 in Deutschland, egal ob sich Hamburg oder Berlin bewerben wird. Zwei so gewaltige sportliche Großereignisse, die sich in ihrer Aufmerksamkeit und ihren Profiten gegenseitig kannibalisieren – das machen weder die Spitzenverbände noch die Sponsoren mit. (…) Die DFB- und DOSB-Sportfunktionäre räsonieren trotzdem regelmäßig vom ‘Super-Sportsommer 2024′, wie DOSB-Generalsekretär Michael Vesper dies noch am Freitag im Anschluss an die Uefa-Entscheidung getan hat. In Berlin und Hamburg wird für 2024 getrommelt, als ginge es ums Seelenheil der beiden Städte. Aber das ist alles für die Kulisse. Der Schein muss auch in den kommenden Monaten gewahrt bleiben. Aber Olympia 2024 in Deutschland ist ab diesem Freitag tot” (Ahrens 19.9.2014; Hervorhebung WZ). – Die Aussichten für 2024 waren sowieso niedrig: „Wenn man bei den Verantwortlichen in Berlin und Hamburg nachhört, bekommt man hinter vorgehaltener Hand ohnehin die Auskunft, dass niemand ernsthaft mit einem Zuschlag des IOC für Deutschland im Jahr 2024 rechnet“ (Ebenda).
Aus einem Kommentar von Johannes Kopp in der taz: „Insofern war die vom DOSB gemeinsam mit Hamburg und Berlin ins Auge gefasste Bewerbung für die Sommerspiele 2024 von vornherein als Scheingefecht angelegt, waren doch die DFB-Pläne zu diesem Zeitpunkt längst bekannt“ (Kopp 19.9.2014; Hervorhebung WZ).

6) Deutsche Olympia-Bewerbungen: Leichen pflastern ihren Weg
Berchtesgaden 1992: †; Berlin 2000: †; Leipzig 2012: †; München 2018: †; München 2022: †; Hamburg/Berlin 2024: †.

Fazit
– Und so wurde die Bewerbung Hamburg 2024/Berlin 2024 zur “Totgeburt einer olympischen Idee” (Kistner 19.9.2014).
– Wenn die Bewerbung 2024 gestorben ist, kommt der DOSB mit dem Vorschlag Hamburg/Berlin 2028. Das wäre dann in 14 Jahren! Dabei hat die Menschheit schon heute andere Probleme als überholte Gladiatorenspiele – siehe Ukraine, Irak, Syrien, Ebola-Epidemie, Klimaerwärmung – um nur einige zu nennen.
– Da den DOSB-Funktionären der Paragraph 35 der Olympischen Charta und Rogges Aussage bezüglich der Türkei (keine Fußball-EM bei Bewerbung um Olympische Sommerspiele 2020) bekannt gewesen sein muss, haben sie entweder die Öffentlichkeit hintergangen. Oder sie beherrschen ihr Metier nicht.
– Ob die regierenden Bürgermeister der beiden größten deutschen Städte sich dieses Vorgehen des DOSB weiter gefallen lassen?
– Und wann sagen die deutschen Sportverbände zu diesem DOSB-Chaos: Es reicht!
-Interessant auch, dass es anscheinend keinerlei Rücksichten oder Absprachen der Sportfunktionäre von DFB und DOSB untereinander zu geben scheint – oder doch?
– Die Dominanz des Fußballs ist leider ungebrochen: Brot und Spiele bis zum Ende.
– Und kann sich der DFB so einfach um die Fußball-EM 2024 bewerben? Deren immense Kosten (wie bei Olympischen Spielen) der Steuerzahler zu tragen hat?
– Und was sagt die Merkel-Gabriel-Regierung zu den Uefa- Knebelverträgen, denen des IOC und der Fifa in nichts nachstehen? Wird die Bundesregierung überhaupt gefragt?  Oder gibt sie dem DFB einfach nach – aus Angst vor Millionen Fußball-Fans?

Nachtrag 1: Hörmanns Welt
„Einer Diskussion, ob die Bewerbung für 2024 nicht mit der Bewerbung um die Fußball-Europameisterschaft im gleichen Jahr kollidieren könnte, schob er einen Riegel vor. ‚Das IOC-Reglement sieht vor, dass eine Woche vor und eine Woche nach den Olympischen Spielen beziehungsweise Paralympics keine kannibalisierende Veranstaltung stattfinden darf. Das ist gegeben. Auch die Organisation und die Sponsorenfrage stellen keine Probleme dar‘, erklärte Hörmann“ (dpa, Hörmann sieht keine Alternative zu Olympia-Bewerbungen, in sueddeutsche.de 21.10.2014). Auf gleicher Linie bewegte sich Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz: Zweitens kann Deutschland beide Ereignisse gut verkraften. Es gibt genügend Möglichkeiten, dass sich beide Wettbewerbe nicht ins Gehege kommen, sondern einander verstärken als große Feste“ (Monath, Hans, Teuffel, Friedhard, „Hamburg ist schon lange eine Weltmetropole“, in tagesspiegel.de 21.10.2014).
Denkste.

Nachtrag 2: Grünes Licht von Bach?
Der DFB bewirbt sich für 2024 um die Fußball-Europameisterschaft. Damit ist eine Bewerbung um Olympische Spiele 2024 zum Scheitern verurteilt – wenn es so läuft wie 2013 mit der Türkei (Fußball-EM 2020) und Istanbul (Olmpische Sommerspiele 2020): Da legte der damalige IOC-Präsident Jacques Rogge sein Veto ein, und die Türkei musste sich entscheiden und setzte (vergeblich) auf die Sommerspiele 2020 (Siehe oben). Nun schaltete sich IOC-Präsident Thomas Bach ein. Die Vergabe der Olympischen Spiele 2024 durch das IOC erfolge im Herbst 2017, die der Fußball-EM 2024 durch die Uefa 2018. Und er sähe in einer deutschen Doppelbewerbung „kein Konfliktpotential“ (EM-Entscheidung fällt erst nach Olympia-Vergabe, in spiegelonline 5.11.2014). Das ist zumindest überraschend, wenn nicht unrealistisch: Die EM findet üblicherweise etwa vom 10. Juni bis 10. Juli statt, die Olympischen Spiele im August. Da kollidiert viel – und ist für Sponsoren des Sports unerfreulich.
Der einzig sinnvolle Schluss: Hamburg 2024 und Berlin 2024 wären sowieso nur Zählkandidaten. Für mich wäre 2024 Putins Heimatstadt St. Petersburg Favorit, auch im Hinblick auf die Tradition des IOC mit totalitären Staaten…

Nachtrag 3: Hörmann ignoriert DFB-Bewerbung für die Fußball-EM 2024
Alfons Hörmann: „Weder von vertraglicher Seite noch in der Charta des Internationalen Olympischen Komitees gibt es irgendeine Festlegung, die eine Doppelbewerbung verhindern würde. (…) Für uns könnte die Vision eines Super-Sportjahres 2024 durchaus schöne Realität werden“ (Mögliche Doppelbewerbung ist für DOSB-Chef kein Problem, in rbb-online.de 12.11.2014).
Hörmann weiß ganz genau, dass dieser Super-Sommer ein Super-Fake ist.
Schon für die Sponsoren wäre dies verhängnisvoll. André Bühler, Direktor des Deutschen Institutes für Sportmarketing im September 2014: „Man hätte zwei Großevents, die sich die aufmerksamkeit weggnehmen würden“ (Ebenda),.
Dadurch ist der Durchfall der Bewerbung Hamburg 2024 oder Berlin 2024 vorprogrammiert. Damit kann man gleich 2028 noch mal antreten – wie es der DOSB ja will.

Nachtrag 4: Olympische Winterspiele 2022 kollidieren mit Fußball-WM 2022 im Winter. „IOC-Präsident Thomas Bach geht davon aus, dass es nicht zu einer terminlichen Kollision der olympischen Winterspiele 2022 mit der Fußball-WM in Qatar kommt.(…) Bach betonte, dass es ‚keine Gewinner‘ gebe, wenn die Olympischen Winterspiele 2022 und die Fußball-WM zusammenfielen. ‚Die Athleten und die Spieler würden die Aufmerksamkeit, die sie verdienen, nicht bekommen. Auch für alle Sponsoren und Sendeanstalten, die daran beteiligt wären, wäre es sehr, sehr schwierig dies zu handhaben‘, sagte der 60-Jährige“ (dpa, Keine Kollision von Olympia und Fußball-WM 2022, in faz.net 2.12.2014).
Und nun übertragen wir die Situation der Olympischen Sommerspiele 2024 in Hamburg oder Berlin mit der Fußball-EM 2024 in Deutschland: „Die Athleten und die Spieler würden die Aufmerksamkeit, die sie verdienen, nicht bekommen. Auch für alle Sponsoren und Sendeanstalten, die daran beteiligt wären, wäre es sehr, sehr schwierig dies zu handhaben“.
Völlig irreal, dass beides zusammen stattfinden würde – auch wenn die DOSB-Sportfunktionäre die Kollision vehement abstreiten!

Nachtrag 5: Kein Einsehen von Vesper
Auch nach der Wahl von Hamburg 2024 übte der DOSB-Vorstandsvorsitzende Michael Vesper noch im März 2015 im Gesundbeten: „Wenn ein Land in der Lage ist, beides zu organisieren, dann Deutschland“ (Vesper: Fußball-EM und Olympia 2024 in Deutschland denkbar, in deutschlandfunk.de 17.3.2015). Deshalb im Folgenden die kurze Termin-Zusammenstellung.
Olympische Sommerspiele: Athen 2004: 13. – 29.8.; Peking 2008: 8. – 24.8.; London 2012: 25.7. – 12.8.; Rio 2016: 5. – 21.8.
Fußball-EM: Österreich/Schweiz 2008: 7. – 29.6.; Ukraine/Polen 2012: 8.6. – 1.7.; Frankreich 2016: 10.6. – 10.7.
Sponsoren und TV-Sender würden bei der kurzen Zeitspanne dazwischen Zeter und Mordio schreien.

Vergleiche auch: Hamburg-Berlin 2024 ab 9/2014: hier

Quellen:

Ahrens, Peter, Fußball kontert Olympia aus, in spiegelonline 19.9.2014
Ashelm, Michael, Deutschland bewirbt sich um EM 2024, in faz.net 24.10.2013
Aumüller, Johannes; Kistner; Thomas, Wie viel Sport darf’s denn sein? In SZ 19.9.2014
Beils, Martin, Vesper: „EM und Olympia 2024 – Deutschland kann das“, in rp-online 20.9.2014
dpa, Der DFB plant die taktische Niederlage, in faz.net 19.9.2014
Kistner, Thomas
– Totgeburt einer Idee, in SZ 19.9.2014
– Kleiner Happen zwischendurch, in SZ 20.9.2014
Kopp, Johannes, Scheingefechte der Sportfunktionäre, in taz.,de 19.9.2014
London bekommt das EM-Finale, München ein Viertelfinale, in spiegelonline 19.9.2014
Nachfolger für Thiel gesucht, in SZ 24.9.2014
Peschke, Sara, Die wichtigsten Fakten zur Vergabe des Turniers, in spiegelonline 19.9.2014
SID (Sport-Informations-Dienst)
– Rogge-Ultimatum an Türkei: Fußball-EM oder Olympia, in focus.de 9.5.2012
– Vesper: Olympia und EM 2024 in Deutschland sind möglich, in handelsablatt.com 19.9.2014
Zimmermann, Ronny, „Gentlemen’s Agreement“ mit England, in spiegelonline 19.9.2014

 

Sep 182014
 
Zuletzt geändert am 22.12.2014 @ 9:33

18.9.2014, aktualisiert 25.9.2014

1) Unverständlicher Bewerbungsunmut
Unverständlicherweise sind Bewerbungen um Olympische Spiele derzeit unbeliebt. Bei der Bewerbung um Olympische Winterspiele 2022 haben die Bevölkerungen von Graubünden, von München (mit Garmisch-Partenkirchen und den Landkreisen Berchtesgaden und Traunstein am 10.11.2013), von Stockholm und von Krakau dankend abgelehnt.
Nun geht der olympische Ärger weiter. Die Berliner Bündnisgrünen in Friedrichshain-Kreuzberg lehnen eine Olympia-Bewerbung Berlin 2024 ab und werden einen entsprechenden Antrag am 11.10.2014 auf dem Grünen Landesparteitag einbringen. Aus dem Antrag: “Die LDK möge beschließen: Bündnis 90/Die Grünen Berlin lehnen eine Bewerbung Berlins um die Austragung Olympischer Sommerspiele in Berlin 2024 oder 2028 ab. Wir werden uns daher an politischen Bündnissen zur Verhinderung einer Bewerbung beteiligen. (…) Begründung: Die positive Idee der Völkerverständigung und des sportlichen Wettstreits ist durch das Internationale Olympische Komitee (IOC) ruiniert worden, so dass die Ausrichtung Olympischer Spiele heute vor allem mit Steuergeldverschwendung, Korruption und fehlgeleiteter Stadtentwicklung verbunden werden. Für die Ausrichterstädte bedeuten die Spiele wenig Mitsprache, hohe finanzielle Verluste und kaum sinnvoll nutzbare Infrastruktur.“ (Hervorhebung WZ) Zum Antrag: hier

2) Olympische Spiele im Reformrausch
Diesen defätistischen Tendenzen muss entschlossen entgegengewirkt werden. Deshalb findet am 26.9.2014 in Berlin im Rahmen der Veranstaltung „Andere Spiele sind möglich!“ von Bündnis 90/Die Grünen eine Diskussion mit Michael Vesper, Generaldirektor Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB), Barbara Susec, Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) und Tilman Heuser, BUND für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Berlin e.V., statt. Die äußerst vielversprechende Agenda 2020, die IOC-Präsident Thomas Bach in jüngster Zeit ausgerufen hat, ist in diesem Rahmen ein ermutigender Anfang. Deshalb haben auch wir uns vom Netzwerk Nolympia Gedanken gemacht, wie die in letzter Zeit in Verruf geratenen Olympischen Spiele ökologisch und sozial etwas aufzupeppen seien.

3) IOC-Sponsoren
In der Vergangenheit gab es die eine oder andere Diskussion um die TOP-Sponsoren des IOC (Dow Chemical, Coca-Cola, McDonald’s…).Da auch die olympische Sicherheit immer teurer wird, könnte das IOC mit neuen Sponsoren aus der Rüstungs- und Überwachungsindustrie (BAE Systems, Northrop Grumman, Lockheed Martin, EADS und NSA) zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Ein russischer Partner wird aus Gründen der Ausgewogenheit noch gesucht.
Der DOSB könnte ebenfalls kreativ werden: Da viele staatliche Unternehmen (Flughafen, Lotto, Deutsche Post, Deutsche Bahn, Sparkassen, etc.) schon olympische Sponsoren sind, würde es sich anbieten, dass der DOSB den Kreis seiner Sponsoren um Bundeswehr, Bundespolizei und Technisches Hilfswerk erweitert: Dies würde ebenfalls helfen, die hohen Sicherheitskosten zu senken. Und natürlich die deutschen Industrie- und Handelskammern: unermüdliche Vorkämpfer und Lobbyisten Olympischer Spiele.
Gleichzeitig sollte auch die Amtsdauer des derzeitigen DOSB-Generaldirektors auf unbegrenzte Zeit verlängert werden.

4) IOC-Mitglieder
In der Vergangenheit gab es auch einige Diskussionen über die Mitgliederbeschaffung im IOC. Der frühere IOC-Präsident Juan Antonio Samaranch hatte in seiner Amtszeit von 1980 bis 2001 gerne kurz am Rand der Vollversammlungen viele Personen mit etwas merkwürdigem Hintergrund vorgestellt und ließ diese dann per Akklamation aufnehmen.
Eine neue Regelung könnte vorsehen, dass IOC-Sitze meistbietend versteigert werden: Dies käme der ganzen Sportbewegung zugute. Außerdem könnten gemäß der entsprechend reformierten IOC-Satzung auch Konzerne und Regierungen einen Sitz erhalten. Interesse haben bislang unverständlicherweise kaum westliche Institutionen, sondern vor allem Vertreter östlicher Körperschaften signalisiert.

5) Bewerbung der Austragungsorte
In jüngster Zeit wurde des Öfteren der Vorwurf geäußert, dass sich nur noch Bewerber aus totalitären und diktatorischen Ländern bewerben würden. 2008 fanden die Olympischen Sommerspiele in Peking statt, die Olympischen Winterspiele 2014 im russischen Sotschi. Und die Wahl des Austragungsortes um Olympische Winterspiele 2022 wird höchstwahrscheinlich zwischen China und Kasachstan ausgetragen. Deshalb könnte auch hier der Wahlmodus reformiert werden, indem das IOC die Bewerbungsgebühren für jede Stufe verzehnfacht. Damit könnte man jetzt sicher sein, dass sich nur noch Länder bewerben, denen die Olympischen Spiele wertvoll sind: Sie erkennen das olympische Renommee an, benötigen es ohnehin für ihr beschädigtes Image und wollen deshalb Olympische Spiele unbedingt – ohne Wenn und Aber. Falls sich durch diese Reform und die damit verbundenen höheren Kosten keine demokratischen Länder mehr bewerben, könnte das nicht dem IOC zum Vorwurf gemacht werden.

6) Vorschläge für die ökologische Optimierung Olympischer Spiele
Die IOC-Reform fängt auch im Kleinen an. Bei den Olympischen Sommerspielen London 2012 kamen 10.000 Dixie-Toiletten zum Einsatz. Das neue vorgeschlagene Modell hat Recycling-Toilettenpapier und einen Pressspan-Sitz. Auch dem Sexualtrieb wurde 2012 Rechnung getragen „Die Organisatoren der Spiele hatten den Sportlern 150.000 Kondome zur Verfügung gestellt… Eine Sprecherin der Olympia-Macher betonte, dass den Athleten durchaus erlaubt sei, eigene Produkte ins Dorf mitzubringen. Allerdings nur für den Eigengebrauch“ (Streit um Kondome im olympischen Dorf, in tagesspiegel.de 7.8.2014). Auch hier könnte es eine Neuerung geben: Die IOC-Einheitskondome (mit den symbolischen Fünf Ringen) wären künftig aus Jute.
Weitere Vorschläge: – Kaugummiverbot; – bleifreies Coca-Cola; – Recycling- Nationalfahnen; – temporäre Sportbauten, aufgehängt an Siemens-Lufthaken; – Kugelstoß-Kugeln aus Recycling-Eisen; – 500 Fahrzeuge der Mercedes-S-Klasse mit Hybrid-Antrieb für die Olympische Familie; – FCKW-freie Hochsprunglatten; – Hürden aus Palettenholz; – Gazprom-Biogas für das Olympische Feuer; -Luftfracht-Flüge mit Bio-Kerosin; – CO2-freie Big Macs von McDonald’s; – 5-Sterne-Hotelsuiten mit 100 Prozent Mülltrennung für das IOC; – Olympische Urkunden aus Altpapier-Karton; – Olympische Medaillen in Katzen-Gold und Silber-Imitat; – CO2-Frei-Berechnung durch geeignete Umwelt-Institute… Usw. usw.
Weitere Vorschläge gern unter: info@goef.de

7) Volksbefragung
Den Ärger mit der Abwahl der Bewerbung München 2022 um Olympische Winterspiele soll es so nicht wieder geben. Oder wie es DOSB-Präsident Alfons Hörmann ausdrückte: „Ein Szenario wie in München wollen wir nie mehr erleben“ (Hungermann, Jens, Olympia-Entscheid hängt von der Bevölkerung ab, in welt.de 11.9.2014).
Aus diesem Grund soll sowohl für Hamburg 2024 als auch für Berlin 2024 das Volk befragt werden, allerdings nicht mehr 2014, sondern vielleicht 2015, wobei es viele juristische Probleme gibt. Deshalb unser Vorschlag: Jeden Tag werden jeweils zehn sportive BewohnerInnen in den beiden Städten befragt – bevorzugt solche mit Turnschuhen, Sporttasche oder Rennrad, sodass eine positive Einstellung dieser Personen als wahrscheinlich gilt. So könnte man in drei Monaten die tausend Personen befragen, die für eine statistische Repräsentanz nötig sind. Eine Veröffentlichung des für Hamburg 2024 bzw. Berlin 2024 positiven Ergebnisses ließe eine Befragung der Gesamtpopulation dann überflüssig erscheinen. Durchführen könnte die Befragung zum Beispiel das bekanntes Sportbusiness-Magazin Sponsors.

8) Ethik-Reform
Leider wurde auf diesem Gebiet dem IOC manche Böswilligkeit unterstellt – genau wie der Fifa. Aus diesem Grund könnten sich IOC und Fifa auf eine gemeinsame Lösung verständigen: Die Ethikkommission der Fifa wird das IOC überprüfen – und umgekehrt die Ethikkommission des IOC die Fifa. So wäre eine größtmögliche Objektivität und Unabhängigkeit gewährleistet.

9) Doping-Reform
Auch auf diesem Gebiet wurde dem IOC einiges unterstellt. Die wenigen Dopingfälle zeugen nicht von zu wenigen und ungenauen Kontrollen, sondern beweisen die Sauberkeit des Olympischen Sports. Um eine noch bessere Überprüfung zu gewährleisten, könnte das IOC eine internationale Ausschreibung der Dopingkontrollen durch die großen Chemiekonzernen organisieren. Das erste Ergebnis ist sehr befriedigend: Es haben sich schon mehrere internationale Konzerne gemeldet, die auch die Bedingung akzeptieren, dass positive Testergebnisse erst nach fünf bis zehn Jahren veröffentlicht werden. Das IOC könnte sicher mit größtmöglicher Präzision seine Auswahl treffen.

Fazit: Keine Infragestellung der IOC-Reformfähigkeit mehr
Mit all diesen modernen und progressiven Reformen könnte sichergestellt werden, dass das IOC wohl gerüstet in die olympische Zukunft blicken kann. Der IOC-Reformprozess wurde schon in den vergangenen Jahrzehnte ständig und erfolgreich durchgeführt, und er geht auch unter seinem jetzigen Präsidenten ungebrochen weiter.
Dieser Prozess soll auch bewirken, dass die drei Nolympia-Thesen zur Reformfähigkeit des IOC nicht mehr öffentlich diskutiert werden: 1) Eher hört die NSA auf, in Deutschland zu spionieren, als dass sich das IOC reformiert. 2) Eher führt Deutschland ein Tempolimit auf Autobahnen ein, als dass sich das IOC reformiert. 3) Eher wird Wladimir Putin ein bisschen demokratisch, als dass sich das IOC reformiert.

 

Sep 102014
 
Zuletzt geändert am 24.09.2014 @ 9:52

Aktualisiert am 24.9.2014

Am 19.8.2014 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) – wie schon so oft in den letzten Jahrzehnten – gegen den Naturschutz entschieden. Der VGH wies die Beschwerde des Deutschen Alpenvereins (DAV) und des Bund Naturschutz (BN )gegen den Gerichtsentscheid vom 3.6.2014 zurück.

BN und DAV klagen mit Unterstützung von CIPRA Deutschland, Verein zum Schutz der Bergwelt, Mountain Wilderness, NaturFreunde Deutschland und Gesellschaft für ökologische Forschung gegen den Ausbau der größten Beschneiungsanlage in Bayern und forderten einen Baustopp. Denn trotz der Klage wurde weiter gebaut – der Baustopp wurde vom VGH abgelehnt. BN und DAV hatten gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt. Nun wurde auch die Beschwerde zurückgewiesen. Die Landschaftszerstörung für die Großbeschneiung am Sudelfeld geht also weiter.

Sudelfeld, Walleralm, 16.6.2012

Sudelfeld, Walleralm, 23.5.2014

Sudelfeld, Walleralm, 1.8.2014
Das größte Speicherbecken in den bayerischen Alpen mit über 150.000 Kubikmetern darf gebaut werden – für 250 neue Schneekanonen und Beschneilanzen.

“Das öffentliche Interesse und das Interesse der Bergbahnbetreiberin am Fortschreiten der Baumaßnahmen überwiege, begründete das Gericht seine Entscheidung. (…) Die Verwaltungsrichter argumentierten, dass die Gewährleistung von Schneesicherheit für das Gebiet wichtig ist. Am Sudelfeld sei man vom Tourismus abhängig, somit sei das geplante Projekt auch für den Erhalt und die Förderung der Wirtschaftskraft und von Arbeitsplätzen nötig” (Sudelfeld-Ausbau geht weiter, in sueddeutsche.de 25.8.2014). – “In der Summe hat der VGH die Argumentation der Naturschutzverbände Stück für Stück als unzutreffend klassifiziert” (Krehl, Daniel, Niederschlag zur Unzeit, in merkur-online 27.8.2014).

Das hat der VGH im Zeitraum von zig Jahren auch bei der Isental-Autobahn (im Bau) und bei vielen anderen Projekten so gemacht.

Der Bund Naturschutz und der Deutsche Alpenverein bedauern diese Entscheidung sehr. Sie beurteilen die Modernisierung des Skigebietes als nicht nachhaltige Investition, die gleichzeitig die Entwicklung eines tragfähigen Ganzjahrestourismus verhindert (PM des DAV und BN vom 26.8.2014). Ein Teilerfolg für die Verbände war die Herabsetzung des Beschneizeitraums von geplanten viereinhalb auf dreieinhalb Monate.

Also business as usual: Im Zweifelsfall entscheidet die Verwaltungsjustiz für die Investoren, den Kommerz und den harten Tourismus. Langfristiges Denken wird zugunsten eingefahrener Geschäftsmodelle blockiert. Der Klimawandel wird aber auch um das Sudelfeld-Gebiet keinen Bogen machen – und damit ist die Unrentabilität der Natur-zerstörenden Maßnahmen vorgezeichnet.
Am fatalsten ist das Signal an die Öffentlichkeit: Klimawandel? Den bekämpfen wir in Bayern mit Schneekanonen! Und wenn da sonst was ist, dann geht das uns in Bayern nix an! Letzte Meldung vom 9.9.2014: CO2 ist in der Atmosphäre von 2012 auf 2013 so schnell gestiegen wie noch nie zuvor! Leider: Kein Wunder!

Nachtrag: Sudelfeld-Ausbau: DAV und BN ziehen Klage zurück. Am 19.8.2014 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde vom Deutschen Alpenverein und Bund Naturschutz auf Erlass eines sofortigen Baustopps zurückgewiesen. Das Hauptverfahren war damit noch nicht entschieden, aber absehbar im Sinne der Umweltzerstörung. Bei einem Urteil Mitte 2015 wären die Baumaßnahmen beendet gewesen und die Klage chancenlos.
Am 18.9.2014 gaben BN und DAV auf einer Pressekonferenz bekannt: „Das Hauptverfahren, in dem BN und DAV gegen den Ausbau der Beschneiungsanlagen geklagt hatten, ist damit zwar noch nicht entschieden. BN und DAV werden es allerdings vor dem Hintergrund der abgewiesenen Beschwerde und entsprechend fehlender Erfolgsaussichten allerdings nicht weiter betreiben. „Wir bedauern die Entscheidung des Gerichts ausdrücklich“, sagte Hubert Weiger, Vorsitzender des BN, „Mit dem Ausbau der Beschneiungsanlage am Sudelfeld wird ein völlig falsches Signal für die Entwicklung des Alpenraumes gesetzt, da damit kurzfristigen ökonomischen Interessen der Vorrang vor dem Schutz und der Erhaltung der gerade durch den Klimawandel besonders bedrohten Alpenlandschaft eingeräumt wird.“ DAV-Vizepräsident Ludwig Wucherpfennig forderte vor diesem Hintergrund: „Mehr denn je brauchen wir jetzt eine noch breitere öffentliche Debatte über die touristische Entwicklung der gesamten bayerischen Alpen.“
BN-Vorsitzender Hubert Weiger monierte, bei einem Urteil im Sommer 2015 sei „die Anlage auf dem Sudelfeld schon feierlich eröffnet“ (Effern, Heiner, Schwere Schlappe am Sudelfeld, in SZ 19.9.2014). Weiger weiter: „Mit dem Ausbau der Beschneiungsanlage am Sudelfeld wird ein völlig falsches Signal für die Entwicklung des Alpenraumes gesetzt, da damit kurzfristigen ökonomischen Interessen der Vorrang vor dem Schutz und der Erhaltung der gerade durch den Klimawandel bedrohten Alpenlandschaft eingeräumt wird“ (DAV, PM Eine öffentlicher Debatte über die touristische Entwicklung in den bayerischen Alpen ist wichtiger denn je! 19.9.2014). DAV-Vizepräsident Ludwig Wucherpfennig: „Mehr denn je brauchen wir jetzt eine noch breitere öffentliche Debatte über die touristische Entwicklung der gesamten bayerischen Alpen“ (Ebenda; DAV und BN ziehen Klage zurück, in merkur-online 18.9.2014). Weiger kündigte aufgrund dedr Chancenlosigkeit des Naturschutzes vor bayerischen Gerichten für 2015 eine Musterklage vor dem Europäischen Gerichtshof an, um das deutsche Planungsrecht anzugreifen (Effern, Heiner, Schwere Schlappe am Sudelfeld, in SZ 19.9.2014).

Siehe auch: http://www.goef.de/alpen/beschneiung/sudelfeld

 

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