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Graubünden gegen Olympische Winterspiele

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Dez 102010
 
Zuletzt geändert am 01.01.2011 @ 10:46

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Wolfgang Zängl 10.12.2010

Vorbemerkung
Anlässlich der Bewerbung um Olympische Winterspiele 2018 in München offenbart sich ein Konfliktfeld zwischen den Sportorganisationen DOSB und DAV einerseits und Bund Naturschutz und weiteren Naturschutzorganisationen. Letztlich geht es um die Deutungshoheit des Begriffs Naturschutz, die zunehmend vom Sport usurpiert wird. Deshalb soll im Folgenden die von den Sportverbänden konsequent und bewusst eingeschlagene Entwicklung skizziert werden.

1) Der Sport kooptiert die Naturschutz-Institutionen
Kooptation schafft geschlossene und kohäsive Gruppen, die meistens ihresgleichen rekrutieren und Andersdenkende durch die eigene Einigkeit ausschließen. (Wikipedia)

Im Herbst 2010 erschien zum Thema „Naturschutz und Natursport“ ein Schwerpunktheft der Zeitschrift Natur und Landschaft, die vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) herausgegeben wird. Das Doppelheft wurde vom BfN und Deutschem Olympischen Sportbund (DOSB) erarbeitet

In der Pressemitteilung vom 3.9.2010 verweist die BfN-Präsidentin Beate Jessel auf die „starke Partnerschaft“ von Naturschutz und Sport und „das Potenzial, noch viele Menschen gezielt an Natur und Naturerleben heranzuführen.“

Der quasi zwangsläufige Widerspruch einer massenhaften Teilnahme an Natur und den Belangen des Naturschutzes wird hier nicht thematisiert.

DOSB-Generaldirektor Michael Vesper erklärte in dieser Pressemitteilung, „dass Naturschutz und Natursport miteinander vereinbar sind. Sport ist ein zuverlässiger Partner des Naturschutzes. Der DOSB wird sich weiter für eine natur- und umweltverträgliche Sportausübung einsetzen und freut sich auf zukünftige Initiativen mit dem Naturschutz.“

Die Freude des DOSB ist verständlich, hat doch der Naturschutz durch die vermeintliche Kooperation mit dem „Natursport“ über Jahre an Handlungsmöglichkeiten und Bedeutung verloren.

Eine Tabelle im Aufsatz von Georg Fritz und Andreas Klages (Quelle siehe unten) zeigt die lange Einflussnahme auf die Begrifflichkeit Naturschutz durch die Sportorganisationen. Bereits 1982 wurde vom damaligen DSB eine „Präsidialkommission Sport und Umwelt“ einberufen. 1985 startete der DSB den Informationsdienst „Sport schützt Umwelt“. 1990 begann die Kooperation mit dem Deutschen Naturschutzring (DNR). 1992 gaben UBA, DSB und DNR das „Handbuch Sport und Umwelt“ heraus. 1994 institutionalisierte das IOC als Reaktion auf die Klimakonferenz von Kyoto 1992 und die verheerende Kritik an den ökologischen Schäden der Olympischen Winterspiele 1992 in Albertville die Umweltvorsorge als dritte Säule der Olympischen Bewegung nach Sport und Kunst.

Nach Kyoto und Albertville war der internationalen Sportpolitik klar, dass angesichts Klimaerwärmung und knapperer Ressourcen den Sport-Großereignissen wie Olympische Spiele und Weltmeisterschaften ein schärferer politischer Wind wehen würde. Deshalb inszenierten die Sportverbände die vordergründige Sorge um die Umwelt, um weiterhin und in immer noch größerem Rahmen globale Sportereignisse veranstalten zu können. Dieses Pseudo-Engagement im Bereich der Umwelt soll die Sport-Großereignisse legitimieren, aber auch den Möglichkeitsraum für künftige Sportstätten erweitern helfen – und seien sie auch in besonders geschützten Gebieten geplant.

Der DSB gründete 1995 den „Bundesausschuss Umwelt“. DNR und DSB führten 1996 den Kongress „Leitbilder eines natur- und landschaftsverträglichen Sports“ durch. Das BMU gründete 2000 einen Beirat „Sport und Umwelt“. 2002 wurde in einer Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes der Schutz der Natur und die Nutzung durch Sport „zu einem neuen Ausgleich gebracht“ unter der Überschrift: „Integrativer Naturschutz und Nachhaltige Nutzung“. Im selben Jahr begann die Kongressreihe „Umwelt, Naturschutz und Sport im Dialog“.

Das Bundesamt für Naturschutz gab seit 2002 das „NaturSportInfo“ heraus, ein „Natursport-Informationssystem für Naturschutz und Natursport“. 2004 begann eine fünfjährige Kooperation von DSB und DBU zum Thema „Sport und Umwelt“. 2007 gaben BMU und DOSB die Schrift „Green Champions für Sport und Umwelt“ heraus, der nicht von ungefähr 2009 den IOC-Umweltpreis gewann.

„Green Champions“ ist ein „Leitfaden für umweltfreundliche Sportgroßveranstaltungen“: Nomen est omen! Es werden Großsportereignisse nicht etwa infrage gestellt, sondern sie sollen auf immer größerem Niveau (und damit auch immer höherem Einnahmen-Niveau) in ökologisch zunehmend schwierigerer Zukunft ermöglicht werden: Ein grünes Mäntelchen von peripheren Maßnahmen soll sie als umweltverträglich deklarieren und damit ihre Durchführbarkeit sichern.

Ein Ergebnis ist hier unter anderem die „grüne“ und „nachhaltige“ Bewerbung München 2018, die mit vielen Tricks und viel zu niedrig angegebenen CO2-Emissionen auf ökologisch korrekt getrimmt wird: Greenwashing pur! Wir haben auf unserer Website www.nolympia.de die geplanten Naturzerstörungen durch die geplanten Olympischen Winterspiele München 2018 in Garmisch-Partenkirchen, Schwaiganger und München manifest gemacht.

Ein weiteres skandalöses Ergebnis für Sportgroßereignisse ist die Anfang Dezember 2010 erfolgte Vergabe der FIFA-WM nach Katar. Bei Außentemperaturen von 45 Grad Celsius und mehr werden zwölf Stadien aufgebaut, für die Spiele auf 27 °C heruntergekühlt und nach der WM wieder abgerissen. Das Ganze soll CO2-frei und klimaneutral erfolgen, selbstverständlich nachhaltig und umweltverträglich: auch dies Greenwashing pur!

2) Die Natursport-Ideologie
Diese frei erfundene Umweltverträglichkeit von Sportgroßereignissen ist den ökologischen Rechenkünsten der globalen Internationalen Sportverbände zu verdanken. Die Übernahme von Begrifflichkeiten wie Nachhaltigkeit und die Deutungshoheit von Naturschutz und Umweltfreundlichkeit etc. gingen damit einher. Auffallend ist auch die Tendenz, den Begriff „Sport“ durch „Natursport“ zu ersetzen, wie es auch im Aufsatz „Sport und Naturschutz“ von Georg Fritz und Andreas Klages geschieht. Der Aufsatz erschien nicht von ungefähr in der Zeitschrift Natur und Landschaft des Bundesamtes für Naturschutz. (Fritz ist Umweltberater bei Sport- und Tourismusorganisationen; Klages ist Sportfunktionär beim DOSB.)

Bezeichnenderweise definieren die Autoren an keiner Stelle den Begriff „Natursport“. Der Begriff Natursport wird bewusst eingesetzt, um Umweltfreundlichkeit, Nähe zur Natur und ökologische Harmlosigkeit zu suggerieren. Dabei ist der DOSB ein Agglomerat verschiedenster Sport-Interessen, die mit Naturschutz meist wenig zu tun haben: So zählt zu den DOSB-Fachverbänden auch der „Fachverband Motorsport“.

Aber auch wenn Sport in freier Natur ausgeübt wird (das ist längst nicht bei jeder Sportart der Fall!), ist er noch lange kein „Natursport“: Man denke nur an den Bedarf an unzähligen Gerätschaften, Vorrichtungen und Maschinen – und deren Transportmittel. Darunter fallen vor allem im DOSB organisierte Sportler und Sportwettbewerbe. Und selbst Wandern und Klettern fallen nicht unbedingt unter die Kategorie Natursportler, da zum Beispiel deutsche Wanderer und Kletterer zu 80 Prozent mit dem Auto anreisen.

Die Autoren sehen zwischen Naturschutz und „Natursport“ eine neue Dimension: „Natursport und Naturschutz haben eine über hundertjährige gemeinsame Geschichte“ (S. 369). Die Koalitionen, neue Partnerschaften und vielfältige Zusammenarbeit in jüngerer Zeit brächten Vorteile für beide Seiten, nicht zuletzt „Perspektiven für eine zukunftsorientierte Kooperation zwischen Sport und Naturschutz“ (369).

Dass diese Kooperation stets zu Lasten des Naturschutzes geht, wird nicht thematisiert.

In den 1960er bis 1980er Jahren führte nach Fritz und Klages das wenig verbreitete ökologische Bewusstsein zu einem „überzogenen Naturschutz“, der dann über die Strategie des „ökologischen Ansatzes“ innovative Instrumente entwickelte (S. 372).

Der „Natursport“ wurde zunächst nicht nach seiner Bedeutung berücksichtigt. Das Bundesnaturschutzgesetz von 1976 führte zur Frage des Vorrangs von Sport- bzw. Naturschutzansprüchen. Der Natursport berief sich auf die Artikel des Grundgesetzes zu „freier Entfaltung“ und „körperlicher Unversehrtheit“. Im ehrenamtlichen Naturschutz „überdauerte zuweilen die romantische, kulturkonservative Geisteshaltung, die schon ihrem Begründer Ernst Rudorff „als elitär und tendenziell menschenverachtend angekreidet worden war“ (372).

Die Autoren stellen hier den traditionellen Naturschutz als reaktionär und gegen Menschen gerichtet dar und versuchen so, den Begriff aufzuweichen und mit einem konsum- und sportfreundlicheren Verhalten zu identifizieren.

Fritz und Klages kommen damit zu der Frage: „Naturschutz für oder gegen den Menschen“ und erwähnen die Nivellierung des Bundesnaturschutzgesetzes von 2002, in dem eingefügt wird, dass zur Erholung „auch natur- und landschaftsverträgliche sportliche Betätigungen in der freien Natur“ gehören (S. 373). Für die Autoren brachte dies vier positive Ergebnisse: a) Pragmatisch wurden Konflikte zwischen Natursport und Naturschutz beigelegt. b) Natursport sei in den Strategiewechsel des Naturschutzes einbezogen. c) Die „integrative Nutzung“ kann so ausgelegt werden: „Unter dem Leitbild der Nachhaltigkeit unterstützt der Naturschutz den Sport… bei dessen Bemühungen und in seinem Recht auf Selbstverwirklichung. Der Sport unterstützt die Umsetzung von Naturschutzzielen“ (S. 373f). Und d) kam es „zu einer Absicherung bzw. Erweiterung der Handlungsfähigkeit der Sportorganisationen“ (374).

Damit ergibt sich ein Paradigmenwechsel beim Naturschutz zugunsten des Sports: Der Naturschutz wird eingeschränkt und hat dem Sport zu dienen, letzterer kann sich einigermaßen schrankenlos ausbreiten und ausleben.

Die Partnerschaften zwischen Natursport und Naturschutz sind ständig herausgefordert, um trotz Finanzkrise, demographischen Wandel, Klimawandel etc. „einen Rückfall in überwundene Konflikte zu verhindern“; erwähnt wird explizit der schon erwähnte Leitfaden für umweltfreundliche Sportgroßveranstaltungen „Green Champions“.

Schon der Titel ist natürlich purer Euphemismus und Greenwashing: Sportgroßveranstaltungen können per definitionem nie umweltfreundlich sein.

„Die Sportorganisationen haben ihr Umweltprofil in den letzten zehn bis zwanzig Jahren deutlich ausgebaut“, bescheinigen Fritz und Klages ihrer Klientel, um diese Entwicklung dem Naturschutz indirekt umgehend abzusprechen: „Es stellt sich die Frage, in welchem Umfang die Umwelt- und Naturschutzverbände sich Engagement und Expertise im Bereich des Sports bewahrt und weiterentwickelt haben und sich in der Lage sehen oder es sogar als Chance betrachten, den Wandel des Sports entsprechend mitzugestalten“ (S. 384).

Die Autoren stellen die Sportverbände also implizit als die besseren Naturschutzverbände dar, während den Naturschutzverbänden die Qualität einer umgekehrten Einmischung mangels Weiterentwicklung im Sportbereich eher abgesprochen wird.

Sport und Naturschutz haben im Handlungsfeld Gesundheit „gleichgerichtete Interessen und Ziele“; außerdem ist „Sport in der Natur ein ideales Medium für Prävention, Stressabbau und Wohlbefinden“ (S. 374). Konklusion: „Es bedarf daher einer neuen und stärker angebotsorientierten gemeinsamen Handlungsstrategie“ zwischen Natursport und Naturschutz (S. 374; Hervorhebung W.Z.)

Im Klartext: noch mehr Funparks und Freizeiteinrichtungen, noch mehr Alpspix und Karwendel-Fernrohre, noch mehr Pisten und Klettersteige, noch mehr Mountainbikes und Biathlon-Loipen – und alles vom Naturschutz absegnet.

Die Autoren erwähnen nicht ohne Hintergedanken eine Allensbach-Untersuchung  von 2008, in der festgestellt wird, dass Umweltthemen angeblich an Interesse in der Bevölkerung verlieren. „Um hier entgegenzuwirken, kann ein umwelt- und naturschutzfreundlicher Sport Partner sein. Ein auf Nachhaltigkeit ausgerichteter Sport macht den Umwelt- und Naturschutz anschlussfähiger für breite Bevölkerungskreise. Der DOSB und der Naturschutz haben vielfältige übereinstimmende programmatische Ziele“; es gilt, „Impulse für eine gesellschaftliche Modernisierung zu entwickeln“ (S. 374).

Ohne die im DOSB organisierten 27,5 Millionen Sportler stünden die paar Naturschützer mitsamt dem Naturschutz auf verlorenem Posten. Und die Modernisierung betrifft natürlich nicht den Sport, sondern den Naturschutz, der gründlich an moderne Zeiten anzupassen wäre: damit den Sportstätten in freier Natur nichts mehr im Weg steht, schon gar nicht der Naturschutz.

In diesem Zusammenhang ist auch das „Kuratorium Sport und Natur e.V.“ interessant. Stellvertretende Mitglieder sind u. a. Martin Gerster (Mitglied im Sportausschuss des Deutschen Bundestages), Winfried Hermann (Mitglied im Sportausschuss des Deutschen Bundestages), Stephan Mayer (Mitglied im Sportausschuss des Deutschen Bundestages), Andreas Klages (DOSB, Mitautor von „Sport und Naturschutz“), Thomas Urban (Hauptgeschäftsführer DAV). Sitz des Vereins ist Von-Kahr-Str. 2-4 in München, die Adresse des DAV.

The usual suspects: Die Sport-Familie ist sehr groß, aber dann doch wieder ziemlich klein.

3) Konklusion: Sport als Möglichkeit der Naturzerstörung
Die deutschen Sportorganisationen arbeiteten inzwischen mit allen im Naturschutz relevanten Institutionen zusammen: BMU, BMI (offiziell für Sport zuständig), DBU, DNR, UBA und BfN. Und DOSB und andere Sportverbände erhalten Geld von ihnen, nicht wenig übrigens.

Wer nun denkt, mit Sport und Umwelt sei durch die vielfältige Kooperation alles zum Besten bestellt, liegt grundlegend falsch. Alle diese Institutionalisierungen haben zum Ziel, die weitere Zerstörung der Natur durch Sport und Sportstättenbau zu legitimieren. Der Naturschutz wurde aufgeweicht, „integrativ“ umgestaltet und den Zwecken des Sports untergeordnet.

So liegt das neue Ruhpoldinger Biathlon-Stadion mit verbreiteter Strecke nicht nur in einem Naturschutzgebiet, sondern in einem Wasserschutzgebiet: Der örtliche Naturschutz hat dem Ausbau nur „unter Bauchschmerzen“ zugestimmt (Effern 29.11.2010). Und beim Ausbau der Kandahar in Garmisch.-Partenkirchen mit großflächiger Rodung von unter strengem Schutz stehenden Bergwald äußerte der lokale Vertreter einer staatlichen Umweltinstitution, angesichts der im Vorfeld gelaufenen Gespräche möchte er sich hier nicht mehr äußern.

Natur hat dem Menschen vulgo dem „Natursportler“ zu dienen. Bis hin zu der dürftigen These: Menschenschutz vor Naturschutz. Und dann können alle Dämme brechen.

Weitere Beispiele für die Unterordnung des Naturschutzes unter den Primat des Sports liefert Maik Adomßent mit seinem Aufsatz „Sport und Naturschutz – 10 Thesen zur Optimierung der gemeinsamen Kommunikation“, ebenfalls in Natur und Landschaft. „Sport … trägt wie kaum ein anderes soziales Handlungsfeld – Naturschutz eingeschlossen! – zur Integration der Individuen in der Gesellschaft bei“ (S. 425), schreibt der Autor.

An dieser Stelle wäre dringend die Kontroverse zwischen Spitzensport, besser Elitensport  und Breitensport zu führen: Der Elitensport wird mit Geld überschwemmt, während der Breitensport ausblutet. Und Elitensport eignet sich gerade nicht zur Integration, wobei Integration durch Sport an sich schon ein falsches Paradigma darstellt.

Adomßent erwähnt lobend die DOSB-Broschüre „Sport schützt Umwelt“ (! W.Z.) und liefert dann seine zehn Thesen ab, die grundsätzlich den Naturschutz entweder angreifen oder als dringend zu verändernd darstellen. „Inhalte werden häufig eindimensional, primär aus Naturschutzsicht und somit nicht ausreichend zielgruppenadäquat kommuniziert“ urteilt Adomßent in These 1 und fährt in These 3 fort: „Die Kooperation zwischen den Verbänden von Sport und Naturschutz ist sinnvoll, sie sollte jedoch stärker als bisher auf ergebnisorientierten Zielsetzungen basieren“ (S. 426).

In These 4 wird die „nachhaltige Sportausübung“ angesprochen. Das BMU erwähnte in der Broschüre „Natur bewegt – Natursport in Deutschland“ (2006) den Trias von „Erlebnis, Gesundheit, Wohlbefinden“. Dazu äußert Adomßent:„Zur Beantwortung der Frage, wie dieser Dreiklang in sensiblen, womöglich geschützten Arealen umzusetzen wäre, ist von Naturschutzseite allerdings im Detail noch einiges an Initiative, Kreativität und Ausdauer zu investieren“ (S. 427).

Sport in geschützten Arealen? Kein Problem mit ein bisschen „Kreavität“ im Umgang damit!

Adomßent zitiert aus einer Schrift von Eckhard Meinberg aus dem Jahr 1991, dass nämlich im Rahmen einer umweltbezogenen Sportethik „dem Prinzip der Bewahrung und Erhaltung der natürlichen Umwelt das der Entwicklung und Gestaltung zur Seite“ gestellt werden soll (S. 427). „Vor diesem Hintergrund könnte ein schlagkräftiges Konsortium von Partnerinstitutionen (beispielsweise von DNR, DOSB und BfN) gemeinsam nach Wegen suchen, Sport Treibende mit naturschutzbezogenen Informationen auch auf massenmedialen Kommunikationskanälen zu erreichen“ (S. 428f).

So soll die Unterwanderung der Naturschutzbewegung durch die Sportbewegung, pardon Natursportbewegung, endgültig gelingen.

4) Keine Naturzerstörung ohne Umweltabteilung
Logischerweise müssen globale Sportorganisationen wie IOC, FIFA, UEFA heute einigermaßen respektable Umweltabteilungen haben, um sich als Umweltschützer gerieren zu können: Ohne Umweltabteilung und ohne Umweltreferenten, ohne Fachkommission Umwelt (siehe München 2018) und ohne Umweltscreening ist keine Umweltzerstörung zu machen. Und selbstverständlich hat auch der Deutsche Skiverband einen „Beirat für Umwelt und nachhaltige Skisportentwicklung“. Und auch der Deutsche Motor Sport Bund (DMSB) hat natürlich einen Umweltausschuss.
Deshalb ist der Deutsche Alpenverein (DAV) als Naturschutzverband für den DOSB für die Legitimation so wichtig. München 2018 sollen laut DAV „Grüne Winterspiele“ werden, und der DAV „ist überzeugt, dass langfristig die Natur davon sogar profitieren kann“ (Urban, Scheuermann, DAV 6/2010). Nach DAV-Hauptgeschäftsführer Urban „wird die Natur nach den Spielen besser dastehen als vorher“ (DAV Home-Services-Olympia 2010). Der DAV-Hauptgeschäftsführer bestätigte der Bewerbung München 2018 „internationale Maßstäbe für die naturverträgliche und nachhaltige Durchführung von Winterspielen“ (Etscheid, Georg, Quo vadis Alpenverein? in taz.de 29.10.2010).

„Grünes Erbe“ Olympischer Spiele, Nachhaltigkeit, Naturverträglichkeit, Klimaneutralität, CO2-frei – die Sportorganisationen ergehen sich in ökologischen Plattitüden. Auch die angebliche und ausschließliche Nutzung regenerativer Energien für Olympische Spiele oder Fußball-Weltmeisterschaften ist ein Irrweg: Man kann jede Einheit regenerativer Energie nur einmal nutzen, und hierfür gibt es sinnvollere Zwecke, als globale Gladiatorenspiele.

Der reale Ablauf von Sportgroßereignissen zeigt dann in kurzer Zeit die fatalen Folgen. Die Umweltschäden durch den Ausbau der Biathlonanlagen in Ruhpolding, die brutalen Zerstörungen in Garmisch-Partenkirchen für die Ski-WM im Januar 2011, die weiteren Zerstörungen dort für Olympische Winterspiele 2018, die geplante Überbauung der nacheiszeitlichen Landschaft in Schwaiganger für Biathlon und Langlauf im Rahmen München 2018, die Zerstörung des Bundeswehr-Parks durch ein „Olympisches Dorf“ bedeuten: Naturzerstörung durch Sport.

Gleichzeitig läuft die Legitimationswelle: CDU, SPD, FDP, CSU und Freie Wähler in Bayern, der Bundesvorstand der Grünen (nicht die Partei!), weitere staatliche und städtische Organisationen treten vehement FÜR München 2018 ein. Die Propaganda scheint zu funktionieren, dass selbst Sportgroßereignisse  umweltfreundlich und die Sportverbände naturbewusst sind. Dazu passt auch der derzeitige Versuch des DOSB, Sport als Grundrecht im Grundsgesetz zu verankern. (Und natürlich der Versuch von IOC und FIFA, den Friedensnobelpreis zu bekommen.)

5) Fazit
Die kritischen und wachsamen Naturschutzorganisationen und Naturschützer sollten sich vor einem Schulterschluss mit der Sportmacht hüten. Das bedeutet auch Schluss mit dem „integrativen Naturschutz“, der nur ein permanentes weiteres Aufweichen der Naturschutz-Präambeln und die Unterordnung von Natur unter das Primat des Sportes bedeutet. Natur ist gerade in der heutigen Zeit zu wertvoll, um sie dem Deutschen Olympischen Sportbund und seinen 90.000 Sportvereinen zu überlassen.

Quellen:
Adomßent, Maik, Sport und Naturschutz – 10 Thesen zur Optimierung der gemeinsamen Kommunikation, in Natur und Landschaft 9/10 2010
Bundesamt für Naturschutz, Neues Schwerpunktheft von Natur und Landschaft erschienen, Pressemitteilung Bonn 3.9.2010
DAV Home-Services-Olympia 2010, Interview mit Josef Klenner und Thomas Urban, Der Aufwand lohnt sich
DAV-Naturschutztagung: Vielfalt bewahren, in DAV-Panorama 6/2010
Effern, Heiner, Ein Biathlonstadion auf der Überholspur, in SZ 29.11.2010
Fritz, Georg, Klages, Andreas, Sport und Naturschutz, in Natur und Landschaft 9/10 2010
Urban, Thomas, Scheuermann, Manfred, Grüne Winterspiele, in DAV-Panorama 6/2010

Abkürzungen:
BfN                    Bundesamt für Naturschutz
BMI                   Bundesministerium des Inneren
BMU                  Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
DAV                  Deutscher Alpenverein
DBU                   Deutsche Bundesstiftung Umwelt
DNR                  Deutscher Naturschutzring
DOSB                 Deutscher Olympischer Sportbund
DSB                    Deutscher Sportbund
IOC                    International Olympic Committee
UBA                      Umweltbundesamt

Dez 062010
 
Zuletzt geändert am 07.12.2010 @ 12:31

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30.11.2010

Dr. Andreas Keller
2. Vorsitzender
Bund Naturschutz
Kreisgruppe Garmisch-Partenkirchen

OFFENER BRIEF

Herrn Winfried Hermann
Sportpolitischer Sprecher der GRÜNEN

Deutscher Bundestag
Platz der Republik
11011 Berlin

Interviews zur Abstimmung zum Thema Olympiabewerbung München 2018 auf der Bundesdelegiertenkonferenz der GRÜNEN in Freiburg .

Sehr geehrter Herr Hermann,

am letzten Mittwoch (24.11.2010) war ich auf einer Info-Veranstaltung der Bewerbungsgesellschaft München 2018 GmbH in Murnau, Kreis Garmisch-Partenkirchen. Auf dieser Veranstaltung wurden Sie mehrmals von den Mitgliedern der Bewerbungsgesellschaft wörtlich mit Aussagen zitiert, die Sie in Interviews nach der BDK der GRÜNEN in Freiburg gegeben haben.

Ihre Aussage: „Von allen Olympiabewerbungen, die ich gesehen habe, ist diese mit  Abstand die beste: die ökologischste und  nachhaltigste“, wurde genüsslich von denen vorgelesen, die die Spiele mit allen Mitteln durchsetzen wollen. Sie werden also von unseren Gegnern als Beweis dafür hergenommen, dass sogar die GRÜNEN für die Spiele seien. Dass die GRÜNEN sowohl bayern- als auch bundesweit deutlich mehrheitlich gegen die Bewerbung gestimmt haben, wird gar nicht mehr wahrgenommen.

Anlässlich eines Besuches des Sportausschusses des Bundestages haben Sie sich vollkommen einseitig von der Bewerbungsgesellschaft und sonstigen berufsmäßigen Befürwortern informieren lassen und nicht ausgewogen auch von kritischen Gegnern der Bewerbung. Nur so können Sie zu der  Aussage kommen, die Bewerbung für 2018 sei die „ökologischste und nachhaltigste“ die Sie je gesehen haben.

Klar, wenn Sie von den „Fremdenführern“ Rosi Mittermeier und Christian Neureuther (Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 9.11.10) herumgeführt werden, hören Sie wenig von tatsächlichen Umweltbelastungen und finanziellen Risiken. Hier deshalb einige Informationen als Nachhilfe:

Eine der falschesten Behauptungen die von den Olympia-Verfechtern immer wieder verbreitet wird ist, dass praktisch alle Sportstätten vorhanden seien. Dies ist weder für München noch für  Garmisch-Partenkirchen richtig. Hier die Zahlen für den „Snow Cluster“ im Loisachtal.

Im „Snow Cluster“ Garmisch-Partenkirchen müssten gebaut werden:

Bereich Skistadion
Permanent, Finanzierung also öffentlich – public (Non OCOG, ca. 1/3 davon Garmisch-P.)

neue Skischanze K 90 (eine bestehende K 80 Schanze würde abgerissen!) Kosten ca. 7 Mio €
Freestyle Moguls                                                                                                        ca.  1 Mio €
Freestyle Aerials                                                                                                        ca.  4 Mio €

Für die Sportstätten müssten ca. 0,5 ha (5.000 m2) Wald gerodet werden.
Temporär, Finanzierung OCOG
Für Funktionsflächen (Zielraum, Zuschauertribünen, Parkplätze für Akkreditierte ect.) würden ca. 4,8 ha (48.000 m2) landwirtschaftlich genutzte Flächen und 0,15 ha (1.500 m2) Wald benötigt.

Bereich Hausberg
Temporär, Finanzierung hier gemeinsam – joint, also teils OCOG- teils Garmisch-P.
Halfpipe                                                                                                                   ca. 6,4 Mio €
Für die Halfpipe mit Funktionsflächen (Zielraum, Zuschauertribünen, Parkplätze für Akkreditierte ect.) in diesem Bereich würden 0,2 ha (2.000 m2) Wald gerodet und 2,7 ha (27.000 m2) landwirtschaftlich genutze Flächen benötigt. Im Umfang von 1,41 ha (1.410 m2) würden 13d-Biotope neu beansprucht.

Bereich Kandaharabfahrt
Temporär, Finanzierung aus OCOG-Budget:
Für die Funktionsflächen (Zielraum, Zuschauertribünen, Parkplätze für Akkreditierte ect.) in diesem Bereich würden 0,03 ha (300 m2) Wald gerodet und 5,87 ha (58.700 m2) landwirtschaftlich genutze Flächen benötigt. Im Umfang von 0,04 ha (400 m2) würden 13d-Biotope neu beansprucht.

Bereich Schwaiganger
Temporär, Finanzierung hier gemeinsam – joint, also teils OCOG- teils public (Land Bayern):
Loipen und Stadien für Langlauf und Biathlon                                                          ca. 30 Mio €
Für die Loipen und den Schießstand  würden ca. 11,3 ha (113.000 m2) praktisch ausschließlich landwirtschaflich genutzte Fläche und 0,17 ha (1.700 m2) Wald benötigt.
Für die Funktionsflächen (Stadien, Parkplätze für Akkreditierte ect.) würden noch einmal 22 ha (220.000 m2) landwirtschaftlich genutze Flächen benötigt. Im Umfang von 0,07 ha (700 m2) würden 13d-Biotope beansprucht.
Zu Ihrer Behauptung, alle Schneekanonen seien gebaut: In Schwaiganger sollen insgesamt ca. 10 km Wasserleitungen für die Beschneianlagen (21 Schneekanonen!) temporär!! in den Boden vergraben werden.

Olympisches Dorf im Snow Cluster
Für das Olympische Dorf würden sowohl für temporäre als auch permanente Bauten überwiegend bereits überbaute Flächen genutzt. Aber auch hier würden noch ca. 1,9 ha (19.000 m2) landwirtschaftliche Flächen benötigt.
Mediendorf und Medienzentrum im Snow Cluster

Auch hier werden 5,7 ha heute noch landwirtschaftlich genutzer Flächen für temporäre Bauten überplant.

Parkplätze für die Zuschauer
Für Pkw-Stellplätze auf P+R-Anlagen sollen auf insgesamt 7 Großparkplätzen Platz für ca. 14.000 Pkw geschaffen werden. Rechnet man nur 20 m2 pro Pkw, benötigt man hierfür weitere ca. 28 bis 30 ha (280.000 bis 300.000 m2) landwirtschaftlich genutzte Fläche.
Zusätzlich zu den P+R-Standorten werden noch Stellplätze für Reisebusse geplant. Für den Snow Cluster sind hierfür 400 Stellplätze vorgesehen, d.h. noch einmal zusätzlich geschätzte mindestens 5 ha.

Infrastruktur im Snow Cluster
Als  zusätzlich geplante, permanente Infrastruktur im Straßenbereich aufgrund der Spiele sind im Ortsbereich von Garmisch-Partenkirchen eine Bahnunterführung für das Snow Village und eine Bahnunterführung zum Bereich der Kandaharabfahrt verlangt. Beide Unterführungen würden ohne die Spiele nicht gebaut.
Permanent, Finanzierung also öffentlich – public (vermutlich 1/3 davon Garmisch-P.)
2 Bahnunterführungen                                                                                                  ca. 3 Mio €
Für den Bau der Unterführungen wird geschätzt, dass etwa 1 ha (10.000 m2) landwirtschaftlich genutzte Flächen benötigt werden. Genaue Planungen gibt es nicht.

Zusammenfassung

Für die Wettbewerbe auf Skiern müssen also noch 6 Sporteinrichtungen mit einem Aufwand von ca. 50 Mio € gebaut werden. Dafür und für die Funktionsflächen werden ca. 47 ha landwirtschaftliche Flächen, 1 ha Wald und 1,5 ha 13d-Biotope überwiegend temporär, z.T auch permanent überbaut.

Für Olympisches Dorf, Mediendorf, Medien Zentrum und unnötige Bahnunterführungen werden noch einmal ca. 9 ha landwirtschaftliche Flächen verbraucht.

Welcher Anteil bei der Finanzierung der heute geschätzten 53 Mio. € für permanente (3) und temporäre Sporteinrichtungen und permanente Infrastruktur auf den Markt Garmisch-Partenkirchen zukommen, ist noch völlig offen. Jede weitere Belastung des über alle Maßen verschuldeten Marktes Garmisch-Partenkirchen (mit allen gemeindeeignen Einrichtung weit über 100 Mio. € Schulden) für ein zweiwöchiges Wintersport-Megaereignis wäre nicht zu verantworten.

Ich erspare Ihnen die detaillierte Aufschlüsselung der Maßnahmen für München und Schönau. Nur soviel:

Sämtliche Nutzungen der Wettkampfstätten und Olympischen Dörfer zusammengefasst ergibt sich eine genutzte Gesamtfläche (permanent und temporär) von rund  211 ha.  Nach der „Flächenbilanzierung Sportstätten,  Funktionsflächen und  Olympische Dörfer, bezogen auf  bisherige  Flächennutzung (Stand Juli 2010)“ ergibt sich aus Tabelle 19 (S. 55) des Umwelt- und Nachhaltigkeitskonzeptes, dass für „temporäre Flächennutzung und Infrastruktur“ 140 ha, das entspricht 66 %, „temporär“ genutzt werden sollen (Rodungen inbegriffen).

Sämtliche Zahlen sind dem Umwelt- und  Nachhaltigkeitskonzept München 2018 entnommen.

Die Auswirkungen auf das Loisachtal

Mit wenigen kleineren Ausnahmen, sind alle wesentlichen Infrastrukturmaßnahmen im Loisachtal geplant. Würden alle im Zusammenhang mit den Winterspielen 2018 geplanten Maßnahmen bis 2017 tatsächlich verwirklicht, d.h.

im Straßenbau

–       Bau des Auerbergtunnels und der Umfahrung Oberau mit Tunnel im Zuge der B 2 (Projekt Nr. 23, 319 Mio US $),
–       Fertigstellung des Kramertunnels (Projekt Nr. 24, 192 Mio US $),
–       Bau des Wanktunnels (Projekt Nr. 25, 172 Mio US $),
–       Umfahrung Oberaus im Zuge der B 23 (Projekt Nr. 26, 12 Mio US $),
–       Verlängerung der St. Martinstraße mit Bahnunterführung (Projekt Nr. 27, 9,3 Mio US $),
–       Bahnunterführung am Hausberg für das Snow Village (Projekt Nr. 29, 2,2 Mio US $),

im Bereich Schiene

–       Ausbau Bahnhof Oberau (Projekt Nr. 21, 1,4 Mio US $)
–       Verlegung der Zugspitzbahn (Projekt Nr. 28, 5,3 Mio US $)
–       Bau von zwei temporären Bahnsteigen (Projekt Nr. 32, 0,5 Mio US $),

sowie temporäre P+R-Parkplätze in

–       Garmisch/Grainau (2.100 Stellplätze)
–       Partenkirchen (1.700 Stellplätze)
–       Farchant (2.000 Stellplätze)
–       Oberau (1.700 Stellplätze)
–       Eschenlohe (3.500 Stellplätze)
–       Großweil/Pömetsried (2.800 Stellplätze),

so müssten ca. 700 bis 800 Millionen Euro in kurzer Zeit in diesem engen Tal verbaut werden. Das Loisachtal wäre für Jahre eine einzige Baustelle.

Zum Bau dieser Infrastrukturprojekte würden noch die geschilderten Baumaßnahmen für Sportstätten, Snow und Media Village, sowie Funktionseinrichtungen in unmittelbarer Umgebung der Wettkampfstätten kommen.

Das würde 5-6 Jahre Staub, Dreck und Lärm im Loisachtal bedeuten. Potentielle Gäste des Loisachtals würden sich mit Grausen abwenden.

Nach Fertigstellung des 4-spurigen Ausbaus der B 2 bis vor die Tore von Garmisch-Partenkirchen wäre das Loisachtal nur noch Transitraum mit 5 Tunnels. Mit der Beseitigung der Engpässe wird diese Strecke noch attraktiver für den die Alpen überquerenden Transitverkehr.  Die Strecke München – Mailand bzw. München – Bologna ist über Garmisch ca. 100  km kürzer als über Kufstein und das Inntal. Der Durchgangsverkehr würde um 30 bis 40 % zunehmen.

Ein Autofahrer würde dann auf dem Weg durchs Tal etwa 10 km Tunnel durchfahren und dabei keinen einzigen Talort sehen; er würde das Loisachtal sozusagen im Tunnel „erfahren“.

Nach den bisherigen Erfahrungen kann man davon ausgehen, dass die geplanten Olympischen Winterspiele den Ausbau des Autobahn- und Bundesstraßennetz forcieren werden. Neben den damit verbundenen Eingriffen in Natur- und Kulturlandschaften ist dies auch aus Sicht des Klimaschutzes mit der dafür notwendigen Verkehrsvermeidung weder klimaneutral noch nachhaltig oder „ökologisch vorbildlich“.

Weitaus wichtiger wäre es – statt der olympischen Winterspiele – mit dem Geld ein optimal funktionierendes Gesamtnetz öffentlicher Verkehrsmittel zu finanzieren. Die Ausbaumaßnahmen bei den Schienenwegen sind durch Umschichtung im Verkehrshaushalt des Bundes finanzierbar.

Die Bevölkerung des Werdenfelser Landes und die Bewerbung um München 2018

Am letzten Freitag (26. November) hat ein letztes Treffen zwischen dem „Olympiaretter“ Staatsminister Schneider sowie Vertretern der Bewerbungsgesellschaft und den Besitzern von für die Spiele benötigten Grundstücken stattgefunden. Die Grundstücksbesitzer bekräftigten noch einmal mit überwältigender Mehrheit, dass sie nicht bereit sind, ihre meist landwirtschaftlich genutzten Flächen zur Verfügung zu stellen. Weitere Gespräche wurden als zwecklos abgelehnt. Damit sind die Pläne der Bewerbungsgesellschaft und die hochfliegenden Pläne der Bürgermeister der Bewerbungsorte zum wiederholten Male Makulatur geworden.

Von dem im September gefeierten „Durchbruch bei den Olympia-Verhandlungen“ kann keine Rede mehr sein. Man hatte damals die Rechnung ohne die Grundstücksbesitzer gemacht, denn man hat nur mit einer sog. Interessengemeinschaft verhandelt, die von den Grundstücksbesitzern nicht legitimiert war. Diese hatten schon lange vorher schriftlich niedergelegt, dass sie keine Grundstücke zur Verfügung stellen wollen. Vor der Abstimmung des Gemeinderates Anfang Oktober über das Eckpunkte-Papier zum Bid Book, haben die Grundstücksbesitzer den Bürgermeister Schmid in einem Schreiben ausdrücklich gewarnt, sich über das „Nein“ der Grundstücksbesitzer mit einer Beschlussfassung  hinwegzusetzen; u. a. : „Sie … verfügen über Eigentum, welches Ihnen nicht gehört“!

Sie hätten sich also vor Ort besser auch von den Olympiagegnern informieren lassen sollen, bevor Sie falsche Behauptungen aufstellen, sich mit Äußerungen wie „durch und durch ökologisch nachhaltiges Bewerbungskonzept“ zum Sprachrohr des DOSB und der Bewerbergesellschaft machen und mit Äußerungen wie „Zwei junge Delegierte aus Bayern, die ich nicht kannte, haben mit ihren Beiträgen das Herz der alten Väter und Mütter der Grünen gerührt“ über diejenigen spotten, die mal nicht Ihrer unfundierten Meinung sind.

Diese „zwei jungen Delegierten aus Bayern“ habe sich sicher länger, intensiver und ernster mit der Olympiabewerbung auseinandergesetzt. als Sie, und sind so zu dem selben Ergebnis gekommen wie die  überwältigende Mehrheit der Umweltverbände, der Landwirte im Loisachtal, der Mehrheit der Grünen in Bayern sowie bundesweit, und auch der Jungen Union in unserem Landkreis. Die Ablehnung der Spiele in großen Teilen, wahrscheinlich der Mehrheit der Bevölkerung kommt auch in  den Leserbriefen der  Süddeutschen Zeitung und dem Garmisch-Partenkirchner Tagblatt zum Ausdruck.

Eine von mir laufende Zählung der Leserbriefe pro und contra Olympia seit Anfang August hat ergeben, dass sich bis heute 78 Briefschreiber gegen und nur 20 für die Bewerbung ausgesprochen haben. Es kann also gar keine Rede davon sein, dass „nur einige kleinere Windmaschinen Gegenwind erzeugen“ (Christian Ude, SZ 28.1.2010).

Ich lade Sie deshalb zu einem nochmaligen Besuch hier im Loisachtal ein, bei dem wir dann in einem informierten Kreis neben den angesprochenen Punkten auch noch über Probleme des CO2-Footprints der Spiele, den damit zusammenhängenden Klimawandel und die Zukunft von Garmisch-Partenkirchen als Wintersportort sowie den Tourismus generell, das Finanzrisiko der Spiele, die „Innovativen Umwelt-Leitprojekte“ der Bewerbung, usw. usw.  sprechen könnten.

Mit freundlichen Grüßen

Andreas Keller

PS: Ich bin seit etwa 20 Jahren Mitglied der GRÜNEN und habe sie 6 Jahre im Kreistag des Kreises Garmisch-Partenkirchen vertreten.

Dez 032010
 
Zuletzt geändert am 03.12.2010 @ 15:42

Bund Naturschutz, Kreisgruppe Garmisch-Partenkirchen
Vorsitzender Axel Doering

Telefon: 08821 – 3117; Telefax: 08821 – 9738117
E-Mail: doering@bn-gap.de

Garmisch-Partenkirchen, 3. Dezember 2010

Wie viele andere Fragen auch ist die  Bereitstellung der Grundstücke in Garmisch-Partenkirchen für die Olympiabewerbung „München 2018“, trotz vieler anders lautender Meldungen nach wie vor völlig ungeklärt.

Die Art der Berichterstattung und Gerüchte über „wild entschlossene Neinsager“  und von Nazivergleichen unter den von den olympischen Spielen betroffenen Garmisch-Partenkirchner Grundbesitzern auf der einen Seite und über „Erpressung der Marktgemeinde“ auf der anderen Seite, geben Grund zur Besorgnis.

Die betroffenen Grundbesitzer haben von Anfang an klar gemacht, dass sie ihre Grundstücke nicht schon wieder für eine Riesenveranstaltung – diesmal für die Olympischen Winterspiele 2018 – , zur Verfügung stellen wollen. Um ihren Willen deutlich zu machen, haben sie einen Anwalt beauftragt, über den ausschließlich alle Kontakte laufen sollten.

Im Verhältnis zwischen Gemeinde und Grundbesitzern muss etwas vorgefallen sein, das die Verärgerung einiger Landwirte soweit gesteigert hat, dass sie jetzt ihre Grundstücke auch für die Ski-WM-Rennen im Februar 2011 nicht mehr zur Verfügung stellen wollen.

Minister Schneider hatte mit einer „Initiativgruppe“ in Garmisch-Partenkirchen über die Grundstücke verhandelt, die der falsche Ansprechpartner war. Denn diese Initiativgruppe hatte für die meisten Grundstücke kein Mandat. . Trotz mehrfacher Klarstellungen und eines Briefes, der im Namen von 167 Grundeigentümern am Tag der Entscheidung über das „Bid-Book“ an den Gemeinderat gerichtet wurde, wurde von Minister Schneider und der Bewerbungsgesellschaft immer wieder fälschlicherweise der Eindruck erweckt, die für die Bewerbung nötigen Grundstücke stünden zur Verfügung.

Damit wurde und wird auf die betroffenen Grundbesitzer zunehmend ein immenser und unzulässiger Druck ausgeübt. Bei vielen dieser Grundbesitzer wurden bereits die Eltern oder Großeltern für die olympischen Spiele 1936 und die Bewerbung 1940 enteignet. Die Grundstücke wurden auch nach 1945von der Gemeinde nicht wieder zurück gegeben, obwohl die Spiele von 1940 nicht stattfanden.

Jetzt wird bereits mit einer Art öffentlichem Pranger für unbotmäßige Grundeigentümer gedroht, wenn die Bewerbung 2018 an den Einwänden der  Grundbesitzer, die vorher in keiner Weise gefragt wurden, scheitern sollte. Was auf die Bürger und die betroffenen Grundbesitzer nach einem Zuschlag für „München 2018“ zukommen wird, zeigt bereits die Entwicklungen bei der Ski-WM 2011. Dem Besitzer eines Grundstückes an der Kandahar wird derzeit von der Gemeinde mit einem Gerichtsverfahren und Enteignung gedroht.

Es geht in Garmisch-Partenkirchen nicht nur um einzelne Grundstücke, sondern auch darum, dass bei einem Zuschlag für die Spiele viele zusätzliche Anforderungen und Eingriffe auf den Ort zukommen. Das haben bereits die Vorbereitungen für die viel kleineren Ski-WMs leidvoll gezeigt.

Es geht darum, dass der Ort einen weiteren Verstädterungsschub erleiden wird.

Es geht darum, dass die Ausübung der Landwirtschaft für viele der Bauern noch schwieriger wird.

Es geht darum, dass der Ort noch teurer wird, als er schon ist und dass das Leben, gerade für junge Menschen unerschwinglich wird.

Es geht auch darum, dass der Ort nicht dem Diktat der Sportfunktionäre und des IOC ausgeliefert werden darf. Was das bedeutet, sieht man bereits im Vorfeld, wo das Nein der betroffenen Grundbesitzer, entgegen den öffentlichen Beteuerungen von Minister Schneider, weder beachtet noch respektiert wird.

Niemand versteht auch, dass die massiven Eingriffe und Kosten für die WM-ausgebauten Biathlon- und Langlaufanlagen in Ruhpolding und Oberstdorf nicht zum Einsatz kommen sollen. Man will stattdessen das Gleiche in der herrlichen Landschaft von Schwaiganger zum Schaden von Natur und Steuerzahler mit temporären Anlagenwiederholen – nur weil das IOC und die Bewerber es so verlangen.

Es geht aber auch um den Frieden im Ort. Er ist mittlerweile in der Frage über die Spiele 2018 tief gespalten (u.a. sind von über 100 seit August gesammelten Leserbriefen in der lokalen und regionalen Presse mehr als 80 gegen die Bewerbung um die Winterspiele 2018, nur 20 dafür).

Ein weiteres stures Festhalten an der Bewerbung „München 2018“ ohne genaue Informationen über alle Konsequenzen und die anschließende Befragung der Bürger ist nicht mehr zu verantworten.

Dez 012010
 
Zuletzt geändert am 26.05.2014 @ 0:42

31.12.10:
nolympia.de: Die Bewerbung um die Olympischen Winterspiele 2018 spaltet eine Talschaft
RP: Kati Witt lächelt für Olympia 2018

30.12.10:
Merkur: Grundstücksstreit an der Kandahar: Schlichtung gescheitert

29.12.10:
ludwig-hartmann.de: Winterspiele 2018: Umweltverträglich und nachhaltig?
ARD: Wintersport am Öko-Pranger
Merkur: Schlichtungsversuch im Kandahar-Streit

28.12.10:
nolympia.de: Online-Umfragen zu München 2018
FR: Nullsummenspiel in Vancouver

26.12.10:
tz: Olympia: Der Plan B
nolympia.de: Der Brief an Jacques Rogge, IOC
WamS: „Enteignung nichts Ungewöhnliches“
Merkur: Bach kritisiert Anwalt – „Steilvorlage für Mitbewerber“
sid: Bach fordert schnelle Einigung
taz: Die Deutschen und ihr Olympia 1972 – „Froh, dabei sein zu dürfen“
AZ: Zweite Stammstrecke: Baubeginn nicht mehr vor 2014?

24.12.10:
SZ: Grundbesitzer schreiben IOC

23.12.10:
nolympia.de: Der Siegfried-Schneider-Bluff findet ein Ende
BR: Brandbrief gegen Olympia 2018
Deutschlandfunk: 2018: Chefsache für IOC-Präsident Rogge

22.12.10:
SZ: Wütende Bauern – Post für den IOC-Chef
Merkur: Der Brandbrief ans IOC

21.12.10:
ludwig-hartmann.de: NOlympia informiert das IOC
FR: In grünem Gepränge
taz: Garmischer Schmarrn
Tagesspiegel: Die Olympia-Gegenspieler
Merkur: Streit um Flächen für Olympia 2018: Ultimatum läuft ab
tz: Geheimer Rettungsplan für Olympia?
AZ: Olympi-Ja oder Nein in Garmisch: Die Buchwieser-Spiele
SZ: Grundbesitzer lässt Ski-WM zu

20.12.10:
taz: Nolympia schreibt an Olympia
nolympia.de: Olympische Hochbunker
competitionline.de: Entwicklung des olympischen Dorfes und des Mediendorfes für die Olympischen und Paralympischen Winterspiele 2018 in München
FAZ: Verwirrende Signale
DER SPIEGEL: Der olympische Geist siegt

19.12.10:
Deutschlandfunk: Interview Ludwig Hartmann – Sprecher NOlympics
Deutschlandfunk: Kategorischer Widerstand – Ultimatum der Garmischer Grundbesitzer setzt München 2018-Bewerbung unter Druck
FAZ: Der „Aufstand“ gegen Seehofersche Olympiadörfer
WamS: Warum Bauer Hornsteiner sich gegen Olympia stellt
tz: Enteignungsverfahren: Die Empörung wächst

18.12.10:
CSU Garmisch-Partenkirchen: Enteignungsverfahren im Kandahar-Grundstücksstreit unnötig, unseriös und unverantwortlich

17.12.10:
taz: Gegner-Anwalt über Olympia 2018: „Die Wahrheit ist auf unserer Seite“
Merkur: Neue Runde im Poker um die Pisten
tz: Olympia-Krise spitzt sich zu
SZ: Annäherung im Pistenstreit
Zeit online: Spiele auf fremdem Grund
ludwig-hartmann.de: Novellierung des Bayerischen Naturschutzgesetzes (BayNatSchG) – Förmliche Enteignung nach Artikel 35

16.12.10:
Merkur: Garmisch-Partenkirchen beantragt Enteignung für Kandahar-Grundstück
FTD: Mein Hund, mein Grund
live-wintersport.com: Interview mit Herbert Fritzenwenger: „Als vernünftig denkender Mensch kommt man nicht an Ruhpolding vorbei“

15.12.10:
Berliner Zeitung: Der Anführer der Alpenrebellen
blog.dieter-janecek.de: Olympisches Trauerspiel
FR: Ihr kommt hier nicht drauf
FR: Garmisch 21
tz: Bauer gegen Olympia: Warum ich mein Land nicht hergebe
AZ: Dieser Bauer kämpft gegen Olympia: „Koa Lust auf den Zirkus“
Badische Zeitung: Wettstreiten verboten
Mannheimer Morgen: Rebellische Bayern

14.12.10:
Grüne, Landtagsfraktion: Olympia: Wo bleibt die Transparenz?
Bayerischer Landtag: Zweite Lesung zum Olympiagesetz
tz: Kippt dieser Brief Olympia?
taz: Planer ohne Land
FAZ: Weihnachtspost an Rogge?
SZ: Münchens Olympia-Bewerbung in Gefahr
AZ: Garmischer Bauern bleiben hart: Kippt jetzt Olympia 2018?
ND: Eine Bewerbung gerät ins Wanken

13.12.10:
BN: Umweltkonzept Olympia-Bewerbung 2018: „Viel Papier und wenig Inhalt“
münchen.tv: 2018: Umweltkonzept kritisiert!
DK: Massive Kritik an Olympia
dpa: Naturschutzverbände gegen Olympia-Konzept
dpa: Annecys Krise und kein Ende
SZ: Korruption im Sport – Wo man Geld und Image wäscht

10.12.10:
nolympia.de: Vom Naturschutz zum “Natursport” – Oder: Wie der Sport den Naturschutz übernimmt

09.12.10:
Grüne, Kreisverband Berchtesgadener Land: Gute Gründe gegen Olympia 2018

08.12.10:
Merkur: Barthel spricht von einem „Armutszeugnis“
barthel-spd.de: Verkehrsprojekte im Oberland: Bundesverkehrsministerium weicht allen konkreten Fragen aus
bundestag.de: Drucksache 17/4132: Antwort der Bundesregierung – Sachstand wichtiger Verkehrsprojekte für Bayern
Merkur: Grundstücksstreit vor der Ski-WM: Lösung noch vor Weihnachten?

07.12.10:
Merkur: Kreistag beschließt Resolution pro Olympia
gap-fakten.blog.de: Nach mehrmaliger Verschiebung der Kreistagsabstimmung: JA zu Olympia
SZ: 100 Jahre Bayerischer Rechnungshof – Olympische Spiele
dpa: Annecy 2018 unter Druck: Regierung hilft

06.12.10:
nolympia.de: Offener Brief an Winfried Hermann
SZ: Medaillentaumel statt Nachhaltigkeit
FAZ: Appelle an den Ehrgeiz der Nation
dpa: Krach beim München-Rivalen Annecy – „Wir steuern auf einen Untergang zu“

05.12.10:
jensweinreich.de: Au revoir, Annecy!
dradio.de: Sonderrechte für das Sondersystem Sport – Auch deutsche Politiker fördern Korruptionskultur
vancouverhoods.com: A tour of the Olympic Village

04.12.10:
Tagesspiegel: Vorbereitet auf das Schlimmste

03.12.10:
BN, Kreisgruppe Garmisch-Partenkirchen: Enteignung oder Erpressung? – Wie die Olympiabewerbung einen Ort spaltet
DIE LINKE, Kreisvorstand München: Für ein soziales München – Ausstieg aus der Olympiabewerbung 2018 jetzt!
taz: Gegebenenfalls gegen dagegen
Merkur: Ski-WM: In Kandahar-Grundstücks-Streit kommt offenbar wieder Bewegung

02.12.10:
dradio.de: Gekauft! – Korruption im Sport
Infratest dimap: Olympische Winterspiele München 2018
gap-fakten.blog.de: Beteuerungen, daß Bewerbung auch ohne Grundstückseigentümer durchgeführt werden könne

01.12.10:
Merkur: Verhandlungen laufen weiter
Merkur: Ski-WM 2011: Ohne Einigung keine Rennen
Frankenpost: Mit Bauchgrimmen
Bild: Warum sind Sie gegen Olympia?

Weitere interessante Artikel kann man bei gap-fakten.blog.de finden!

weiter zur Presseschau für November 2010

Nov 232010
 
Zuletzt geändert am 24.11.2010 @ 9:39

23.11.2010

Auf der Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen in Freiburg wurde am Samstag, den 20.11.2010 über folgenden Antrag abgestimmt, den Ludwig Hartmann, Katharina Schulze, Korbinian Freier und andere eingebracht hatten:

Den Antrag begründeten Katharina Schulze vom Kreisverband München und Korbinian Freier vom Kreisverband Garmisch-Partenkirchen/Oberammergau. Katharina Schulze bezeichnete die Olympia-Bewerbung als „das Stuttgart 21 Münchens“; die Grünen seien mit dem Einfluss auf das Projekt gescheitert (Schwarze 21.11.2010). Sie sei in die Partei eingetreten, weil bei ihr „Ökologie und Nachhaltigkeit an erster Stelle stehen“; an der Olympiabewerbung „kann man nichts Grünes und Nachhaltiges mehr erkennen“ (Denkler 20.11.2010). Freier sprach von „Spielen im Kunstschnee: Das sind die Spiele der fehlenden Partizipation. Das sind die Spiele der frisierten Zahlen“ (spiegelonline 21.11.2010). Es werde für eine „18-Tage-Party hektarweise Land umgepflügt“ (Denkler 20.11.2010).

Gegen den Antrag sprachen sich der Münchner Stadtrat Florian Roth und der sportpolitische Sprecher Winfried Hermann aus. Dieser sagte: „Das ist das beste, ökologisch nachhaltigste Konzept, das es jemals gegeben hat“ (Schwarze 21.11.2010).

Der Antrag wurde mit 289 Ja-Stimmen gegen 244 Nein-Stimmen und 70 Enthaltungen angenommen. In den Bewerbungsunterlagen muss nun gestrichen werden, dass das Bündnis 90/Die Grünen die Bewerbung München 2018 mittragen.

Korbinian Freier sagte nach der Wahl: „Wir brauchten endlich eine klare Position. Die fehlende einheitliche Linie wurde als Zustimmung interpretiert, dabei gab es bislang keinen bundesweiten Beschluss. Nur weil die Grünen regierungsfähig sind, dürfen wir uns nicht wegducken… Olympia, wie es heutzutage nun mal ist, kann man bei uns nicht verträglich für Finanzen, Umwelt und Menschen abhalten. Punkt “ (merkuronline 21.11.2010).

„Die Parteispitze war anderer Meinung“, sagte die Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke. (Schwarze 21.11.2010) Claudia Roth trat am Sonntag früh aus dem Kuratorium der Bewerbungsgesellschaft München 2018 aus, wofür sie von ihren Parteifreunden Respekt erntete und sagte im Interview: „Es gab eine klare Mehrheit auf dem Parteitag für die Olympia-Gegner“ (Bauchmüller b22.11.2010).

Kleine Presseschau:

Aus Berlin:
Winfried Hermann, Sportpolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, hatte im Vorfeld überlegt, Michael Vesper, den DOSB-Generaldirektor in Freiburg reden zu lassen: Er verwarf die Idee, von der auch DOSB-Präsident Thomas Bach sagte: „Ich glaube nicht, dass das hilfreich gewesen wäre“ (Der Tagesspiegel 22.11.2010).
Hermann schrieb in einer Pressemitteilung zu Freiburg : Vor allem Grüne hätten eine „durch und durch ökologisch nachhaltige Bewerbungskonzeption“ durchgesetzt. München 2018 sei die „mit Abstand grünste Bewerbung, die je für Olympische Spiele abgegeben wurde“.
Das behauptet spätestens seit Vancouver inzwischen jede Bewerbung.

München könnte 2018 „die ersten nachhaltigen Spiele ausrichten. Dafür werde ich mich als Sportpolitischer Sprecher weiter einsetzen.“
Vulgo: Das Votum des Parteitages ist Hermann völlig egal.

Hermann hätte es besser gefunden, „den Antrag auf der Bundesdelegiertenkonferenz wegen Nichtzuständigkeit auch nicht zu befassen. Bewerber ist nämlich die Stadt München und nicht die Grüne Partei“ (Hermann 22.11.2010).
Interessante Sichtweise: Zwar traten und treten Michael Vesper (DOSB-Generaldirektor), Winfried Hermann, die Grünen Münchner Stadträte und andere als Verfechter von München 2018 und Vertreter der Grünen Partei auf, aber Hermann spricht seiner Partei eine Ablehnung der Bewerbung wegen „Nichtzuständigkeit“ ab.

Hermann spottete im Tagesspiegel-Interview: „Zwei junge Delegierte aus Bayern, die ich nicht kannte, haben mit ihren Beiträgen das Herz der alten Väter und Mütter der Grünen gerührt.“ Zum Vergleich mit Stuttgart 21 merkte Hermann an: „Ihr in München habt nicht einmal eine Demo gegen Olympia auf die Beine gestellt.“
Das Bild der Demo ging durch alle Zeitungen.

Und er lobte München 2018 in höchsten DOSB-Tönen: „München ist die grünste Bewerbung… Alle ökologischen Vorschläge sind umgesetzt worden, mit Ausnahme eines Biosphärenreservats…“ (Der Tagesspiegel 22.11.2010)

Hermann verbreitete dazu unwahre Angaben: „Die Schneekanonen sind alle gebaut. Sie werden nicht mehr mit Wasser betrieben, das Bächen entnommen wird…“ (FAZ 24.11.2010)
Nun sollen allein in Schwaiganger zwei Kilometer Leitung zur Loisach und acht Kilometer Leitungen zum Beschneien gebaut werden: temporär! Und da das IOC eine Beschneihöhe von 50 Zentimeter vorschreibt, wird auch in Garmisch-Partenkirchen nachgebessert werden müssen.

Am 22.11.2010 setzte Hermann Folgendes auf seine eigene Website: „Deutscher Olympischer Sportbund: Stellungnahme zur 2018-Entscheidung der Grünen. DOSB-Präsident Thomas Bach und Generaldirektor Michael Vesper beziehen Position“.
Ist Winfried Hermann noch bei den Grünen oder schon beim DOSB?!

Aus der DOSB-Zentrale:

Thomas Bach, DOSB-Präsident, IOC-Vizepräsident, erzählte: „Aber wir brauchen keine neue Eisenbahnlinie, keine neue Straße“ (Grün ohne Grüne, in Der Tagesspiegel 22.11.2010).
Falsch: 600 Millionen Euro sollen in den Straßenausbau für die A 95 mit zwei Tunneln, den  vierspurigen Ausbau Föhringer Ring in München etc. gesteckt werden.

Bach führte weiter aus, „dass nur eine Fläche von der Größe eines Fußballfeldes versiegelt würde“ (Grün ohne Grüne, in Der Tagesspiegel 22.11.2010).
Diese Aussage ist eine solche Frechheit und so eindeutig falsch, dass sie hier nicht weiter kommentiert werden muss.

Die Abstimmung der Grünen sei laut Bach angeblich völlig folgenlos: „Die Erfolgschancen der Bewerbung werden durch diese Verweigerungshaltung einer Oppositionspartei nicht beeinträchtigt“ (Sport-Funktionäre kritisieren Grünen-Beschluss, in spiegelonline 21.11.2010).

DOSB-Generaldirektor Michael Vesper verfasste vor Freiburg ein fünfseitiges Papier „Ja zur Olympiabewerbung München 2018“, in dem die üblichen verharmlosenden DOSB-Plattitüden standen. Vesper behauptete: „Der Antrag enthält leider viele Fehlinformationen, die in einer zwanzigminütigen Debatte kurz vor Mitternacht nicht geklärt werden können“ (Sport-Funktionäre kritisieren Grünen-Beschluss, in spiegelonline 21.11.2010).
Wenn ein kritischer Antrag nicht mit der olympischen DOSB-Welt übereinstimmt, ist er eine „Fehlinformation“.

Aus dem Münchner Rathaus:
Christian Ude kritisierte überraschend Claudia Roth, die eine „wenig überzeugende Vorstellung abgegeben“ habe, die entweder auf einen „Verlust an Persönlichkeit oder an Überzeugung“ schließen lasse (Hutter 21.11.2010; Bauchmüller 22.11.2010).
Bei solchen Freunden braucht man keine Feinde mehr.

Die Grünen Münchner Stadträte machen weiter, als wäre nichts geschehen. Fraktionschefin Lydia Dietrich sagte: „Wir gehen unseren Weg weiter“ (Hutter 21.11.2010)
Grüne Stadträte allein zu Hause – aber unverbrüchlich vereint mit CSU, SPD und FDP. Das Münchner Rathaus wird zum Olympischen Isolationsbunker.

FDP-Fraktionschef Michael Mattar forderte den Rückzug der Grünen Stadträte aus Olympia-Gremien, da sie auf keiner Partei-Ebene mehr Rückhalt hätten. SPD-Chef Hans-Ulrich Pfaffmann lobte die Grünen Münchner Stadträte und kritisierte die Grünen Landtagsangeordneten, „die im Wind der Anti-Haltung vieler Parteifreunde segeln und dabei in erster Linie die persönliche Profilierung im Sinn  haben“ (Koalition steht zu Olympia, in SZ 23.11.2010)
Pfaffmann leidet wie die anderen Stadträte von SPDCSUFDP am bedingungslosen Olympia-Virus, der zu Kritiklosigkeit und Beratungsresistenz führt.

Die sportpolitische Sprecherin der SPD, Diana Stachowitz erklärte: „Mit den Bedenkenträgern aus der Partei der Grünen können die Probleme der Zukunft nicht gelöst werden“ (SPD PM 23.11.2010).
Wenn die Probleme der Zukunft wie zum Beispiel München 2018 erst gar nicht erzeugt werden, braucht man sie auch nicht zu lösen.

Aus der Staatskanzlei:
Staatsminister Siegfried Schneider wusste: „Die Grünen stellen sich ins gesellschaftliche Abseits“; die Partei hätte ihre „destruktive Haltung erneut unter Beweis gestellt“ ((Hutter 21.11.2010)
Die Destruktion erfolgt mit Hilfe der Staatskanzlei, wenn man sich die geplanten olympischen Bauwerke und die gefährdete Garmisch-Partenkirchner Landschaft ansieht.

Dieter Janecek:
Der Landesvorsitzender der Grünen in Bayern kommentierte die Abstimmung so: „Es gibt endlich eine klare Positionierung“ (Hutter 21.11.2010).
Janecek kommentierte auch die Aussagen von Thomas Bach zum Ausstieg der Grünen: Sie seien „mehr als unverschämt und zeigen sein mangelndes Verständnis für demokratische Prozesse“. „Ausgerechnet der Präsident einer Organisation, die vor Intransparenz und kommerziellen Verflechtungen nur so strotzt, stellt Parteitagsbeschlüsse einer basisdemokratisch organisierten Partei im Grundsatz infrage“ (zeit.de 22.11.2010). Siehe ebenfalls: Greens reproach will not hit Munich Olympic bid: Bach, in Reuters 22.11.2010
Janecek kritisierte auch Ude, der Claudia Roth einen “Verlust an Persönlichkeit” unterstellt hatte und nannte Udes Aussagen „schäbig und unverschämt“ (Koalition steht zu Olympia in SZ 23.11.2010).

Quellen:
Bauchmüller, Michael
– Auftrag: 2018, in SZ a22.11.2010
– Beide Seiten müssen abrüsten“, in SZ b22.11.2010
– Grüne wenden sich gegen Olympia 2018, in SZ c22.11.2010
„Das ist ein durch und durch ökologisches Projekt“, in FAZ 24.11.2010
Denkler, Thorsten, Der erzwungene Rücktritt der Claudia Roth, in sueddeutsche.de
DOSB, Stellungnahme zur 2018-Entscheidung der Grünen, Frankfurt 21.11.2010
Gathmann, Florian, Grüne torpedieren Roths Olympia-Pläne, in spiegelonline 21.11.2010
Greens reproach will not hit Munich Olympic bid: Bach, in Reuters 22.11.2010
Grün ohne Grüne, in Der Tagesspiegel 22.11.2010
Grüner Olympia-Gegner attackiert Bach, zeit.de 22.11.2010
Hermann, Wilfried, „Ich werde das Projekt weiter kritisch begleiten“, Pressemitteilung 21.11.2010
Hutter, Dominik, Münchner Grüne halten an der Bewerbung fest, in sueddeutsche.de 21.11.2010
Koalition steht zu Olympia, in SZ 23.11.2010
Lohre, Matthias, Claudia Roth abgewatscht, in taz.de 22.11.2010
„München ist die grünste Bewerbung“, Interview mit Winfried Hermann in Der Tagesspiegel 22.11.2010
Olympia 2018 – Eine Chance für ganz Bayern, SPD-Fraktion Bayerischer Landtag
Olympia 2018: „Wir dürfen uns nicht wegducken“, in merkuronline 21.11.2010
Schwarze, Till, Grüne zwingen Roth zum Rücktritt, in n-tv.de 21.11.2010
SPD-Pressemitteilung: Grüne Bedenkenträger lösen Probleme der Zukunft nicht, 23.11.2010
Sport-Funktionäre kritisieren Grünen-Beschluss, in spiegelonline 21.11.2010
Vesper, Michael, Ja zur Olympiabewerbung München 2018!, Frankfurt, 16.11.2010

Nov 192010
 
Zuletzt geändert am 26.11.2010 @ 9:01

Wolfgang Zängl

19.11.2010

In dem (streng vertraulichen) Berichtsentwurf der Unternehmensberater von Deloitte zur Schätzung des Durchführungsbudgets werden unter Punkt 21 die Sicherheitskosten für München 2018 mit 31,8 Millionen Euro angegeben. Die Monitor-Sendung vom 18.11.2010 zitierte dagegen aus einem Papier des Bundesinnenministeriums, in dem gerade die Sicherheitskosten wesentlich höher angesetzt werden. Deshalb ist die Entwicklung der Sicherheitskosten der Olympischen Winterspiele in Vancouver 2010 und der Olympischen Sommerspiele in London 2012 aufschlussreich.

Vancouver

Die Kosten:
Die Angaben über die Kosten differieren, aber die Kostenentwicklung ist bei den verschiedenen Quellen jeweils eindeutig um das Fünffache höher. Übrigens kalkulierte auch bei Vancouver 2010 das Unternehmen Deloitte die ursprünglichen Kosten für Sicherheit.

Die Sicherheitskosten der Olympischen Winterspiele in Vancouver 2010 wurden bei Vergabe der Spiele 2003 mit 175 Millionen C$ (kanadischer Dollar), rund 126 Millionen Euro angesetzt und lagen schon Anfang 2009 bei 900 Millionen C$, rund 648 Millionen Euro (Braune 26.2.2009)

Der Chef-Organisator von Vancouver, John Furlong, nannte im Februar 2010 hohe Sicherheitskosten von fast einer Milliarde C$ (rund 720 Millionen Euro) und verteidigte sie, da an der Sicherheit nicht gespart werden dürfe. „Wir wollen ein glückliches Olympia-Theater, das allen Spaß macht“ (Kleine Zeitung 9.2.2010). Ein teurer Spaß…

In The Telegraph wurde im September 2010 für Sicherheitskosten in Vancouver eine Steigerung von ursprünglich 110 Millionen Pfund (129 Millionen Euro) auf 565 Millionen Pfund (661 Millionen Euro) angegeben (Magnay 9.9.2010). Und in der Neuen Züricher Zeitung wurden im November 2010 Sicherheitskosten von „rund einer Milliarde Franken“ genannt, etwa 735 Millionen Euro (nzz-online 17.11.2010).

Einzelposten Vancouver:
Der kanadische Sicherheitsminister Peter Van Loan gab im Februar 2009 im Handelsblatt für die Kosten folgende Zusammensetzung an: „Fast 500 Mio. Dollar (315 Mill. Euro) stehen der Bundespolizei RCMP zur Verfügung. Die Unterstützung durch das Militär kostet weitere 212 Mill. $. Weitere Posten sind die Luftraumüberwachung (25 Mill. $), der Einsatz des Geheimdienstes CSIS (11 Millionen $) und die Netzwerke für die Kommunikation der Sicherheitskräfte untereinander (9,8 Mill. $). Als Reserve für unvorhergesehene Ereignisse sind 137 Mill. $ im Budget eingestellt“ (Braune 26.2.2009).

Das Personal:
Zur „Vancouver 2010 Integrated Security Unit“ gehörten 7000 Polizisten und 4500 Soldaten, dazu 5000 Mitarbeiter privater Sicherheitsdienste. 900 Überwachungskameras wurden an den Sportstätten angebracht (Völker 3.2.2010). Schon im Vorfeld der Spiele wurden Pfefferspray und Gummigeschosse gegen Demonstranten und Angehörige der indigenen Völker eingesetzt.

London 2012

Bereits im September 2010 war sicher, dass 600 Millionen Pfund (rund 700 Millionen Euro) nicht ausreichen würden, um sichere Spiele zu gewährleisten. Dazu kommen weitere 238 Millionen Pfund (278 Millionen Euro) öffentlicher Gelder für Sicherheits-Eventualitäten (Magnay 9.9.2010).

Der größte europäische Rüstungskonzern BAE Systems entwickelt einen Drohnentyp, der den Londoner Luftraum über den Olympischen Spielen 2012 überwachen soll. Der Polizeichef von Kent äußerte, Olympia 2012 sei eine „klare Deadline“ für die Genehmigung ziviler Drohneneinsätze, egal ob es sich „um Demonstrationen oder die Olympischen Spiele“ handele (spiegelonline 24.1.2010).

München 2018

In der Monitor-Sendung vom 18.11.2010 wurden „etwa 900 Millionen Dollar“ Sicherheitskosten für Vancouver angegeben. In den Deloitte-Unterlagen und im Münchner Bid Book werden nur 31,7 Millionen Euro im Durchführungs-Budget  (OCOG-Budget) für Sicherheitskosten genannt. Frau Mühlhäuser von der Bewerbungsgesellschaft München 2018 erklärte in einer Email vom 28.10.2010 die Diskrepanz zu Vancouver damit, dass die 31,7 Millionen Euro nur für „private und öffentliche Sicherheitsdienstleistungen“ angesetzt seien: „Personalkosten für Polizeikräfte in Bayern z.B. sind nicht extra ausgewiesen, da diese ohnehin gezahlt würden, ob mit oder ohne Olympische und Paralympische Winterspiele.“
Das ist natürlich auch eine Methode, die Sicherheitskosten zu senken!

Die Kosten für Polizei und Katastrophenschutz wurden laut Handelsblatt im Non-OCOG-Budget dann doch mit 33 bis 55 Millionen Euro angesetzt, d.h. zusammen mit maximal 87 Millionen Euro. Das wären immer noch weniger als zehn Prozent der Sicherheitskosten von Vancouver. München 2018 erklärte dazu: „Die Kosten sind aufgrund der geografischen Lage nicht mit denen der Winterspiele in Vancouver zu vergleichen“ (Handelsblatt 19.11.2010).

Sicherheits-Perspektiven 2018
Wir erleben seit geraumer Zeit Terrorwarnungen in jeglicher Hinsicht. Auch durch die deutsche Teilnahme am Afghanistankrieg erfolgen entsprechende Racheankündigungen. Öffentliche Verkehrsmittel und die Luftfracht waren bereits im Focus aktueller Anschlagsszenarien und -versuche. Kriminalbeamte drängten im November 2010 auch auf den Einsatz der Bundeswehr zum Schutz der Bevölkerung vor terroristischen Anschlägen (spiegelonline 23.11.2010). Es ist mehr als wahrscheinlich, dass sich die Sicherheitslage im Jahr 2018 – also in fast acht Jahren – noch weiter verschärfen wird. Als bevorzugte Angriffsobjekte gelten insbesondere „Örtlichkeiten mit hohem Symbolwert“ (Diehl 19.11.2010).
Zur besonderen Vorgeschichte in München gehört das furchtbare Attentat bei den Olympischen Sommerspielen 1972: Damals verübten palästinensische Terroristen einen Angriff auf die israelische Olympia-Mannschaft, in dessen Verlauf die elf israelischen Geiseln, fünf Geiselnehmer und ein deutscher Polizist getötet wurden. Und im Jahr 1980 wurde in München das Oktoberfestattentat verübt. Im Fall Olympischer Winterspiele 2018 in München müsste das Sicherheitskonzept diese Vorgeschichte berücksichtigen: D.h. der Sicherheitsapparat müsste nicht nur in der gesamten Landeshauptstadt, sondern an allen Austragungsorten entsprechend ausgebaut werden.

Münchens Innenstadt (geplante Medaillenvergabe auf dem Marienhof!), aber auch der Großraum um München inklusive Flugplatz und Teile des Voralpenlandes würden zum Hochsicherheitstrakt. Demokratische Grundrechte werden schon durch „normale“ Olympische Spiele bzw. den Host City Contract des IOC stark eingeschränkt. Olympische Winterspiele München 2018 würden vorher und nachher polizeistaatliche Maßnahmen mit sich bringen, die sich heute noch kaum jemand vorstellen kann und die über Jahre undemokratische und irreversible Nachwirkungen hätten.

Das Massenereignis Olympische Spiele verschärft in jedem Fall die Sicherheitsmaßnahmen und trägt zu einer Entwicklung in Richtung Polizeistaat bei: mit unabsehbaren Kosten. „Die freundlichen Spiele?“ Von wegen.
Deshalb: Bewerbung München 2018 zurückziehen!

Vergleiche auch: http://www.nolympia.de/grunde-gegen-olympia-2018/sicherheitsmassnahmen-gegen-burgerrechte/

Quellen:
Braune, Gerd, Die Sicherheitskosten für Vancouver explodieren, in Handelsblatt 26.2.2009
Britische Polizei will Bürger mit Drohnen überwachen, in spiegelonline 24.1.2010
Diehl, Polizei rüstet sich für den Terror-Ernstfall, in spiegelonline 19.11.2010
Dowd, Allan, Vancouver’s 2010 security costs rise sharply, in Reuters.com 19.2.2009
Effern, Heiner, Olympia 2018 – ein Kostenrisiko, in SZ 19.11.32010
Kriminalbeamte verlangen Hilfe der Bundeswehr, in spiegelonline 23.11.2010
Magnay, Jacquelin, London 2012, 600 million Pounds budget unlikely to be enough for Games security, in The Telegraph 9.9.2010
München 2018 weist Fehlplanungs-Vorwürfe zurück, in Handelsblatt.com 19.11.2010
Kostenfalle Olympia: Wie die Winterspiele Kommunen ruinieren, Monitor 18.11.2010
Vancouvers OK-Chef Furlong verteidigt Sicherheitskosten, in Kleine Zeitung 9.2.2010
Völker, Markus, Dr. No und der Marktstalinismus, in taz, 3.2.2010
„Wir müssen zurück in die Berge“, in nzz-online 19.11.2010

Nov 112010
 
Zuletzt geändert am 13.11.2010 @ 16:20

11.11.2010
Zwischen Dachauerstraße und Olympiaberg liegt ein Gelände, das (noch) im Eigentum der Bundeswehr ist. Die prämierte lockere Bebauung mit Bürogebäuden aus den siebziger Jahren wurde soeben für acht Millionen Euro saniert und beherbergt 1500 sichere Arbeitsplätze in München, deren Steuerabgaben wiederum der Region nützen.

Kantine der Bundeswehr

Der Park der Bundeswehr ist ein Naherholungsgebiet für den angrenzenden Stadtteil Neuhausen. Er ist aber auch eine Frischluftschneise, ein klimatisch wichtiges Gebiet neben der dichten Bebauung an der Dachauer Straße. Unter riesigen Bäumen und ursprünglichen Waldresten, in den großzügigen Grünanlagen oder an einem Feuchtbiotop fühlt sich ein ganzer Stadtteil wohl und hat einen exklusiven Durchgang zum Olympiapark. Radler, Spaziergänger und Kinder nutzen ihn.

Und der vom früheren Standortkommandanten eingerichtete Freiluft-Kinderspielplatz wird von zwei Kindergärten in Neuhausen, die selbst über keine Freiflächen verfügen, als grüne Oase genutzt.

Öffentlicher Kinderspielplatz

Die olympische Propaganda von der Bewerbungsgesellschaft München 2018 und von Oberbürgermeister Ude gaukeln dagegen vor, dass dies ein unzugängliches Gelände sei, eingezäunt, verwahrlost, das endlich befreit und mit einem Olympischen Dorf bebaut werden muss – gerade als ob hier Panzer herumstehen würden, Schützengräben ausgehoben wären und die Öffentlichkeit ausgesperrt sei.

Diese Oase ist durch den geplanten Bau des Olympischen Dorfes 2018 bedroht. Und in Gefahr sind damit auch 2.630 Bäume, davon offiziell 108 sehr erhaltenswert und 1.594 erhaltenswert. Und 14.784 Quadratmeter Gehölzfläche, davon offiziell erhaltenswert 4.652 Quadratmeter. Das hat alles fein säuberlich am 28.9.2010 die LH München aufgelistet, Referat für Stadtplanung und Bauordnung. Die Münchner Stadtbaurätin erzählte im Oktober 2010, „dass um den Baumbestand möglichst herum gebaut werde“ (Münchner Forum, Standpunkte 10/2010, Online-Magazin). Dies ist bei der vorhandenen Baumdichte einigermaßen unmöglich. Und die Bagger zum Ausheben der Tiefgaragen warten schon.

Dazu soll ein völlig intaktes Gebäude mit 80 Wohneinheiten abgerissen werden. Und für die abzureißenden Bundeswehrbauten müsste für 120 Millionen Euro ein vielgeschoßiger Ersatzbau an der Dachauerstraße errichtet werden.

Olympisches Dorf 2018 (Ausriss aus einem Plan der Bewerbungsgesellschaft)

Mit dem Totschlagargument Wohnungsbau werden seit geraumer Zeit in München und anderswo die letzten Grünanlagen bebaut. Und das Olympische Dorf 2018 müsste in Anbetracht des Attentats von 1972 sehr wahrscheinlich als Hochsicherheitstrakt konzipiert werden.

Nach den Spielen 2018 ist derzeit geplant, dass die 880 Wohnungen des Olympischen Dorfes dem Münchner Mietmarkt zur Verfügung stehen sollen. Aber aufgrund der nacholympischen Finanznot werden sie mit Sicherheit als Eigentumswohnungen verscherbelt, wie es in Vancouver 2010 geschehen ist. Dann gilt „Betreten verboten“ für das teuere Olympische Eigentumswohnungs-Dorf. Und aus ist es mit dem Naherholungsgebiet für die Neuhausener Bevölkerung. Und mit dem Theaterzelt „Das Schloss“. Und mit „Tollwood“ – viel zu laut und nah an der neuen Wohnbebauung. Und die Montessori-Schule? Etc.

Als ehemaliger Zivildienstleistender (18 Monate Pfennigparade) kann ich als neutraler Beobachter feststellen: Die Bundeswehr hat hier mit der Gestaltung des Parks vorbildlich und sozial gehandelt

Am besten ist es für alle, wenn es bleibt, wie es ist. Auch deshalb: Bewerbung München 2018 zurückziehen!

Dr. Wolfgang Zängl

Nov 112010
 
Zuletzt geändert am 11.11.2010 @ 20:28

11.11.2010
22 Unternehmen der Immobilienbranche, Baufirmen, Bauträger, Makler, Architekten, und Projektentwickler schlossen sich im September 2010 in München zur Initiative „Immo 2018“ zusammen, um „die Bewerbung ins Münchner Stadtbild zu integrieren“ (Direktor Kommunikation München 2018). Sie zahlten zusammen 220.000 Euro bei der Bewerbungsgesellschaft München 2018 ein und wurden damit „Nationaler Ausstatter“. Dabei sind u. a. die Baufirmen

Bayerische Hausbau, GBW AG, Südhausbau, Wöhr + Bauer sowie:
Baywobau: „Grund und Boden sind die verlässliche Basis für den Wohn- und Gewerbebau.“
Hammer AG:
„Sie erhalten aus einer Hand bedarfsgerechte Flächen als Eigentum oder zur Miete oder eine werthaltige und risikoarme Kapitalanlage – und können sich auf Ihr Kerngeschäft konzentrieren.“
Hochtief:
„Von der Planung bis zum Betrieb lässt sich HOCHTIEF Projektentwicklung von den Zielen der Investoren und den Interessen der Nutzer leiten.“

Dazu zehn weitere einschlägige Unternehmen und:

Aurelis: „Damit bietet das Unternehmen Investoren und Kommunen die Chance, die oftmals letzten städtebaulichen Freiräume für urbane Entwicklungsprojekte zu nutzen.“ (Aurelis soll auch die Bahn-Grundstücke für das „Snow-Village“ in Garmisch-Partenkirchen verkaufen.)
Drees & Sommer:
„Leistungsspektrum vom Controlling bis hin zum Rundum-Sorglos-Paket.“
Hines:
“Currently, the firm controls assets valued at approximately $22.9 billion.”
Investa:
“Investoren engagieren sich heutzutage nur dann, wenn Risiko minimiert und die langfristige Rendite maximiert wird.“
Steinlein Werbeagentur:
„Wenn andere noch in der Planung stecken, sind wir bereits auf der Zielgeraden … So denken und handeln wir. Und vergolden Ihre Ziele.“

Elf großformatige Plakate zwischen 20 und 530 Quadratmeter, auf denen der Skirennfahrer Felix Neureuther abgebildet ist, wurden in der Stadt drapiert, um die olympische Begeisterung der Münchner endlich zu wecken.

Normalerweise handhabt die Münchner Lokalbaukommission Werbung im öffentlichen Raum sehr restriktiv: Alles, was größer als ein Quadratmeter ist, muss genehmigt werden. Oberbürgermeister Ude erteilte eine Sondergenehmigung. „Doch ein Machtwort Udes und das Argument, Olympia 2018 sei ein Ereignis von internationaler Bedeutung, überzeugte die LBK“ (SZ 20.10.2010). So einfach geht das manchmal: nicht unbedingt demokratisch, aber mit Macht.

Die Baufirmen engagieren sich nicht aus barmherzigen Gründen: Baufirmen zählen global zu den Profiteuren Olympischer Spiele. Die letzten Freiflächen werden zugebaut. Und an den Austragungsorten steigen die Quadratmeterpreise und die Mieten.

Gewinner Olympischer Spiele sind seit jeher:
IOC, Fernsehstationen, Sponsoren, Banken, Baufirmen, Spekulanten, Immobilienfirmen, Immobilienbesitzer, Spitzensportler.

Verlierer Olympischer Spiele sind seit jeher:
die Steuerzahler, die Bürger, die Mieter, der Breitensport. Die Austragungsorte. Natur und Landschaft. Und demokratische Strukturen.

Quellen:
München 2018: Pressemeldung: München 2018 riesig plakativ
Weidner, Ingrid, Werben für Olympia, in SZ 20.10.2010
Zitate aus den Websites der Unternehmen

Nov 112010
 
Zuletzt geändert am 11.11.2010 @ 15:23

Temporär
Temporär bedeutet: /zeitweise/, /vorübergehend/, /übergangshalber/ oder /zeitweise bestehend/ und wird vom lat. /tempus/ = Zeit hergeleitet (Wikipedia).
Das Haupt- und Landesgestüt Schwaiganger bei Ohlstadt ist als „temporärer Wettkampfort“ für das „Nordische Zentrum München 2018“ vorgesehen.

Nov 012010
 
Zuletzt geändert am 26.05.2014 @ 0:41

30.11.10:
BR: Der Zoff nimmt kein Ende
Merkur: Ski-WM 2011: Streit gefährdet Austragung der Rennen
BR: Neue Vorsitzende gewählt
NZZ: 140 Millionen Franken Schmiergeld
ORF: Olympia-Bericht schärfer als erwartet

29.11.10:
SZ: Gegner in Garmisch bleiben hart
jensweinreich.de: Korruptionsbilanz in FIFA und IOC: 140.785.618,93 CHF. Mindestens.
DER SPIEGEL: Zürcher Sündenfall

28.11.10:
Merkur: Nazi-Vergleich bei Olympia-Verhandlungen
dradio.de: Winfried Hermann ramponiert seinen Ruf als Sportpolitiker
SZ: Schulze beharrt auf Kandidatur

27.11.10:
dradio.de: „Ein Konflikt, der nicht schön ist für die Bewerbung“

26.11.10:
jensweinreich.de: Pyeongchang 2018 und die Korea-Krise
Mainpost: Olympia-Bewerbung in der Kritik

25.11.10:
taz: Dagegen? Nicht elf grüne Stadträte
SZ: Grüne Aversion gegen Olympia
Merkur: „Ein Segen für den Landkreis“

24.11.10:
SZ: Die Disziplin des schwarz-gelben Eistanzes
Merkur: 200 000 Euro für zusätzliche Sicherheit bei der WM
Merkur: Korbinian Freier aus Oberammergau: Karriere bei den Grünen?
Freie Wähler, Landtag: Freie Wähler äußern scharfe Kritik an bayerischer Sportstättenförderung
FAZ: Bedrohte Bewerbungen

23.11.10:
Bayerischer Landtag: Ministerbefragung zum Thema: „Olympiabewerbung 2018 – Vorteile für Bayern“
ludwig-hartmann.de: Grüne bekräftigen Kritik an Winterspielen 2018
SZ: Jugend trainiert gegen Olympia
nolympia.de: Bündnis 90/Die Grünen lehnen die Bewerbung “München 2018″ um die Olympischen Winterspiele 2018 ab

22.11.10:
sport inside, WDR: Olympische Risiken und Nebenwirkungen
münchen.tv: Roth ist raus!
SZ: Kreis-Grüne begrüßen Nein zu Olympia
Eurosport: Grüne Spiele ohne Grüne
sid: Grüner Olympia-Gegner attackiert Bach
SZ: Gespannte Ruhe in Garmisch
taz: Claudia Roth abgewatscht
Grüne, Kreisverband Berchtesgadener Land: Grüne Werte und Zuverlässigkeit statt „Ja Sagen“ und „Greenwashing“

21.11.10:
Merkur: „Wir dürfen uns nicht wegducken“
BR-Video: Grüne gegen Olympia-Kandidatur
dradio.de: Basis straft die Spitze ab
n-tv: Grüne zwingen Roth zum Rückzug
Zeit online: PR-Panne für die Grünen-Spitze
SZ: Münchner Grüne halten an Bewerbung fest

20.11.10:
Bundesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90/Die Grünen: Debatte zur Olympiabewerbung 2018
SZ: Der erzwungene Rücktritt der Claudia Roth
FAZ: Der fliegende Teppich der Grünen
Calgary Herald: Vancouver taxpayers stuck with Olympic village costs

19.11.10:
nolympia.de: Fragen der Sicherheit
ludwig-hartmann.de: Fakten endlich auf den Tisch

18.11.10:
Monitor, WDR: Kostenfalle Olympia: Wie die Winterspiele Kommunen ruinieren
taz: Auch Grüne wollen weiße Gaudi

16.11.10:
klimaretter.info: „Ein großer Imagegewinn für das Land“
Komitee Olympiakritisches Graubünden: Finger weg von Winterolympiaden!

15.11.10:
FAZ: Zehn stressige Minuten vor falschen Leuten

12.11.10:
FR: Münchner Offensive

11.11.10:
nolympia.de: Der Münchner Park der Bundeswehr
nolympia.de: Die olympische Immo-Welt 2018

10.11.10:
nolympia.de: Temporär
bundestag.de: „Positive Grundstimmung für München auslösen“

09.11.10:
dradio.de: „Immer größer, immer kommerzieller“ – Förster Axel Döring will Olympische Winterspiele 2018 in Garmisch-Partenkirchen verhindern
Merkur: Bahnunterführung wieder abreißen
Merkur: Alpenverein auf Gratwanderung: Streit schwelt

08.11.10:
Merkur: Zweifel am Bau der Tunnel und Kritik an Bürgermeister Schmid
BR-Video: Zustimmung für das Bewerbungsbuch
Merkur: Politik versprüht Zuversicht
sid: Sportausschuss: Kritik an Garmischs Bürgermeister
Merkur: Sicherheit: Kosten-Hickhack beendet
ludwig-hartmann.de: Sponsoring-Einnahmen Olympische Winterspiele 2018

07.11.10:
blog.dieter-janecek.de: Ihro Majestät Ude beleidigt mal wieder Umweltschützer

05.11.10:
SZ: Weiter gegen Olympia – Grüne wollen Anti-Bewerbungs-Votum erreichen
jensweinreich.de: München 2018: die Bewerbungsdokumente
Berliner Zeitung: Gespür für Delikatessen

04.11.10:
blog.dieter-janecek.de: Milliarden für heiße Luft

03.11.10:
jensweinreich.de: Verwarnung für Pyeongchang: “IOC rules on potential conflict of interests”
SZ: Finanzierung für den zweiten Tunnel stockt

02.11.10:
Merkur: Flächen gesucht für rund 6000 Parkplätze
Merkur: S-Bahn-Tunnel: Baubeginn erst 2012

Weitere interessante Artikel kann man bei gap-fakten.blog.de finden!

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